IT- und Medienrecht

Kein Regelverstoß bei Verkauf von Brot und Brötchen an Sonn- und Feiertagen durch Gaststättenbetreiber

Aktenzeichen  12 O 4218/17

Datum:
20.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2018, 38809
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GastG § 7 Abs. 2
UWG § 3a
BGB § 280 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG gestattet den Verkauf von Brot und Brötchen außerhalb der gesetzlich eingeschränkten Öffnungszeiten einer Bäckerei, solange ein Gaststättenbetrieb erfolgt. (Rn. 23) (red. LS Dirk Büch)
2 Ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Abgemahnten aus § 280 Abs. 1 BGB scheidet mangels vertraglicher Beziehung aus.  (Rn. 31) (red. LS Dirk Büch)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 92 % und die Beklagte 8 % zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Klage und Widerklage sind zulässig, jedoch jeweils nicht begründet.
1. Zur Klage
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 3 a UWG, 3 Satz 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 LadSchlG, 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. SonntVerkV (und in der Folge auch kein Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten) zu.
Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Unterlassung von unzulässigen geschäftlichen Handlungen. Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Nach § 3 a UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Ladenschlussgesetz und der Sonntagsverkaufsverordnung um derartige Vorschriften im Sinne von § 3 a UWG.
Die Veräußerungen, die der Kläger der Beklagten zur Last legt, sind in jedem Fall von § 7 Abs. 2 Nr. 1 Gaststättengesetz gedeckt. Nach dieser Vorschrift darf der Schank- oder Speisewirt auch außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht, an Jedermann über die Straße abgeben. Der Kläger bestreitet die grundsätzliche Anwendbarkeit des Gaststättengesetzes nicht. Die Voraussetzungen der genannten Ausnahme liegen vor. Als Nebenleistungen ist den Schank- und Speisewirten auch der Verkauf über die Straße erlaubt. Allerdings nur in Mengen, die durch den alsbaldigen Verzehr bedingt sind.
Wie das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Beschluss vom 17.09.1997 (3 ObOWi 91/97) hinsichtlich der Auslegung von § 7 Abs. 2 Gaststättengesetz zutreffend festgestellt hat, besagt die Vorschrift nicht, dass die zubereiteten Speisen nur zum Verzehr durch den Käufer selbst abgegeben werden dürfen. Die Frage, ob die abgegebenen Mengen an Bäckerwaren „zum alsbaldigen Verzehr“ bestimmt sind, kann allein aufgrund der abgegebenen Menge nur dann ohne Weiteres verneint werden, wenn diese so groß ist, dass sie auf privaten Veranstaltungen üblicherweise auch nicht annähernd gegessen zu werden pflegt. Regelmäßig ist für die Beantwortung dieser Frage die Zahl der Personen maßgeblich, für deren Konsum die abgegebenen Speisen bestimmt sind. Hierzu verhält sich der Vortrag des Klägers nicht.
Der Kläger verkennt im Schriftsatz vom 03.05.2018, dass sich die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 17.09.1997 auch und gerade mit den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 GastG befasste und diese Tatbestandsmerkmale ausgelegt hat, die für beide Nummern der Vorschrift gelten. Diese Tatbestandsmerkmale sind:
„… außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch … an jedermann über die Straße abgeben“
Diese Tatbestandsmerkmale hat das BayObLG in der angeführten Entscheidung ausgelegt. Dass es sich in Nummer 1 der Vorschrift um Getränke und zubereitete Speisen und in Nummer 2 um Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren handelt ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Denn dass die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Nummer 1 nach dessen Wortlaut nicht vorliegen, hat der Kläger nicht bestritten. Relevant ist demnach nur, ob es sich um Abgaben zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch handelt. Diese Voraussetzung ist für beide Nummern der Vorschrift identisch.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 15.05.2018 ist nach § 296 a ZPO verspätet und wird deswegen nicht berücksichtigt. Er war der Beklagten nicht nachgelassen.
Da schon kein Unterlassungsanspruch besteht, kann auch kein Kostenersatz für die Abmahnkosten entstanden sein. Die Voraussetzungen von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG liegen nicht vor.
2. Zur Widerklage
Die Widerklage ist nicht begründet.
Der Beklagten steht gegen den Kläger kein Anspruch auf Zahlung oder auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten zur Verteidigung gegen die (unberechtigte) Abmahnung zu.
Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehen keine vertraglichen Beziehungen, so dass § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage ausscheidet.
Auch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet schon deswegen aus, weil die Beklagte ein eigenes Geschäft geführt hat und ihr dementsprechend der Fremdgeschäftsführungswille fehlt.
Andere gesetzliche Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Frage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 2 ZPO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Verkündet am 20.04.2018


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