IT- und Medienrecht

Bewilligung, Bescheid, Frist, Eigenheimzulage, Antragstellung, Auskunft, Anspruch, Nachweis, Ermessen, Ablehnung, Antragsverfahren, Klage, Gleichbehandlung, Zeitpunkt, Kosten des Verfahrens, Anspruch auf Gleichbehandlung, Selbstbindung der Verwaltung

Aktenzeichen  Au 4 K 20.655

Datum:
30.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53107
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Eigenheimzulage hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
1. Der Antrag auf Eigenheimzulage wurde gem. Ziffer 9.2 Satz 1 EHZR zu spät ge stellt, da das unterschriebene Originalformular nach Ablauf der sechsmonatigen Frist bei dem Beklagten einging.
Bei der Eigenheimzulage handelt es sich um eine freiwillige Maßnahme des Freistaates Bayern. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Eigenheimzulage begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Anspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.
Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der jeweiligen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Bei Förderrichtlinien in der Leistungsverwaltung handelt es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen, die demgemäß nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle analog § 114 VwGO unterliegen (vgl. BayVGH vom 4.8.2008 – 4 ZB 06.1321 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 20.330 – juris Rn. 15 f.).
Die Ablehnung der Eigenheimzulage durch den Beklagten stützt sich darauf, dass der Originalantrag zu spät eingegangen sei. Laut der erweiterten Meldebescheinigung erfolgte der Einzug am 10. Dezember 2018, sodass die sechsmonatige Frist hier bis zum 10. Juni 2019 lief. Die insoweit unbestrittene Stellung des Onlineantrages erfolgte zwar am 15. Mai 2019 und damit noch innerhalb der Frist. Jedoch kommt es laut der ständigen Förderpraxis des Beklagten darauf an, wann der unterschriebene Antrag im Original beim Beklagten eingeht. Der Originalantrag ging jedoch ausweislich der Behördenakte erst am 18. November 2019 und damit zu spät beim Beklagten ein.
Die Schriftform ergibt sich zwar nicht aus der Förderrichtlinie selbst, da diese keine Form für die Antragstellung vorgibt. Dass das Schriftformerfordernis eine ständige Förderpraxis des Beklagten darstellt, ergibt sich jedoch zum einen aus einem Merkblatt des Beklagten, in dem es heißt: 19 „Damit ihr Antrag rechtsgültig gestellt wird, benötigen wir ein von Ihnen unterzeichnetes Exemplar des ausgedruckten Antragsformulares.“
Die gleiche Information erhält der Antragsteller auch beim Ausfüllen des Onlineantrages selbst. Ein nicht rechtsgültig gestellter Antrag kann somit auch nicht fristwahrend gestellt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers widerspricht sich dies auch nicht mit den weiteren Hinweisen aus dem Onlineantrag: 21 „Ihr Antrag kann vollständig bearbeitet werden, sobald das ausgedruckte und unterzeichnete Antragsformular zusammen mit allen Antragsunterlagen und Ihre Legitimation vorliegen.“
Vielmehr weist dieser Hinweis nur darauf hin, dass eine Bearbeitung erst dann erfolgen kann, wenn sämtlichen Anlagen zusammen mit dem Originalantrag eingegangen sind. Daraus ergibt sich, dass zumindest der unterschriebene Antrag (wenn auch ohne Anlagen) vor Fristablauf beim Beklagten vorgelegt werden muss.
Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung zudem vorgetragen, dass er regelmäßig Anträge wegen Verfristung ablehnen würde, wenn diese nicht innerhalb der Frist in Papierform eingehen würden, was vom Kläger nicht bestritten wurde. Eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG liegt demnach nicht vor.
Diese Förderpraxis widerspricht auch nicht dem in der Richtlinie festgelegten Förderzweck, da es sich hier lediglich um eine Festlegung des Verwaltungsverfahrens handelt, die die materiellen Voraussetzungen der Gewährung einer Eigenheimzulage unberührt lässt. Vielmehr führt die Legitimation bei der Post durch den Antragsteller sowie die Unterschrift des Antragstellers dazu, dass der Beklagte die persönlichen Förderungsvoraussetzungen genauer nachprüfen und eine rechtswidrige Verteilung von Fördergeldern an Antragsteller, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, vermeiden kann. Dies kommt wiederum den Antragstellern, die die Voraussetzungen erfüllen, zugute, da gemäß Satz 3 der Präambel der EHZR eine Förderung nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt.
Dass der Kläger die Unterlagen bereits am 15. Mai 2019 zur Post brachte, ändert nichts an der Verfristung des Antrages, da es nämlich nicht auf die Abgabe des Antrages, sondern auf den Zugang beim Beklagten ankommt. Der Kläger als Absender trägt hier das Übermittlungsrisiko der Postbeförderung, sofern er diesen Überbringungsweg wählt. Er hätte eine Zustellungsart mit Nachweis wählen müssen, zum Beispiel ein Einschreiben mit Rückschein, und demnach Vorsorge durch eine entsprechende Versendungsform treffen müssen (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 16.5.2018 – 16 L 1115/18 – juris Rn. 15). Hierauf weist der Beklagte bei der Stellung des Onlineantrages im Übrigen ebenfalls hin.
2. Der Beklagte hat auch nicht gegen seine Beratungspflicht aus Art. 25 Abs. 1 BayVwVfG bzw. Ziffer 9.3 EHZR verstoßen.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich eine Behörde unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen darf. Eine derartige Ausnahme kommt in Betracht, wenn erstens die Versäumung der Frist auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist, ohne deren korrekte Beachtung der Betroffene seine Rechte nicht wahren kann, und wenn zweitens durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt würde (OVG NRW, B.v. 12.10.2017 – 4 A 2395/15 – juris Rn. 3).
Ein derartiges behördliches Fehlverhalten des Beklagten vermag das Gericht hier nach durchgeführter Beweiserhebung nicht zu erkennen. Die Onlineantragstellung erfolgte am 15. Mai 2019 und damit knapp vier Wochen vor Ablauf der Frist. Eine gesonderte, konkretindividuelle Aufforderung zur Übermittlung des Papierantrages kann vom Beklagten – zumal in dieser kurzen Zeitspanne – nicht gefordert werden, da es sich bei der Gewährung der Eigenheimzulage um ein Massenverfahren handelt und es daher ausreicht, wenn die Erörterungs- und Betreuungspflicht nicht konkretindividuell, sondern abstraktgenerell durch entsprechend eindeutiges Informationsmaterial und standardisierte Merkblätter erfüllt wird (VG Berlin, U.v. 12.1.2017 – 10 K 239.15 – juris Rn. 59; siehe auch Ziffer 9.3 Satz 2, Ziffer 10 EHZR). Wie bereits festgestellt, hat der Beklagte sowohl in Merkblättern als auch direkt bei der elektronischen Antragstellung auf das Erfordernis der Antragstellung in Papierform hingewiesen. Im Übrigen wird auch bei der elektronischen Antragstellung darüber informiert, dass eine Eingangsbestätigung nach Erhalt des unterzeichneten Onlinantrages (im Original) versendet werde. Es wäre deshalb Sache des Klägers gewesen, den Antrag nochmals in Schriftform abzusenden, nachdem ihm zwei bis drei Wochen nach Übermittlung immer noch keine Eingangsbestätigung des Beklagten vorlag.
Zwar bestätigte die für den Kläger tätige Zeugin glaubhaft, dass sie mehrfach ab ca. Juni 2019 mit dem Beklagten telefoniert und sich nach dem Stand der Bearbeitung erkundigt habe. Dort habe sie nur allgemein Auskunft erhalten, dass der Antrag bearbeitet würde und sie sich gedulden müsse. Allerdings hatte sie den Eindruck, nur eine generelle Auskunft erhalten zu haben und nicht mit dem konkreten Sachbearbeiter verbunden gewesen zu sein. Der Beklagte hat demnach auch im Rahmen der telefonischen Anfragen keine seinen (abstraktgenerellen) Hinweisen und Merkblättern widersprechende oder hiervon abweichende Auskünfte erteilt. Die Zeugin erkundigte sich zudem nicht explizit danach, ob der Antrag in Papierform (mittlerweile) beim Beklagten eingegangen sei, sodass der Beklagte hierüber keine falschen Informationen erteilen konnte.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben