IT- und Medienrecht

Einstweiliger Rechtsschutz, Öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Unterlassung von polizeilichen Presseauskünften (bejaht), Auskunftsanspruch der Presse (verneint).

Aktenzeichen  7 CE 21.1531

Datum:
8.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 34536
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BGB analog i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 2
GG Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1
BayPrG Art. 4

 

Leitsatz

1. Bei einem presserechtlichen Auskunftsanspruch ist – in gleicher Weise wie bei Unterlassungsansprüchen gegen Presseveröffentlichungen – bei der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten danach zu unterscheiden, ob die Intim-, die Privat- oder die Sozialsphäre betroffen ist.
2. Sinn und Zweck der staatlichen Auskunftspflicht ist es weder, der Presse Informationen über private Angelegenheiten eines hilfesuchenden Bürgers zukommen zu lassen, an denen kein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit besteht, noch entsprechende Behauptungen Dritter als zutreffend zu bestätigen.

Verfahrensgang

7 CE 21.1531 2021-08-24 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 26. April 2021 wird der Antragsgegner verpflichtet, im Rahmen von mündlichen und/oder schriftlichen Pressemitteilungen keine weiteren Auskünfte zu den drei Polizeieinsätzen beim Antragsteller in der Nacht vom 2. Januar 2021 auf den 3. Januar 2021 zwischen 20.50 Uhr und 2.00 Uhr an seiner persönlichen Wohnanschrift zu erteilen, wie dies bereits durch einen Polizeisprecher gegenüber der …-Zeitung geschehen ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit dem vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt der Antragsteller weiterhin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung von künftigen polizeilichen Presseauskünften zu drei Polizeieinsätzen an seinem Wohnsitz in der Nacht vom 2. Januar 2021 auf den 3. Januar 2021 zwischen 20.50 Uhr und 2.00 Uhr.
Mit E-Mail vom 6. Januar 2021 wandte sich ein Redakteur der …-Zeitung an die Pressestelle des Polizeipräsidiums M. mit der Frage, ob an der Adresse des Antragstellers ein Einsatz stattgefunden habe und wenn ja, warum. Nach Angaben eines Nachbarn habe die Lebensgefährtin des Antragstellers sich geweigert, das Haus zu verlassen, worauf dieser die Polizei gerufen habe. Nach einem Telefonvermerk der Pressestelle bezüglich eines Telefonats mit dem Redakteur wurde ein zurückliegender Einsatz an der Örtlichkeit wegen eines Streits ohne Nennung des genauen Einsatzdatums oder der Namen der Beteiligten bestätigt. Am 15. Januar 2021 veröffentlichte die …-Zeitung auf ihrer Internetseite einen Artikel mit der Überschrift „Polizeieinsatz nach Schwangerschafts-Zoff. Trennungsschlammschlacht bei G.“. Im Zuge eines Streits habe G. die Polizei gerufen. Ein Polizeisprecher habe zu … gesagt: „Ich kann bestätigen, dass es einen Polizei-Einsatz in der Villa in M. gegeben hat.“ Die Beamten hätten nach …-Informationen die Personalien aufgenommen und Frau J. aus der Nobelvilla begleitet.
Auf weitere Anfrage der …-Zeitung vom 16. Januar 2021 teilte die Pressestelle folgendes mit: „Zwischen 20:50 und 2:00 Uhr gab es drei Einsätze an der von Ihnen angegebenen Adresse. In allen Fällen wurden wir wegen einer verbalen Auseinandersetzung zwischen zwei Personen verständigt und Streifen der Polizeiinspektion 23 (Giesing) fuhren zur Örtlichkeit. Bei den ersten beiden Einsätzen verließ eine der beteiligten Personen nach unserem Eintreffen die Örtlichkeit und beim dritten Einsatz wurde diese Person mit auf die Dienststelle genommen. Ein Verstoß gegen die aktuelle Infektionsschutzregelung (Ausgangssperre) wurde angezeigt. Nach dieser Anzeigenbearbeitung wurde die Person wieder entlassen“. Am 17. Januar 2021 veröffentlichte die …-Zeitung einen weiteren Pressebericht auf ihrer Internetseite, worin die polizeiliche Auskunft vom 16. Januar 2021 – nach Autorisierung durch das Polizeipräsidium – wörtlich übernommen wurde; auf Wunsch der Pressestelle des Polizeipräsidiums war lediglich das Wort „Adresse“ durch das Wort „Straße“ ersetzt worden.
Den Antrag des Antragstellers vom 18. Februar 2021, im Wege einer einstweiligen Verfügung dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Zwangsgelds bis 10.000 Euro zu untersagen, im Rahmen einer mündlichen und/oder schriftlichen Pressemitteilung Auskünfte zu den drei Polizeieinsätzen beim Antragsteller in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar 2021 zwischen 20:50 Uhr und 2:00 Uhr an seiner persönlichen Wohnanschrift zu erteilen, wenn dies geschieht, wie durch einen Polizeisprecher gegenüber der … -Zeitung geschehen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. April 2021 ab.
Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Presseauskünfte in rechtmäßiger Erfüllung des Auskunftsanspruchs gemäß Art. 4 Abs. 1 BayPrG erfolgt seien und daher ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG nicht gegeben sei. Ob durch die polizeilichen Presseauskünfte ein hoheitlicher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zu bejahen sei, könne dahinstehen, da der Eingriff jedenfalls nicht rechtswidrig gewesen sei. Die vorzunehmende Abwägung zwischen der Pressefreiheit der …-Zeitung und dem Persönlichkeitsrecht des Antragstellers führe zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu Recht den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz des Antragstellers gegeben habe. Es handele sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, die weder eine besondere Stigmatisierung des Antragstellers befürchten lasse noch eine erhebliche Breitenwirkung entfalte. Da der Antragsteller und seine ehemalige Lebensgefährtin insbesondere durch die Online-Veröffentlichung von Fotos, die die beiden als Paar zeigten, bewusst die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf ihre Beziehung gelenkt hätten, seien sie in ihrem Persönlichkeitsrecht weniger schutzwürdig. Zudem handele es sich bei den erteilten Auskünften – Polizeieinsätze wegen verbaler Auseinandersetzung – um Tatsachen, die keinen tieferen Einblick in die persönlichen Lebensumstände vermittelten und weder herabsetzend noch gar ehrverletzend seien. Ob die Presseanfrage der Vorbereitung einer Sensationsberichterstattung zur Trennung des Antragstellers von seiner Lebensgefährtin gedient habe, sei unbeachtlich, da der Antragsgegner für die Art und Weise der Berichterstattung nicht verantwortlich sei.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der vorliegenden Beschwerde.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat – mit Ausnahme des Antrags auf Festsetzung eines Zwangsgelds – Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit aufzuheben und den Antragsgegner im tenorierten Umfang zur Unterlassung zu verpflichten. Im Übrigen ist die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die Voraussetzungen des geltend gemachten öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG liegen vor. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts waren die streitgegenständlichen polizeilichen Presseauskünfte nicht durch den presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG gerechtfertigt.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Die Auskunft darf nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG). Verschwiegenheitspflichten können nicht nur aus (generellen) „Geheimhaltungsvorschriften“ folgen; Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs können sich auch ergeben, wenn die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter, etwa das allgemeine Persönlichkeitsrecht, berührt. In einem solchen Fall sind die widerstreitenden Grundrechtspositionen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen und abzuwägen, ob dem verfassungsrechtlich aufgrund der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Informationsinteresse oder dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht der Vorzug zu geben ist (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 7 CE 12.370 – juris Rn. 13; Söder in Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, Stand 1.5.2021, Art. 4 BayPrG Rn. 16).
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass hier das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist. Dieses Grundrecht gewährleistet den Schutz des Einzelnen vor Weitergabe seiner personenbezogenen Daten; denn es ist grundsätzlich Sache jedes Einzelnen, selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, U.v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a. – BVerfGE 65, 1/43). Durch die Identifizierbarkeit des Antragstellers aufgrund der Bestätigung seiner Adresse (E-Mail v. 16.1.2021) und insbesondere auch wegen der Autorisierung des „O-Tons“ in dem von der …-Zeitung vorgelegten Text (E-Mail v. 17.1.2021, unabhängig von der Änderung der „angegebenen Adresse“ in die „angegebene Straße“) steht die Weitergabe personenbezogener Daten durch den Antragsgegner im Raum. Auch wenn Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayDSG und in gleicher Weise die vorrangige Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DS-GVO als eigenständige Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs ausscheiden, kann letztere gleichwohl zur inhaltlichen Ausfüllung und Konkretisierung dieses Anspruchs und damit zu einer auf dieser Grundlage zu erfolgenden Abwägung der widerstreitenden Interessen herangezogen werden (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2018 – 7 C 5.17 – juris Rn. 28 f.).
Dies zugrunde gelegt sprechen im Rahmen der gebotenen Abwägung gewichtige Gründe dafür, dass das grundrechtlich geschützte Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung das Informationsinteresse der …-Zeitung aufgrund der Pressefreiheit überwogen und der Antragsgegner infolgedessen die streitgegenständlichen Auskünfte in Zukunft zu unterlassen hat.
a. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Antragsteller durch die streitgegenständlichen Auskünfte in seiner Privatsphäre betroffen ist. Bei einem presserechtlichen Auskunftsanspruch ist – in gleicher Weise wie bei Unterlassungsansprüchen gegen Presseveröffentlichungen – bei der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit personenbezogener Daten danach zu unterscheiden, ob die Intim-, die Privat- oder die Sozialsphäre betroffen ist. In Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dient diese Unterscheidung als Orientierungspunkt für die Beurteilung der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung und für die Gewichtung der diese Beeinträchtigung rechtfertigenden Gründe (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2018 – 7 C 5.17 – juris Rn. 33). Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt; er umfasst besondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden (vgl. BGH, U.v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15 – juris Rn. 9). Die Angaben des Antragsgegners lassen zweifelsohne Rückschlüsse auf die Trennung bzw. die Art und Weise der Trennung des Antragstellers von seiner damaligen Lebensgefährtin und nicht etwa auf einen Polizeieinsatz wegen Diebstahls o.ä. zu (drei Einsätze wegen verbaler Auseinandersetzung; Mitnahme einer Person wegen Verstoßes gegen die aktuelle Infektionsschutzregelung) und betreffen somit die schützenswerte Privatsphäre des Antragstellers.
b. Auch wenn es mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht vereinbar ist, die Durchsetzung ihres Informationsinteresses von einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhängig zu machen, da die Presse selbst entscheidet, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2016 – 6 C 65.14 – juris Rn. 18 f.) und deshalb jede Art der Selektion der Medien durch die auskunftspflichtigen staatlichen Stellen nach Seriosität und Zuverlässigkeit oder etwa ein Ausschluss sogenannter Sensationspresse unzulässig wäre (vgl. Soehring in Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, Rn. 4.33), ist im Rahmen der Abwägung bei – wie hier – wahren Tatsachen, die die Privatsphäre betreffen, von entscheidender Bedeutung, ob sich die konkreten Angaben durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09 – juris Rn. 17 m.w.N.; BGH, U.v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15 – juris Rn. 16). Das Interesse der Öffentlichkeit an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. BGH, U.v. 6.3.2007 – VI ZR 50/06 – juris Rn. 20). Vorliegend ist ein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit an Aussagen, die über die Trennung bzw. die Art und Weise der Trennung eines Profifußballspielers von seiner Lebensgefährtin getroffen werden, nicht ersichtlich und wurde auch nicht vorgetragen (vgl. zu familiären Auseinandersetzungen Soehring in Soehring/Hoene, a.a.O Rn. 19.31).
c. Dabei ist es unbeachtlich, dass der Antragsteller mit einigen Bildern, die ihn zusammen mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin zeigen, seine Beziehung (wohl über Instagram) öffentlich gemacht hat. Denn allein das Bekanntwerden einer Beziehung eines Prominenten, indem sich das Paar in der Öffentlichkeit zeigt, schränkt das Recht des Betroffenen auf Privatheit nicht ein, jedenfalls solange er Einzelheiten seines Privat- und Intimlebens der Öffentlichkeit nicht selbst preisgibt (vgl. BGH, U.v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15 – juris Rn. 27 zu Tatsachen über den Gesundheitszustand eines Prominenten, die aufgrund von Presseverlautbarungen seiner Managerin der Öffentlichkeit bekannt wurden). Über die Trennung bzw. die Art und Weise der Trennung hat sich der Antragsteller unbestritten nicht geäußert; eine Anfrage der …-Zeitung darüber, dass er seine ehemalige Lebensgefährtin aufgefordert haben soll, seine Villa zu verlassen, wurde dementiert.
Ebenso wenig geht es zulasten des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers, dass die …-Zeitung (angeblich durch einen Nachbarn) bereits grobe Kenntnisse von den Polizeieinsätzen hatte. Denn Sinn und Zweck der staatlichen Auskunftspflicht ist es weder, der Presse Informationen über private Angelegenheiten eines hilfesuchenden Bürgers zukommen zu lassen, an denen kein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit besteht, noch entsprechende Behauptungen Dritter als zutreffend zu bestätigen. Auch erfolgte die „verbale Auseinandersetzung“ nicht in der Öffentlichkeit, sondern innerhalb des geschützten Raums des Hauses des Antragstellers, der laut polizeilicher Aktenvermerke während der Einsätze das Haus zu keinem Zeitpunkt verlassen hat. Zudem kann bei der Gewichtung der in die Abwägung einzustellenden Umstände zugunsten des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller selbst staatliche Hilfe in Anspruch genommen hat und gerade nicht Adressat polizeilicher Maßnahmen oder Ermittlungen war.
2. Der weitere Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgelds bis 10.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung war jedoch abzulehnen.
Zur Vorbereitung der Vollstreckung einer Unterlassungs- oder Duldungspflicht kann schon die einstweilige Anordnung nach dem gerichtlichen Ermessen eine Strafandrohung in Form eines Ordnungsgelds enthalten (§ 167 Abs. 1 VwGO, § 890 Abs. 2 ZPO; vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 68). Ungeachtet dessen, dass es sich hierbei nicht um ein Zwangsgeld im Sinne des § 172 VwGO handelt – was allerdings der Antragsteller anzunehmen scheint -, sondern um ein Ordnungsgeld, ist nicht davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall durch Androhung eines Ordnungsgelds effektiver(er) Rechtsschutz erreicht werden kann. Denn es sind weder Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich, dass sich der Antragsgegner hier über seine unmittelbare Bindung an Gesetz und Recht und damit über den Ausspruch des Gerichts hinwegsetzen wird. Hierfür spricht auch, dass er dem durch Beschluss des Senats vom 24. August 2021 unterbreiteten, vom Antragsteller jedoch nicht angenommenen, Vergleichsvorschlag zugestimmt hatte.
3. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, da mit der Entscheidung eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist. Der Streitwert kann vorliegend nicht – wie von der Bevollmächtigten des Antragstellers mit der zeitgleich erhobenen Streitwertbeschwerde (AZ. 7 C 21.1532) beantragt – nach § 52 Abs. 1 GKG auf 100.000 Euro festgesetzt werden. Konkrete Anhaltspunkte, dass ein solcher Streitwert aus der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache bestimmt werden könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Heranziehung von § 48 Abs. 2 GKG scheidet aus, da die Vorschrift nur bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung findet. Mangels Regelungslücke scheidet auch die Festsetzung des Streitwerts nach § 48 Abs. 2 GKG analog aus.


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