IT- und Medienrecht

Keine Herstellerrabatte für Lifestyle-Arzneimittel

Aktenzeichen  23 O 12038/18

Datum:
28.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 54765
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AMRabG § 1 S. 1
SGB V § 34 Abs. 1 S. 7, § 34 Abs. 1 S. 8, § 130a

 

Leitsatz

1. Der Kläger ist zur Gewährung eines Herstellerrabatts für die betreffenden Lifestyle-Arzneimittel nicht verpflichtet. Denn verschreibungspflichtige Lifestyle-Arzneimittel im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 7 u. 8 SGB V sind von der in § 1 S. 1 AMRabG geregelten Verpflichtung zur Gewährung von Herstellerabschlägen nicht erfasst. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die in § 1 S. 1 AMRabG statuierte Pflicht zu Herstellerabschlägen ist eine Rechtsgrundverweisung auf § 130a SGB V, was zur Folge hat, dass Abschläge nach § 1 S. 1 AMRabG nur für solche verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu gewähren sind, für die auch nach § 130a SGB V Herstellerrabatte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen anfallen. Dies ist bei den hier betroffenen Lifestyle-Arzneimitteln nicht der Fall.  (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Wille des Gesetzgebers ist es, die Pflicht zur Gewährung von Herstellerrabatten in der privaten Krankenversicherung so zu regeln, wie sie in ihrem Umfang im Wesentlichen den Herstellerrabatten in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin in Bezug auf die Arzneimittel Xenical, Viagra, Cialis, Levitra, Champix, Azzalure, Bocouture und Vistabel, die Lifestyle Arzneimittel im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 7 u. 8 SGB V sind, (unabhängig von der Wirkstärke) nicht dazu verpflichtet ist, Herstellerrabatte gemäß § 1 S. 1 AMRabG an die Beklagte entsprechend § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V zu gewähren.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
A. Die Klage ist zulässig.
I. Das Landgericht München I ist für die Entscheidung über den Rechtsstreit gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und nach §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig.
II. Auch die in § 256 Abs. 1 ZPO geregelten besonderen Prozessvoraussetzungen der Feststellungsklage sind vorliegend gegeben.
1. Die Klage ist auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten gerichtet.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Feststellungsklage zulässig, um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festzustellen. Unter einem Rechtsverhältnis ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache zu verstehen, die ein subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann …. Dabei können zwar einzelne Rechten, Pflichten oder Folgen des Rechtsverhältnisses sowie der Inhalt und der Umfang einer Leistungspflicht Gegenstand der Feststellung sein, nicht aber Vorfragen oder einzelne Elemente desselben (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 398 (399)). Auch muss das Rechtsverhältnis gegenwärtig sein (vgl. Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl. 2018, § 256 Rn. 8).
Berücksichtigt man dies, so ist die vorliegende Klage auf die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Denn die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass zwischen ihr und der Beklagten keine Beziehung dergestalt besteht, dass der Beklagten gegenüber der Klägerin bei Erstattung der im Klageantrag näher bezeichneten Lifestyle-Arzneimittel ein Anspruch auf einen Herstellerrabatt auf der Grundlage des § 1 S. 1 AMRAbG zusteht. Zwar ließe sich erwägen, die Gegenwärtigkeit dieses Rechtsverhältnisses mit der Begründung in Frage zu stellen, es handle sich bei der durch § 1 S. 1 AMRabG zwischen den Parteien vermittelten Rechtsbeziehung nicht um eine solche, die dauerhaft besteht, sondern um eine solche, welche bei jeder Erstattung der von § 1 S. 1 AMRabG erfassten Arzneimittel durch die Beklagte aufs neue begründet wird. Jedoch liegt ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO auch dann vor, wenn eine Verbindlichkeit zwar noch nicht entstanden ist, aber für ihren späteren Eintritt der Grund in der Art gelegt ist, dass ihre Entstehung nur von dem Eintritt weiterer Umstände oder dem Zeitablauf abhängt …. Dies ist vorliegend der Fall. Denn für die Entstehung der Verpflichtung zur Gewährung eines Herstellerrabatts, deren Nichtbestehen die Klägerin festgestellt wissen möchte, legt § 1 S. 1 AMRabG den Grund in der Art, dass ihre zwischen den Parteien in Streit stehende Entstehung nur von dem Eintritt weiterer Umstände, nämlich der Inanspruchnahme der Beklagten durch die Versicherungsnehmer und die nachfolgende Erstattung des Arzneimittels durch die Beklagte abhängt. Dies genügt, um in der vorliegenden Konstellation von einem zwischen den Parteien bestehenden gegenwärtigen Rechtsverhältnis auszugehen (dies in einer vergleichbaren Konstellation im Ergebnis ebenfalls bejahend … ebenso in der Vorinstanz zu BGH, NJW 2016, 66 ff. das OLG München, Urteil vom 08.05.2014, …, Rn. 33 ff. (zitiert nach juris)).
2. Auch ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer alsbaldigen Feststellung ist gegeben.
Ein Feststellungsinteresse liegt vor, wenn dem Recht oder der Rechtsposition des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Ungewissheit droht und das erstrebte Urteil zur Beseitigung dieser Gefahr geeignet ist …. Im Fall der negativen Feststellungsklage kann die vorgenannte Gefahr darin bestehen, dass sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt, wobei es für die Annahme einer Rechtsberühmung genügt, wenn der Beklagte geltend macht, aus einem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Anspruch gegen den Kläger ergeben ….
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen ihre Pflicht zur Gewährung eines Herstellerrabatts nach § 1 AMRabG für die im Klageantrag näher bezeichneten Lifestyle-Arzneimittel. Die Beklagte, welche zu den nach § 1 AMRabG anspruchsberechtigten privaten Krankenversicherungsunternehmen zählt, hält die Klägerin zur Gewährung eines Herstellerrabatts für die im Klageantrag näher bezeichneten Lifestyle-Arzneimittel unter den in § 1 AMRabG näher bezeichneten Voraussetzungen für verpflichtet. Dieser Standpunkt der Beklagten kommt einer Anspruchsberühmung gleich. Dem steht vor dem Hintergrund der vorgenannten Voraussetzungen für die Annahme eines Feststellungsinteresses auch nicht entgegen, dass ungewiss ist, ob und wenn ja in welcher Höhe die Beklagte ihren Versicherten künftig die im Klageantrag näher bezeichneten Lifestyle-Arzneimittel erstatten wird und es dementsprechend auch ungewiss ist, ob und wenn ja in welcher Höhe die Beklagte die Klägerin künftig aus § 1 AMRabG auf die Gewährung von Herstellerrabatten für die Arzneimittel in Anspruch nehmen wird (so für eine vergleichbare Fallgestaltung auch …. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in Bezug auf die im Klageantrag genannten Lifestyle-Arzneimittel bereits Abschläge von mehr als 11.500 Euro an die Unternehmen der privaten Krankenversicherung gewährt hat und damit rechnet, künftig insoweit auch weiterhin in Anspruch genommen zu werden. In einer derartigen Situation besteht zweifelsohne ein berechtigtes Interesse der Klägerin, ihre Leistungsverpflichtung gegenüber der Beklagten auch für die Zukunft klären zu lassen und nicht darauf verwiesen zu werden, eine Zahlung bei einer künftigen Inanspruchnahme zu verweigern und es auf eine Leistungsklage der Beklagten ankommen zu lassen ….
B. Die Klage ist begründet, da eine Verpflichtung der Klägerin, in Bezug auf die Arzneimittel Xenical, Viagra, Cialis, Levitra, Champix, Azzalure, Bocouture und Vistabel, die – was zwischen den Parteien unstreitig ist – Lifestyle Arzneimittel im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 7 u. 8 SGB V sind, (unabhängig von der Wirkstärke) Herstellerrabatte gemäß § 1 S. 1 AMRabG an die Beklagte entsprechend § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V zu gewähren, nicht besteht. Denn verschreibungspflichtige Lifestyle-Arzneimittel im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 7 u. 8 SGB V werden von der in § 1 S. 1 AMRabG geregelten Verpflichtung zur Gewährung von Herstellerabschlägen nicht erfasst.
Gemäß § 1 S. 1 AMRabG haben die pharmazeutischen Unternehmen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend § 130 a Absatz 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V zu gewähren.
Betrachtet man den Wortlaut der Norm, so knüpft dieser die Verpflichtung zur Gewährung von Herstellerabschlägen an das Vorliegen eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Hiervon werden grundsätzlich auch die im Klageantrag näher bezeichneten Lifestyle-Arzneimittel erfasst. Jedoch verweist § 1 S. 1 AMRabG weiter darauf, dass Abschläge entsprechend § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V zu gewähren sind. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V, was zur Folge hat, dass Abschläge nach § 1 S. 1 AMRabG nur für solche verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu gewähren sind, für die auch nach § 130 a SGB V Herstellerrabatte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen anfallen (I.). Dies ist bei Lifestyle-Arzneimitteln nicht der Fall (II.).
I. Der in § 1 S. 1 AMRabG enthaltene Verweis auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V stellt eine Rechtsgrundverweisung auf diese Regelungen dar mit der Folge, dass Abschläge nach § 1 S. 1 AMRabG nur für solche verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu gewähren sind, für die auch nach § 130 a SGB V Herstellerrabatte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen zu gewähren sind.
1. Dem Wortlaut des § 1 S. 1 AMRabG lässt sich eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob es sich bei dem in § 1 S. 1 AMRabG enthaltenen Verweis auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V um eine Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung handelt, nicht entnehmen. Denn die Formulierung „Abschläge entsprechend § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V“ lässt sich einerseits dergestalt interpretieren, dass sich der Verweis lediglich auf den Begriff der Abschläge bezieht und somit allein die in § 130 a SGB V geregelte Abschlagshöhe in Bezug genommen wird. In diesem Fall läge die Annahme einer Rechtsfolgenverweisung nahe. Andererseits lässt sich diese Formulierung aber auch auf den kompletten § 1 S. 1 AMRabG beziehen mit der Folge, dass nicht nur die Abschlagshöhe, sondern auch die in § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V geregelten Voraussetzungen für die Abschlagsgewährung in Bezug genommen werden. In diesem Fall läge die Annahme einer Rechtsgrundverweisung nahe.
2. Auch dem Sinn und Zweck des § 1 S. 1 AMRabG, wie er in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, lässt sich eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob es sich bei dem Verweis auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V um eine Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung handelt, nicht entnehmen. Danach dient § 1 S. 1 AMRabG dem Ziel, „Einsparungen auch in den Bereichen der Absicherung im Krankheitsfall zu erzielen, die ebenso wie die gesetzliche Krankenversicherung in der Vergangenheit besonders stark von Kostensteigerungen betroffen waren, jedoch nicht von den Preisregulierungen des SGB V erfasst sind“ …. Im Anschluss hieran vertritt auch die Rechtsprechung – zum Teil unter Verweis auf § 1 S. 4 AMRabG – die Auffassung, § 1 S. 1 AMRabG verfolge den Zweck, einen bezzahlbaren Krankenversicherungsschutz auch für die privat Versicherten zu gewährleisten (vgl. …. Eine möglichst weitgehende Erreichung dieses Zwecks würde ohne Zweifel über eine möglichst weite Auslegung des § 1 S. 1 AMRabG gewährleistet mit der Folge, dass sämtliche verschreibungspflichtigen Arzneimittel von der in § 1 S. 1 AMRabG geregelten Pflicht zur Gewährung von Abschlägen grundsätzlich erfasst werden. Eine derartige Auslegung, welche sich allein auf den Zweck des § 1 S. 1 AMRabG stützt, ließe aber unberücksichtigt, dass die in § 1 S. 1 AMRabG geregelte Pflicht zur Gewährung von Herstellerabschlägen in die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift (vgl. zur Grundrechtsrelevanz des § 1 S. 1 AMRabG …. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des § 1 S. 1 AM-RabG vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, an welchem sich jeder Grundrechtseingriff messen lassen muss, nicht nur das von ihm verfolgte legitime Ziel der Gewährleistung eines bezahlbaren Krankenversicherungsschutzes auch in der privaten Krankenversicherung, sondern auch die Grundrechte der pharmazeutischen Unternehmer im Blick hatte. Allein mit der Begründung, über eine möglichst weite Auslegung des § 1 S. 1 AMRabG lasse sich das durch den Gesetzgeber mit der Einführung der Norm verfolgte Ziel weitestgehend erreichen, lässt sich damit eine derartige Auslegung nicht rechtfertigen. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Verweis der Beklagten auf das … Dort führt der Bundesgerichtshof in Bezug auf die Gesetzesbegründung zu § 1 S. 1 AM-RabG aus: „Die Gewährleistung eines bezahlbaren Krankenversicherungsschutzes in der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung dient dem Schutz wichtiger Interessen des Gemeinwohls. Anders als die Revision meint, ist keine Beschränkung auf solche Leistungsbereiche der privaten Krankenversicherung vorzunehmen, die – wie der Basistarif – im Prämien- und Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen, weil die übrigen Privatversicherten finanziell leistungsfähig und daher nicht schutzbedürftig seien“ …. Diesen Ausführungen lässt sich lediglich entnehmen, dass sich der Anwendungsbereich des § 1 S. 1 AMRabG nicht mit der Begründung, die übrigen Privatversicherten seien weniger schutzwürdig, auf solche von den Unternehmen der privaten Krankenversicherung angebotenen Tarife beschränken lässt, die dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen. Auf die Frage, ob der Anwendungsbereich des § 1 S. 1 AM-RabG alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel in der privaten Krankenversicherung unabhängig davon erfasst, ob diese auch in der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig sind, lässt sich diesem Urteil hingegen keine Antwort entnehmen.
3. Auch dem historischen Willen des Gesetzgebers, wie er in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt, lässt sich eine eindeutige Antwort auf die Frage, ob der in § 1 S. 1 AMRabG enthaltene Verweis auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V als Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung gedacht war, nicht entnehmen. Aus den Plenarprotokollen des Bundestages ergeben sich hierzu keine Erkenntnisse. In der Gesetzesbegründung zu § 1 S. 1 AMRabG findet sich zwar folgende Ausführung, welche auf einen Gleichlauf der Pflicht zur Gewährung von Herstellerrabatten in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung und dementsprechend eine Rechtsgrundverweisung auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V hindeuten könnte: „Bei einem verordneten Arzneimittel kann es keine Leistungsdifferenzierung nach dem Versichertenstatus geben. Es entspricht zudem sozialstaatlichen Erwägungen, Personen, die gesetzlich zu einer Absicherung im Krankheitsfall verpflichtet sind, für das gleiche Arzneimittel nicht mit höheren Kosten zu belasten als Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung“ …. Der Verweis auf das „gleiche Arzneimittel“ ließe sich insoweit unter Umständen dahingehend interpretieren, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 1 S. 1 AM-RabG hinsichtlich der Rabattpflicht einen Gleichlauf zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung erreichen wollte. Dies würde es nahelegen, in dem Verweis auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V eine Rechtsgrundverweisung zu sehen. Eindeutig ist dies aber nicht.
4. Im Ergebnis sprechen jedoch vor dem Hintergrund der gesetzlichen Systematik die besseren Argumente dafür, den Verweis auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V als Rechtsgrundverweisung zu verstehen. Denn die gesetzliche Systematik spricht dafür, dass der Gesetzgeber die Pflicht zur Gewährung von Herstellerrabatten in der privaten Krankenversicherung so regeln wollte, dass sie in ihrem Umfang im Wesentlichen den Herstellerrabatten in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.
Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass gegen diese Auffassung auf den ersten Blick spricht, dass § 1 S. 1 AMRabG die Pflicht der pharmazeutischen Unternehmer zur Gewährung von Herstellerrabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel beschränkt, während in der gesetzlichen Krankenversicherung jedenfalls bestimmte nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel – nämlich soweit diese insbesondere nach § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V ausnahmsweise erstattungsfähig sind – von den Herstellerrabatten nach § 130 a Abs. 1 S. 1 SGB V erfasst werden. Jedoch ist insoweit zu berücksichtigen, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung anders als in der privaten Krankenversicherung nach § 31 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 S. 1 SGB V grundsätzlich von der Erstattung ausgeschlossen sind. Insoweit erscheint es naheliegend, dass der Gesetzgeber bei der Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 1 S. 1 AM-RabG auf verschreibungspflichtige Arzneimittel diesen Grundsatz im Blick hatte und vor diesem Hintergrund einen Gleichlauf zwischen der Pflicht der pharmazeutischen Unternehmen zur Gewährung von Herstellerrabatten in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung jedenfalls vom Grundsatz her herstellen wollte. Anders lässt sich auch nicht erklären, weshalb über § 1 S. 1 AMRabG im Bereich der privaten Krankenversicherung, in welcher auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich erstattungsfähig sind, eine Beschränkung der Pflicht der pharmazeutischen Unternehmer zur Gewährung von Herstellerrabatten auf verschreibungspflichtige Arzneimittel erfolgt.
Weiter spricht für die Annahme, dass der Gesetzgeber die Pflicht zur Gewährung von Herstellerrabatten in der privaten Krankenversicherung so regeln wollte, dass sie in ihrem Umfang im Wesentlichen den Herstellerrabatten in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht, dass der Gesetzgeber in § 1 S. 1 AMRabG auch auf § 130 a Abs. 3 SGB V verweist. Nach 130a Abs. 3 SGB V gelten die Absätze 1, 1a und 2 des § 130 a SGB V nicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag auf Grund des § 35 SGB V festgesetzt ist. Hintergrund der Regelung in § 130 a Abs. 3 SGB V ist, dass der Gesetzgeber bei Einführung des § 130 a SGB V davon ausging, dass über die Festbeträge ein vergleichbares Einsparvolumen generiert werden kann wie durch die Pflicht zur Gewährung von Herstellerabschlägen und es dementsprechend in diesem Bereich eines nebeneinanders von Festbeträgen und Herstellerabschlägen nicht bedarf (vgl. insoweit …. Zwar kann die Einführung von Festbeträgen auch auf die Unternehmen der privaten Krankenversicherungen positive Auswirkungen insoweit haben, als diese dazu führen kann, dass Arzneimittel von Herstellern insgesamt günstiger auf den Markt gebracht werden. Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt bei den Unternehmen der privaten Krankenversicherung die Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf den Festbetrag aber grundsätzlich nicht. Trotzdem sind diese Arzneimittel auch gegenüber den Unternehmen der privaten Krankenversicherung über den in § 1 S. 1 AMRabG enthaltenen Verweis auf § 130 a Abs. 3 SGB V von der Pflicht zur Gewährung von Herstellerrabatten ausgenommen. Dies lässt sich nur so erklären, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des § 1 S. 1 AMRabG einen möglichst identischen Anwendungsbereich im Hinblick auf die von der Pflicht zur Gewährung der Herstellerrabatte umfassten Arzneimittel in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung erreichen wollte.
Zuletzt spricht der in § 1 S. 1 AMRabG enthaltene Verweis auf § 130 a Abs. 3 SGB V im Übrigen auch deshalb gegen die Annahme einer in § 1 S. 1 AMRabG enthaltenen Rechtsfolgenweisung, da in § 130 a SGB V gerade nicht die Abschlagshöhe geregelt ist, sondern gewisse Arzneimittel von der Pflicht zur Gewährung von Herstellerrabatten ausgenommen werden. Dies spricht dafür, auch den Verweis auf die übrigen Absätze des § 130 a SGB V als Rechtsgrund- und nicht als Rechtsfolgenverweisung zu begreifen.
II. Für Lifestyle-Arzneimittel sind in der gesetzlichen Krankenversicherung Herstellerrabatte im Sinne des § 130 a SGB V nicht zu gewähren. Denn gemäß § 130 a Abs. 1 S. 1 SGB V erhalten Krankenkassen von Apotheken die Herstellerabschläge für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel. Diese Formulierung beinhaltet einen Verweis auf § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V, welcher bestimmt, dass Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln haben, soweit diese Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 34 Abs. 1 S. 7 SGB V sind von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht – wobei dies in § 34 Abs. 1 S. 8 SGB V näher spezifiziert wird – ausgeschlossen. Hierbei handelt es sich um eine Umschreibung für die vorliegend in Streit stehenden und im Klageantrag näher konkretisierten Lifestyle-Arzneimittel.
III. Geht man vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen davon aus, dass es sich bei dem in § 1 S. 1 AMRabG enthaltenen Verweis um eine Rechtsgrundverweisung auf § 130 a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b SGB V handelt und für die im Klageantrag näher bezeichneten und sämtlich verschreibungspflichtigen Lifestyle-Arzneimittel im Rahmen des § 130 a SGB V Herstellerabschläge nicht anfallen, da sie nach § 34 Abs. 1 S. 7 u. 8 SGB V von der Erstattungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, so fallen für diese Arzneimittel vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen Herstellerabschläge auch im Anwendungsbereich des § 1 S. 1 AMRabG nicht an.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
E. Die Streitwertfestsetzung ergeht auf Grundlage des § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.


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