IT- und Medienrecht

Freistellung einer GmbH von IHK-Beiträgen

Aktenzeichen  AN 4 K 17.00581

Datum:
15.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
IHKG IHKG § 2 Abs. 1
GmbHG GmbHG § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1
GewStG GewStG § 2 Abs. 2 S. 1
AO AO § 12

 

Leitsatz

1. Auch eine GmbH ohne Geschäftstätigkeit kann zu IHK-Beiträgen herangezogen werden (wie BVerwG BeckRS 2005, 24348). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für den Begriff der Betriebsstätte iSd IHKG wird regelmäßig an den steuerrechtlichen Begriff in § 12 AO angeknüpft. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3.. Jedenfalls bei einer Kapitalgesellschaft ohne Geschäftstätigkeit genügt der Sitz der Gesellschaft für die Annahme einer Betriebsstätte iSd § 2 Abs. 1 IHKG. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat ferner keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf Aufhebung der für 2015 und 2016 bereits festgesetzten Beträge (§ 113 Abs. 5 VwGO). Sie hatte in allen streitgegenständlichen Beitragsjahren eine Betriebsstätte im Sinne des IHKG im Kammerbezirk der Beklagten.
1. Die örtliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach ergibt sich aus § 52 Nr. 3 und 5 VwGO, da der streitgegenständliche Bescheid im Gerichtsbezirk erlassen worden ist und die Klägerin hier auch ihren Sitz hat.
Das klägerische Begehren ist auf die generelle Freistellung von IHK-Beiträgen durch die Beklagte für die bisherigen Beitragsjahre 2015 bis 2017 gerichtet (§ 88 VwGO). Da der streitgegenständliche Bescheid vom 24. Februar 2017 lediglich das Beitragsjahr 2017 festsetzt und die weiteren Beiträge nur informatorisch wiederholt werden, ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der Jahre 2015 und 2016 die Beklagte zur Aufhebung verpflichtet werden sollte. Die Klägerin hat mit der Forderung zur Aufhebung auch der Zahlungsverpflichtung die Abänderung aller Bescheide angemahnt. Anhand des Vorbringens der Beklagten und der Aktenlage kann darauf geschlossen werden, dass sich die Klägerin im Verwaltungsverfahren v. a. auf ihre fehlende Geschäftstätigkeit und darauf beruft, dass sie im Kammerbezirk der Beklagten keine Betriebsstätte hat.
2. Der Bescheid vom 24. Februar 2017 ist hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für das Jahr 2017 rechtmäßig.
a) Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen IHK-Beitragsbescheid ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) i.V.m. der Beitragsordnung und der einschlägigen Haushaltssatzung der Beklagten. Die Klägerin ist als GmbH eine juristische Person des Privatrechts (§ 13 Abs. 1 GmbHG). Sie ist als solche gemäß § 2 Abs. 1 GmbHG kraft Gesetzes Mitglied der beklagten IHK (Kammerzugehörige) und somit grundsätzlich beitragspflichtig. Die Höhe des Beitrags von 120,00 EUR ergibt sich aus der Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2017 unter II. 2.2 a).
Die Verfassungsmäßigkeit der Zwangsmitgliedschaft ist ebenso geklärt (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 12.7.2017; B.v. 7.12.2001, Az. 1 BvR 1806/98) wie die Frage, ob eine GmbH ohne Geschäftstätigkeit (Mantel GmbH) grundsätzlich zu Beiträgen herangezogen werden kann. Die Industrie- und Handelskammern ist die Interessenvertretung aller Gewerbetreibenden. Als Gewerbetreibende gilt die Klägerin aufgrund der frei gewählten Rechtsform auch im Sinne des IHKG. § 2 Abs. 1 IHKG knüpft die Mitgliedschaft an die Rechtsform an. Als GmbH wird die Klägerin dem Grunde nach zur Gewerbesteuer veranlagt, unabhängig von der Veranlagung auch der Höhe nach (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG). Das heißt auch eine GmbH ohne Geschäftstätigkeit kann zu IHK-Beiträgen herangezogen werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2005, Az. 6 C 10/04 – juris Rn. 20; VG Ansbach, U.v. 13.12.2005, Az. AN 4 K 05.00465 – juris Rn. 21 m.w.N.).
b) Die Klägerin unterhält ferner eine Betriebsstätte im Sinne des IHKG im Kammerbezirk der Beklagten. Für den Begriff der Betriebsstätte im Sinne des IHKG wird regelmäßig auf den steuerrechtlichen Begriff in § 12 AO Bezug genommen, da das IHKG keine eigene Definition enthält. Da die Kammerzugehörigkeit an die Veranlagung zur Gewerbesteuer (dem Grunde nach) angelehnt ist, soll im Interesse einer einfachen Handhabung die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden nutzbar gemacht werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2005, Az. 6 C 10/04 – juris Rn. 22). Hierfür besteht vorliegend kein praktisches Bedürfnis. Umgekehrt sind die IHK regional organisiert. Jedenfalls bei einer Kapitalgesellschaft ohne Geschäftstätigkeit genügt daher der Sitz der Gesellschaft für die Annahme einer Betriebsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 IHKG. Der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Sitz einer GmbH ist im Handelsregister eingetragen und damit die nach außen erkennbare regionale Zuordnung einer GmbH.
3. Da die Beklagte zu Recht von einer Betriebsstätte in ihrem Kammerbezirk ausgeht, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Aufhebung der Bescheide für die Beitragsjahre 2015 und 2016.
4. Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.


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