IT- und Medienrecht

Heranziehung zu einem Verbesserungsbeitrag für die Wasserversorgungsanlage

Aktenzeichen  W 2 K 17.1101

Datum:
28.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 41184
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 7 S. 1
ZVG § 45, § 52 Abs. 1, § 56 Abs. 2, § 91 Abs. 1
KG Art. 6 Abs. 2 S. 1, Art. 9 Abs. 1 S. 6

 

Leitsatz

1 Im Zwangsversteigerungsverfahren ist der Erwerber nicht vor der künftigen Entstehung von Beitragsforderungen und öffentlichen Lasten geschützt; ab dem Zuschlag trägt er die öffentlichen Lasten. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Einer Verbesserungsbeitragssatzung kommt nur eine ex-nunc-Wirkung zu, wenn sie keine Rückwirkungsanordnung enthält. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Erhebung eines endgültigen Verbesserungsbeitrags ist nicht schon deshalb treuwidrig, weil die Behörde vor Zuschlagserteilung gegenüber dem Voreigentümer einen Vorausleistungsbescheid auf die Verbesserungsmaßnahme erhoben, aber anschließend nicht mehr vollstreckt und die Forderung auch nicht wirksam im Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet hat. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2012 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Haßberge vom 15. Dezember 2015 sind (in der reduzierten Höhe) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
1.1. Die streitgegenständliche Beitragserhebung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2018 (GVBl. S. 449) i.V.m. der Beitragssatzung zur Verbesserung der Wasserversorgungsanlage für den Gemeindeteil Altenstein des Marktes M. vom 11. September 2012.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte nicht über wirk-sames Herstellungsbeitragsrecht für die Heranziehung des früheren Eigentümers Herrn L. zu einem Herstellungsbeitrag für seine Wasserversorgungsanlage durch Bescheid vom 3. Mai 1994 verfügt hat, so dass für die Umdeutung des streitgegenständlichen Verbesserungsbeitrags in einen eingeschränkten Herstellungsbeitrag (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 16.3.2005 – 23 BV 04.2296 – juris) kein Raum ist. Die mit Änderungssatzung vom 10. November 2015 in die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Beklagten vom 10. September 2012 eingefügte Regelung in § 6a geht daher in Bezug auf den vorliegenden Fall ins Leere.
Auch führt die Fertigstellung der Verbesserungsmaßnahme vor Inkrafttreten der Verbesserungsbeitragssatzung nicht – wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt – zur Nichtigkeit der Verbesserungsbeitragssatzung. Die (endgültige) Erhebung eines Verbesserungsbeitrags setzt vielmehr – im Gegensatz zur Erhebung von Vorausleistungen auf den Verbesserungsbeitrag – die tatsächliche Beendigung der Verbesserungsmaßnahme und das Feststehen des Verbesserungsaufwandes voraus (VG Würzburg, U.v. 17.9.2003 – W 2 K 03.364 – juris).
Sonstige Einwände gegen die Wirksamkeit der Verbesserungsbeitragssatzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
1.2. Die streitgegenständliche Beitragspflicht ist auch nicht durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung gemäß § 91 ZVG erloschen.
Zwar ruhen Verbesserungsbeiträge nach Art. 5 Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 KAG als öffentliche Last auf dem Grundstück und erlöschen im Zwangsversteigerungsverfahren mit dem Zuschlag, wenn sie nicht rechtzeitig angemeldet wurden, §§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1, 45 ZVG.
Dies gilt jedoch nur für im Zeitpunkt des Zuschlags bereits bestehende Beitragsforderungen und auf ihnen beruhende öffentliche Lasten. Vor der künftigen Entstehung von Beitragsforderungen und öffentlichen Lasten ist der Erwerber durch die genannten Vorschriften nicht geschützt; er trägt vielmehr vom Zuschlag an gem. § 56 Abs. 2 ZVG die öffentlichen Lasten (OVG Mecklenburg-Vorpommern, B.v. 27.4.2018 – 1 L 498/16 – juris).
Vorliegend war im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung an den Kläger am 7. April 2009 indes noch keine öffentliche Last hinsichtlich des streitgegenständlichen (endgültigen) Verbesserungsbeitrags entstanden.
Die öffentliche Last entsteht mit Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, welche wiederum das Vorhandensein einer wirksamen Beitragssatzung voraussetzt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, B.v. 27.4.2018 – 1 L 498/16; BGH B.v. 24.1.2008 – V ZB 118/07 – juris; BayVGH, B.v. 25.10.2007 – 23 ZB 07.194; Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungs- und Unternehmensrecht, Teil III, Frage 15, 5.1).
Eine wirksame Beitragssatzung lag hier aber erstmals mit Inkrafttreten der Verbesserungsbeitragssatzung vom 11. September 2012 vor, der mangels Rückwirkungsanordnung lediglich ex-nunc-Wirkung zukommt (BayVGH, U.v. 1.2.2018 – 20 BV 15.1025 – juris). Die Vorgängersatzung hierzu, die Beitragssatzung zur Verbesserung der Wasserversorgungsanlage für den Gemeindeteil Altenstein des Beklagten vom 28. Oktober 2005, war aufgrund einer unzulässigen Maßstabsregelung in § 5 Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 insgesamt unwirksam (vgl. BayVGH U.v. 29.4.2010 – 20 BV 09.2010 – juris).
Des Weiteren setzt die endgültige sachliche Beitragspflicht für eine Verbesserungsmaßnahme neben dem Vorliegen einer wirksamen Beitragssatzung die tatsächliche Beendigung der Verbesserungsmaßnahme voraus (BayVGH, B.v. 7.5.2007 – 23 CS 07.833 – juris), die hier erst nach Zuschlagserteilung erfolgte.
Im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung an den Kläger konnte daher hinsichtlich des (endgültigen) Verbesserungsbeitrags noch keine sachliche Beitragspflicht und damit auch keine öffentliche Last bestehen, die mit diesem hätte untergehen können. Wegen der Nichtigkeit der Verbesserungsbeitragssatzung vom 28. Oktober 2005 gilt dies im Übrigen auch in Bezug auf die vom Voreigentümer mit Bescheid vom 3. November 2005 geforderte Vorausleistung auf den Verbesserungsbeitrag.
1.3. Die Erhebung des endgültigen Verbesserungsbeitrags vom Kläger ist auch nicht im Hinblick darauf als treuwidrig anzusehen, dass vor Zuschlagserteilung gegenüber dem Voreigentümer Herrn L. mit Bescheid vom 3. November 2005 ein Vorausleistungsbescheid auf die Verbesserungsmaßnahme erhoben, aber anschließend nicht mehr vollstreckt und die Forderung offenbar auch nicht wirksam im Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet wurde. Das gemeindliche Vorgehen kann schon angesichts der Nichtigkeit der Beitragssatzung zur Verbesserung der Wasserversorgungsanlage für den Gemeindeteil Altenstein vom 28. Oktober 2005, auf die der Vorausleistungsbescheid vom 3. November 2005 gestützt ist, nicht als treuwidrig betrachtet werden. Im Übrigen besteht keine gemeindliche Pflicht zur Erhebung (und Vollstreckung) von Vorausleistungsbescheiden vor der endgültigen Beitragserhebung.
1.4 Auch die Höhe der Widerspruchsgebühr ist nicht zu beanstanden.
Gem. Art. 9 Abs. 1 Satz 6 KG beträgt bei einem Widerspruch, der sich allein gegen die Festsetzung öffentlicher Abgaben, insbesondere gegen eine Entscheidung über Kosten, Benutzungsgebühren oder Beiträge, richtet, die Gebühr bis zur Hälfte des angefochtenen Betrags, mindestens aber zehn Euro. Weiterhin legt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG fest, dass bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb eines Rahmens der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand aller beteiligten Behörden und Stellen und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu berücksichtigen sind.
Vorliegend beträgt die Widerspruchsgebühr ca. 1/5 des möglichen Höchstbetrages. Eine Überschreitung des Ermessensspielraums kann angesichts der Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten nicht festgestellt werden.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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