IT- und Medienrecht

Markenrechtsverletzung, vergleichende Werbung

Aktenzeichen  4 HK O 11014/17

Datum:
5.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 03893
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 – 3, Abs. 5, Abs. 6

 

Leitsatz

1. Die Unterscheidungskraft und Wertschätzung einer bekannten Marke wird in unlauterer Weise ausgenutzt, wenn ein Dritter durch die Verwendung versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft und von ihrem Ansehen zu profitieren. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine zulässige vergleichende Werbung liegt nur dann vor, wenn die Produkte des Dritten mit dem Angebot des Markeninhabers vergleichbar sind. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die. Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die nachstehend wiedergegebene Farbkombination für sogenannte Kfz-Aufkleber zu benutzen:
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als Gesamtschuldner sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Handlungen gemäß Ziffer I. des ursprünglich gestellten, zum Teil übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrags entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
III. Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer IL, insbesondere unter Nennung des Einkaufsbzw. Herstellungspreises und des Verkaufspreises der Aufkleber.
IV. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner einen Betrag in Höhe von € 4.839,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.08.2017 zu bezahlen.
V. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 10.000,-, hinsichtlich Ziffer III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 2.000,- und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Klage war, soweit sie nicht bereits übereinstimmend für erledigt wurde, in vollem Umfang stattzugeben, da sie zulässig und begründet ist.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Der Klägerin steht der zuletzt noch geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu.
Die Beklagte zu 1) benutzt in dem als Anlage K 8 vorgelegten Angebot, das von Anfang an Gegenstand des Klageantrags war, den für die Klägerin mit der abstrakten Farbmarke geschützten Farben nur marginal modifiziert im identischen Warenbereich, um von deren Ruf zum Absatz der eigenen Produkte zu profitieren.
Der Hinweis der Beklagten, sie verkaufe Aufkleber in vier verschiedenen Farben, die nach Belieben als Aufkleber für Schränke, Bücher, Fenster, Computer und zur Verzierung von diversen Produkten verwendet werden könnten, verfängt nicht. Ausweislich des angegriffenen Angebots gemäß Anlage K 8 wurden die für die Klägerin geschützten Farben nämlich gerade nicht für Aufkleber verwendet, die nach Belieben des Erwerbers verwendet wurden, sondern sie wurden in der verwendeten Fotografie des Kühlergrills zum Aufkleben auf BMW-Fahrzeugen angeboten. Von der Verwendung auf anderen Gegenständen ist nicht die Rede, vielmehr wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um Aufkleber für den Kühlergrill von BMW’s handelt, die passend für jede Niere des Kühlergrills eines BMW’s sind. Dem Kunden wird sogar mitgeteilt, in welcher Reihenfolge sie die Farbstreifen aufzukleben haben. Diese Reihenfolge ist auch in der Fotografie des Kühlergrills, auf dem sie aufgebracht sind, eingehalten.
Hierdurch wird die Farbmarke der Klägerin verletzt. Bei dem weißen Streifen handelt es sich nur um einen „Alibistreifen“, der nichts daran ändert, dass das Angebot gemäß Anlage K 8 eine markenmäßige Benutzung der Farbmarke der Klägerin beinhaltet.
2. Hinsichtlich der inzwischen durch Abgabe einer Unterlassungserklärung erledigten Klageanträge I. 2. und 3. ergibt sich der nunmehr alleine noch geltend gemachte Schadensersatz- und Auskunftsanspruch aus § 14 Abs. 6, Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG.
Durch das Angebot der Aufkleber unter der Bezeichnung „M Streifen“ bzw. „M Power Performance Design“ nutzt die Beklagte zu 1) die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten Klagemarken der Klägerin sowie die diesen entgegengebrachte Wertschätzung in unlauterer Weise aus, indem sie durch die Verwendung versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Klagemarken zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft und von ihrem Ansehen zu profitieren (vgl. EuGH GRUR 2009, 756 – L’Oreal).
Die Beklagten benutzen die Zeichen der Klägerin „M Logo“, die deutsche Wortmarke „M“, die deutsche Wort-Bildmarke M Logo (Anlage K 6) sowie die deutsche Wortmarke M Performance (Anlage K 11) auch markenmäßig. Der Hinweis der Beklagten, es liege eine zulässige vergleichende Werbung vor, geht schon deshalb fehl, weil die Beklagten ihre Produkte an keiner Stelle mit dem Angebot der Klägerin vergleichen. Sie bieten vielmehr unter Verletzung der Marken der Klägerin ein Produkt (Farbstreifen) an, die mit den Marken der Klägerin gekennzeichnet sind.
3. Zur Vorbereitung ihres Schadensersatzanspruches aus § 14 Abs. 6 MarkenG benötigt die Klägerin die mit Klageantrag 3. geltend gemachten Auskünfte.
4. Ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten, die mit Klageantrag IV. geltend gemacht werden, ergibt sich aus § 14 Abs. 6 MarkenG. Angesichts der Bekanntheit der Marken der Klägerin und dem nicht unwesentlichen Angriffsfaktor der angegriffenen Verletzungshandlungen erscheint der angesetzte Streitwert von € 500.000,-, der im Übrigen auch regelmäßig bei Verletzung von Marken der Klägerin angesetzt wird, vertretbar.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91,91a ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Satz 1 ZPO.


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