IT- und Medienrecht

Bewertungsvorrang des Wasserwirtschaftsamts

Aktenzeichen  8 ZB 15.1514

Datum:
5.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 42608
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWG 2010 Art. 63 Abs. 3 S. 1, S. 2
VwGO § 86 Abs. 1

 

Leitsatz

Amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts kommen entsprechend seiner Stellung als wasserwirtschaftliche Fachbehörde eine besondere Bedeutung zu. Ihnen kommt grundsätzlich ein größeres Gewicht zu als nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerten Darlegungen von Prozessbeteiligten. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 8 K 14.1613 2015-06-01 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger, Inhaber einer Triebwerksanlage, wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis zum Einleiten von Niederschlagswasser in ein Gewässer (S.).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach ausführlicher Anhörung eines Vertreters des zuständigen Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung abgewiesen (Urteil vom 1.6.2015).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO liegen nicht nur nicht vor; dem Kläger gelingt es dabei nicht, den Streitstoff in der notwendigen Dichte zu durchdringen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Der Vorwurf ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geht fehlt.
Der Kläger lässt dem Wasserwirtschaftsamt in seinem Berufungszulassungsantrag unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Landratsamts vom 7. Mai 2015 vorhalten, dass aufgrund weiterer Einleitungen in den S. eine zusätzliche Rückhaltung errichtet werden müsse oder die Nachteile fehlender Rückhaltungen kompensiert werden müssten. Dies hätten die Behörden der angefochtenen wasserrechtlichen Erlaubnis nicht zugrunde gelegt.
Der Kläger übersieht dabei, dass sich der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2015 sehr wohl zur Frage zusätzlicher Rückhalteflächen und zur Kompensation weiterer Einleitungen geäußert hat (Aussage von Baurat H., Niederschrift über die mündliche Verhandlung S. 2). Dabei kommt der Beamte in seiner viele Details aufgreifenden Äußerung zu dem Ergebnis, dass durch die Rückhaltung eine Verschlechterung der Verhältnisse für die Triebwerksanlage des Klägers vermieden wird (Aussage von Baurat H. a. a. O. S. 2).
Mit dieser fachlich fundierten Äußerung des Vertreters der Fachbehörde Wasserwirtschaftsamt setzt sich der Zulassungsantrag nicht hinreichend auseinander (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der Kläger versucht vielmehr den Eindruck zu erwecken, als hätte der Fachbeamte diese Problematik übersehen, wobei er als Beleg lediglich seine Parallelwertung in der Laiensphäre anführt.
In der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und anderer Obergerichte ist indes allgemein anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts entsprechend seiner Stellung als wasserwirtschaftliche Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG 2010 eine besondere Bedeutung zukommt. Nachdem solche fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht selbst als Expertisen von privaten Fachinstituten; für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten gilt dies erst recht. Die Notwendigkeit einer Abweichung und Beweiserhebung durch das Gericht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) ist daher erst dann geboten, wenn sich dem Gericht der Eindruck aufdrängt, dass die gutachterliche Äußerung des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft ist (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47/48 m. w. N.). Ein solcher Sachverhalt liegt angesichts der plausiblen Äußerungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts (Baurat H.) zu der Problematik der Rückhaltung bzw. einer Kompensation (s. oben) nicht vor.
2. Der Zulassungsgrund der tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist ebenso wenig gegeben.
Der Kläger verfehlt angesichts seiner defizitären Begründung, die den Bewertungsvorrang des Wasserwirtschaftsamts nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG 2010 nicht berücksichtigt, bereits den richtigen Begründungsansatz (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Infolgedessen ist die erforderliche Komplexheit des Falles (vgl. dazu Berkemann, DVBl 1998, 446/455 ff.) nicht dargetan.
3. Auch der Zulassungsgrund des kausalen Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ist nicht erfüllt.
Dem Erstgericht brauchte es sich angesichts der defizitären, Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG 2010 missachtenden Ausführungen des Klägers nicht aufzudrängen, in dieser Sache nach dem nur bedingt gestellten Beweisantrag (vgl. dazu auch § 86 Abs. 2 VwGO) in eine Beweiserhebung (§ 86 Abs. 1 VwGO) einzutreten. Das Vorbringen war nicht beweiserheblich.
Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Streitwertfestsetzung: § 47, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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