IT- und Medienrecht

Leistungen, Arbeitnehmer, Versicherungsschutz, Minderung, Vertragsschluss, Klausel, Verletzung, Inhaltskontrolle, Rechtsanwaltskosten, Dienstleistungen, Interessenausgleich, Frist, Abrechnung, AGB, Waren und Dienstleistungen, Art und Weise, berechtigtes Interesse

Aktenzeichen  1 HK O 15370/20

Datum:
20.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13591
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf,
Teilbereich A („Pachtverhältnis“)
Gliederungspunkt A 1.6
Ziffer 1.6. Absatz 1:
„Mitarbeiter von ENI, die mit der Betreuung der Agip-Servicestation beauftragt sind, dürfen den Pachtgegenstand während der Geschäftszeiten jederzeit betreten. Sie sind berechtigt, den Zustand des Pachtgegenstands, Waren- und Geldbestände zu prüfen sowie – nach Voranmeldung bzw. bei Vorliegen von Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen diesen Service-Stationsvertrag auch ohne Voranmeldung – die Geschäftsunterlagen einzusehen. Partner wird sie dabei unterstützen.“
Gliederungspunkt A 2.1
Ziffer 2.1.:
„ENI ist nach vorheriger Ankündigung nach eigenem Ermessen berechtigt, Reparaturen am Pachtgegenstand und angrenzenden Bauteilen durchzuführen. Ferner ist ENI berechtigt, technische Veränderungen am Pachtgegenstand vorzunehmen, technische Einrichtungen oder Anlagen auszutauschen bzw. systemtechnische Änderungen (bspw. an der Software) vorzunehmen.“
Gliederungspunkt A 2.2
Ziffer 2.2.:
„Die in Ziffer 2.1. bezeichneten Maßnahmen hat Partner grundsätzlich entschädigungslos zu dulden. Mit weitergehenden Ansprüchen ist Partner insoweit ausgeschlossen. Partner kann ausnahmsweise eine angemessene Herabsetzung der Objektpacht geltend machen, wenn und soweit die von ENI veranlassten Maßnahmen eine so erhebliche Beeinträchtigung im Pachtgebrauch bewirken, dass die Fortentrichtung der vollen Objektpacht für Partner unbillig wäre.“
Anlage 1 zu Gliederungspunkt A 3.1 Absatz 2 i.V.m.
Anlage 1 zum Service-Stationsvertrag („Kostenverteilung hinsichtlich von Instandhal- tungsund Instandsetzungsmaßnahmen sowie sonstiger Betriebskosten“) :
1. Unterhaltungskosten (Instandhaltung, Reparaturen, Ersatzbeschaffungen, Reinigung)
1.1. Betriebsgebäude, Fahrbahnen und Mobiliar
Kostenart    Kostenträger / Verpflichtete
    Eni    Partner
[…]    […]    […]
Fenster    X    Reinigung
Verglasungen    X    Reinigung
[…]    […]    […]
Werbetransparente, Schilder, Leuchten    X    Reinigung
[…]    […]    […]
Teilbereich B („Handelsvertreterverhältnis“)
Gliederungspunkt B 1
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass ENI im Rahmen billigen Ermessens das Sortiment an Agenturwaren (durch einseitige schriftliche Erklärung mit angemessener Frist) um andere als die in der Anlage 2 genannten Sorten an Agenturwaren erweitern und das Sortiment an Agenturwaren einschränken kann.“
Gliederungspunkt B 6
„ENI behält sich vor, Abrechnungszyklen und das Abrechnungsverfahren unter Ausübung des billigen Ermessens jederzeit zu ändern.“
„Partner ist verpflichtet, den Bestand an Verkaufserlösen in Zusammenhang mit dem Verkauf von Agenturwaren so niedrig wie möglich zu halten. Hierzu wird er regelmäßig – wenn nötig auch mehrfach täglich – Einzahlungen auf das Treuhandkonto vornehmen.“
„Die in der jeweiligen Abrechnung ausgewiesenen Buchungspositionen gelten als genehmigt, wenn Partner nicht innerhalb von sechs Wochen nach Absenden der Abrechnung Einwendungen gegen die jeweilige Abrechnung erhebt.“
„Partner wird ENI im Rahmen einer inhaltlich den Vorgaben der Anlage 4 (Ermächtigung zur Einholung von Auskünften) entsprechenden Erklärung ermächtigen, bei den dort genannten Dritten die dort aufgeführten Auskünfte über Partner einholen zu dürfen.“
Teilbereich D („Allgemeine Regelungen“)
Gliederungspunkt D 1.2
(Ein wichtiger Grund zur Kündigung des Vertragsverhältnisses durch ENI liegt insbesondere vor, wenn)
„- Partner gegen Lebensmittelhygienevorschriften bzw. gegen das HACCP-Konzept (Anlage 8) in nicht nur unerheblicher Weise verstößt; oder
–    die gem. Abschnitt D. Ziff. 9 vereinbarten Sicherheiten nicht gestellt oder diese gekündigt werden oder wegfallen und keine Ersatzsicherheiten gem. den dort geregelten Vorgaben gestellt werden; oder
–    Partner fällige Forderungen von ENI im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren bei ENI nach zweimaliger Mahnung mit angemessener Fristsetzung zur Zahlung nicht begleicht; oder
–    Partner seine Zahlungen einstellt; oder
–    der Betrieb der Agip-Servicestation durch höhere Gewalt, durch Lieferschwierigkeiten, durch die Veränderung von Verkehrswegen sowie aufgrund behördlicher Anordnungen erheblich erschwert oder unmöglich wird und sämtliche der vorgenannten Beeinträchtigungen nicht nur vorübergehend bestehen; oder
–    ENI unverschuldet die Besitzberechtigung der Agip-Servicestation entzogen wird;
oder
–    gegen den Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltschutz, die Einhaltung von HSE-Vorschriften gem. Abschnitt D. Ziff. 3 bzw. gegen die Verantwortlichkeit von Gesellschaften für gesetzwidriges Verhalten ihrer Mitarbeiter gem. Abschnitt D. Ziff. 2 des Servicestationsvertrages unter den dort beschriebenen Voraussetzungen verstoßen wird.“
Gliederungspunkt D 2.7
„2.7 Im Hinblick auf die Durchführung dieses Vertrages sichert der Partner zu, dass
a) ein jeder Betrag, der im Rahmen dieses Vertrages zu leisten ist, ausschließlich ein Entgelt darstellt, das für die verkauften Produkte oder für die nach dem Vertrag erbrachten Dienstleistungen vertraglich vereinbart und geschuldet ist und kein Teil davon direkt oder indirekt an Dritte, einschließlich Amtsträger oder deren Familienmitglieder (Lebensgefährten, Eltern und Großeltern, Geschwister, Kinder, Nichten und Neffen, Tanten und Onkel, Cousins 1. Grades, deren Lebensgefährten und andere Personen, mit denen sie in einem Haushalt zusammen leben, im Folgenden „Familienmitglieder“) zu … anderen Fällen von
Verstößen gegen geltendes Recht, geleistet wird;
Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragsparteien durch Unterzeichnen dieses Vertrages,
a)    jeden Betrag, der auf Grund dieses Vertrages erhalten oder gezahlt wird, ordnungsgemäß und nachvollziehbar in ihrer Buchhaltung zu erfassen;
b)    für die gesamte Dauer dieses Vertrages ein effektives und angemessenes Anti-Korruptionsprogramm zur Überwachung und Kontrolle zur Verhinderung von Korruptionsvergehen, wie Geldwäsche, in den durch Korruption gefährdeten Bereichen, einzuführen, aufrechtzuerhalten und seine Anwendung zu überwachen;
d)    ENI unverzüglich über jegliche Veränderung in Bezug auf die Angaben zu informieren, die vor oder bei Vertragsschluss gemacht wurden, inklusive solcher Veränderung in der Gesellschafterstruktur des Partners;
e)    sämtliche Dokumente in Bezug auf alle Leistungen, die im Rahmen dieses Vertrages erbracht wurden, mindestens für einen Zeitraum von 10 Jahren aufzubewahren;“
Gliederungspunkt D 4.1
„Partner bedarf für die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten, die nicht mit dem Betrieb der Agip-Servicestation üblicherweise verbunden sind, der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch ENI. Werden hierbei Leistungen erbracht, so müssen diese nach außen erkennbar in eigenem Namen und auf eigene Rechnung des Partners bzw. auf fremde Rechnung erbracht werden. Dem Partner ist es untersagt, für die Bezahlung solcher Leistungen (mit Ausnahme sogenannter fahrzeugbezogener Waren und Dienstleistungen wie Autowäsche, Frostschutz, Motoröl, Scheibenwischer) Flottenkarten oder Prepaidkarten zu akzeptieren.“
Gliederungspunkt D 6.4
„Unabhängig davon, ob im Einzelfall ein Versicherungsschutz besteht, hat Partner ENI von allen Ansprüchen gleich welcher Art freizustellen, die Dritte aus dem Betrieb der Agip-Ser- vicestation gegen ENI geltend machen. Dies gilt auch für alle gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die zur Wahrung der Rechte von ENI entstehen. Die Freistellungspflicht besteht nicht, sofern und soweit die Inanspruchnahme allein auf einer Verletzung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten von ENI oder deren Erfüllungs- oder Verrichtungs- gehilfen beruht.“
Gliederungspunkt D 8.1
„Partner wird ein Geschäftskonto einrichten. Partner wird ENI zum Einzug von Pachten, zum Einzug von Forderungen aus dem Verkauf von Waren an Partner sowie zum Einzug sonstiger Forderungen von ENI gegenüber Partner im Rahmen der Geschäftsverbindung ein SEPA-Firmenlastschriftmandat erteilen; ENI stellt Partner ein entsprechendes Formular zur Verfügung.“
Gliederungspunkt D 10.4
„Kommt es im Rahmen der Kartenabrechnung (Kreditkarten, Debitkarten, Flottenkarten, Agip-Prepaidcards) zu einer Rückbelastung (bspw. in den in der Ziffer 4 der Anlage 11 (Kartengeschäft) zum Service-Stationsvertrag aufgelisteten Fällen) seitens des Kartenherausgebers bzw. weiterer im Abrechnungsprozess zwischengeschalteter Stellen, so ist ENI berechtigt, eine entsprechende Korrektur im Rahmen der täglichen Abrechnung (Abschnitt B., Ziffer 6.1) zu Lasten des Partners durchzuführen. Bei Flottenkarten und Agip-Prepaidcards soweit diese unter die Bereichsausnahmen des ZAG fallen, werden bereits abgetretene Forderungen an den dies annehmenden Partner zurückabgetreten.“
Gliederungspunkt D 14.1
„Die vom Partner auf seine Kosten eingesetzten Mitarbeiter haben in Bezug auf die ihnen übertragenen Aufgaben fachlich geeignet und nachgewiesen zuverlässig zu sein. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die personenbezogenen Erfordernisse wie Genehmigung, Zertifizierung und sonstige Voraussetzungen sowie vertragliche und gesetzliche Bestimmungen in Bezug auf die Art und Weise der Leistungserbringung.“
Gliederungspunkt D 14.3
„Aufgrund der möglicherweise auch für Nachfolgepartner entstehenden Bindungswirkung durch den § 613a BGB (Betriebsübergang), verpflichtet sich Partner, Arbeitsverträge nur zu branchenüblichen Bedingungen abzuschließen. Insbesondere verpflichtet er sich keine Arbeitsverträge abzuschließen, die branchenunübliche Löhne bzw. Abfindungsklauseln oder als unüblich einzustufende feste Vertragslaufzeiten vorsehen oder arbeitgeberseitig einzuhaltende Kündigungsfristen enthalten, welche die gesetzlichen Kündigungsfristen unverhältnismäßig überschreiten. Partner wird für den Fall, dass er dieser Verpflichtung zuwider handelt, einen eventuellen nachfolgenden Partner bzw. ENI von den Folgen freihalten, die sich aus einer solchen Verletzung ergeben.
Es obliegt alleine Partner branchenübliche Bedingungen für die von ihm verwendeten Arbeitsver- träge aufzunehmen; insbesondere ist das Mindestlohngesetz einzuhalten. Sollte sich Partner im Unklaren darüber sein, welche Regelungen in Arbeitsverträgen als branchenüblich einzustufen sind und welche nicht, so wird er hiermit auf die Möglichkeit hingewiesen (beispielsweise bei einem Rechtsanwalt), entsprechende Erkundigungen einzuholen. Hinsichtlich solcher von Dritten erteilter Auskünfte übernimmt ENI ausdrücklich keine Gewähr für deren inhaltliche Richtigkeit.“
II.    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.039,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.12.2020 zu zahlen.
III.    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.    Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 57 %, der Kläger 43%.
V.    Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 € vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Eine erhebliche Anzahl der gerügten Klauseln hält einer Inhaltsprüfung nach §§ 307ff BGB nicht stand (unter I.). Der Kläger kann insoweit Unterlassung der Verwendung und auch Ausgleich seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen (unter II.).
I.
Die Vertragsbestimmungen des Service-Stationsvertrags stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB dar. Es handelt sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Sie unterliegen daher den Einschränkungen nach den §§ 305 – 310 BGB, insbesondere der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen, wobei es auf die Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden ankommt. Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Danach gehen Zweifel zu Lasten des Verwenders. Das bedeutet, dass bei mehrdeutigen Klauseln zuvorderst die Lesart der Klausel gilt, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (sog. kundenfeindlichste Auslegung), weil die Unwirksamkeit für den Vertragspartner des Verwenders günstig ist. Wenn keine der Deutungsmöglichkeiten zur Unwirksamkeit führt, dann gilt die für den Kunden Günstigste (sog. kundenfreundlichste Auslegung). Außer Betracht bleiben bei der Auslegung solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH Urteil vom 10.06.2020, VIII ZR 289/19)
Nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Davon ist im Zweifel auszugehen, wenn die Bestimmung mit dem gesetzlichen Grundgedanken der Norm, von der abgewichen wird, nicht vereinbar ist (Abs. 2 Nr.1), oder sie wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (Abs. 2 Nr.2). Nach § 307 Abs. 1 S.2 BGB kann sich die Unangemessenheit dabei auch daraus ergeben, dass eine Klausel nicht klar und verständlich ist (sog. Transparenzgebot).
Das Transparenzgebot bezieht sich nicht nur auf die äußere Gestaltung der AGB, d.h. untersagt Unübersichtlichkeit, Verstecken nachteiliger Klauseln oder Aufspaltung des Regelungsgehalts auf mehrere Klauseln. Es enthält auch das inhaltliche Gebot, den Klauselinhalt möglichst weitgehend zu konkretisieren, so dass der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten dem Vertragstext mit größtmöglicher Bestimmtheit entnehmen kann (Bestimmtheitsgebot). Demnach hat der Verwender Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel möglichst eindeutig und nachvollziehbar darzustellen, so dass dem Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume eingeräumt werden. Ferner muss die Klausel dem Verständlichkeitsgebot (Gebot der angemessenen Klarheit und Durchschaubarkeit) genügen, was der Fall ist, wenn sie wirtschaftliche Nachteile und Belastungen, die aus der Bestimmung resultieren, soweit erkennen lässt, wie es nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. MüKoBGB/Wurmnest, 8. Aufl. 2019, BGB § 307 Rn. 61).
§ 308 BGB wiederum zählt eine Reihe von sog. Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit auf, d.h. AGB-Klauseln, die in der Praxis häufig zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden führen, bei denen sich aber letztlich doch nur auf Grund ihrer Einbettung in einen bestimmten Vertragstyp beurteilen lässt, ob sie unangemessen und daher unwirksam sind oder nicht (vgl. MüKoBGB/Wurmnest, aaO, § 308 Rn. 1)
§ 309 BGB ergänzt den Katalog des § 308 BGB um sog. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, d.h. AGB-Klauseln, die wegen ihrer besonders benachteiligenden Wirkung für den Vertragspartner des Verwenders ohne Ausnahme unwirksam sind.
§ 308 (bis auf Nr.1a, 1b, 9) BGB und § 309 BGB sind gemäß § 310 Abs. 1 BGB u.a. aber nicht anwendbar, soweit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer verwendet werden.
Möglich bleibt auch im unternehmerischen Verkehr in diesen Fällen eine Unwirksamkeit dieser Klauseln nach § 307 BGB. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung haben die §§ 308, 309 dann eine Indizwirkung: Eine nach §§ 308, 309 unzulässige Klausel ist im unternehmerischen Geschäftsverkehr nach § 307 I unwirksam, sofern nicht spezifische Erwägungen des unternehmerischen Geschäftsverkehrs dagegen sprechen (vgl. BGH NJW 2007, 3774)
Vorliegend verwendet die Beklagte ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern.
Unternehmer ist nach § 14 Abs. 1 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
Dabei ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits auch Unternehmerhandeln anzunehmen, wenn das Geschäft, das Gegenstand des Streits ist, der Aufnahme der gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit dient. Wer sich in den unternehmerischen Geschäftsverkehr begibt, bedarf keines Verbraucherschutzes (vgl. BGH NJW 2005, 1273).
Insoweit handelt es sich bei den Vertragspartnern der Beklagten um Unternehmer unabhängig von ihrer Unternehmerstellung vor Vertragsschluss. Die auf dem Vertragsschluss aufbauende Tätigkeit der Vertragspartner stellt jedenfalls unternehmerische Tätigkeit dar. Die Vertragspartner sind als Handelsvertreter selbständige Gewerbetreibende, § 84 HGB. Auf eine mögliche Kleinunternehmerstellung im Sinne von § 1 Abs. 2 HGB kommt es nicht an (vgl. MüKoBGB/Micklitz, 9. Aufl. 2021, BGB § 14 Rn. 33).
Eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB bis § 309 BGB findet gemäß § 307 Abs. 3 BGB zudem nur statt, soweit es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können (nur) nach § 307 Abs. 1 S.2 BGB unwirksam sein. Zweck der Inhaltskontrolle ist Rechtskontrolle nicht Zweckmäßigkeits- oder Billigkeitskontrolle. Die Inhaltskontrolle dient nicht – auch nicht indirekt – der Prüfung der gesetzlichen Vorschriften oder der Findung eines „gerechten Preises“. Gesetzliche Vorgaben lediglich wiedergebende Vorschriften unterliegen deshalb nur der Transparenzkontrolle. Das soll verhindern, dass durch Intransparenz eine Benachteiligung der Vertragspartner begründet wird. Nur bei zutreffender und hinreichend klarer Information über Leistungsumfang und Preis wird der Vertragspartner überhaupt in die Lage versetzt, seine Vertragsentscheidung zugunsten der Verwenderleistung oder einer Leistung eines Konkurrenten sachgerecht zu treffen (vgl. BeckOK BGB/H. Schmidt, 61. Ed. 1.2.2022, BGB § 307 Rn. 71)
Ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, bleibt der Vertrag nach § 306 Abs. 1 (in Abweichung von der Grundregel des § 139 BGB) im Übrigen wirksam. Anstelle der unwirksamen Klausel tritt nach § 306 Abs. 2 BGB die vom dispositiven Gesetzesrecht vorgesehene Regel. Die unwirksame Klausel wird also nicht auf das gerade noch nach §§ 307 ff. zulässige Maß „zurückgestutzt“ und insoweit aufrechterhalten (sog. „Verbot geltungserhaltender Reduktion“). Andernfalls wäre der Verwender eingeladen, den Vertragspartner zu übervorteilen, da er höchstens die Reduzierung der Klausel auf das gerade noch zulässige Maß zu befürchten hätte. Die Gerichte hätten dann gleichsam die Aufgabe, dem Verwender möglichst günstige AGB zu konstruieren.
Kann eine Allgemeine Geschäftsbedingungen allerdings in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil zerlegt werden, ist nur der unzulässige Teil unwirksam. Eine solche Trennbarkeit setzt voraus, dass in der streitigen Klausel mehrere „inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen“ finden, die trotz des äußeren sprachlichen Zusammenhangs Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können. Inhaltliche Trennbarkeit in diesem Sinne liegt immer dann vor, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. bluepenciltest) (vgl. MüKoBGB/Basedow, 8. Aufl. 2019, BGB § 306 Rn. 23).
Im Einzelnen gilt zu den streitgegenständlichen Klauseln Folgendes:
1. Gliederungspunk A.1.6.
Es sind bei dem Gliederungspunkt mehrere Regelungsgegenstände zu unterscheiden:
– (Anlassloses) Betretungsrecht nach Abs. 1 S.1
– Prüfungsrecht nach Abs. 1 S.2 Teil1
– Geschäftsunterlagen-Einsichtsrecht nach Abs. 1 S.2 Teil2
– Betretungsrecht zur Anbringung von Werbemitteln nach Abs. 2
1. 1 Gliederungspunk A.1.6. (Betretungsrecht)
Bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel kann nicht davon ausgegangen werden, dass S.1 sich auf S.2 bezieht und dass es (nur) um eine Betretungsrecht zur Prüfung geht. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ein anlassloses Betretungsrecht vereinbaren wollte.
Ein anlassloses und uneingeschränktes Recht zum Betreten des Pachtgegenstandes verstößt gegen § 307 Abs. 1 S.1, Abs. 2 Nr.1 BGB. Der Pachtgegenstand ist dem Pächter zur Nutzung überlassen. Er übt das Hausrecht aus. Damit ist nicht vereinbar, dass der Verpächter den Pachtgegenstand grundlos betreten kann. Das gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Allgemeinheit der Zugang zum Pachtgegenstand während der Geschäftszeiten ermöglicht wird. Zum einen erfolgt die Zulassung der Allgemeinheit im Rahmen eines Nutzungszweckes (Tanken, Einkauf oÄ). Zu diesem Zweck können auch Mitarbeiter der Beklagten den Pachtgegenstand ohnehin betreten. Zum anderen umfasst der Pachtgegenstand auch für die Allgemeinheit nicht zugängliche Bereiche.
1. 2 Gliederungspunk A.1.6. (Prüfungsrecht)
Das Prüfungsrecht der Beklagten (und ein darin eingeschlossenes Betretungsrecht) ist vorliegend nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam, weil es ganz ohne Voranmeldung ausgeübt werden kann.
Die Beklagte kann grundsätzlich ein berechtigtes Interesse geltend machen, den Zustand des Pachtgegenstandes in bestimmten Abständen bzw. besonderen Situationen prüfen zu können, schon weil sie einen vertragsgemäßen Zustand gewährleisten muss. Es erscheint aber nicht erforderlich, das Betretungsrecht ohne Voranmeldepflicht auszugestalten. Eine Prüfung (auf relevante Veränderungen im Zustand) kann auch wirksam erfolgen, wenn sie angekündigt ist. Deswegen ist die Klausel in der konkreten Form zu weitgehend und unangemessen.
1. 3 Gliederungspunk A.1.6. (Einsichtsrecht)
Das Einsichtsrecht der Beklagten ist (jedenfalls in der vorliegenden konkreten Form) nach § 307 Abs. 1 S.1, Abs. 2 Nr.1 BGB unwirksam. Der betroffene Pächter ist nach dem von der Beklagten aufgesetzten Vertragswerk auch Handelsvertreter. Mit dem Leitbild des selbständigen Handelsvertreters ist ein umfassendes Einsichtsrecht in dessen Geschäftsunterlagen aber nicht vereinbar. Das Handelsvertreterverhältnis wird dadurch geprägt, dass gerade nur der Handelsvertreter vom Unternehmer einen Buchauszug (§ 87c HGB) verlangen kann, nicht anders herum. Dem Prinzipal wird schon dem Grunde nach kein besonderes Auskunftsinteresse zugestanden (das erweitert werden könnte).
Hinzu kommt hier: Das vertraglich vorgesehene Einsichtsrecht ist vorliegend letztlich voraussetzungslos und unbegrenzt ausgestaltet. Es ist mit der Voranmeldung nur an eine einseitige Erklärung der Beklagten geknüpft. Jedenfalls in der konkreten Fassung ist das Einsichtsrecht damit nicht durch ein mögliches Auskunftsinteresse der Beklagten gedeckt, sondern zu weitgehend und unverhältnismäßig.
1. 4 Gliederungspunk A.1.6. (Betretungsrecht für Werbung)
Die Klausel ist wirksam. Dass die Beklagte sich ein Betretungsrecht zur Anbringung von Werbung wie in Abs. 2 einräumen lässt, erscheint dem Gericht nicht zu beanstanden. Daran hat sie ein berechtigtes Interesse. Die konkrete Ausgestaltung des Rechts erscheint auch nicht unangemessen. Eine Voranmeldungspflicht ist vorgesehen. Das Betreten kann auch nur während der Geschäftszeiten erfolgen. Dass keine Mindestfrist für die Voranmeldung vorgesehen ist, schadet nicht. Dass damit der Austausch von Werbematerial kurzfristig erfolgen kann, ggf. ohne dass der Pächter selbst anwesend ist, belastet den Pächter nicht wesentlich. Es ist nicht ersichtlich, warum der Pächter für derartige Maßnahmen unbedingt persönlich anwesend sein müsste. Ebensowenig erscheint ein Austausch nachts als Maßnahme zur Unzeit, wenn die Maßnahme nur erfolgen kann, wenn die Tankstelle auch zu dieser Zeit geöffnet hat.
2. Gliederungspunkt A.2.1.
Es sind bei dem Gliederungspunkt mehrere Regelungsgegenstände zu unterscheiden:
– Reparaturen nach vorheriger Ankündigung nach eigenem Ermessen
– Modernisierungen nach vorheriger Ankündigung nach eigenem Ermessen
– Umbauten nach vorheriger Ankündigung nach eigenem Ermessen
– Technische Veränderungen nach S.2
2.1 Gliederungspunkt A.2.1. (Reparaturen)
Die Klausel ist unwirksam. Bei kundenfeindlichster Auslegung kann das Gericht nicht ausschließen, dass die Klausel genau so zu verstehen ist, wie sie formuliert ist, d.h. dass sich die Beklagte ein Ermessen bezüglich der Durchführung von Reparaturen einräumt.
Insoweit ist die Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S.1, Abs. 2 Nr.1 BGB unwirksam.
Sie widerspricht zudem dem Vertrag selbst, der in Ziff.3.1 der Gesetzeslage entsprechend festhält, dass die Instandhaltung und Instandsetzung grundsätzlich Sache der Beklagten als Verpächterin ist. Zu Reparaturen ist der Verpächter verpflichtet, sie sind keine Ermessenssache.
2.2 Gliederungspunkt A.2.1. (Modernisierungen)
Die Klausel ist wirksam. Auch bei kundenfeindlichster Auslegung geht das Gericht davon aus, dass die Beklagte bei Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen (möglichst weitgehend) die Interessen des Vertragspartners berücksichtigen muss. Die Interessenwahrungspflicht ist im letzten Satz von Ziff.2.1 geregelt und nicht nur Teil des zweiten Satzes. Die Pflicht bezieht sich auch auf den ersten Satz von Ziff.2.1.
Das eingeräumte Recht zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen ist insoweit wirksam. Eine Ankündigung ist vorgesehen. Für erhebliche Eingriffe ist in Ziff.2.3 eine Mindestfrist von vier Wochen vorgesehen. Diese Frist stellt keinen Verstoß gegen § 555c Abs. 1 BGB dar, da dieser abbedungen werden kann. § 555c Abs. 5 BGB findet auf den vorliegenden Vertrag keine Anwendung. Auch sonst erscheint die Regelung vor dem Hintergrund der gesetzlichen Grundkonzeption nicht unangemessen.
Nach der Gesetzeslage treffen Mieter und Pächter bei Veränderungsmaßnahmen am Miet-/Pachtgegenstand weitgehende Duldungspflichten.
Bei der Wohnraummiete gelten für Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die § 555a bis 555f BGB. Der Wohnraummieter ist grundsätzlich zur Duldung verpflichtet, § 555a Abs. 1 BGB (Erhaltungsmaßnahmen), § 555d Abs. 1 BGB (Modernisierungsmaßnahmen). Bei Erhaltungsmaßnahmen ist die Duldungspflicht nur durch allgemeine Zumutbarkeitserwägungen begrenzt, bei Modernisierungsmaßnahme befreit § 555d Abs. 2 BGB den Mieter in Härtefällen von der Duldungspflicht. § 555a Abs. 2 BGB sieht eine rechtzeitige Ankündigung, § 555c BGB sieht grundsätzlich eine Ankündigungsfrist von drei Monaten vor. Ausnahme sind jeweils Maßnahmen, die nur unerheblich auf die Mietsache einwirken. Von den Vorschriften kann nicht zu Lasten des Mieters abgewichen werden, § 555a Abs. 4, § 555c Abs. 5 BGB, § 555d Abs. 7 BGB. Maßnahmen, die keine Modernisierungen oder Erhaltungsmaßnahmen sind, hat der Mieter im Einzelfall nur dann nach § 242 zu dulden, wenn die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes ohne die Durchführung der Maßnahme gefährdet ist oder sogar ihr Verlust droht und die Duldung der Maßnahme durch den Mieter nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar ist. Gleichfalls aus § 242 ist spiegelbildlich die Verpflichtung des Vermieters zur Ankündigung der Maßnahmen zu fordern, wenn und soweit durch selbige eine nicht unerhebliche Einwirkung auf die Mietsache zu erwarten ist (vgl. BeckOK BGB/Schlosser, 61. Ed. 1.11.2021, BGB § 555a Rn. 14)
Bei Mietverhältnissen über Räume, die keine Wohnräume sind (Gewerbemiete), finden die Vorschriften § 555a bis 555f BGB Anwendung, sind aber abdingbar, § 578 Abs. 2 BGB.
Bei Mietverhältnissen über Grundstücke finden sie keine Anwendung.
Für die Pacht allgemein gibt es keine besondere Regelung. Es gelten gemäß § 581 Abs. 2 BGB die mietvertraglichen Vorschriften entsprechend. Ausgenommen vom Verweis sind Wohnraumschutzvorschriften (d.h. auch, soweit auch Wohnraum betroffen ist) (vgl. Grüneberg, BGB, 81.Aufl., § 581 Rn.14f; MüKoBGB/Harke, 8. Aufl. 2020, BGB § 581 Rn. 31; BeckOK BGB/C. Wagner, 61. Ed. 1.2.2022, BGB § 581 Rn. 23). Bei der Landpacht ist die Situation der Wohnraummiete ähnlich, § 588 BGB, d.h. bei Verbesserungsmaßnahmen gibt es eine Härtefallregelung. Allerdings ist keine Vorankündigungspflicht vorgesehen und ist die Vorschrift nach ihrem Abs. 4 abdingbar.
Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeslage greift die vertragliche Gestaltung der Bekalgten nicht unverhältnismäßig in die Rechte der Vertragspartner ein.
2.3 Gliederungspunkt A.2.1. (Umbauten)
Es gilt das unter 2.2. Gesagte. Auch das Umbaurecht ist wirksam. Zwar bedingen Umbauten wohl eher ein höheres Risiko, dass der Vertragspartner mit der Veränderungsmaßnahme nicht einverstanden ist (weil sie für ihn nicht von bzw. von geringerem Interesse sind). Im Hinblick auf die Pflicht, den Interessen des Vertragspartners soweit wie möglich Rechnung zu tragen, scheint aber auch das Recht zu Umbauten nicht unangemessen.
2.4 Gliederungspunkt A.2.1. (technische Veränderungen)
Die Klausel ist unwirksam. Bei kundenfeindlichster Auslegung ist davon auszugehen, dass vorliegend bei technischen Veränderungen eine Pflicht zur vorherigen Ankündigung nicht bestehen soll. Es ergibt sich nicht ausreichend klar aus der Klausel, ob der Passus „nach vorheriger Ankündigung nach eigenem Ermessen“ aus S.1 sich auch auf S.2 bezieht. Das ergibt sich auch nicht aus dem Wort „Ferner“, wie die Beklagte meint. Im Hinblick auf die Erwähnung der Ankündigung in S.1 kann auch nicht sicher gesagt werden, dass sich das Erfordernis aus der Interessenbindung aus S.3 ergibt.
Insoweit ist der zweite Satz von Gliederungspunkt A 2.1 unwirksam, § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Die Möglichkeit, technische Veränderungen immer und gänzlich ohne Vorankündigung (auch in Fällen, in denen die Veränderung mit weitreichenden Folgen für den Pächter verbunden ist) vorzunehmen ist unangemessen. Daran besteht kein berechtigtes Interesse der Beklagten.
3. Gliederungspunkt A.2.2 Es müssen mehrere Regelungsgegenstände unterschieden werden:
– Entschädigungslosigkeit der Maßnahmen nach S.1
– Ausschluss weitergehender Ansprüche nach S.2
3.1 Gliederungspunkt A.2.2 (Entschädigungslosigkeit)
Die Klausel ist unwirksam. Der erste Satz (i.V.m. dem dritten Satz) betrifft den Anspruch des Pächters aus Minderung bei Beeinträchtigung des Gebrauchs des Pachtgegenstandes durch die Maßnahmen nach Ziff.2.1. Der Vertragspartner kann sich bei Beeinträchtigungen des Pachtgebrauchs durch eine Maßnahme nach Ziff.2.1 nur ausnahmsweise bei erheblicher Beeinträchtigung, die zur Unbilligkeit einer vollen Objektpacht, auf eine (angemessene) Mietminderung berufen.
Eine derartige Beschränkung der Minderung ist wegen der damit verbundenen Risiken einer erheblichen Störung des Austauschverhältnisses nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam. Kardinalpflichten, zu denen auch die Pflicht des Vermieters gehöre, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, dürfen nicht so weitgehend ausgeschlossen werden (vgl. für die aus hiesiger Sicht vergleichbare Gewerberaummiete: BGH, Urteil vom 12. 3. 2008 – XII ZR 147/50 = NJW 2008, 2254).
3.2 Gliederungspunkt A.2.2 (Ausschluss weitergehender Ansprüche)
Die Klausel ist unwirksam. Im Hinblick auf das Wort „weitergehende“ muss trotz des Wortes „insoweit“ davon ausgegangen werden, dass der zweite Satz über einen Anspruch wegen Minderung hinausgeht. Er erfasst, wie vom Kläger vorgebracht, bei kundenfeindlichster Auslegung, (auch) Aufwendungsersatz- und Schadensersatzansprüche, die aus der Maßnahme folgen können.
Ein solch (umfassender) Ausschluss ist unwirksam, § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Er schließt nicht nur jegliche Form von Anspruch vollständig aus, sondern unterscheidet auch nicht nach Verantwortlichkeit, also insbesondere nicht danach, ob bzw. welches Verschulden bei der Beklagten vorliegt. Das geht zu weit.
4. Gliederungspunkt A.3.1 i.V.m. Anlage 1
Der in Bezug genommene Teil der Anlage 1 ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S.2 BGB unwirksam. Die dortige Aufteilung in der Anlage 1 steht zum Vertragstext aus Ziff.3.1, wie der Kläger zu Recht geltend macht, im Widerspruch. Nach Ziff.1.1 gehören die Werbeflächen und Fenster nicht zum Pachtgegenstand. Trotzdem sieht die Anlage 1 eine Verpflichtung vor.
Ziff.3.1 an sich ist wirksam. Der Regelungsinhalt von Ziff.3.1 (für sich genommen, d.h. ohne die Anlage) ist hinreichend und klar und auch nicht unangemessen, wenn er dem Pächter die Pflicht zur Pflege und Reinhaltung des Pachtgegenstandes auferlegt.
5. Gliederungspunkt B 1 (Sortimentsänderungsrecht)
Die Klausel ist wegen Verstoßes nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB in Verbindung mit der Wertung des § 308 Nr.4 BGB unwirksam. Nach § 308 Nr.4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist, unwirksam. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sind daher formularmäßige einseitige Leistungsänderungsrechte des Verwenders grundsätzlich nur wirksam, wenn die Klausel schwerwiegende Änderungsgründe nennt und in ihren Voraussetzungen und Folgen erkennbar die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtigt (vgl. z.B. BGH NJW 1994, 1060). Die streitgegenständliche Klausel benennt nicht die Fälle, für welche sich die Beklagte als berechtigt ansieht, das Sortiment einzuschränken oder zu erweitern, gerade auch nicht die Fälle, welche sie zur Rechtfertigung der Klausel im vorliegenden Prozess anführt.
Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Wertung des § 308 Nr.4 BGB vorliegend nicht auch im Unternehmensverkehr beachtlich sein sollte.
6. Gliederungspunkt B 5 (Dienstkleidungspflicht)
Die Klausel ist wirksam. Sie stellt kein unzulässiges Leistungsbestimmungsrecht dar und verletzt auch nicht die Selbständigkeit der Vertragspartner als Handelsvertreter.
Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, dass das Tankstellenpersonal Dienstkleidung trägt. Sie kann damit die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes und insoweit durchgehende Erkennbarkeit des Tankstellenpersonals für die Kundschaft sicherstellen. Dass die Beklagte jeden Tag oder gar stündlich die Kleidung wechseln lassen will und wird, erscheint abwegig. Auch bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel ist nicht ersichtlich, dass eine solche Gefahr besteht.
Die Verpflichtung zur Dienstkleidung beeinträchtigt die Selbständigkeit der Tätigkeit des Pächters auch nicht. Sie schränkt seine Möglichkeit zur Gestaltung seiner Arbeit nach Ort und Zeit sowie Art und Weise nicht ein.
7. Gliederungspunkt B 6 Es sind verschiedene Regelungen im Gliederungspunkt zu unterscheiden:
– Änderungsrecht Abrechnungsmodalitäten
– Pflicht des Vertragspartners zu niedrigem Bestand
– Soll-Verbot beim Treuhandkonto
Genehmigungsfiktion
7.1 Gliederungspunkt B 6 – Abrechnungszyklen
Der Vorbehalt eines jederzeitigen Änderungsrechts von Abrechnungszyklus und Abrechnungsverfahren ist unwirksam. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klausel der Beklagten eine Gestaltungsmöglichkeit nur innerhalb der zulässigen Grenzen des § 87c HGB zubilligt. Es kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass die Klausel der Beklagten die Möglichkeit gibt, den Provisionsabrechnungszeitraum über die nach § 87c Abs. 1 HGB vorgesehene Höchstfrist von drei Monaten zu verlängern. Die Einschränkung der Ausübung nach billigem Ermessen gewährleistet das nicht. Sonstige Einschränkungen sieht die Klausel nicht vor. Die Klausel verstößt damit jedenfalls gegen § 87c Abs. 5 HGB, wonach die Rechte des Handelsvertreters aus § 87c HGB nicht beschränkt werden dürfen.
7.2 Gliederungspunkt B 6 – Niedriger Erlösbestand
Die Vereinbarung der Pflicht des Vertragspartners, den Erlös aus dem Verkauf der Agenturwaren so niedrig wie möglich zu halten und ggf. auch mehrfach tägliche Einzahlung auf das Treuhandkonto vorzunehmen, ist unwirksam. Sie ist unangemessen nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB.
An sich kann die Beklagte ein hohes Interesse am Schutz ihres Vermögens – es handelt sich für den Vertragspartner um Fremdgeld – in Form eines niedrigen Verkaufserlöses geltend machen (vgl. OLG Hamburg Urt. v. 1.10.2001 – 4 U 234/00 = BeckRS 2001, 31058942). Es ist auch nicht intransparent zu verlangen, dass der Erlös so niedrig wie möglich ist. „Möglich“ ist ausreichend klar dahingehend zu verstehen, dass Erlös nur in einem Umfang vorhanden sein soll, wie er zur Fortsetzung der Geschäftstätigkeit erforderlich ist. Die Klausel geht aber zu weit, da sie gar keine Rücksicht auf die Interessen des Vertragspartners nimmt. Sie beachtet nicht, ob es für den Vertragspartner auch zumutbar ist, den Bestand auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten.
7.3. Gliederungspunkt B 6 – Soll-Verbot
Soweit die Klausel dem Vertragspartner untersagt, dass er das Treuhandkonto nicht im Soll führen darf, ist sie wirksam.
7.4 Gliederungspunkt B 6 – Schweigen als Genehmigung
Die Klausel ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Dies schon deshalb, weil für den Vertragspartner die Frist für die Genehmigungsfiktion nicht erkennbar ist, wenn auf sechs Wochen nach „Absenden der Abrechnung“ abgestellt wird.
8. Gliederungspunkt B 7.1.3 (Verzicht Rechte Treuhandkonto)
Die Klausel ist wirksam. Es geht nicht um einen Verzicht auf Zurückbehaltungs-, Aufrechnungsund Pfandrechte durch den Vertragspartner, sondern des Kreditinstituts. Nach dem klaren Wortlaut hat der Vertragspartner auch nicht dafür einzustehen, dass bzw. ob das Kreditinstitut eine solche Erklärung abgibt. Er ist nur verpflichtet, das Kreditinstitut darum „zu ersuchen und zu beauftragen“.
9. Gliederungspunkt B 8.4 (Recht zur Auskunftseinholung)
Die Klausel ist nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam. Sie geht zu weit und ist deshalb unangemessen. In der Anlage 4 wird festgehalten, dass zur Verfügung gestellt werden sollen aus dem elektronischen Buchhaltungssystem „sämtliche Geschäftsanalysen sowie sonstige Daten“ und vom Steuerberater „sämtliche Informationen“ „im Zusammenhang mit dem Betrieb der Agip-Servicestation“ und vom Kreditinstitut der Kontostand. Insoweit ist dem Kläger recht zu geben, dass die Klausel eine umfassende Einsicht der Beklagten in die Geschäftsunterlagen ermöglicht. Insbesondere ist auch das Eigengeschäft des Vertragspartners betroffen. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass die Klausel im Abschnitt zu den Handelsvertreterregelungen und nicht im Abschnitt Eigengeschäft steht, so spielt dies schon deshalb keine Rolle, als die Erklärung, mit welcher die Informationen eingeholt werden (Anlage 4), diesen systematischen Zusammenhang nicht ausweist und damit für den Rechtsverkehr nicht erkennbar ist.
10. Gliederungspunkt C, S.16 des Vertrags (Keine Beteiligung an Vergünstigungen)
Die Klausel ist wirksam. Die Klausel ist nicht intransparent und auch nicht unangemessen.
Der Regelungsgehalt der Klausel ist ausreichend transparent. Welche Rückvergütung bzw. welchen Bonus der Vertragspartner ergibt sich grundsätzlich aus Anlage 2. Zudem kann im Einzelfall im Rahmen einer Werbeaktion eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden. Dass die Klausel formuliert „etwaiger weiterer Vereinbarungen“ bedingt insoweit keine den Vertragspartner belastende Unbestimmtheit. Es ist klar, was gemeint ist. Der Vertragspartner weiß grundsätzlich, dass er weitere Rückvergütungen nur ausnahmsweise zu erwarten hat.
Diese (sehr weitgehende) Zuteilung von Einkaufsvorteilen an die Beklagte ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Auf die Beteiligung an Einkaufsvorteilen hat der Vertragspartner auch gesetzlich keinen Anspruch (vgl. für den Franchise-Vertrag: OLG Düsseldorf Urt. v. 6.4.2011 – U (Kart) 26/10 = BeckRS 2011, 23540). Es ist deshalb auch nicht erforderlich, dass er sie ihm vertraglich einräumt.
11. Gliederungspunkt C 2 (Aktionsvereinbarung „Shop“)
Die Klausel ist wirksam. Sie ist nicht intransparent oder unangemessen.
Dass die Klausel den Inhalt der Werbeaktionen nicht näher beschreibt, macht sie nicht intransparent. Nach der Klausel geht es um „Shopartikel“ und es ist klar, dass die Werbeaktionen regelmäßig mehrmals jährlich stattfinden. Das genügt vorliegend.
Die Klausel belastet die Vertragspartner nicht unangemessen. Soweit der Kläger die Vereinbarung der Teilnahme an Werbemaßnahmen und zugleich die Möglichkeit zur Kündigung der Teilnahme rügt, scheint sein Verhalten schon widersprüchlich. Mit der Kündigung kann die Vereinbarung beseitigt werden. Und die Beseitigungsmöglichkeit wirkt einer Unangemessenheit gerade entgegen. Die Kündigungsmöglichkeit ist auch nicht unwirksam. Die Aktionsvereinbarung ist nicht nur formal (sie gehört zu Abschnitt C), sondern auch inhaltlich nicht dem Handelsvertreterverhältnis zugehörig, betrifft also den Anwendungsbereich von § 89 HGB, in dem Teilkündigungen als unzulässig angesehen werden, nicht.
Insbesondere auch aufgrund der kurzfristigen und an keine inhaltlichen Voraussetzungen gebundenen Kündigungsmöglichkeit belastet die Aktionsvereinbarung „Shop“ als solche den Vertragspartner auch nicht unangemessen.
Auch die konkret vereinbarte Ausgestaltung der Vereinbarung durch Zustimmung mangels Widerspruch nach Mitteilung ist nicht unangemessen. Es handelt sich nicht um eine Regelung, der der Vertragspartner zwingend ausgesetzt ist, nachdem er wegen der Kündigungsmöglichkeit an der Aktionsvereinbarung gar nicht teilnehmen muss. Wenn er aber grundsätzlich an der Teilnahme interessiert ist, belastet ihn die Zustimmungsfiktion nicht übermäßig. Es besteht insoweit ein berechtigtes Organisationsinteresse der Beklagten. Von den Vertragspartnern, die grundsätzlich an einer Teilnahme an Werbeaktionen interessiert sind, kann insbesondere erwartet werden, dass sie häufiger teilnehmen, als sie nicht teilnehmen. Insoweit vereinfacht die Zustimmungsfiktion den Organisationsablauf erheblich. Es ist auch anerkannt, dass organisatorische Gründe eine Zustimmungsfiktion rechtfertigen können (vgl. BGH NJW 2014, 1441)
12.1 Gliederungspunkt D 1.2 – allgemein
Die Klauseln in den Spiegelstrichen aus Abs. 3 von Gliederungspunkt D 1.2 sind nicht generell unwirksam. Dass die Klausel nur für die Beklagte Kündigungsgründe auflistet, bedingt nicht per se eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. An sich besteht das Kündigungsrecht nach der übergeordneten Regelung für beide Seiten.
12.2 Gliederungspunkt D 1.2 – 1.Spiegelstrich (vertragswesentliche Pflicht)
Die Klausel ist wirksam. Sie ist insbesondere nicht intransparent. Es handelt sich bei den verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffen um Begriffe aus der Gesetzessprache (vgl. KG, Urteil vom 26.03.2007, 23 U 7/06).
12.3 Gliederungspunkt D 1.2 – 2.Spiegelstrich (Lebensmittelhygienvorschriften)
Die Klausel ist unwirksam. Bei kundenfeindlichster Auslegung muss davon ausgegangen werden, dass für die Kündigung bei Verstößen gegen Lebensmittelhygienevorschriften eine Abmahnung nicht erforderlich ist. Das ergibt sich daraus, dass die Abmahnung ausdrücklich im ersten Spiegelstrich erwähnt. Dies legt einen Umkehrschluss nahe, dass sie bei den anderen Spiegelstrichen, bei denen sie nicht erwähnt ist, nicht Voraussetzung ist, dass also § 314 Abs. 2 BGB abbedungen wird.
Schon deshalb ist die Klausel unwirksam. Eine uneingeschränkte Befreiung von der Abmahnung ist unverhältnismäßig.
12.4 Gliederungspunkt D 1.2 – 3. Spiegelstrich (unterlassene Sicherheitenstellung)
Die Klausel ist unwirksam. Es gilt das unter 12.3 Gesagte.
12.5 Gliederungspunkt D 1.2 – 4. Spiegelstrich (Nichtbegleichung von Forderungen)
Die Klausel ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Die Klausel beschränkt die Kündigungsmöglichkeit nicht auf Fälle von erheblichen Zahlungsrückständen. Bei kundenfeindlichster Auslegung muss davon ausgegangen werden, dass auch bei Kleinstbeträgen eine Kündigung möglich ist. Die Klausel schließt damit eine sachgerechte Einzelfallwürdigung zu Lasten der Vertragspartner der Beklagten aus.
12.6 Gliederungspunkt D 1.2 – 5. Spiegelstrich (Zahlungsschwierigkeiten Pächter)
Die Klausel ist teilweise unwirksam.
Mit dem OLG München, Urteil vom 26. 4. 2006 – 7 U 5350/05, erachtet das Gericht die Kündigungsmöglichkeit im Falle von Zahlungsunfähigkeit (die zu einem Insolvenzantrag führt, § 17 InsO) für wirksam. Der Begriff ist gesetzlich klar und die Regelung nicht unangemessen. Ein Gläubiger hat ein berechtigtes Interesse, sich in einer solchen Situation, vom Vertrag lösen zu können.
Gleiches gilt für den Fall, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wurde.
Bezüglich der Zahlungseinstellung teilt das Gericht die Auffassung des KG, Urteil vom 26.03.2007, 23 U 7/06 (anders wohl OLG München, aaO). Es ist nicht klar, was dieser Begriff voraussetzt und damit auch nicht, ob er dem Gläubiger nicht ein unverhältnismäßig frühes Abstandnehmen vom Vertrag erlaubt.
Nach Auffassung des Gerichts ist die Klausel teilbar. Es handelt sich um drei unterschiedliche Regelungsfälle, so dass nur von Teilunwirksamkeit auszugehen ist.
12.7 Gliederungspunkt D 1.2 – 6. Spiegelstrich (Wegfall der Geschäftsgrundlage)
Die Klausel ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Sie ist unangemessen. Sie zielt auf Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ab. Die Klausel übergeht aber den ultima ratio Gedanken, der beim Wegfall der Geschäftsgrundlage gilt. Erst wenn eine Anpassung des Vertrags an die geänderten Umstände ausscheidet und ausnahmsweise eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht möglich und zumutbar ist, kann eine fristlose Kündigung bei Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt sein (vgl. EBJS/Löwisch, 4. Aufl. 2020, HGB § 89a Rn. 77). Zudem erlaubt die Klausel eine Kündigung bereits, wenn der Betrieb der Station erschwert ist.
12.8 Gliederungspunkt D 1.2 – 7. Spiegelstrich (Besitzentziehung)
Die Klausel ist bei kundenfeindlichster Auslegung nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass auch Fälle vorübergehender Entziehung erfasst sind. Ebenso erscheint es nicht ausgeschlossen, dass Fälle erfasst sind, in denen ein Vorgehen gegen die Entziehung erfolgreich wäre. Für solche Fälle geht die Kündigungsmöglichkeit der Beklagten aber zu weit.
12.9. Gliederungspunkt D 1.2 – 8. Spiegelstrich (weitere Verstöße)
Die Klausel ist unwirksam. Es gilt das unter 12.3 Gesagte.
12.10. Gliederungspunkt D 1.2 (Schriftform)
Die Schriftformvereinbarung ist wirksam. Unter Angemessenheitsgesichtspunkten ist gegen eine für beide Seiten geltende Schriftform vor dem Hintergrund der erhöhten Rechtssicherheit nichts zu bedenken. Die Schriftform verstößt nach Auffassung des Gerichts darüber hinaus auch nicht gegen § 89a Abs. 1 S.2 HGB. Dieser besagt, dass das Recht, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden darf. Ein Schriftformerfordernis beschränkt das Kündigungsrecht als solches aber nicht. Die Schriftform regelt schon begrifflich eine „Formalie“ und betrifft lediglich die Kündigungserklärung.
13. Gliederungspunkt D 1.4.6 (Verjährung Handelsvertreterausgleich)
Die Klausel ist wirksam. Eine unzulässige Verkürzung der Verjährungsfrist für den Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Beklagten zuzustimmen, dass im Hinblick darauf, dass die Frist mit Anspruchsanmeldung beginnt, für den Beginn nicht auf objektive, die Kenntnis des Anspruchsinhaber nicht berücksichtigende Umstände abgestellt wird. Wenn der Handelsvertreter Ansprüche anmeldet, hat er Kenntnis.
14. Gliederungspunkt D 2.4 (Mitarbeiteranweisung Antikorruption)
Die Klausel ist wirksam. Sie ist nicht intransparent. Der Inhalt der Anweisungen wird insbesondere durch die Ausführungen des Vertrags unter 2.4 a) und 2.4 b) verdeutlicht.
15. Gliederungspunkt D 2.7
15.1. Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.a) (Zugesicherter Zahlungszweck)
Die Klausel ist unwirksam, soweit eine Erklärung verlangt wird, dass das Entgelt nicht in „anderen Fällen von Verstößen gegen geltendes Recht“ geleistet wird. Insoweit ist sie intransparent, § 307 Abs. 1 S.2 BGB. Soweit die Beklagte meint, der Inhalt erkläre sich im Hinblick darauf, dass die Klauseln des Abschnitts der Korruptionsbekämpfung dienten und auch auf entsprechende Regelungswerke diesbezüglich hingewiesen werde, kann das Gericht dem nicht folgen. Gerade in der Gegenüberstellung zur anderen Alternative der Klausel „zu Zwecken der Korruption“ bleibt unklar, auf welche Vorschriften abgestellt wird. Der Inhalt ist damit nicht ersichtlich.
Soweit es um eine Erklärung bezogen auf Korruption geht, ist die Klausel wirksam. Es ist ausreichend klar, was gemeint ist.
Teilbarkeit der Klausel besteht aus Sicht des Gerichts.
15.2 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.b) (Keine Einstellung von Amtsträgern)
Die Klausel ist wirksam. Sie ist nicht intransparent und auch nicht unangemessen. Im Hinblick darauf, dass es um „Amtsträger“ geht, ist ausreichend klar, dass die vom Kläger angeführten Beispiele einer Verbindung zur Vertragsdurchführung (Tanken, Leben auf demselben Planeten) abwegig und auch bei kundenfeindlichster Auslegung nicht umfasst sind. Vorausgesetzt ist offensichtlich eine Betroffenheit in der Funktion als Amtsträger, wie z.B. bei Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung, die für die Genehmigung des Betriebs der Tankstelle zuständig sind. Zudem geht es auch erkennbar nicht um Personen, die mit der individuellen Vertragsdurchführung und damit dem Wahrnehmungsbereich des Vertragspartners nichts zu tun haben. Dass auch zu Familienmitgliedern von Amtsträgern keine vertraglichen Verbindungen eingegangen werden soll, belastet den Vertragspartner nicht wesentlich in der Ausübung seiner Tätigkeit.
15.3 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.c) (Bestätigung auf Anfrage)
Die Klausel ist wirksam. Sie ist nicht intransparent. Es ist klar, welchen Inhalt die Erklärung haben soll, nachdem sich die Klausel ausdrücklich auf Ziff.b) bezieht. Dass täglich (mehrfach) Anfragen für eine Bestätigung gestellt werden, erscheint abwegig.
15.4 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) (MItarbeiterverpflichtung)
Die Klausel ist wirksam. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Vertragspartner verpflichtet wird, die Pflichten zur Antikorruption auf Mitarbeiter und Vertragspartner schriftlich weitergegeben. Die Klausel ist nicht intransparent oder unangemessen. Insbesondere ist nicht so, dass Kunden, die eine Zeitung kaufen, als Vertragspartner betroffen sind. Die Weitergabepflicht erstreckt sich nur auf Vertragspartner, die mit der Durchführung von Aufgaben in Bezug auf den Vertrag beauftragt werden, also solche, welche der Vertragspartner einsetzt, um die Tankstellenkunden bedienen zu können.
15.5 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) Ziff.a (Erfassung in der Buchhaltung).
Die Klausel ist unwirksam. Sie ist intransparent, § 307 Abs. 1 S.2 BGB. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass sich aus der Klausel nicht ergibt, welche Pflichten genau für den Vertragspartner bestehen sollen.
15.6 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) Ziff.b (Anti-Korruptionsprogramm)
Die Klausel ist wegen Intransparenz unwirksam. Was ein „effektives und angemessenes Anti-Korruptionsprogramm“ ist, ist offen. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte eine Anti Corruption Legal Support Unit hat, die zur Unterstützung bereit steht.
Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) Ziff.c (Information über kritische Ereignisse) Die Klausel ist wirksam. Auch wenn über die konkrete Anwendung gewisse Unklarheiten verbleiben mögen, so ergibt sich doch für den Vertragspartner ausreichend, dass er melden soll, was er unter dem Gesichtspunkt der Korruption für verdächtig hält. Das belastet ihn auch nicht übermäßig.
15.7 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) Ziff.d (Veränderungen bezogen auf Angaben)
Die Klausel ist wegen Intransparenz unwirksam. Was Angaben sind, „die vor oder bei Vertragsschluss gemacht wurden“, ergibt sich nicht ausreichend klar. Zwar ist erkennbar, dass es, anders als der Kläger moniert, nicht um Angaben zur Dienstkleidung geht, und auch, was Angaben zur Gesellschafterstruktur sind (was auch inhaltlich nicht zu beanstanden wäre). Es geht um Angaben zur Ziff. D 2. Allerdings bleibt der Inhalt der Klausel letztlich doch offen. Es ergeben sich keine klaren Bezugspunkte, d.h. welche Vertragsangaben zu korrigieren wären.
15.8 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) Ziff.e (Aufbewahrung).
Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass „sämtliche Dokumente“ in Bezug auf „alle Leistungen“ bei kundenfeindlichster Auslegung tatsächlich eine Pflicht begründet, alles aufzubewahren, was irgendwie dokumentiert ist. Das ist zu weitgehend.
15.9 Gliederungspunkt D 2.7 Ziff.d) Ziff.f (Information bei unzulässigen Anfragen uÄ)
Die Klausel ist wirksam. Sie ist ausreichend transparent. Trotz gewisser Unschärfe ist für den Vertragspartner erkennbar, dass es um Fälle geht, in denen er von einem Korruptionsversuch ausgeht.
Die Klausel ist wirksam. Es ist ausreichend klar, dass „Überprüfung“ die Überprüfung anhand von zur Verfügung zu stellenden Unterlagen (und keine Leibesvisitationen) meint. Soweit die Beklagte den Verdacht für einen Verstoß begründen kann, ist es auch nicht unangemessen, wenn der Vertragspartner die zur Abklärung erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen muss.
17. Gliederungspunkt D 4.1 (Zustimmungsvorbehalt für weitere Tätigkeiten)
Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Sie belastet den Vertragspartner unangemessen. Zwar kann mit einem Handelsvertreter auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden, dass das Betreiben von „Nebengeschäften“ ohne Zustimmung des Prinzipals unzulässig ist (vgl. OLG München, Urteil vom 11.08.1993, 7 U 2011/93). Bei kundenfeindlichster Auslegung der vorliegenden Klausel beschränkt sich der Zustimmungsvorbehalt aber nicht auf „Nebengeschäfte“. Der Zustimmungsvorbehalt ist völlig unbeschränkt und bezieht sich letztlich auf jegliche gewerbliche Tätigkeit des Handelsvertreters. Es muss sich nicht um Tätigkeiten handeln, von denen die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten betroffen sind oder auch nur betroffen sein könnten. Das geht zu weit. Dafür kann die Beklagte kein anerkennenswertes Interesse vorbringen.
18. Gliederungspunkt D 6.4 (Freistellungspflicht)
19. Die Klausel ist unwirksam, § 307 Abs. 1 S.1 BGB. Sie in mehrfacher Hinsicht unzulässig. Nicht nur muss bei kundenfeindlichster Auslegung wegen der Auslagerung der Aussage in einen zweiten Satz und der Formulierung „besteht nicht“ davon ausgegangen werden, dass der Vertragspartner auch die Beweislast dafür tragen soll, dass die Voraussetzungen dafür, dass die Freistellungspflicht aus S.1 nicht gilt. Die durch die Klausel vorgesehene Risikoverteilung ist auch in der Sache unangemessen, wenn sie Fälle, in denen beide Seiten ein Verschulden trifft, gänzlich zu Lasten des Vertragspartners löst, und das Verschuldensmaß der Beklagten vollständig ausklammert. Gliederungspunkt D 8.1 (Lastschriftmandat)
Die Klausel ist unwirksam. Sie belastet die Interessen des Vertragspartners der Beklagte unangemessen, § 307 Abs. 1 S.1 BGB.
Nach dem BGH ist das Lastschriftverfahren in Form des Abbuchungsverfahren in der Regel als unangemessen anzusehen, weil darin ein schwerwiegender Eingriff in die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Tankstellenverwalters, der nicht durch Vorteile, etwa Rationalisierungseffekte auch für den Tankstellenverwalter, ausgeglichen wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. 10. 2009 – VIII ZR 96/07 (KG) = NJW 2010, 1275).
Dass die Klausel hier ausnahmsweise doch zulässig wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere unterscheidet die Klausel, anders als die Beklagte meint, nicht ausreichend klar zwischen den verschiedenen Forderungen der Beklagten. Dass sie sich auf Erlöse beschränkt, welche der Vertragspartner im Namen und für Rechnung der Beklagten vereinnahmt, ist nicht ersichtlich.
Insoweit kann auf die Ausführungen des BGH aaO verwiesen werden: „Es bedarf keiner Entscheidung, wie die Klausel zu beurteilen wäre, wenn das Sonderkonto ausschließlich zur Aufnahme der Erlöse diente, die der Tankstellenverwalter im Namen und für Rechnung der Bekl. vereinnahmt, und wenn die Verpflichtung zur Teilnahme am Abbuchungsauftragsverfahren nur für diese Erlöse Gültigkeit hätte. Als Argument für die Zulässigkeit einer derartigen Klausel könnte die Bekl. ein Sicherungsinteresse hinsichtlich der ihr unmittelbar zustehenden Einnahmen geltend machen, bei denen es sich aus Sicht der Tankstellenverwalter um Fremdgelder handelt. Die in der Anlage Nr. 5 „Sonderkonto” getroffene Vereinbarung beschränkt sich aber ebenso wie die darin enthaltene streitige Klausel über das Lastschriftverfahren (Abbuchungsauftragsverfahren) nicht auf Erlöse, die der Tankstellenverwalter im Namen und für Rechnung der Bekl. vereinnahmt; die Klausel enthält auf Grund ihrer sprachlichen Fassung auch keinen abtrennbaren Regelungsteil hinsichtlich dieser Erlöse.“
20. Gliederungspunkt D 10.4 (Recht zur Abrechnungskorrektur bei gescheiterten Kartenabrechnungen)
Die Klausel ist unwirksam. Sie steht nicht im Einklang mit § 86b HGB, wonach der Handelsvertreter eine besondere Provision verlangen kann, wenn er das Erfüllungsrisiko eines Geschäfts übernimmt. Das Gericht kann sich jedenfalls bei kundenfeindlichster Lesart der Klausel nicht der Auffassung der Beklagten anschließen, dass Inhalt der Klausel nur eine quasi „vorübergehende“ Korrektur der Abrechnung ist. Die Klausel legt vielmehr nahe, dass der Handelsvertreter das Ausfallrisiko (endgültig) trägt. Das ist mit dem Mindestschutz aus § 86b HGB nicht vereinbar. Diese Risikoübernahme des Vertragspartners müsste zumindest zusätzlich vergütet werden.
Da es vorliegend nicht um die Zulässigkeit einer Kassenpacht, ist die von der Beklagten angeführte Entscheidung des BGH vom 17.11.2016, VII ZR 6/16, nicht relevant.
21. Gliederungspunkt D 14.1 (Mitarbeiterauswahl)
Die Klausel ist teilweise unwirksam. Sie kann aber wie folgt aufrechterhalten werden:
„Die vom Partner auf seine Kosten eingesetzten Mitarbeiter haben in Bezug auf die ihnen übertragenen Aufgaben fachlich geeignet und nachgewiesen zuverlässig zu sein. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die personenbezogenen Erfordernisse wie Genehmigung, Zertifizierung und sonstige Voraussetzungen sowie vertragliche und gesetzliche Bestimmungen in Bezug auf die Art und Weise der Leistungserbringung.“
Dass die Beklagte ihre Vertragspartner verpflichtet, bei der Einstellung auf die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit des Tankstellenpersonals zu achten, ist an sich nicht zu beanstanden. Es ist ausreichend klar, was damit gemeint ist. Bei Eignung und Zuverlässigkeit handelt es sich um arbeitsrechtlich gebräuchliche Begrifflichkeiten bzw. Kategorien, mit welchen sich der Vertragspartner ohnehin auseinandersetzen muss. Die auferlegte Pflicht ist auch nicht unangemessen. Die Beklagte hat ein Interesse daran, dass der Vertragspartner seine Mitarbeiter sorgfältig auswählt, um Schadensfälle und Ähnliches gering zu halten. Das belastet den Vertragspartner auch nicht ungebührlich. Denn es liegt grundsätzlich auch in seinem Interesse, so vorzugehen. Soweit er im Hinblick auf seinen ihm grundsätzlich als Handelsvertreter zustehenden Entscheidungsspielraum bei der Auswahl von Mitarbeitern möglicherweise „risikoreicher“ agieren will, erscheint dies im Hinblick auf die damit auch für die Beklagte verbundenen Gefahren kein schutzwürdiges Interesse.
Unklar und nicht ausschließbar zu weitgehend ist es aber, dass „Nachweise“ für die Zuverlässigkeit vorliegen müssen. Darunter können behördliche, aber auch nichtbehördliche Vorgaben fallen. Was dann einen Nachweis darstellen kann, ist offen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob es sich um Schriftstücke handeln muss. Den Vertragspartner zu verpflichten, Mitarbeiter nur bei Vorlage solcher Nachweise einzustellen, geht zu weit. Wie der Vertragspartner zu der Überzeugung der Zuverlässigkeit gelangt, ist (soweit keine gesetzlichen Vorgaben bestehen) ist als selbständiger Handelsvertreter seine Angelegenheit.
Auch der Verweis auf „sonstige Voraussetzungen“ in S.2 kann keinen Bestand haben. Dieser steht im Widerspruch zu der Einleitung des Satzes durch „insbesondere“. Eine Hervorhebung (durch insbesondere) ist keine Hervorhebung mehr, wenn sie sich auf alles (durch einen Verweis auf Sonstiges) bezieht.
22. Gliederungspunkt D 14.2 (Mitarbeiterauftreten, Dienstkleidung)
Die Klausel enthält zwei Pflichten des Vertragspartners
– Pflicht, für angemessenes und gepflegtes Äußeres zu sorgen
– Pflicht, Kosten für Dienstkleidung zu übernehmen.
22.1 Gliederungspunkt D 14.2 (Mitarbeiterauftreten)
Die Regelung ist wirksam. Die Klausel ist weder intransparent, noch unangemessen. Über den Kern der Vorgabe zu einem angemessenen und gepflegten Auftreten besteht nach Auffassung des Gerichts keine Unklarheit. Eine weitergehende Konkretisierung, was dieses im Einzelfall bedeutet, ist nicht veranlasst. Diese würde den Entscheidungsspielraum des Vertragspartners als selbständiger Handelsvertreter in zumindest bedenklicher Weise einschränken. Der Vertragspartner ist durch die Pflicht auch nicht unangemessen belastet. Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse, das der Vertragspartner ohne Weiteres erfüllen kann. Er kann ein angemessenes Auftreten als arbeitsvertragliche Nebenpflicht verlangen (vgl. LAG Hamm, Urt. v. 22. 10. 1991 – 13 TaBV 36/91).
22.2 Gliederungspunkt D 14.2 (Dienstkleidung)
Die Regelung ist wirksam. Die Vereinbarung der Kostentragung für die Dienstkleidung durch die Vertragspartner ist nicht zu beanstanden. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 86a HGB. Es ist schon fraglich, ob Dienstkleidung als „Unterlage“ angesehen werden kann. Der Begriff der „Unterlagen“ ist nach allgemeiner Auffassung weit auszulegen. Davon umfasst wird alles, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit – insbesondere zur Anpreisung der Waren bei den Kunden – dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt (vgl. Hopt/Hopt, 41. Aufl. 2022, HGB § 86a Rn. 5). Insoweit könnte man dies noch vertreten, auch wenn der allgemeine Wortsinn klar gegen eine Subsumtion unter den Begriff spricht. Es handelt es sich aber nicht um eine „erforderliche“ Unterlage im Sinne der Vorschrift. Dieser Begriff ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eng auszulegen und umfasst nur, was für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich ist (BGH, Urteil vom 4. Mai 2011, VIII ZR 11/10). Es gilt dabei ein objektiver Maßstab (vgl. Hopt/Hopt, aaO). Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte die Dienstkleidung fordert, maßgeblich ist, dass ein Verkauf auch ohne sie möglich wäre.
23. Gliederungspunkt D 14.3 (Pflicht zu branchenüblichen Arbeitsbedingungen)
Die Klausel ist nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam. Die Klausel beeinträchtigt den Vertragspartner in der selbständigen Ausübung seiner Handelsvertreter-Tätigkeit, ohne dass die Beklagte ein berechtigtes Interesse an einer derartigen Einschränkung geltend machen könnte. Der Vertrag schränkt die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners bei der Auswahl seiner Mitarbeiter ein. Und dies auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die Klausel auch überdurchschnittliche Vergütungen zulässt. Es ist nämlich nur schwer objektivierbar bzw. für den Vertragspartner abschätzbar, welche Bedingungen ein solches Vorgehen rechtfertigen würde. Der Vertragspartner wird insoweit zumindest mit einem Haftungsrisiko belastet, wenn er einem Mitarbeiter, den er subjektiv für besser erachtet, besser bezahlen möchte. Die Beklagte hat an dieser Einschränkung der Rechte ihrer Vertragspartner kein berechtigtes Interesse. Zwar ist das Anliegen, die Vereinbarung von Vertragsbedingungen durch Vertragspartner zu Lasten von Nachfolgern zu vermeiden, nachvollziehbar. Diesbezüglich kann die Beklagte ein Interesse geltend machen, da es die Wahrscheinlichkeit einer zügigen Neuverpachtung sichert. Es stellt sich aber schon die Frage, ob das Anliegen nicht durch das gesetzliche Verbot von Verträgen zu Lasten Dritter ausreichend geschützt ist. Jedenfalls bestünde aber die Möglichkeit, eine weniger einschränkende Vereinbarung zu treffen (z.B. zeitlich beschränkt auf die Situation vor Vertragsende). Insoweit ist die Regelung unangemessen.
Abs. 2 kann allerdings von Abs. 1 getrennt werden und hat einen selbständigen Inhalt, dessen Inhalt nicht zu beanstanden ist, so dass sich die Unwirksamkeit nur auf Abs. 1 erstreckt.
II.
Die festgestellten Gesetzesverstöße stellen zugleich Verstöße gegen Marktverhaltensregeln nach §§ 3, 3a UWG dar. Der Kläger kann deshalb insoweit nach § 8 UWG Unterlassung verlangen.
Zudem kann der Kläger § 13 Abs. 3 UWG Erstattung der erforderlichen Rechtsanwaltskosten verlangen, soweit seine Abmahnung berechtigt war (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG § 13 Rn. 122). Er kann deshalb Zahlung von 1.039,07 € fordern.
Der Betrag ist ab Rechtshängigkeit wie gefordert zu verzinsen, §§ 280, 288, 291 BGB.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da keine Ansprüche bestehen.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO (52 Klauseln, 27x Obsiegen Kläger, 21x Beklagte, 4x teils/teils); die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S.1 ZPO für den Kläger, auf § 709 S.2 ZPO für die Beklagte. Bei der Höhe der Sicherheitsleistung des Klägers war nicht auf den Streitwert abzustellen, sondern auf den für die Beklagten entstehenden möglichen Schaden (vgl. Musielak/Voit/Lackmann, 19. Aufl. 2022, ZPO § 709 Rn. 4), den das Gericht auf deutlich höher schätzt.


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