IT- und Medienrecht

Keine Befreiung einkommensschwacher Personen von der Rundfunkbeitragspflicht ohne Nachweis der Bedürftigkeit durch Bescheid

Aktenzeichen  M 26 K 15.2213

Datum:
9.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV RBStV § 4 Abs. 1, Abs. 6

 

Leitsatz

Die Befreiung einkommensschwacher Personen von der Rundfunkbeitragspflicht ist “bescheidgebunden” und setzt den Nachweis der Bedürftigkeit durch Vorlage einer Bestätigung oder eines Bescheids der hierfür zuständigen Behörde oder des Leistungsträgers voraus. Die nicht in dieser Weise nachgewiesene Bedürftigkeit ist auch nicht als besonderer Härtefall anzusehen (BayVGH BeckRS 2013, 59320). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Entscheidung konnte nach Anhörung der Beteiligten im Wege des Gerichtsbescheids ergehen (§ 84 Abs. 1 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom … September 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 ergingen zu Recht. Die Klägerin ist als Inhaberin einer Wohnung rundfunkbeitragspflichtig, so dass eine Erstattung von deshalb zu leistenden Rundfunkbeiträgen nicht in Betracht kommt.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV, weil sie die dortigen Befreiungstatbestände, nämlich den Bezug oder Erhalt einer der abschließend aufgezählten Sozialleistungen, unstreitig nicht erfüllt und entsprechend auch nicht nachweisen kann.
2. Die Klägerin kann wegen geringen Einkommens auch nicht nach § 4 Abs. 6 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreit werden. Ein besonderer Härtefall liegt nicht vor.
§ 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV setzt in einem gesetzlich geregelten Härtefall wegen finanzieller Bedürftigkeit voraus, dass von einer zuständigen Behörde ein Bescheid erlassen worden ist, nach dem eine zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führende Sozialleistung nach Abs. 1 mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Dies ist bei der Klägerin zwar nicht der Fall. Aus der genannten Vorschrift und § 4 Abs. 1 sowie Abs. 7 RBStV kann jedoch abgeleitet werden, dass Befreiungstatbestände wegen Bedürftigkeit auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle beschränkt werden sollen und Personen mit geringem Einkommen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht dem Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zuzuordnen sind. Eine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Bedarfslage, die durch Anwendung der Härtefallregelung ihren Ausgleich finden soll, liegt dann nämlich nicht vor. Dass auch die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht bei der Geltendmachung eines Härtefalls bescheidgebunden ist, wenn Bedürftigkeit geltend gemacht wird, ist in der Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs längst geklärt (s. BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 – juris; s. auch OVG Berlin-Bbg, B.v. 9.1.2014 – OVG 11 N 23.13 – juris; BVerwG, U.v.12.10.2011 – 6 C 34/10 – juris).
3. Die Klägerin ist somit unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig davon, ob sie die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland in Anspruch nimmt, seit dem … Januar 2013 als Inhaberin einer Wohnung beitragspflichtig (§ 2 Abs. 1 RBStV). Dass es – auch verfassungsrechtlich – nicht zu beanstanden ist, Inhaber von Wohnungen selbst dann zu Rundfunkbeiträgen heranzuziehen, wenn sie keine Rundfunkempfangsgeräte bereithalten oder von der Möglichkeit der Nutzung öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch machen (s. § 2 Abs. 1 RBStV), entspricht der ständigen Rechtsprechung dieses Gerichts. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach so entschieden (BayVGH seit U.v. 19.6.2015 – 7 BV 14.1707 – juris). Der Rundfunkbeitrag begegnet auch im Übrigen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (s. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris; VerfGH RhPf, U.v. 13.5.2014 – VGH B 35/12 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 juris).

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