IT- und Medienrecht

Marke, AGB, Unionsrecht, Vergleich, Widerspruch, Zustellung, Auskunft, Zustimmung, Forderung, Gesellschafter, Vereinbarung, Anlage, Gesellschaftsvertrag, Verwirkung, Bundesrepublik Deutschland, Bestreiten mit Nichtwissen, unangemessene Benachteiligung

Aktenzeichen  6 Sch 58/18 WG

Datum:
3.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2020, 53465
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 24.314,40 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Januar 2019 zu zahlen.
II. Von den Kosten des Verfahrens hat die Beklagte 72% zu tragen, die Klägerin hat 28% zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar, sofern nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
und folgenden  B E S CH L U S S:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf € 50.628,80 festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der von dieser im Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2005 im Inland in Verkehr gebrachten P. C. (PCs) gemäß §§ 54 ff. UrhG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung auf (anfänglich Auskunft und Feststellung der Vergütungspflicht in bestimmter Höhe, zuletzt noch auf) Zahlung von € 18,42 je abgabepflichtigem Gerät, insgesamt € 24.314,40 zzgl. Rechtshängigkeitszinsen in Anspruch.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss der im Rubrum genannten deutschen Verwertungsgesellschaften, die ihrerseits nach § 54 UrhG a.F. Ansprüche wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken geltend machen können. Nach dem Gesellschaftsvertrag in der aktuellen Fassung vom 30. November 2016 (www.zpue.de/f…Fassung/Gesellschafterversammlung 16113030.pdf, dort § 4 Nr. 3) nimmt die Klägerin die Rechte und Ansprüche, (welche den einzelnen Gesellschaftern zur Wahrnehmung übertragen wurden und) welche die Gesellschafter in die Klägerin eingebracht haben, in eigenem Namen wahr.
Die Beklagte, nach ihrer Selbstdarstellung (Anlage K 63) einer der „führenden IT-Distributoren in Deutschland“, hat in den Jahren 2002 bis 2005 PCs (vgl. Anlagenkonvolut K 76: am 05. August 2002 Intel Pentium 4, Prozessor mit 2,4 GHz, 256 MB Arbeitsspeicher und 80 GB Festplattenkapazität; AMD Athlon XP 2600, Prozessor mit mindestens 1333 MHz, 256 MB Arbeitsspeicher und 80 GB Festplattenkapazität; am 11. Februar 2004 Intel Pentium 4, Prozessor mit 2,8 GHz, 256 MB Arbeitsspeicher und 80 GB Festplattenkapazität; AMD Athlon XP 2500+, Prozessor mindestens 1333 MHz, 256 MB Arbeitsspeicher und 80 GB Festplattenkapazität) im Inland an Fachhändler und Wiederverkäufer veräußert. Mit Schreiben vom 02. Dezember 2008 wurde sie – unter Fristsetzung bis 12. Dezember 2008 – vergebens zur Auskunft und Zahlung von € 18,42 für jeden im Inland in Verkehr gebrachten PC aufgefordert (Anlage K 89).
Am 22. Dezember 2008 hat die Klägerin ein Schiedsstellenverfahren eingeleitet. Der Einigungsvorschlag vom 12. August 2009, wonach für jeden PC € 15,00 zzgl. Umsatzsteuer zu entrichten seien, wurde beiden Parteien am 17. August 2009 zugestellt. Die Klägerin hat hiergegen am 02. September 2009 (Bl. 103 der beigezogenen Akte Sch-Urh 43/08 der Schiedsstelle), die Beklagte am 10. September 2009 (Bl. 105 der Beiakte) Widerspruch eingelegt. Unter dem 17./21. Dezember 2009 trafen die Parteien eine Vereinbarung betreffend die Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche (Anlage K 78) mit folgendem Wortlaut:
Die Parteien einigen sich hiermit hinsichtlich sämtlicher Auskunfts- und Zahlungsansprüche für PCs aus dem Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2007 auf eine Verlängerung der Verjährungsfrist bis zum 31. Dezember 2011. Sollte vor Ablauf dieser Frist eine höchstrichterliche Entscheidung zu Grund und Höhe von Ansprüchen der hier in Frage stehenden Art ergehen, unabhängig davon, wer auf Beklagtenseite steht, endet die Verjährungsfrist sechs (6) Monate nach Rechtskraft dieser Entscheidung, unabhängig davon, ob die sechs (6) Monate vor oder nach dem 31. Dezember 2011 ablaufen.
Die Geltung dieser Vereinbarung haben die Parteien unter dem 02./07. November 2011 (K 79) sowie neuerlich am 04. November 2014 (K 80) bis einschließlich 31. Dezember 2018 verlängert.
In ihrer am 31. Dezember 2018 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 29. Januar 2019 zugestellten Klage trägt die Klägerin vor, erstmals am 10. Juni 2008 durch einen Wettbewerber der Beklagten davon erfahren zu haben, dass diese (nicht nur, wie seit 2002 bekannt, Brenner, sondern) auch PCs in Verkehr bringe. Verjährung scheide daher ebenso aus wie Verwirkung.
Die Klägerin hat zunächst folgende (mit Schriftsatz vom 23. September 2019 modifizierten) Anträge angekündigt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Art (Marke, Typenbezeichnung) und Stückzahl der in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2002, im Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2003, im Zeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 sowie im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 veräußerten oder in Verkehr gebrachten Personal Computer (PC) mit eingebauter Festplatte, die über eine Festplattenkapazität von wenigsten 10 GB, einen Prozessor (CPU) mit einer Rechenleistung von wenigstens 300 MHz und einen Arbeitsspeicher (RAM) von wenigstens 128 MB verfügen, einschließlich Laptops und Notebooks, zu erteilen, sowie im Falle des Bezuges im Inland als Händler die Bezugsquelle (mit genauer Firmenbezeichnung und Adresse) zu benennen (ursprüngliche Fassung: „es sei denn, diese Geräte wurden von der Beklagten als Händler im Inland bezogen“).
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für jeden laut Auskunft nach vorstehender Ziffer 1 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Personal Computer (PC) mit eingebauter Festplatte, der über eine Festplattenkapazität von wenigstens 10 GB, einen Prozessor (CPU) mit einer Rechenleistung von wenigstens 300 MHz und einen Arbeitsspeicher (RAM) von wenigstens 238 MB verfügt, einschließlich Laptops und Notebooks, eine Vergütung in Höhe von € 18,42 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit (vorher: seit 13.12.2008) zu zahlen, es sei denn, diese Geräte wurden von der Beklagten als Händler im Inland bezogen oder die Beklagte weist nach, dass diese Geräte eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vorbehalten sind und dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich solche Vervielfältigungen angefertigt worden sind und nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für jeden laut Auskunft nach vorstehender Ziffer 1 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten oder in Verkehr gebrachten Personal Computer (PC) mit eingebauter Festplatte, der über eine Festplattenkapazität von wenigstens 10 GB, einen Prozessor (CPU) mit einer Rechenleistung von wenigstens 300 MHz und einen Arbeitsspeicher (RAM) von wenigstens 128 MB verfügt, einschließlich Laptops und Notebooks., eine Vergütung in Höhe von € 18,42 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit (vorher: seit 13.12.2008) zu zahlen, es sei denn, diese Geräte wurden von der Beklagten als Händler im Inland bezogen oder die Beklagte weist nach, dass diese Geräte eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vorgehalten sind und dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich solche Vervielfältigungen angefertigt worden sind und nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden.
Die Beklagte ist dem Begehren entgegengetreten und hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Klageansprüche seien (im Hinblick darauf, dass die Verjährungsvereinbarungen gemäß Anlage K 78 als von der Klägerin gestellte AGB nach §§ 305 BGB unwirksam seien; unabhängig davon sei auch die Dreimonatsfrist des § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB iVm § 102 UrhG ab Zustellung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle vom 12. August 2009, Az. Sch-Urh 43/08, Anlage B 1, nicht eingehalten) verjährt, jedenfalls aber im Hinblick auf die seit 2002 bzw. 2005 verstriche Zeit verwirkt. Zudem habe die Klägerin die Forderung erstmals im Jahr 2008 rückwirkend erhoben, eine Einpreisung sei der Beklagten daher nicht möglich gewesen. Die Klägerin sei auch nicht aktivlegitimiert, da sie die Rechte der VG Wort und VG Bild-Kunst, des Weiteren der Cultural Commons Collecting Society 3CS, der CELAS, der AGICOA und der VG Musikedition nicht wahrnehme, die Vermutung des § 13b Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 UrhWG daher nicht eingreife. Zur Passivlegitimation der Beklagten fehle es an jeglichem Vortrag, zudem sei der vage Antrag unbestimmt, so dass die Beklagte nicht feststellen könne, ob die seinerzeit im Inland in Verkehr gebrachten Geräte der Definition von „PCs“ im hiesigen Verfahren entsprochen hätten. Der Höhe nach werde allenfalls der in dem BCH-Vergleich (Anlage B 2) für 2002 und 2003 vereinbarte Betrag von € 3,15 pro Gerät geschuldet. Mit ihrer höheren Forderung missachte die Klägerin ihre aus §§ 19, 20 GWB, Art. 102 AEUV (Gleichbehandlungsgebot) und aus §§ 12, 13 UrhWG aF (Angemessenheitsgebot, Willkürverbot) folgenden Bindungen, wonach sie die Beklagte nicht schlechter stellen dürfe als jene Unternehmen, für die die in dem Vergleich vereinbarten Bedingungen gälten. Zudem lasse die Klägerin die Vorgaben des gerechten Ausgleichs nach Art. 5 Abs. 2 lit. b der InfoSoc-RL 2001/29/EG außer Acht, wonach u.a. für Business-Geräte schon dem Grunde nach keine Vergütung geschuldet werde. Schließlich bestünden weiterhin durchgreifende, auch in den jüngsten BGH-Entscheidungen nicht ausgeräumte Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 54 ff. UrhG aF mit Unionsrecht insbesondere im Hinblick auf das Fehlen eines wirksamen Rückerstattungssystems, der Erhebung der Abgabe von anderen als von natürlichen Personen und der Anwendung von Vermutungsregeln, sowie daraus folgend, an der Anwendbarkeit der genannten Vorschriften auf den Streitfall.
Mit Schriftsatz vom 28. April 2020 hat die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Auskunft dahingehend erteilt, dass sie – neben ihrer Haupttätigkeit als Distributor von im Inland erworbenen Geräten – im streitgegenständlichen Zeitraum auf Kundenwunsch auch einige wenige PCs aus standardisierten Komponenten individuell konfiguriert und unter der Marke „R.“ weiterveräußert habe, wobei sie die Komponenten (AMD und Intel) durchweg im Inland erworben habe. Dabei habe es sich um 208 Exemplare im Jahr 2002, um 284 Exemplare im Jahr 2003, um 350 Geräte im Jahr 2004 sowie um 478 Geräte im Jahr 2005, insgesamt um 1.320 Geräte gehandelt (Anlage B 8), die zudem teils von den Erwerbern zu eigenen gewerblichen Zwecken eingesetzt worden seien. Angesichts des lange zurückliegenden Zeitraums könne die Beklagte für diese gewerbliche Verwendung allerdings keine Nachweise mehr erbringen, weswegen das Gericht im Wege der Schätzung, § 287 Abs. 2 ZPO einen entsprechenden Anteil zu bestimmen habe. Hierbei könne es sich an den sog. Commercial-Quoten des IT-Marktforschungsinstituts International Data Corporation IDC (Anlagenkonvolut B 9) orientieren, welche die Klägerin selbst für die Jahre ab 2011 in ihren Gesamtverträgen und Tarifen als Quelle anerkannt habe und die für kleinere Hersteller wie die Beklagte stets eine Quote von 50% bis 55% ermittelt habe. Vergütungspflichtig seien daher nur 660 Geräte.
Nach übereinstimmender Erledigterklärung des oben wiedergegebenen Auskunfts- und Feststellungsbegehrens (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 29. Mai 2020, dort S. 1 = Bl. 206 d.A.; Zustimmung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2020, vgl. Protokoll S. 2 = Bl. 224 d.A.) nimmt die Klägerin die anfänglich seit 13. Dezember 2008 beantragten Verzugszinsen zurück und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 24.314,40 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit (30.01.2019) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise erklärt sie die Aufrechnung mit Rückerstattungsansprüchen betreffend Brennervergütung in Höhe von € 8.474,40, des Weiteren mit Rückerstattungsansprüchen betreffend Vergütungen für exportierte PCs in Höhe von € 189.269,37.
Sie betont neuerlich die Verjährungs- und Verwirkungseinreden unter Verweis darauf, dass die Klägerin bereits im Jahr 2002 positive Kenntnis vom PC-Vertrieb der Beklagten gehabt habe resp. hätte haben müssen, hätte sie nicht die Augen davor verschlossen. Die Klägerin trage weiterhin nicht zur Spezifikation der beklagtenseits in Verkehr gebrachten PCs vor, so dass nicht festgestellt werden könne, dass diese unter ihre, der Klägerin, PC-Definition fielen. Soweit die Klägerin mit ihren (für erledigt erklärten) Auskunfts- und Feststellungsanträgen abweichend von der Fassung in der Klageschrift vom 31. Dezember 2018 erstmals auch Auskunft über die beklagtenseits vertriebenen Fremd-PCs verlange, sei die Beklagte nach §§ 54 ff. UrhG aF hierzu nicht von sich aus verpflichtet gewesen und habe hierüber heute (mehr als fünfzehn Jahre nach dem Inverkehrbringen) keine Unterlagen mehr – aus datenschutzrechtlichen Gründen sei sie sogar gehalten gewesen, die Dokumente nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen zu vernichten.
Der Höhe nach schulde die Beklagte, wie dargelegt, allenfalls den Betrag von € 3,15, wie ihn die Klägerin in dem Vergleich mit dem BCH für die Jahre 2002 und 2003 vereinbart habe. Inwiefern für die Jahre 2004 bis 2007 die (in dem BCH-Vergleich ebenfalls vereinbarte) doppelte Höhe (€ 6,30) angemessen sein könne, erläutere die Klägerin nicht. Ein 20%iger Aufschlag komme unter dem Gesichtspunkt eines Verbotes der Ungleichbehandlung von Außenseitern nicht in Betracht.
Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB, mit Erstattungsansprüchen betreffend die Vergütung für insgesamt 1.320 Brenner, die sie ausweislich ihrer Händlerauskunft vom 13. November 2002 (Anlage B 7) in den Jahren 2002 bis 2005 im Inland bei S., P., LG, N. und B.Q bezogen und – mittelbar – nach dem Gesamtvertrag jeweils mit € 6,00 netto bzw. € 6,42 brutto vergütet habe. Diese Brenner habe sie, wie aus Anlagenkonvolut B 8 ersichtlich, durchweg in die nunmehr beauskunfteten 1.320 R.-PCs eingebaut, so dass ihr ein Rückerstattungsanspruch in Höhe von € 8.474,40 zustehe. Als zweiten Posten stelle sie einen Erstattungsanspruch betreffend insgesamt 9.603 S. Vaio Notebooks zur Aufrechnung, die sie, die Beklagte in den Jahren 2004 und 2005 bei der Fa. S. erworben (Anlagenkonvolut B 9) und ausweislich Anlagenkonvoluten B 10 und B 11 in die Türkei sowie nach Israel exportiert habe. Bei einem Vergütungssatz von netto € 18,42 errechne sich hieraus eine Forderung von € 189.269,37. Diese werde (nachrangig und anteilig) ebenfalls zur Aufrechnung gestellt.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 25. September 2020 führt die Beklagte ergänzend aus, die genannten Erstattungsansprüche stünden ihr unabhängig davon, dass sie selbst die genannten Vergütungsbeträge nicht an die Klägerin abgeführt habe. Die Klägerin könne nicht mit Nichtwissen bestreiten, die Vergütungen von der Fa. S. erhalten zu haben, da diese Tatsache in ihrer Sphäre liege. Vorsorglich werde zum Beweis für die Zahlungen das Zeugnis des Herr J. A. als ständigem Vertreter der S. Europe B.V. (Rechtsnachfolgerin der S. Deutschland) angeboten. Nicht anders sei die Lage hinsichtlich der Brenner: die Zahlungen der Lieferanten an die Klägerin könne diese wiederum nicht mit Nichtwissen bestreiten. Der Erstattungsanspruch der Beklagten richte sich auch direkt gegen die Klägerin, so dass das für eine Aufrechnungslage erforderliche Kriterium der Gegenseitigkeit erfüllt sei. Ein Vorrang der Leistungskondiktion entlang der Lieferkette bestehe nicht.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22. Oktober 2020 rügt die Klägerin das neue Vorbringen der Beklagten einschließlich der Beweisangebote als verspätet und betont neuerlich, dass eine Substantiierung der Aufrechnungslage nicht erfolgt sei. Insbesondere fehle es am Merkmal der Gegenseitigkeit.
Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 18. Juni 2020 (Bl. 223 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Senat hat die Akten des Schiedsstellenverfahrens Sch-Urh 43/08 beigezogen.
II.
Die zulässige Klage ist, soweit darüber nach teilweiser Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache noch zu befinden war, in vollem Umfang begründet. Die Einwendungen der Beklagten gegen den geltend gemachten Vergütungsanspruch sowie die hilfsweise erklärten Aufrechnungen greifen nicht durch, so dass sie insoweit auch die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Auskunfts- und Feststellungsbegehren fallen die Kosten ebenfalls der Beklagten zur Last, da sie insoweit voraussichtlich unterlegen wäre. Im Umfang der teilweisen Klagerücknahme betreffend den Zinslauf (Zinsen nicht ab 13.12.2008, sondern erst ab Rechtshängigkeit), fallen ihr die Kosten ebenfalls zur Last. Im Einzelnen:
1. Die Klage ist zulässig. Das angerufene Oberlandesgericht München ist. gemäß § 129 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Nr. 2 VGG (welche die bis 31. Mai 2016, mithin auch im streitgegenständlichen Zeitraum, geltenden § 16 Abs. 4 Satz 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1b UrhWG abgelöst haben) für den Rechtsstreit im ersten Rechtszug ausschließlich zuständig. Auch die besondere Prozessvoraussetzung des § 128 Abs. 1 VVG (entspricht § 16 Abs. 1 Var. 1 UrhWG) ist erfüllt, da der Klageerhebung ein Schiedsstellenverfahren vorausgegangen ist.
2. Hinsichtlich des zuletzt allein gestellten Zahlungsantrags ist die Klage auch begründet. Die Beklagte ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zur Zahlung der verlangten Vergütung verpflichtet.
a. Die Vergütungspflicht für Vervielfältigungsgeräte und Speichermedien ist im Streitfall nach den bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Vorschriften der §§ 54 ff. UrhG (aF, im Folgenden: UrhG) zu bestimmen. Nach § 54 Abs. 1 UrhG hat der Urheber eines Werkes, welches seiner Art nach eine nach § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG erlaubte Vervielfältigung durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung von einem Bild-/Tonträger auf einen anderen erwarten lässt, gegen den Hersteller von Geräten und Speichermedien (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UrhG), die erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräußerung geschaffene Möglichkeit, solche privilegierten Vervielfältigungen vorzunehmen.
b. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klägerin berechtigt, die streitgegenständlichen Ansprüche der in ihr zusammengeschlossenen, gemäß § 54h Abs. 1 UrhG wahrnehmungsberechtigten Verwertungsgesellschaften wegen der im Zeitraum 2002 bis 2005 beklagtenseits in Verkehr gebrachten PCs im eigenen Namen geltend zu machen. Insbesondere greift hinsichtlich der zuletzt allein geltend gemachten Zahlungsansprüche die Vermutungswirkung des § 49 Abs. 2, Abs. 1 VGG ein, wonach nur bei einem gemeinsamen Vorgehen aller berechtigten Verwertungsgesellschaften anzunehmen ist, dass sie die Rechte aller Rechtsinhaber wahrnehmen. Denn sämtliche wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken vergütungsberechtigen Verwertungsgesellschaften gehen im Streitfall gemeinsam vor. Soweit die Beklagte auf die VG Wort und die VG Bild-Kunst verweist, deren Ansprüche wegen der Vervielfältigung von stehendem Text und Bild nicht in die Klägerin eingebracht wurden, ist dies unbehelflich, da die Klägerin im vorliegenden Verfahren ausschließlich die Ansprüche der Urheber wegen der Vervielfältigung von deren Audiowerken und audiovisuellen Werken mittels PC auf der eingebauten Festplatte verfolgt (vgl. auch BGH GRUR 2014, 984 Tz. 65 – PC III; BGH ZUM 2018, 364 Tz. 16 – PCs mit eingebauter Festplatte). Hiermit konkurrieren die bei den genannten Verwertungsgesellschaften verbliebenen Rechte nicht (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 49 VGG Rdnr. 5). Die übrigen beklagtenseits angeführten Gesellschaften sind ebenfalls nicht einschlägig: So nimmt die A. keine Vervielfältigungsrechte wahr, sondern Ansprüche aus der kabelgebundenen oder kabellosen Weiterleitung (§ 19a UrhG) von Filmwerken, die im Rahmen der Vergütungspflicht für PCs nicht in Rede steht. Die VG Musikedition befasst sich mit der Wahrnehmung von (Vergütungs-)Ansprüchen, die aus der (hier ebenfalls nicht relevanten,) nach § 46 UrhG erlaubten Werkvervielfältigung in Sammlungen zum religiösen Gebrauch resultieren bzw. aus der nach § 60b UrhG erlaubten Vervielfältigung veröffentlichter Werke für Unterrichts- und Lehrmedien – einer Vorschrift, die erstmals durch Gesetz vom 01. September 2017 (BGBl. I S. 3346) mit Wirkung zum 01. März 2018 eingeführt wurde, folglich im streitgegenständlichen Zeitraum keine Ansprüche der Urheber begründen konnte, so dass auch diese Verwertungsgesellschaft (unabhängig von dem klägerseits vorgetragenen Umstand, wonach die GEMA auf der Basis einer sog. Repräsentationsvereinbarung das Inkasso für sie übernehme) nicht als Berechtigte iSd § 49 Abs. 2 VGG anzusehen ist. Bei CELAS und Cultural Commons Collecting Society (3CS) schließlich handelt es sich nicht um Verwertungsgesellschaften iSd § 2 VGG, so dass sie im Rahmen des § 49 Abs. 2 VGG ebenfalls außer Betracht zu bleiben haben.
c. Auch die Passivlegitimation der Beklagten begegnet keinen Bedenken: Wie sie selbst nicht in Abrede stellt, hat sie in der Zeit vom 01. Januar 2002 bis 31. Dezember 2005 entsprechend ihrer Haupttätigkeit als Distributor verschiedenste IT-Geräte im Inland in Verkehr gebracht, darunter auch von ihr selbst konfigurierte („Made by D.“), unter der Marke R. vertriebene PCs mit Festplatte. Dass diese Geräte den im Auskunfts- und Feststellungsantrag angeführten Spezifikationen hinsichtlich Festplattenkapazität (mind. 10 GB), Rechenleistung (mind. 300 MHz) und Arbeitsspeicher (RAM mind. 128 MB) entsprachen (eine Mindestausstattung, wie sie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung GRUR 2017, 702 LS 1 – PC mit Festplatte I als geeignet für die Anfertigung privilegierter Kopien von Audiowerken und audiovisuellen Werken qualifiziert hat), folgt aus der damaligen Selbstdarstellung der Beklagten (Anlagenkonvolut K 76) im Internet, wonach sie in den Jahren 2002 und 2004 die Modelle R. PC Office Intel (80 GB Festplattenkapazität, 2,4 GHz Rechenleistung und 256 MB RAM) bzw. R. PC Office AMD mit ähnlichen Parametern (Anlage K 76) angeboten hat. Diese – nachgewiesenen – Internetauftritte kann die Beklagte, insofern es sich um den Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung handelt, nicht in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestreiten. Ohnehin hätte die Klägerin mit Anlagen K 66 – K 75 dargelegt, dass die Leistung der im streitgegenständlichen Zeitraum auf dem Markt erhältlichen Intel- und AMD-Komponenten durchweg oberhalb der vom Bundesgerichtshof (GRUR 2017, 702 LS – PC mit Festplatte I) verlangten Mindestausstattung (Kapazität der integrierten Festplatten 10 GB und mehr, Frequenz der Hauptprozessoren 300 MHz und mehr sowie Arbeitsspeicher mit mindestens 128 MB) lag. Da die Beklagte nach eigenen Angaben die von ihr veräußerten RECON PCs aus marktgängigen Komponenten (Intel, AMD) konfiguriert hat, wäre nicht ersichtlich, dass diesen Geräten die Eignung zur Anfertigung privilegierter Kopien von urheberrechtlich geschützten Audiowerken und audiovisuellen Werken hätte fehlen können. Dass die nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 UrhG weiter erforderliche erkennbare Bestimmung der Geräte (u.a.) zu dem genannten Zweck vorlag, kann angesichts der umfangreichen Werbemaßnahmen von PC-Herstellern im Umfeld, in welchen eben die Multimediatauglichkeit ihrer PCs erläutert und angepriesen wurde (vgl. Anlagenkonvolute K 24, K 64, K 65 – K 75), desgleichen angesichts zahlreicher (dem Senat aus ähnlich gelagerten Verfahren geläufiger) Berichte in Fachorganen und Publikumszeitschriften schwerlich in Zweifel gezogen werden. Auch der Bundesgerichtshof hat wiederholt (GRUR 2002, 246, 248 – Scanner; GRUR 1999, 928 ff. – Telefaxgeräte) betont, dass die Nutzer die ihnen bekannten Einsatzmöglichkeiten solcher Geräte regelmäßig auszuschöpfen trachten. Dementsprechend hat er auch nicht nur die Eignung von PCs mit den genannten Spezifikationen zur Herstellung von Privatkopien, sondern auch deren erkennbare Zweckbestimmung bejaht und die Vergütungspflicht für den streitgegenständlichen Zeitraum bestätigt (BGH GRUR 2017, 702 Leitsatz 1 – PC mit eingebauter Festplatte I). Da die Beklagte diese von ihr konfigurierten Geräte in den Jahren 2002 bis 2005 nach ihrer eigenen Auskunft im Inland in Verkehr gebracht hat, ist sie gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 UrhG („oder mit ihnen handelt“) auch Schuldner der Vergütung. Unbehelflich bleibt in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten, die Art der Geräte, für welche die Klägerin eine Vergütung verlange, sei mit „PC“ nicht hinreichend bestimmt. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, dass die Klägerin ihre Definition wiederholt – jeweils in Anlehnung an die von Gesamtverträgen erfassten Produkte – modifiziert hat. Mit den zuletzt in den Antrag aufgenommenen Spezifikationen betreffend Hauptprozessor und Kapazität von Arbeitsspeicher und Festplatte hätte die Klägerin dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zweifelsfrei entsprochen.
d. Die je Exemplar geschuldete Gerätevergütung in Höhe von € 18,42 ergibt sich aus der Anlage zu § 54d UrhG. Nach der Vorschrift gelten die in der Anlage genannten Beträge als angemessen, sofern nicht Abweichendes vereinbart ist. Soweit der Senat in der Vergangenheit in dem als Anlage B 2 vorgelegten BCH-Vergleich eine solche abweichende Vereinbarung (€ 3,14 für jeden im Zeitraum 2002 bis 2003 fakturierten PC, € 6,30 für jeden im Zeitraum 2004 bis 2007 fakturierten PC) gesehen hat, ist der Bundesgerichtshof dieser Beurteilung in seiner Entscheidung vom 10. September 2020, Az. I ZR 66/19 dem Vernehmen nach (die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen dem Senat noch nicht vor) mit der Erwägung entgegengetreten, dass diese reduzierten Sätze nicht isoliert gälten, sondern nur für jene BCH-Mitglieder, die gleichzeitig dem ab 2008 geltenden Gesamtvertrag mit den dort bestimmten – höheren – Sätzen beiträten (vgl. Anlage B 2, § 2 Abs. 1). Wollte man die in dem Vergleich bestimmten Beträge unabhängig von diesem Junktim auch auf Außenseiter anwenden, stellte dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Vor diesem Hintergrund hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht fest, so dass es bei den in der Anlage zu § 54d UrhG bestimmten Sätzen sein Bewenden hat. Da dort eine nach gewerblich und privat genutzten PCs differenzierende Staffelung der Vergütungshöhe nicht vorgesehen ist, erübrigt sich auch die beklagtenseits vorgeschlagene Schätzung, § 287 ZPO, des gewerblich genutzten Anteils der von ihr (konfigurierten und) im Inland in Verkehr gebrachten PCs.
3. An der Durchsetzung dieses Vergütungsanspruchs ist die Klägerin auch nicht wegen Verjährung gehindert. Die dreijährige Regelverjährungsfrist der § 102 UrhG, § 195 BGB, die gemäß § 199 Abs. 1 BGB zum Ende des Jahres 2008 zu laufen begonnen hatte (siehe dazu unten 3.d), war infolge wiederholter – wirksamer – Fristverlängerungen, vgl. Anlagen K 78 – K 80, bei Klageerhebung am 31. Dezember 2018 noch nicht abgelaufen, die Einrede greift daher nicht durch.
a. Die zwischen den Parteien am 17./21. Dezember 2009 abgeschlossene (Anlage K 78) und mehrfach – zuletzt bis zum 31. Dezember 2018 – verlängerte (K 79, K 80) Vereinbarung mit dem Wortlaut
„Die Parteien einigen sich hiermit hinsichtlich sämtlicher Auskünfte- und Zahlungsansprüche für PCs aus dem Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2005 auf eine Verlängerung der Verjährungsfrist bis zum 31.12.2011.
Sollte vor Ablauf dieser Frist eine höchstrichterliche Entscheidung zu Grund und Höhe von Ansprüchen der hier in Frage stehenden Art ergehen, unabhängig davon, wer auf Beklagtenseite steht, endet die Verjährungsfrist sechs (6) Monate nach Rechtskraft dieser Entscheidung, unabhängig davon, ob die sechs (6) Monate vor oder nach dem 31. Dezember 2011 ablaufen. …“
ist entgegen der Rüge der Beklagten nicht etwa deshalb unwirksam, weil es sich um von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelte. Insbesondere vermag der Senat – ebenso wie die Klägerin – ein Abweichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, nicht zu erkennen. Vereinbarungen über den Lauf der Verjährungsfrist sieht das BGB in § 202 Abs. 2 ausdrücklich vor. Dass der maximale Fristenlauf von 30 Jahren durch die von den Streitparteien getroffenen Regelungen nicht annähernd tangiert wird, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede. Inwiefern mit der wiederholten Fristverlängerung eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten (§ 307 Abs. 1 Nr. 1 BGB) einhergegangen wäre, erschließt sich dem Senat ebenso wenig wie der Einwand mangelnder Klarheit – dass die Beklagte bei Abschluss der ersten Verlängerungsvereinbarung im Jahr 2009 (Anlage K 78) nicht gewusst hätte, was unter einem PC zu verstehen sei, oder dass sich der Gegenstand dieser Vereinbarung mit den nachfolgenden Verlängerungsabreden (welch anderen Inhalt die Erklärungen vom 02. November 2011 und vom 21. Oktober 2014 haben könnten, ist nicht erfindlich) geändert hätte, behauptet sie selbst nicht. Auch im Übrigen zeigt sie nicht auf, welche unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten der Vereinbarung innewohnten, von denen sodann gemäß § 305c Abs. 2 BGB die der Beklagten günstigere zugrunde zu legen wäre. Ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB ist bei dieser Sachlage nicht zu erkennen.
b. Eine Unwirksamkeit der Verjährungsverlängerung ist auch nicht im Hinblick darauf zu konstatieren, dass die in der Verlängerungsvereinbarung nach Anlage K 78 formulierte Suspensivbedingung („Sollte vor Ablauf dieser Frist eine höchstrichterliche Entscheidung zu Grund und Höhe von Ansprüchen der hier in Frage stehenden Art ergehen, …“) nicht eingetreten wäre. Eine solche Entscheidung ist nämlich vor Ablauf der verlängerten Frist, d.h. vor dem 31. Dezember 2018 nicht ergangen. Die beklagtenseits zitierten Urteile des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2017 (I ZR 39/15 – PC mit eingebauter Festplatte I, I ZR 42/15 – PC mit eingebauter Festplatte II und I ZR 49/15 – PC mit eingebauter Festplatte III/Toughbooks) befassen sich ausschließlich mit der Vergütungspflicht für PCs nach dem bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des UrhG dem Grunde nach, nicht hingegen mit der umstrittenen Frage, ob dafür, wie von der Klägerin regelmäßig verlangt, dafür € 18,42 je Exemplar geschuldet werden oder, wie der Senat verschiedentlich angenommen hat, die Beträge aus dem Vergleich mit dem BCH (Anlage B 2) maßgeblich sind. Erst seit der Entscheidung Az. I ZR 66/19 vom 10. September 2020 (s.o. II.3), deren schriftliche Gründe dem Senat noch nicht vorliegen, steht fest, dass der in der Anlage zu § 54d UrhG aF genannte Betrag, € 18,42 geschuldet ist. Soweit die Beklagte meint, vor dem Hintergrund des § 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, sei darauf abzustellen, dass jedenfalls die Klägerin bei Abschluss der ersten Verlängerungsvereinbarung am 21. Dezember 2009 (Anlage K 78) davon ausgegangen sei, dass die Höhe der Vergütung von € 18,42, insofern gesetzlich vorgegeben, unstreitig sei, zumal der BCH-Vergleich seinerzeit noch nicht abgeschlossen gewesen sei und auch sonstige Gesamtverträge oder Tarife nicht existierten, geht diese Erwägung ins Leere: unabhängig davon, dass angesichts langjähriger Verhandlungen der Verwertungsgesellschaften mit den Vergütungsschuldnern der Abschluss eines rückwirkend geltenden Gesamtvertrags durchaus in Betracht kam, trägt die genannte Suspensivklausel gerade dem Umstand Rechnung, dass der Betrag von € 18,42 auf Seiten der Vergütungsschuldner keine Akzeptanz fand: Die Klausel knüpft nämlich eine potentielle Abkürzung der verlängerten Verjährungsfrist ausdrücklich daran, dass eine höchstrichterliche Entscheidung auch zur Höhe der geschuldeten PC-Vergütung vorliegt. Angesichts dieser eindeutigen Formulierung ist für Zweifel bei der Auslegung, die zu Lasten der Klägerin gehen könnten, kein Raum.
c. Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht deshalb verjährt, weil es die Klägerin verabsäumt hätte, innerhalb der dreimonatigen Frist des § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB ab Zustellung des Einigungsvorschlags der Schiedsstelle vom 12. August 2009 (Anlage B 1) Klage zu erheben mit der Folge, dass die Einleitung des Schiedsstellenverfahrens mit Antrag der Klägerin vom Dezember 2008 keine verjährungshemmende Wirkung hätte entfalten können. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, hat nach § 14 Abs. 7 UrhWG in der seinerzeit geltend Fassung die Einleitung des Schiedsstellenverfahrens den Lauf der nach § 102 UrhG dreijährigen Verjährungsfrist in gleicher Weise gehemmt wie die Klageerhebung – mit der Folge, dass entgegen der Ansicht der Beklagten nicht § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB zur Anwendung kommt, sondern § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB einschlägig ist, die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 2 Nr. 1 BGB mithin erst sechs Monate nach Abschluss des Schiedsstellenverfahrens (August 2009) endete, so dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 102 UrhG (die nach dem nicht widerlegten Vorbringen der Klägerin im Hinblick auf ihre erstmalige Kenntnis von der Zahlungspflicht der Beklagten im Jahr 2008 – siehe dazu unten II.3.d – erst zum Ende dieses Jahres begann, § 199 Abs. 1 BGB) 2008 frühestens ab Februar 2009 lief. Zum Zeitpunkt der ersten – ebenso wie der Folgevereinbarungen nach K 79, K 80 wirksamen – Verjährungsverlängerungsvereinbarung im Dezember 2009 (Anlage K 78) war folglich die dreijährige Verjährungsfrist nach § 102 UrhG noch nicht abgelaufen, so dass der Einwand der Beklagten nicht durchgreift.
d. Unbehelflich bleibt schließlich auch die Erwägung der Beklagten, die Verjährungsfrist habe nicht etwa erst am 01. Januar 2009 zu laufen begonnen, da die klägerseits behauptete Unkenntnis vom inländischen PC-Vertrieb der Beklagten bis zum Jahr 2008, als die Klägerin nach ihren Angaben erstmals von einem Wettbewerber informiert worden sei, jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit beruhe, habe die Klägerin doch bereits aus der Firmierung der (ihr als Auskunftspflichtiger für Brenner bekannten, vgl. Anlage B 7) Beklagten als „D. Computer GmbH“, entnehmen müssen, dass diese PCs vertreibe; der Verjährungsbeginn sei daher nach § 199 Abs. 1 BGB spätestens mit Ablauf des Jahres 2005 anzusetzen: Es ist nicht erfindlich, wie die Klägerin aus der Firmierung der Beklagten hätte entnehmen können, dass diese (neben – hier nicht streitgegenständlichen – Geräten, die sie als Händler im Inland bezogen hat) auch von ihr selbst konfigurierte PCs (allein diese waren von der ursprünglich begehrten Auskunft umfasst) im Inland vertrieben hat. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Beklagte in ihrer Eigenwerbung nach Anlagenkonvolut K 76 die Konfiguration von PCs offeriert; denn eine Marktbeobachtungspflicht trifft die Klägerin nicht. Bei dieser Sachlage hat die Beklagte eine bereits vor 2005 datierende positive Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von ihrer, der Beklagten, Zahlungspflicht nicht dargetan, so dass es bei dem klägerseits angenommenen Beginn der Verjährungsfrist am 01. Januar 2009 sein Bewenden hat.
4. Schließlich kommt auch eine Verwirkung der streitgegenständlichen Zahlungsansprüche nicht in Betracht. Die Rechtsfigur der Verwirkung setzt voraus, dass der Gläubiger seine Forderung über längere Zeit nicht geltend macht (Zeitmoment) und der Schuldner berechtigterweise darauf vertrauen konnte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden und deswegen vermögensrechtliche Dispositionen getroffen hat (Umstandsmoment). Ein Vertrauen darauf, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Ansprüche nicht mehr durchsetzen werde, konnte die Beklagte indes im Streitfall bereits angesichts der wiederholten Vereinbarungen über die Verlängerung der Verjährungsfrist (zuletzt Ende 2014 bis 31. Dezember 2018) nicht entwickeln: Wenn die Klägerin derartige Übereinkünfte initiiert hat, so konnte auch die Beklagte als Vertragspartner keinem Zweifel unterliegen (§§ 133, 157 BGB), dass die Klägerin ihre Vergütungsansprüche – auch gerichtlich – verfolgen wolle. Inwiefern ihr bei dieser Sachlage eine illoyal verspätete Geltendmachung ihrer Forderung vorzuwerfen wäre, erschließt sich nicht. Im Übrigen wäre auch nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass und inwiefern die Beklagte im Vertrauen darauf, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, Dispositionen getroffen hätte.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14. Dezember 2017, GRUR 2017, 702 Tz. 95 ff. – PC mit Festplatte I, verweist, dringt sie damit nicht durch: Der Bundesgerichtshof hat dort die Beurteilung des Senats gebilligt, wonach die Mitglieder des BITKOM, denen im Rahmen der Verhandlungen mit der Klägerin über den Abschluss eines Gesamtvertrags betreffend die Vergütung von (in PCs eingebauten) CD-Brennern und eines weiteren Gesamtvertrags betreffend die Vergütung von (in PCs eingebauten) DVD-Brennern vom damaligen Verhandlungsführer der Klägerin in Aussicht gestellt worden war, für den Fall einer Einigung über die Brennervergütung in Höhe von € 9,21 vorerst für PCs keine gesonderte Abgabe zu erheben, auf diese Angaben hätten vertrauen dürfen, so dass sich die nachträgliche Geltendmachung als venire contra factum proprium darstelle. Wie indes der Entscheidung Az. I ZR 54/15, Tz. 51 – Gerätevergütung für Computer mit digitalen Speichermedien vom selben Tage (nachgewiesen bei juiris) zu entnehmen ist, hat der Bundesgerichtshof diese Beurteilung allerdings auf jenen Personenkreis beschränkt, der als BITKOM-Mitglied mit der Klägerin durch die Gesamtvertragsverhandlungen eine Sonderverbindung eingegangen ist. Außenstehende Dritte hingegen, wie die Beklagte, können sich auf den ihnen gegenüber nicht begründeten Vertrauenstatbestand auch dann nicht berufen, wenn sie (wie die Beklagte) derselben Branche angehörig und über den Verlauf der Verhandlungen informiert waren. Explizit hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang auch betont, dass diese Sonderverbindung es rechtfertige, bei der Beurteilung des Verwirkungseinwands nach der Mitgliedschaft im BITKOM zu differenzieren; ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung gehe damit nicht einher. Vor diesem Hintergrund ist es auch unbeachtlich, ob, wie die Beklagte behauptet, sie – mittelbar in Person ihrer Lieferanten – für interne CD-/DVD-Brenner eine Vergütung in Höhe von € 9,21 entrichtet hat: gegenüber der Beklagten hat die Klägerin ein Vertrauen dahingehend, dass wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken auf der Festplatte eines PCs zunächst keine gesonderte Abgabe zu entrichten sei, nicht hervorgerufen, so dass sich die Geltendmachung dieser Vergütung auch nicht als treuwidrig darstellt. Eine kartellrechtswidrige Ungleichbehandlung ließe sich schließlich auch nicht daraus herleiten, dass die Klägerin im Vergleichswege von Mitgliedern des BCH und verschiedenen anderen Unternehmen für die Zeit bis 2008 lediglich niedrigere (gestaffelte) Beträge verlangt (hat): Anders als der Senat in der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 10. September 2020, Az. I ZR 66/19 eine innere Rechtfertigung für diesen Umstand darin gesehen, dass diese Beträge an den Beitritt der BCH-Mitglieder zu dem mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geschlossenen Gesamtvertrag PCs (Anlage B 2, § 2 Abs. 1) geknüpft seien. Ebendies trifft auf die Beklagte indes nicht zu.
5. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das gesamte Vergütungssystem der §§ 54 ff. UrhG in mehrfacher Hinsicht gegen vorrangiges Unionsrecht – welches angesichts der Pflicht zur Umsetzung der RL 2001/29 EG in nationales Recht bis 2002 auch zur Auslegung der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung des UrhG heranzuziehen sei – verstoße, so dass es bereits an einer gesetzlichen Grundlage für die urheberrechtliche Vergütung fehle.
Der Bundesgerichtshof hat dieser Rüge in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung eine Absage erteilt und von einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (Art. 267 AEUV) abgesehen (BGH GRUR 2014, 983 Tz. 73 ff. – PC III; BGH GRUR 2017, 172 Tz. 113 – Musikhandy; BGH GRUR 2017, 684 Tz. 98 – externe Festplatten; BGH GRUR 2016, 792 Tz. 32 ff. – Gesamtvertrag Unterhaltungselektronik; BGH GRUR 2017, 161 Tz. 39 ff. – Gesamtvertrag Speichermedien). Hiervon abzuweichen sieht sich auch der Senat nicht veranlasst. Insbesondere greift im Streitfall die Erwägung nicht durch, wonach die rückwirkende Aufstellung und Geltendmachung von Geräteabgaben dem Sinn und Zweck des „gerechten Ausgleichs“ nach Art. 5 Abs. 2 lit. a, lit. b der RL 2001/29 EG widersprächen, da es an der Möglichkeit einer Weitergabe der Vergütung an den privilegierte Kopien fertigenden Endnutzer fehle. Da der Beklagten die Diskussion um die Geräteabgabe für PCs bekannt war (sie selbst beruft sich auf das im Zuge der Gesamtvertragsverhandlungen für integrierte CD-/DVD-Brenner diskutierte Junktim betreffs die Abgabe für PCs), wäre sie als ordentlicher Kaufmann gehalten gewesen, die Vergütung in ihre Preiskalkulation einzupreisen und entsprechende Rückstellungen zu bilden. Der Gesichtspunkt einer fehlenden Differenzierung zwischen privat und geschäftlich erworbenen PCs greift ebenfalls nicht durch. Insbesondere gebietet die Rechtsprechung des EuGH eine entsprechende Unterscheidung nicht. So hat auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung GRUR 2017, 172 Tz. 62 f. – Musikhandy die Judikate des EuGH wie folgt zusammengefasst:
Unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung von zur Vervielfältigung geeigneten Geräten und Trägermedien steht es allerdings mit der Richtlinie im Einklang, für den Fall, dass diese Geräte oder Trägermedien nicht eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, eine widerlegliche Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG a.F. aufzustellen und zwar nicht nur dann, wenn diese Geräte und Medien natürlichen Personen überlassen werden ((vgl. EuGH GRUR 2011, 50 Rn. 54 und 55 – Padawan/SGAE; GRUR 2013, 1025 Rn. 41 bis 43 – Amazon/Austro-Mechana; GRUR 2015, 487 Rn. 24 – Copydan /Nokia …), sondern auch dann, wenn sie einem gewerblichen Abnehmer überlassen werden (BGH GRUR 2012, 705 Rn. 39 – PC als Bild- und Tonaufzeichnungsgerät; GRUR 2014, 984 Rn. 54 – PC III). (Unterstreichung hinzugefügt)
Auch der weitere Einwand der Beklagten, entgegen den Anforderungen des EuGH in der Entscheidung GRUR 2013, 1025 Tz. 31 ff. – Amazon sehe das nationale Recht keinen wirksamen und ohne übermäßige Erschwernis ausgestalteten Rückerstattungsanspruch für rechtsgrundlos entrichtete Vergütungen vor, ist unbehelflich: Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung GRUR 2017, 716 Tz. 68 – PC mit Festplatte II die Auffassung vertreten, ein solches Erstattungssystem stehe mit den allgemeinen Vorschriften zum Recht der ungerechtfertigten Bereicherung zur Verfügung. Ob hieran festzuhalten ist (vgl. die Kritik bei Koch/IKrauspenhaar, GRURInt 2013, 1003, 1007; Rosenkranz, GPR 37, 39; Verweyen, GRURInt 2016, 40) bedarf keiner Entscheidung, da für die von der Beklagten in den Jahren 2002 bis 2005 konfigurierten und im Inland in Verkehr gebrachten Geräte eine Vergütung bislang noch nicht entrichtet ist.
7. Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sich das Agieren der Klägerin als Verstoß gegen die §§ 19, 20 GWB, Art. 101 f. AEUV unter dem Gesichtspunkt der Diskriminierung, der Willkür und des Missbrauchs von Marktmacht darstellte. Zwar sind die in der Klägerin zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften als marktbeherrschende Unternehmen Adressaten der kartellrechtlichen Regelungen (EuGH GRUR 2014, 473 Tz. 80, 86 – OSA). Dass es für die mit dem BCH-Vergleich einhergehende Ungleichbehandlung von Vergütungsschuldnern, die der Vereinbarung beigetreten sind, und Außenseitern wie der Beklagten keine sachliche Rechtfertigung gäbe, wie die Beklagte meint, erschließt sich dem Senat jedoch nicht. Die dort vereinbarten gestaffelten Sätze von € 3,15 und € 6,30 sind nämlich, wie ausgeführt, an den Beitritt zu dem ab 2008 geltenden Gesamtvertrag geknüpft und im Übrigen allein dem Umstand geschuldet, dass seitens der Vertragschließenden eine Gesamtbereinigung auch für die Vergangenheit erstrebt war. Einen Kartellrechtsverstoß vermochte denn auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10. September 2020, Az. I ZR 66/19 nicht zu erkennen. Ein Erhebungsdefizit dahingehend, dass die Klägerin willkürlich und selektiv nur gegen einzelne Hersteller, Importeure und Händler vorginge und damit gegen das Verbot der Ungleichbehandlung verstieße, hätte die Beklagte schon nicht schlüssig dargetan. Es stellt des Weiteren keinen Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung dar, wenn die Klägerin die in der Anlage zu § 54d UrhG als angemessen ausgewiesenen Sätze gegenüber ihren Schuldnern geltend macht, während andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unter der Geltung anders gestalteter Regelungswerke bei der Bezifferung des den Urhebern gebührenden Ausgleichs (vgl. der den Mitgliedsstaaten durch die RL 2001/29 EG eingeräumte weite Ermessensspielraum bei der Festsetzung der – nicht harmonisierten – Gerätevergütung) zu niedrigeren Ergebnissen kommen. Erst wenn sich im Rahmen eines „auf einer einheitlichen Grundlage vorgenommenen Vergleichs“ herausstellte, dass die von einer Verwertungsgesellschaft erzwungenen Tarife erheblich höher sind als die in den übrigen Mitgliedsstaaten, wäre diese Differenz als Anzeichen für einen Missbrauch der beherrschenden Stellung anzusehen (EuGH GRUR 2014, 473 Tz. 87 – OSA). Einen solchen „auf einheitlicher Grundlage vorgenommenen Vergleich“ stellt die Beklagte aber nicht an. Unbehelflich bleibt schließlich auch der Verweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes GRUR 1970, 200 – Tonbandgeräte-Importeur: Der dort judizierte Sachverhalt ist mit der dem Streitfall zugrunde liegenden Konstellation nicht vergleichbar, betraf er doch die Erhebung unterschiedlich hoher Pauschalvergütungen bei Importeuren gleichartiger Geräte. Derlei steht hier nicht in Rede, wenn die Klägerin von allen nicht durch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen mit ihr gebundenen Vergütungsschuldnern für identische Gerätetypen identische Beträge für ein- und denselben Zeitraum verlangt.
8. Die Klageforderung ist nicht durch die seitens der Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnungen, § 387 BGB, mit einem Rückforderungsanspruch wegen „mittelbar“ von ihr entrichteter Vergütung für die 1.320 in konfigurierte PCs eingebauten Brenner in Höhe von insgesamt € 8.747,40, des Weiteren mit einem Rückforderungsanspruch in Höhe von € 189.269,37 wegen von ihr im Inland bezogener, anschließend in die Türkei und nach Israel exportierter PCs erloschen.
Voraussetzung für eine Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin wäre zunächst, dass sie in der Vergangenheit die beklagtenseits angesetzten Beträge für die in Rede stehenden Brenner und PCs erhalten hat, d.h. Schuldnerin eines entsprechenden Rückzahlungsanspruchs ist, wofür die Beklagte – die sich als Gläubiger dieser Ansprüche sieht – darlegungs- und beweispflichtig ist. Nach ihren eigenen Angaben hat die Beklagte allerdings die Gerätevergütungen weder für die 1.320 Brenner, die sie nach ihrer Darstellung in den Jahren 2002 bis 2005 in „R.“-PCs eingebaut hat (vgl. die Liste nach Anlage B 8), noch für die exportierten PCs direkt an die Klägerin entrichtet. Vielmehr beruft sie sich darauf, die Abgaben „mittelbar“ getragen zu haben, insofern sowohl die Hersteller der eingebauten Brenner (L., N., S. P. und B.Q) als auch diejenigen der exportierten PCs (S.) die jeweils geschuldete Vergütung an die Klägerin abgeführt (und in ihre Preiskalkulation eingestellt, mithin an die Beklagte weitergegeben) hätten. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Klägerin diese behaupteten Zahlungen seitens der Lieferanten in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestreiten, dürfte es ihr doch (unabhängig von der seit 2005 verstrichenen Zeit) schwerlich möglich sein, (unterstellte) Zahlungen der genannten Hersteller spezifisch auf die von der Beklagten in PCs eingebauten Brenner oder auf die exportierten PCs abzubilden – zumal die Beklagte ausweislich ihrer Händlerauskunft nach Anlage B 7 bereits vor 2002 Brenner bezogen (und nicht ausschließbar erst ab 2002 in PCs integriert) hat. Einen Beleg für die behaupteten Zahlungen der Hersteller hat die Beklagte indes nicht vorgelegt, ja insoweit nicht einmal einen Zeitpunkt benannt. Weder kann sie auf Rechnungen dieser Hersteller verweisen, in denen die Geräteabgabe gesondert ausgewiesen wäre, noch stehen dem Senat sonstige Dokumente – etwa Kontoauszüge der Hersteller o.Ä. – zur Verfügung, welche die behaupteten Geldflüsse plausibilisierten. Soweit die Beklagte erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 25. September 2020 (dort S. 5 = Bl. 234 d.A.) Zahlungen seitens der Sony in das Zeugnis des ständigen Vertreters der Sony Europe B.V., Herrn John Anderson, stellt, war diesem Beweisantritt, insofern verspätet (§ 296a ZPO), nicht nachzukommen; denn die der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Schriftsatzfrist diente ausdrücklich nur der Stellungnahme zu dem klägerischen Schriftsatz vom 29. Mai 2020 (vgl. Protokoll S. 2 = Bl. 226 d.A.), nicht hingegen der Beibringung neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel.
Ist die Beklagte folglich bereits hinsichtlich der Schuldnerstellung der Klägerin betreffs der zur Aufrechnung gestellten Rückzahlungsansprüche beweisfällig geblieben, können die übrigen zwischen den Parteien kontrovers erörterten Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Rückabwicklung entrichteter Gerätevergütungen als nicht entscheidungserheblich dahinstehen – so etwa die Frage, ob die Beklagte ungeachtet des Umstands, dass nicht sie selbst etwaige Vergütungen entrichtet hat, gleichwohl als Gläubiger eines solchen Rückzahlungsanspruchs in Betracht kommt oder ob nicht vielmehr eine Rückabwicklung gemäß § 812 BGB entlang der Leistungskette vorzunehmen wäre. Gleiches gilt für den klägerseits aufgeworfene Umstand, dass die streitgegenständlichen Gerätevergütungen für den inländischen Vertrieb (selbst konfigurierter) PCs lediglich als Ausgleich für die privilegierte Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken auf der Festplatte des PCs konzipiert ist, nicht hingegen als Ausgleich für die mittels eines internen Brenners auf sonstigen Datenträgern hergestellten Vervielfältigungsstücke – was zur Folge hätte, dass für integrierte Brenner ebenso wie für externe Geräte eine gesonderte Vergütung anfiele, der Einbau in einen PC daher keinen Rückzahlungsanspruch auslöste.
9. Da mithin die Einwendungen der Beklagten gegen die Klageforderung einschließlich der hilfsweise erklärten Aufrechnungen nicht durchgreifen, hat es bei ihrer Zahlungspflicht nach §§ 54 Abs. 1 Satz 2, 54d UrhG sein Bewenden. Prozesszinsen schuldet die Beklagte nach §§ 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB seit dem auf den Tag der Zustellung folgenden (§ 187 Abs. 1 BGB) 30. Januar 2019.
10. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 91a, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO: Da die Beklagte hinsichtlich des zuletzt allein zur Entscheidung des Senats gestellten Zahlungsbegehrens auch mit den hilfsweise erklärten Aufrechnungen unterlegen ist, hat sie insoweit die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Auch im Umfang der übereinstimmenden teilweisen Erledigungserklärung in Bezug auf den Auskunfts- und Feststellungsantrag wäre die Beklagte voraussichtlich unterlegen, so dass ihr auch insoweit die Kosten zur Last fallen. Soweit die Klägerin ihren Zahlungsantrag hinsichtlich des Zinslaufs mit Schriftsatz vom 29. September 2019 teilweise zurückgenommen hat (Zinsen erst ab Rechtshängigkeit, nicht, wie ursprünglich begehrt, ab 13. Dezember 2008), ist sie nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Kostentragung verpflichtet: Bei Ansatz eines über den Verlauf von zehn Jahren (2009 bis 2019) durchschnittlichen Zinssatzes von 6% beläuft sich der Wert des zurückgenommenen Zahlungsantrags auf € 14.400,00.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit entspricht § 709 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 44, 39 Abs. 1, 45 Abs. 3 GKG: Der im Wege der Stufenklage zunächst erhobene Auskunftsanspruch bleibt bei der Wertfestsetzung außer Betracht, für das Feststellungsbegehren setzt der Senat € 2.000,00 an. Die Hilfsaufrechnungen waren in Höhe der Zahlungsklage (€ 24.314,40) zu berücksichtigen.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 2 ZPO liegen nicht vor: Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Die zwischen den Parteien streitigen Fragen hat der Bundesgerichtshof – zuletzt auch hinsichtlich der Höhe für die Zeit von 2002 bis 2007 – durchweg geklärt.

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