IT- und Medienrecht

Nutzungsuntersagung für Wettbüro

Aktenzeichen  AN 9 K 18.00317, AN 9 K 18.00647

Datum:
3.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15484
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1, Art. 76 S. 2
LStVG Art. 9
VwZVG Art. 31 Abs. 2 S. 1, Art. 36 Abs. 1 S. 2 und  Abs. 6 S. 2, Art. 37 Abs. 1 S. 2
VwVfG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

Es ist nicht Sinn der Nutzungsuntersagung, ein unterbliebenes oder laufendes Genehmigungsverfahren zu ersetzen. Vielmehr sollen illegale Zustände unterbunden werden, um das Genehmigungsverfahren zu sichern. Gegen eine Nutzungsuntersagung kann deshalb die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans nicht ins Felde geführt werden. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerin hat jeweils die Verfahrenskosten zu tragen.

Gründe

Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
Die Entscheidung konnte nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen.
1.
Der Bescheid vom 30. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, deshalb ist die Klage im Verfahren AN 9 K 18.00317 unbegründet.
1.1
Die in Ziffer 1 ausgesprochene Nutzungsuntersagung auf Grundlage von Art. 76 Satz 2 BayBO ist rechtmäßig.
Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung einer Anlage untersagt werden, wenn sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Eine Nutzung von Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei ei-nem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Über die formell rechtswidrige Nutzung hinaus ist nicht zu prüfen, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2015 – 1 B 13.648).
Nach diesen Vorgaben ist die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung nicht zu beanstanden. Die Nutzung der streitgegenständlichen Räume als Wettbüro steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, da es sich um eine nicht genehmigte, aber baugenehmigungs-pflichtige Nutzungsänderung handelt. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist keine Ermessensfehler auf, sie ist insbesondere verhältnismäßig, da die geänderte Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Auch die Auswahl des in Anspruch genommenen Adressaten ist nicht zu beanstanden.
1.2
Die im Erdgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens ausgeübte Nutzung als Wettbüro ist in formeller Hinsicht rechtswidrig, da die erforderliche Baugenehmigung für die Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO nicht vorliegt. Die Änderung der Nutzung ist genehmigungspflichtig und nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei zulässig, da für die neue Nutzung als Wettbüro andere öffentlich-rechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung, sowohl bauplanungsrechtlicher als auch bauordnungsrechtlicher Art. Auch wird durch die derzeitige Nutzung die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Laden verlassen.
Die tatsächlich ausgeübte und von der Beklagten aufgegriffene Nutzung stellt ein Wettbüro dar. Unter dem Begriff Wettbüro versteht man Räumlichkeiten, in denen zwischen den Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem – meist im europäischen Ausland ansässigen Wettunternehmen Transaktionen geschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten, ins-besondere durch die Anbringung von Bildschirmen, Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (BayVGH, B.v. 25.8.2016, 9 ZB 13.1993).
Ein derartiges Wettbüro ist nach ständiger Rechtsprechung als Vergnügungsstätte einzustufen, da es in Abgrenzung zu einer bloßen Wettannahmestelle vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle als Laden nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen biete, sondern auch zur kommerziellen Unterhaltung dient. Dabei reicht es für die Annahme einer Vergnügungsstätte bereits aus, wenn im Wettbüro Live-Wetten vermittelt werden und die Möglichkeit besteht, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quotenergebnisse live zu verfolgen. Bereits daraus resultiert der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. Die Ausstattung der Räumlichkeiten mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind hingegen keine unabdingbaren Voraussetzungen für das Vorliegen eines als Vergnügungsstätte zu qualifizierenden Wettbüros, sondern lediglich weitere Indizien hierfür. Selbiges gilt hinsichtlich der Größe des Betriebes. Diese ist lediglich ein relevantes Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (BayVGH, B.v. 15.1.2016, 9 ZB 14.1146; VG Ansbach, U.v. 5.9.2018, AN 9 K 17.01239).
Das Gericht geht mit den klägerseits nicht bezweifelten Feststellungen des Außendienstes der Beklagten aufgrund der bezeichneten Ortstermine, insbesondere aufgrund der jeweils vorlie-genden Lichtbilder, davon aus, dass das Erdgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens als Wettbüro und Vergnügungsstätten genutzt wird, insbesondere im Hinblick auf die an-gebrachten Quotenmonitore, die Sitzgelegenheiten und die entsprechende Bewerbung in den Schaufenstern, zumal die Klägerseite selbst von der Nutzung als Wettbüro und Vergnügungsstätte ausgeht.
Eine Baugenehmigung für diese Nutzung wurde nicht erteilt.
1.3
Die angeordnete Nutzungsuntersagung ist im Hinblick auf den Aspekt einer möglichen offen-sichtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens verhältnismäßig.
Denn eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit besteht nicht, da der einschlägige Bebauungsplan Vergnügungsstätten in seinen textlichen Festsetzungen ausschließt. Aufgrund dieser entgegenstehenden Festsetzung liegt die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht auf der Hand.
Soweit die Klägerin die Wirksamkeit dieser Festsetzungen in Frage stellt, hat dies nicht zur Folge, dass das Vorhaben als offensichtlich genehmigungsfähig einzustufen wäre. Denn die Rechtsfrage der Funktionslosigkeit von planerischen Festsetzungen lässt sich im Regelfall und auch hier nicht ohne weiteres beantworten. Dies gilt ebenso für die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Wettbüros im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans, zumal zur Beurteilung der tatsächlichen Situation im Regelfall und auch hier eventuell Beweis erhoben werden müsste, insbesondere im Hinblick auf die klägerseits benannten Bezugsfälle zu vorhandenen Vergnügungsstätten im Plangebiet. Die Klägerin kann hinsichtlich ihrer illegalen Nutzung und gegen die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung die Klärung dieser Fragen nicht ins Felde führen und ist hinsichtlich der Klärung dieser Fragen auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen. Es ist nicht Sinn der Nutzungsuntersagung, ein unterbliebenes oder laufendes Genehmigungsverfahren zu ersetzen. Vielmehr sollen illegale Zustände – mit der Ausnahme für die hier nicht vorliegende Fallgestaltung der evidenten Übereinstimmung mit materiellen Bauvorschriften – unterbunden werden, um das Genehmigungsverfahren zu sichern.
Aus denselben Gründen führt der klägerische Vortrag dahingehend, dass die behördliche Praxis der Beklagten, die zwar baurechtlich gegen Wettbüros einschreite, aber keinerlei Schritte dahingehend unternehme, baurechtliche legale Nutzungen für Wettbüros zu ermöglichen, Art. 56 AEUV verletze, nicht dazu, dass entgegenstehende Planungen in Gebieten, die sich möglicherweise für eine Ansiedlung eignen, als offensichtlich überholt anzusehen sind bzw. entsprechende Verfahren sich als offensichtlich genehmigungsfähig darstellen. Diese aufgeworfenen, rechtlich streitigen Fragen lassen sich nicht offensichtlich beantworten und es ist überdies nicht offensichtlich, dass die klägerseits angeführten Handlungsweisen, sofern sie überhaupt tatsächlich vorliegen und rechtlichen Bedenken begegnen sollten, für einzelne Verfahren eine Rolle spielen.
1.4
Auch die Störerauswahl der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Bauaufsichtsrechtliche Anordnungen ergehen gegenüber derjenigen Person, die die sicherheitsrechtliche Verantwortung für den baurechtswidrigen Zustand trägt. Mangels spezialgesetzlicher Regelung in der Bayerischen Bauordnung ist für die Auswahl des in Anspruch zu nehmenden Adressaten auf die allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätze zurückzugreifen, insbesondere auf Art. 9 LStVG. Demnach kann die Anordnung sowohl gegenüber dem sogenannten Handlungsstörer, dem Zustandsstörer oder dem Nichtstörer ergehen. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat, Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder einer Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist.
Handlungsstörer ist bezogen auf die Nutzungsuntersagung also derjenige, der für die formelle und materiell rechtswidrige Nutzung unmittelbar verantwortlich ist. Die Fa. …(AN 9 K 18.00318) ist als Betreiberin des streitgegenständlichen Wettbüros unmittelbar für diese illegale Nutzung verantwortlich und somit Handlungsstörerin. Die von der Beklagten eingeholten Gewerberegisterauszüge, die aus einer entsprechenden Anmeldung der Fa. …herrühren, und deren Richtigkeit auch nicht entgegen getreten wurde, weisen diese zweifelsfrei als Betreiberin aus.
Die Klägerin ist sowohl als Zustands- als auch als Handlungsstörerin einzustufen. Denn die baurechtswidrige Nutzung ist vorliegend nicht nur durch den Betrieb des Wettbüros durch die Fa. …, sondern auch dadurch veranlasst, dass die Klägerin durch den Bauantrag den Weiterbetrieb des Wettbüros, ob durch die … oder einen anderen Betreiber, ermöglichen und bewirken will. Damit geht ihr Handeln über die bloße Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit hinaus, die Klägerin übernimmt durch den Bauantrag die Bauherrschaft und damit die Regelung der Art und des Umfangs der zur Genehmigung gestellten Nutzung (VG Ansbach, U.v. 14.11.2018, AN 9 K 17.02667).
Die Entscheidung, die Klägerin neben der Fa. …, mit Bescheiden gleichen Datums zu adressieren, war ermessensfehlerfrei. Bei einer Mehrheit von Störern hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme zu entscheiden. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens unter mehreren Störern sind die Umstände des Einzelfalles, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrbeseitigung. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, wird es dabei regelmäßig sachgerecht sein, den Handlungsstörer vorrangig in Anspruch zu nehmen (BayVGH, B.v. 28.5.2001 – 1 ZB 01.664). Nach diesen Grundsätzen durften sowohl die Fa. … als auch die Klägerin als Handlungsstörerin herangezogen werden, zumal es dem ermessensleitenden Gebot der effektiven Gefahrenabwehr (BayVGH, B.v. 16.2.2015, 1 B 13.648) entspricht, sowohl die Fa. … als Betreiberin als auch die Klägerin als Bauherrin in Anspruch zu nehmen (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.11.2018, AN 9 K 17.02667). Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 25. Juni 2018 insoweit ihre Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO dahingehend ergänzt, dass die Klägerin neben der Betreiberin in Anspruch genommen werde, da die Beklagte aus weiteren Verfahren unter Beteiligung der Klägerin und der Fa. … die Erkenntnis gewonnen habe, dass es zur Herstellung rechtmäßiger Zustände nicht ausreicht, allein den Betreiber zur Nutzungseinstellung zu veranlassen. Diese Ausführungen sind nach Auffassung der Kammer zutreffend.
Dass die Beklagte gleichzeitig mit der Nutzungsuntersagung gegen die Klägerin auch bauaufsichtsrechtliche Anordnungen mit dem Ziel der Beendigung der Nutzung und der Verhinderung der Wiederaufnahme einer gleichartigen Nutzung gegen die Eigentümerinnen erlassen hat, steht ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit dieser Anordnungen jedenfalls der Anordnung gegenüber der Klägerin nicht entgegen.
Auch weitere Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die einheitlich zu verstehende Anordnung, dafür zu sorgen, dass die Nutzung des streitgegenständliche Anwesens als Wettbüro beendet wird bzw. eine Vermietung oder anderweitige Weitergabe an Dritte zu unterlassen, ist von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sie auf Beendigung der Nutzung als Wettbüro abzielt (vgl. VG Ansbach, U.v. 14.11.2018, AN 9 K 17.02667).
1.5
Die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung gegenüber der Klägerin stellt sich danach nicht als unverhältnismäßig dar, ein schonenderes Mittel der Gefahrenabwehr zur Herstellung rechtmäßiger Zustände ist nicht ersichtlich.
1.6
Die streitgegenständliche Untersagung der Nutzung des Anwesens …straße … als Wettbüro wahrt auch im Hinblick auf die Verwendung der Begrifflichkeit „Wettbüro“ die Anforderungen an die Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 VwVfG), ungeachtet des klägerischen Vortrags, wonach in der Rechtsprechung umstritten ist, ob allein das Angebot von Live-Wetten ein Wettbüro als Vergnügungsstätte qualifiziert. Wie vorstehend ausgeführt und wie den Beteiligten aus anderen, gleich gelagerten Verfahren bekannt ist, geht die Kammer und der BayVGH davon aus, dass für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros im Gegensatz zu reinen Wettannahmestellen, die keine Vergnügungsstätte darstellen, bereits das Angebot von Live-Wetten kennzeichnend ist. Aufgrund dieser für das Stadtgebiet der Beklagten einschlägigen Rechtsprechung ist die Bedeutung einer Anordnung der Beklagten, die auf die Begrifflichkeit „Wettbüro“ Bezug nimmt, hinreichend klar, zumal der streitgegenständliche Bescheid in den Gründen die beanstandete konkrete Nutzung näher beschreibt, insbesondere in Bezugnahme auf die durch den Außendienst getroffenen Feststellungen bei den Ortsterminen.
1.7
Auch die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des Bescheides vom 30. Januar 2018 ist rechtmäßig.
Insbesondere ist die Höhe des angedrohten Zwangsgelds von 10.000,00 EUR angesichts des Rahmens des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG (bis 50.000,00 EUR) angemessen, auch im Hinblick auf den nicht nur geringen, bewussten Baurechtsverstoß und die erhebliche Visibilität und Breitenwirkung der Nutzung zentral im Stadtgebiet der Beklagten. Die Bemessung ist auch im Hinblick darauf, dass gegenüber der Betreiberin ebenfalls 10.000,00 EUR angesetzt wurden, nicht fehlerhaft. Denn das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an dem Betrieb als Wettbüro dürfte angesichts ihres entsprechenden Bauantrags nicht geringer sein als das der Betreiberin.
Auch die Erfüllungsfrist von einem Monat ist angemessen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Zur Erfüllung der Handlungspflicht ist von der Klägerin zu verlangen, dass sie die Nutzungsmöglichkeit durch die Betreiberin zivilrechtlich beendet und dies durchsetzt. Da der Klägerin bei einer Nutzungsuntersagung wegen illegaler Nutzung, die gegen Sie gerichtet ist, die Möglichkeit fristloser Kündigung gegenüber dem Mieter zustehen dürfte, ist eine Frist von einem Monat für derartige Maßnahmen und zumindest die Einleitung von weiteren Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung, etwa Klageerhebung oder einstweiliger Rechtsschutz bzw. eine derartige Androhung noch zumutbar. Denn diese Maßnahmen liegen im Macht- und Pflichtbereich der Klägerin; zudem besteht wegen der erhöhten Breitenwirkung der illegalen Nutzung in einem zentralen Bereich der Innenstadt der Beklagten ein Dringlichkeitsinteresse hinsichtlich der effektiven Beendigung dieser Nutzung.
2.
Die Klage im Verfahren AN 9 K 18.00647 ist ebenfalls unbegründet.
2.1
Der beklagte Bescheid vom 26. März 2018 ist rechtmäßig.
Die erneute Androhung eines Zwangsgeldes war rechtmäßig, nachdem die bisherige Androhung erfolglos blieb (Art. 36 Abs. 6 Satz 2, 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG).
Die Nutzungsuntersagung vom 30. Januar 2018 war aufgrund des parallel verfügten Sofortvollzugs trotz Klage vollziehbar und vollstreckbar (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG). Die Erfüllungsfrist von einem Monat ab Zustellung (5. Februar 2018) war abgelaufen. Die Anordnung wurde innerhalb dieser Frist nach den Feststellungen des Außendienstes der Beklagten aufgrund Ortstermins vom 15. März 2018, die von der Klägerseite nicht bezweifelt werden und von deren Richtigkeit die Kammer überzeugt ist, nicht erfüllt, der Zustand stellte sich unverändert dar.
Die von der Klägerin gegenüber der Betreiberin mit Schreiben vom 22. Februar 2018 ausgesprochene Kündigung stellt keine Erfüllung dar. Denn zum einen wurde die Nutzung nicht beendet, zum anderen ist von der Klägerin zu fordern, dass sie weitere in ihrer Macht stehende Maßnahmen zur Durchsetzung ihrer Verpflichtung bzw. der Kündigung trifft, etwa die Einleitung eines Klageverfahrens oder eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes bzw. eine dementsprechende Androhung. Derartige Maßnahmen wurden jedoch von der insoweit darlegungspflichtigen Klägerin (§ 86 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) nicht vorgetragen.
Die Androhung eines erhöhten Zwangsgeldbetrages von 20.000,00 EUR war angesichts der bisherigen Erfolglosigkeit der Zwangsgeldandrohung angemessen.
Die Nachfrist von einem Monat ist angemessen.
Der vom Klägerbevollmächtigten gerügte Zustellungsmangel wegen Zustellungen des Bescheides vom 26. März 2018 an die Kanzlei des Klägerbevollmächtigten ist, sollte er vorliegen, gem. Art. 9 VwZVG unschädlich. Nachdem der Klägerbevollmächtigte für die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 26. März 2018 erhoben hat, ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid der Klägerin tatsächlich zugegangen ist.
2.2
Der mit dieser Klage gestellte Feststellungsantrag bleibt ebenfalls erfolglos, da die zwangsgeldbewehrte Handlungspflicht nicht fristgerecht erfüllt wurde und somit die Zwangsgeldforderung von Gesetzes wegen fällig geworden ist (Art. 31 VwZVG). Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerseite, die Fälligkeitsmitteilung vom 26. März 2018 nehme fälschlicherweise auf den Bescheid gleichen Datums Bezug, ist auszuführen, dass der Bezug zum Bescheid vom 30. Januar 2018 in der Fälligkeitsmitteilung durch die Höhe des fällig gestellten Zwangsgelds und aus den zeitlichen Umständen hinreichend zum Ausdruck kommt.
3.
Damit waren die Klagen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht für die jeweiligen Verfahren auf § 52 Abs. 1 GKG. Nach Verbindung waren die Werte gem. Ziffer 1.1.1 des Streitwertkataloges zu addieren.


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