IT- und Medienrecht

Kein Nachlieferungsanspruch gegenüber Vertragshändlerin bei Erwerb eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs nach erfolgtem Modellwechsel

Aktenzeichen  24 O 2002/17

Datum:
8.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 53779
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 243 Abs. 1, § 275 Abs. 1, § 315 Abs. 1, § 434, § 437 Nr. 1, § 439

 

Leitsatz

1. Die Nachlieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion ist nicht von einem etwaigen Nacherfüllungsanspruch des Käufers eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs  umfasst. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Fahrzeug, das einem Modellwechsel einhergehend mit wesentlichen technischen Änderungen unterzogen wurde, das mit einem anderen, auch leistungsstärkeren Motor ausgestattet ist und das die Abgasnorm Euro 6 (statt Euro 5) erfüllt, ist nicht mehr gleichartig und gleichwertig. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion der Herstellerin mit gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung ist unmöglich, wenn Fahrzeuge mit gleichartigem und gleichwertigem Motor nicht mehr hergestellt werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Haftung der Vertragshändlerin für ein etwaiges arglistiges Verschweigen/Handeln von Mitarbeitern der Herstellerin scheidet aus, da sich die Vertragshändlerin deren Verhalten nicht zurechnen lassen muss. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 31.194,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angegangene Landgericht Landshut gem. §§ 12, 17 ZPO örtlich und gem. §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Unabhängig von dem geltend gemachten Anspruch bei welchem § 256 ZPO Anwendung findet, trägt auch die Erfüllung eines solchen das Klageziel des Klägers, damit den klägerischen Antrag nicht.
Das OLG München führt hierzu aus (Hinweisbeschluss vom 02.07.2018 – 8 U 1710/17):
1. Anspruch gemäß §§ 434, 437 Nr. 1, 439 BGB
Dem Kläger steht das einzig von ihm geltend gemachte Gewährleistungsrecht der Nachlieferung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB bereits deshalb nicht zu, weil die Nachlieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion nicht von einem etwaigen Nacherfüllungsanspruch des Klägers umfasst ist (dazu nachfolgend unter Ziff. II. 1. a.) Eine Nachlieferung aus der alten Serienproduktion begehrt der Kläger nicht, sie wäre im Übrigen auch gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich (dazu nachfolgend unter Ziff. II. 1. b.). Ob die übrigen Voraussetzungen eines Gewährleistungsanspruchs vorliegen, kann deshalb dahin gestellt bleiben.
a.) Nacherfüllungsanspruch bezüglich eines Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion aa.) Ob eine Nacherfüllung in der vom Käufer gewünschten Form in Betracht kommt, ist nach dem im Wege der Auslegung anhand der Interessenlage und der Verkehrsanschauung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss zu beurteilen. Der BGH führt dazu mit Urteil vom 07.06.2006 (Az.: VIII ZR 209/ 05, NJW 2006, 2839, Rz. 23) aus: „Möglich ist die Ersatzlieferung nach der Vorstellung der Parteien dann, wenn die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann.“
Zu Sinn und Zweck der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers führt der BGH im Urteil vom 17.10.2012 (Az.: VIII ZR 226/ 11, BeckRS 2012, 24126, Rz. 24) wie folgt aus: „Bei dem Nacherfüllungsanspruch aus § 439 Abs. 1 BGB handelt es sich nach der gesetzgeberischen Konzeption der Schuldrechtsreform um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 Abs. 1 BGB (BT – Drucks. 14/ 6040, S. 221). Bei der in § 439 Abs. 1 BGB als eine der beiden Alternativen der Nacherfüllung vorgesehenen Lieferung einer mangelfreien Sache decken sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers, wie schon aus der gesetzlichen Formulierung hervorgeht, der Nacherfüllungsanspruch und der ursprüngliche Erfüllungsanspruch hinsichtlich der vom Verkäufer geschuldeten Leistungen; es ist lediglich anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie – im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige – Sache zu liefern. Die Ersatzlieferung erfordert daher eine vollständige Wiederholung der Leistungen, zu der der Verkäufer nach § 433 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB verpflichtet ist; der Verkäufer schuldet nochmals die Übergabe des Besitzes und die Verschaffung des Eigentums einer mangelfreien Sache – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption der Schuldrechtsreform lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB durchgesetzt werden; der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat…“. Mithin ist die Nacherfüllung darauf beschränkt, die nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB vom Verkäufer geschuldete Erfüllung im zweiten Anlauf zu bewerkstelligen (BGH, aaO, Rz. 25).
cc.) Auf der vorgenannten rechtlichen und tatsächlichen Grundlage steht dem Kläger der geltend gemachte Nachlieferungsanspruch nicht zu.
Auch wenn im Falle eines Neuwagenkaufs eine absolute Identität im Hinblick auf alle Ausstattungsmerkmale nicht zu fordern ist (Reinking/ Eggert, Der Autokauf, Rz. 727), fehlt es vorliegend an der Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit zwischen dem kaufvertragsgegenständlichen Fahrzeug und dem vom Kläger begehrten Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion, die auch nicht dadurch erreicht werden kann, dass der Kläger diese in seinen geänderten Klageantrag Ziff. 2 integriert, indem er ein Ersatzfahrzeug mit “gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung“ begehrt (dazu nachfolgend unter Ziff. II. 1. b.)
Die Parteien haben sich vorliegend unstreitig auf eine Gattungsschuld geeinigt (Bl. 559 und 593). Die Beklagte war mithin gemäß § 243 Abs. 1 BGB verpflichtet, ein Fahrzeug mittlerer Art und Güte aus der Gattung zu leisten. Eine Gattung bilden alle Gegenstände, die durch gemeinschaftliche Merkmale gekennzeichnet sind und die sich dadurch von anderen Gegenständen unterscheiden. Ob ein Gegenstand zur Gattung gehört, entscheidet der Parteiwille, wobei die Parteien Qualitätsmerkmale und Eigenschaften festlegen können, und ggfs. auch die Verkehrsanschauung (BGH, Urteil vom 23.11.1988, Az.: VIII ZR 247/ 87, NJW 1989, 218; Palandt – Grüneberg, § 243 BGB, Rn. 2). Ein Fahrzeug wird im Wesentlichen durch Marke, Baureihe, Typ, Karosserie, Motorisierung, Abgasnorm und äußeres Erscheinungsbild charakterisiert (OLG Nürnberg, Urteil vom 15.12.2011, Az.: 13 U 1161/ 11). Beim Neuwagenkauf ist eine Ersatzlieferung grundsätzlich so lange möglich, als es Sachen mit den der Gattung beigelegten Merkmalen und in sonst vertragsgemäßer Beschaffenheit gibt, mithin dann unmöglich, wenn die gesamte Gattung untergegangen oder mangelhaft ist (Witt, Der Dieselskandal und seine kauf – und deliktsrechtlichen Folgen, NJW 2017, 3681, 3683).
Die Auslegung des Kaufvertrages unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien und der allgemeinen Verkehrsanschauung ergibt, dass ein Fahrzeug, wie vom Kläger als Nacherfüllung begehrt, das einem Modellwechsel einhergehend mit wesentlichen technischen Änderungen unterzogen wurde, das mit einem anderen, auch leistungsstärkeren Motor ausgestattet ist und das die Abgasnorm Euro 6 (statt Euro 5) erfüllt, nicht mehr gleichartig und gleichwertig ist. Neue Modellreihen, höhere Motorisierungen und Zertifizierungen für bessere Abgasnormen gehen in den einschlägigen Käuferkreisen/ nach der Verkehrsanschauung regelmäßig mit einer höheren Wertigkeit einher, die sie z.B. wegen der uneingeschränkten Einsetzbarkeit im Straßenverkehr wegen der Erfüllung der Abgasnorm 6 auch tatsächlich haben. Das vom Kläger begehrte Fahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion gehört mithin nicht zu der Gattung des Kaufobjektes, das Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages war, so dass der Kläger Lieferung einer anderen Sache als die, die er gekauft hat, begehrt. Ein solches Nacherfüllungsverlangen geht jedoch über seinen ursprünglichen Erfüllungsanspruch und damit auch über die Pflichten des Verkäufers bei einer etwaigen Nacherfüllung hinaus (so auch OLG Bamberg, Beschluss vom 20.09.2017, Az.: 6 U 5/ 17 und Beschluss vom 18.12.2017, Az.: 1 U 106/ 17; OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 06.03.2018, Az.: 16 U 110/ 17, BeckRS 2018, 8837, Rz. 8; OLG München, Hinweisbeschluss vom 27.02.2018, Az.: 27 U 2793/ 17).
dd.) Nichts Anderes ergibt sich aus der vom Kläger ins Feld geführten Klausel Ziff. IV.6. der Neuwagen – Verkaufsbedingungen. Vor dem Hintergrund, dass der Verkäufer es zwischen Kaufvertragsschluss und Fahrzeugauslieferung nicht in der Hand hat, dass der Fahrzeughersteller Modelländerungen vornimmt, beinhaltet diese Klausel lediglich ein einseitiges, auf Änderungen während der Lieferzeit beschränktes Leistungsbestimmungsrecht des Verkäufers gemäß § 315 Abs. 1 BGB, d.h. eine einseitige Erweiterung der Rechte des Verkäufers bei gleichzeitiger Beschränkung des Rechts des Käufers auf eine Billigkeitskontrolle und kann daher nicht im Gegenteil zur Begründung einer Benachteiligung des Verkäufers bei gleichzeitiger Erweiterung der Rechte des Käufers herangezogen werden. Ein Rechtsanspruch des Käufers auf ein Fahrzeug mit den jeweils neuesten Änderungen aus einer neuen Modellreihe kann hieraus ersichtlich nicht abgeleitet werden (OLG Bamberg, Beschluss vom 18.12.2017, Az.: 1 U 106/ 17; OLG Köln, aaO, Rz. 11, 12 m.w.N. zur Rechtsprechung; OLG München, Beschluss vom 27.02.2018, Az.: 27 U 2793/ 17).
b.) Unmöglichkeit der Nacherfüllung, § 275 Abs. 1 BGB Soweit der Kläger nunmehr die Nachlieferung eines mangelfreien fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit gleichartiger und gleichwertiger technischer Ausstattung begehrt, ist eine solche Nacherfüllung unmöglich, da Fahrzeuge mit gleichartigem und gleichwertigem Motor nicht mehr hergestellt werden.
Soweit der Kläger vorträgt, die Lieferung eines nicht manipulierten Fahrzeugs mit dem Motor EA189 wie auch dessen Herstellung seien noch möglich, geht dieser Einwand schon deshalb ins Leere, weil der Kläger Nachlieferung eines Fahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion begehrt, die mit einem anderen Motortyp (EA288 statt EA189) und einem leistungsstärkeren Motor ausgestattet ist. Mithin kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten die Herstellung eines Fahrzeugs mit dem beim Kläger verbauten Motor noch möglich ist.
Abgesehen davon scheidet eine Nachlieferung des ursprünglichen (mangelfreien) Fahrzeuges aus der vorangegangenen Modellreihe wegen Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 BGB, aus, da feststeht, dass diese Modellreihe nicht mehr hergestellt wird und damit die Gattung mit den von den Parteien beigelegten Merkmalen nicht mehr existiert (OLG Bamberg, Beschluss vom 02.08.2017, Az.: 6 U 5/ 17; OLG Köln, aaO, Rz. 4 ff.; OLG München, Beschluss vom 27.02.2018, Az.: 27 U 2793/ 17; BeckOK, Großkommentar – Höpfner, § 439 BGB, Rn. 102.1 m.w.N. zur Rechtsprechung unter Fn. 498).
2. Anspruch gemäß §§ 311, 241 Abs. 2 BGB
Der Kläger kann sein Begehren auch nicht, wie vom Erstgericht zutreffend auf S. 13 der Urteilsgründe ausgeführt, auf die §§ 311, 241 Abs. 2 BGB stützen unter Berufung auf hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit und des CO 2 – Ausstoßes des Fahrzeuges falsche (Prospekt-) Angaben des Herstellers.
Die von der Rechtsprechung entwickelte Prospekthaftung hat ihre Grundlage in dem seinerzeit nicht gesetzlich regulierten sog. Grauen Kapitalmarkt. Sie basiert maßgeblich auf dem Umstand, dass der Emissionsprospekt meist die einzige Informationsquelle des Anlegers ist. Anders als bei Kapitalanlagen steht für die Entscheidung über den Erwerb eines bestimmten Fahrzeugs eine Vielzahl verschiedener Informationsquellen zur Verfügung. Mithin ist die vom Kläger ins Feld geführte sog. Prospekthaftung auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar, da ein Pkw nicht mit einem Kapitalanlageprodukt vergleichbar ist und es sich bei dem einem Fahrzeugkauf zugrunde liegenden Verkaufsprospekt nicht um einen „Prospekt“ im Sinne der kapitalmarktrechtlichen Rechtsprechung handelt (so auch OLG München, Beschluss vom 27.02.2018, Az.: 27 U 2793/ 17; LG Braunschweig, Urteil vom 27.09.2017, Az.: 3 O 3457/ 16).
Eine Haftung aus c.i.c., kodifiziert in §§ 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 und 3 BGB, scheidet hier schon grundsätzlich aus, da ein Kaufvertrag zustande gekommen und der Gefahrübergang stattgefunden hat, so dass §§ 434 ff. BGB als abschließende Sonderregelung gelten und vorgehen (Palandt – Weidenkaff, § 437 BGB, Rn. 51a).
Soweit man etwaige falsche, öffentliche, werbende Äußerungen des Herstellers des streitgegenständlichen Fahrzeugs in der Werbung in den Blick nimmt, können diese zwar gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 BGB bei der Frage des Vorliegens eines Sachmangels grundsätzlich Bedeutung erlangen, zu einer Haftung der Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Lieferung eines fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion führt auch dieser Aspekt jedoch nicht, wie bereits unter Ziff. II. 1. ausgeführt.
Zudem scheidet eine Haftung der Beklagten für ein etwaiges arglistiges Verschweigen/ Handeln von Mitarbeitern des Herstellers auch deshalb aus, da sich die Beklagte deren Verhalten nicht zurechnen lassen muss. Die Zurechnung des arglistigen Verhaltens Dritter bestimmt sich nach den §§ 123 Abs. 2, 166, 278 BGB. Damit hätte die Beklagte für das Verhalten der Fahrzeugherstellerin bzw. deren Mitarbeitern nur dann einzustehen, wenn deren Verhalten dem der Beklagten deshalb gleichzusetzen wäre, weil die Herstellerin mit Wissen und Wollen der Beklagten als deren Erfüllungsgehilfin aufgetreten wäre. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Hersteller einer Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft, sondern vielmehr Dritter iSd § 123 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 02.04.2014, Az.: VIII ZR 46/ 13, NJW 2014, 2183, Rn. 31; so auch Witt, aaO, NJW 2017, 3681, 3685). Beide sind selbständige, rechtliche Personen mit jeweils eigenständigen Pflichtenkreisen und eigenständigen Absatz – und Gewinninteressen. Die Nutzung der Herstellerwerbung seitens der Beklagten entspricht den im Wirtschaftsleben üblichen Abläufen, die nicht den Eindruck erwecken kann, der Händler sei Teil der Fahrzeugkonzeption und – herstellung oder habe hierauf Einfluss (OLG Köln, aaO, Rz. 18; OLG München, Urteil vom 03.07.2017, Az.: 21 U 4818/ 16, NJW-RR 2017, 1238, Rz. 15, jeweils m.w.N.). Nichts Anderes ergibt sich auch aus der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des OLG München vom 23.03.2017, Az.: 3 U 4316/ 16, da sich diese mit der Frage einer etwaigen Zurechnung des Verhaltens des Herstellers als Dritten iSd § 123 Abs. 2 BGB nicht befasst.
3. Anspruch gemäß §§ 280, 241, 443, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. europarechtlichen Vorschriften Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht aus den §§ 280, 241, 443, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 12, 18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG und §§ 4, 6, 25 EG – Fahrzeuggenehmigungsverordnung herleiten (so im Ergebnis auch: OLG Köln, aaO, Rn. 19; OLG München, Beschluss vom 27.02.2018, Az.: 27 U 2793/ 17). Erstens würden auch diese Bestimmungen keinen auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichteten Anspruch des Klägers auf Lieferung eines fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion hergeben. Zweitens dienen die vom Kläger zitierten europarechtlichen Vorschriften dem Umwelt- und Gesundheitsschutz, jedoch nicht der Schaffung eines Individualanspruches, entfalten also keine Schutzwirkung zugunsten des Einzelnen. Im Übrigen betrifft der vom Kläger erhobene Vorwurf wieder nicht ein eigenes Verhalten der Beklagten, sondern ein Verhalten des Herstellers, das nicht zurechenbar ist.
In einer weiteren Entscheidung führt das OLG München aus (Endurteil vom 03.07.2017 – Az. 21 U 4818/16):
Anhaltspunkte dafür, dass die Bekl. entgegen ihrem Vortrag zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses Kenntnis (oder auch nur den Verdacht) von Manipulationsmaßnahmen seitens des Herstellers hatte, liegen nicht vor. Dem Vorbringen der Bekl., sie sei weder eine Konzerntochter noch bestünden irgendwelche Beteiligungsverhältnisse mit den Herstellerfirmen (…) und/oder der X-AG, sie sei vielmehr eine eigenständige, unabhängige Kfz-Händlerin, vermochte der Kl. ebenfalls nichts Substanzielles entgegenzuhalten. Hiervon ist mithin auszugehen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Bekl. vorwerfbar einen Rechtsschein gesetzt hat, der es rechtfertigen könnte, den Fahrzeughersteller ihrem Verantwortungskreis zuzuordnen. Die Bekl. und die Herstellerfirma sind selbstständige rechtliche Personen mit jeweils eigenständigen Pflichtenkreisen. Auch die Tatsache, dass es in den Räumlichkeiten der Bekl. Werbeprospekte zu Fahrzeugen der Marke Y geben mag, die von der X-AG stammen, rechtfertigt keine andere Beurteilung, zumal nicht dargetan wurde, dass der Inhalt von Werbeprospekten beim streitgegenständlichen Kauf eine Rolle gespielt hätte. Eine Zurechnung einer etwaige arglistige Täuschung des Herstellers im Verhältnis zu der Bekl. als unabhängige Händlerin, die – wie vorliegend – einen von ihr erworbenen Gebrauchtwagen an einen Kunden verkauft hat, kommt damit nicht in Betracht (so zB LG Bamberg, Urt. v. 22.7.2016 – 11 O 62/16; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 21.6.2016 – 4 O 441/16; vgl. auch die von Beklagtenseite vorgelegten Beschlüsse des OLG Hamm v. 18.5.2017 – 2 U 39/17, BeckRS 2017, 115495, OLG Karlsruhe v. 18.5.2017 – 19 U 5/17, OLG Brandenburg v. 31.1.2016 – 2 U 39/16, BeckRS 2016, 126343 sowie die Verfügung des Vorsitzenden des OLG Naumburg v. 21.12.2016 – 5 U 129/16, BeckRS 2016, 126342. Der Hersteller ist vielmehr als Dritter iSd § 123 II BGB zu qualifizieren.
In Anbetracht dieser klaren Entscheidungen des Obergerichts, welches im Übrigen die im beklagtischen Schriftsatz vom 07.08.2018 aufgeführten Hinweisbeschlüsse des Oberlandesgerichts München aufgreift sind in rechtlicher Hinsicht keine weiteren Ausführungen veranlasst.
Im Übrigen ist auch äußerst fraglich, ob die klägerseits umfangreich ausgeführten Punkte überhaupt entscheidungserheblich sind, es fehlt schon am konkreten Sachvortrag hinsichtlich des Kaufvertrages, der sich lediglich aus den Anlagen ergibt.
In tatsächlicher Hinsicht ist noch die Ergänzung veranlasst, dass das vom Kläger erworbene und das mittels Klageantrag gewollte Modell des Tourans in erheblichen Punkten nicht mehr übereinstimmen. Zum einen betrifft dies selbstverständlich den Motor des Nachfolgemodels (ab 2015, sog. Touran II), wie auch dessen Aufbau in der Basis als modularen Querbaukasten.
Die Nebenforderungen tragen das Schicksal der Hauptforderung.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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