IT- und Medienrecht

Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers einer Lebensversicherung nach Auszahlung des Rückkaufswertes

Aktenzeichen  172 C 1891/17

Datum:
8.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 122421
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BDSG BDSG § 1, § 2, § 3, § 34
BGB BGB § 241 Abs. 2, § 242, § 662, § 666
VVG VVG § 3 Abs. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

Dem Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung steht nach einer Abrechnung des Rückkaufswertes durch den Versicherer gegen diesen kein Anspruch aus § 34 BDSG auf Auskunft zur Höhe von Abschluss-, Risiko-, Storno- und Verwaltungskosten, zur Höhe vereinnahmter und geleisteter Provisionszahlungen und Gebühren sowie zur Höhe des dynamischen Steigerungssatzes zu; bei derartigen Informationen handelt es sich nicht um personenbezogene Daten iSv § 3 BDSG (vgl. zu den maßgeblichen Grundsätzen eines Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Lebensversicherer BGH BeckRS 2013, 11764 Rn. 24). (Rn. 23 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zum Teil zulässige Klage ist unbegründet.
1. Eine zulässige Klageanderung lag aufgrund des Parteiwechsels nach § 263 ZPO vor. Die Klägerin hat zunächst die Versicherung AG verklagt. Sie beantragte Rubrumsberichtigung. da die Lebensversicherungs AG verklagt werden sollte. Dies stellt keinen Fall der Rubrumsberichtigung, sondern einen Fall der gewillkürten Parteiauswechslung vor. Ausweislich der Kiageschrift wurde eindeutig die Versicherung AG verklagt. Auch aus dem Inhalt der Klageschrift, sowie der beigefügten Anlagen ist nicht unzweifelhaft erkennbar, dass eigentlich die Lebensversicherung AG gemeint war. Die Versicherung AG hat dem Parteiwechsel zugestimmt.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herausgabe oder Auskunft gem. § 34 BDSG.
Ein Herausgabeanspruch ist bereits vom Wortlaut des § 34 BDSG nicht gedeckt. § 34 BDSG gewährt weder ein generelles Akteneinsichtsrecht noch einen Herausgabeanspruch, sondern lediglich einen Auskunftsanspruch.
a) Der Anspruch auf Auskunft hinsichtlich der in Klageziffer 1. beantragten Daten zur Höhe der Abschlusskosten, Risikokosten. Stornokosten, Verwaltungskosten, zur Höhe vereinnahmter und geleisteter Provisionszahlungen und Gebühren, zur Höhe des dynamischen Steigerungssatzes, besteht bereits deshalb nicht, da es sich nicht um personenbezogene Daten im Sinne des § 3 BDSG handelt.
Zwar Ist dieser Begriff sehr weit zu verstehen. Bei diesen Daten handelt es sich auch sämtlich um Daten, die mittelbar einen Bezug zu der die Versicherung abschließenden Person haben mögen. Selbst wenn dies der Fall ist, sind diese Daten mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift (Ermöglichung des § 35 BDSG) vom Auskunftsanspruch auszunehmen, da sie letztlich Daten der verarbeitenden Stelle und nicht des Betroffenen darstellen (Rn 21 zu § 34, Plath, BDSG. 2. Auflage. 2016). In diesem Fall überwiegt das berechtigte Interesse des Beklagten an Ihren Kalkulationsgrundlagen und Geschäftsgeheimnissen. Eine Nachberechenbarkeit ist im Rahmen der Datenauskunft nach § 34 BDSG nicht vorgesehen, da die Berechnung selbst dem berechtigten Interesse der Beklagten an der Wahrung ihres Geschäftsgeheimnisses unterliegen (LG Wiesbaden, Urteil vom 25.03.2014, Az.10 O 367/03).
b) Hinsichtlich der mit Klageantrag Ziffer 1. begehrten Auskünfte über Beitragsverläufe und Korrespondenzdaten besteht schon kein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, da es sich um Daten handelt, die ihr in der Vergangenheit -von Klageseite unbestrittenvorlagen, so dass der Auskunftspflicht durch die Beklagte genüge getan worden war und die Klage diesbezüglich unzulässig ist.
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auskunft gem. § 34 BDSG hinsichtlich der in Ziffer 2., 3. und 4. gestellten Klageanträge, da diese bereits erfüllt wurden.
Mit den in den Schreiben vom 25.08.2016. 01.09.2016, Anlage K2, und 13.02.2017. Anlage B3, erteilten Auskünfte hat die Beklagten die Ihr obliegenden Auskunftspflichten hinsichtlich dieser Klageziffern erfüllt.
Zur Herkunft der Daten wurde mit Schreiben vom 01.09.2016 der Kunde selbst („Antrags- oder Änderungsunterlagen, die mit dem Vermittler ausgefüllt wurden oder die wir ggfs. direkt vom Kunden erhalten haben“) ausdrücklich benannt.
Hinsichtlich der Empfänger hat die verantwortliche Stelle ein Wahlrecht entweder die Empfänger oder die Kategorien von Empfänger. Als Kategorie reicht die übliche Branchen- oder Wirtschaftsbezeichnung (Rn.24 zu § 34. Plath, BDSG. 2 Auflage, 2016).
Mit Schreiben vom 13.02.2017 hat die Beklagte überobligatlonsmäßig beides mitgeteilt, s. Anlage B3.
Der Zweck der Speicherung wurde mit Schreiben vom 25.08.2016 mitgeteilt, Anlage K2, wobei auch hier die allgemeine Zweckbeschreibung -wie geschehenausreicht (Rn 25 zu § 34,Plath. BDSG, 2. Auflage. 2016).
4. Ein Anspruch aus § 666 BGB besteht nicht, da zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Auftragsverhältnis gem. § 662 BGB besteht.
5. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auskunft aus § 242 BGB IVrn § 241 Abs. 2 BGB.
Zwar kann eine Sonderverbindung auch in einem nachvertraglichen Schuldverhältnis bestehen. Vorliegend ist der zugrundeliegende Vertrag bereits im Jahr 2009, also vor 8 Jahren abgerechnet worden, so dass ein Abwicklungsverhältnis nach Rücktritt oder Kündigung nicht mehr besteht.
Darüber hinaus fehlt es für den allgemeinen Auskunftsanspruch an einer entschuldbaren Ungewissheit der Klägerin, da ihr aus ihren eigenen Versicherungsunterlagen und Kontounterlagen die versicherungsvertragsbezogenen Daten und Beitragsläufe bekannt sein müssen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte sich aus ihm zugänglichen Unterlagen informieren kann (Rn 7. zu § 260. Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch, 2017. 76. Auflage).
6. Ein Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus §§ 3 Abs. 1, 3 VVG. da ein Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien unstreitig seit 2009 nicht mehr besteht und im übrigen § 3 VVG kein Auskunftsrecht vorsieht.
7. Mangels Bestehen der Hauptforderung besteht kein Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.11, 713 ZPO.
III.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da keine über den Einzelfall hinausgehende Gewichtigkeit der Sache vorlag und auch die Fortbildung des Rechts und die Einheitlichkeit der Rechtsordnung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
IV.
Der Streitwert beruht auf § 3 ZPO.
Der Streitwert wird grundsätzlich nach dem gem. § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Klägers festgesetzt. Dieses Interesse orientiert sich in der Regel daran, in welchem Umfang durch die begehrte Auskunft bzw. die Rechnungslegung die Begründung und Geltendmachung einer beabsichtigten Leistungsklage erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht. Dient die Klage -wie vorliegendnicht der Vorbereitung einer beabsichtigten Leistungsklage, sondern ausschließlich der Erfüllung einer nach der Auffassung des Klägers bestehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung, so ist maßgebend der Aufwand, der durch die Erteilung der Auskunft für die Beklagte anfallen würde. Dieser wird, da sämtliche Auskünfte im Computer gespeichert sind und inner halb von 1 bis 2 Stunden herausgesucht werden können, auf nicht mehr als 500 € geschätzt (OLG Köln Beschluss vom 26.2.2009 – 17/09, BeckRS 2009, 15928).


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