IT- und Medienrecht

Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung eines mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs

Aktenzeichen  34 O 5316/19

Datum:
6.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46518
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 31, § 241 Abs. 2§ 249 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 293, § 294, § 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, § 826, § 831
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
ZPO § 3, § 4 Abs. 1,§ 32, § 91, § 256, § 756 Abs. 1
StGB § 263
GVG § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1
GKG § 48 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Ausnahmsweise kann die Haftung eines Dritten in Betracht kommen, wenn er am Vertragsschluss ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat und hierdurch den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst hat.  (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 29.200,- Euro festgesetzt.

Gründe

A.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht München I sachlich gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 1 ZPO und örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig.
Zudem liegt das für den Klageantrag Ziffer 2. gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse in Verbindung mit § 756 Abs. 1 ZPO vor.
B.
In der Sache hat die Klage keinen Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises des Fahrzeugs in Höhe von 29.200,- Euro Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu.
I.
Der Kläger kann seinen Schadensersatzanspruch nicht auf § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte stützen.
Eine sittenwidrige Schadenszufügung gemäß § 826 BGB setzt in objektiver Hinsicht ein Verhalten voraus, das nach Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urt. v. 28.06.2016, VI ZR 536/15; BGH, Urt. v. 19.07.2014, II ZR 402/02; BGH, Urt. v. 04.06.2013, VI ZR 288/12).
Diese Voraussetzungen sind bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht erfüllt.
Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob das Inverkehrbringen des Motors Typ EA 189 mit einer unzulässigen, manipulativen Software ein in diesem Sinne sittenwidriges, schädigendes Handeln der Beklagten unter anderem gegenüber potentiellen Fahrzeugkäufern war. Denn jedenfalls war das, was den Unrechtsgehalt dieses Verhaltens im Kern ausmachen könnte – konkret die firmenübergreifende systematische heimliche und gesetzeswidrige Manipulation von Abgaswerten in Verkehr gebrachter Fahrzeuge des VW-Konzerns in großem Stil und über Jahre hinweg aus bloßem Gewinnstreben zu Lasten der Umwelt und der Gesundheit Vieler unter Gefährdung der uneingeschränkten Nutzbarkeit der Fahrzeuge im Straßenverkehr durch den Endverbraucher -, im Zeitpunkt des Erwerbs des Pkws durch den Kläger mit der zwischenzeitlich in Angriff genommenen Aufarbeitung der Dieselaffäre seitens der Beklagten überholt und nicht ursächlich für einen Schaden beim Kläger. Die mit dem Inverkehrbringen eines Pkws verbundene konkludente Erklärung, der Einsatz des Fahrzeugs sei im Straßenverkehr ohne jede Einschränkung geeignet (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019, 5 U 1318/18), war zu diesem Zeitpunkt bereits von der Beklagten zumindest stark relativiert, so dass darauf als Tathandlung nicht mehr abgestellt werden kann (so aber OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019, 13 U 149/18: in diesem Fall hatte die Klägerin im Senatstermin glaubhaft und unmittelbar nachvollziehbar bekundet, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass das von ihr erworbene Fahrzeug von dem sog. „Dieselskandal“ betroffen war). Zudem hat der Kläger das Fahrzeug in Kenntnis des Dieselskandals und in Kenntnis des Vorhandenseins der unzulässigen Abschaltvorrichtung sowie des erforderlichen Software-Updates erworben. Damit beruhte die Entscheidung des Klägers, ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug zu erwerben, auf seinem freien Willen und nicht auf einer Täuschung (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 13.11.2019, 9 U 120/19). Ein bewusstes Verschweigen der Softwareprogrammierung, um den Kläger zum Vertragsschluss zu bringen, liegt gerade nicht vor.
An der folglich fehlenden sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S.d. § 826 BGB ändern auch die glaubhaften Angaben des Klägers in seiner Anhörung am 20.11.2019 nichts, zumal der Kläger insbesondere angegeben hat, von der Software Kenntnis gehabt zu haben. Zudem sei ihm beim Kauf ein Schreiben übergeben worden, aus dem sich ergeben habe, dass die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf optimiert werden. Weiter sei er bereits beim Kauf auf die Notwendigkeit eines Software-Updates hingewiesen worden. Der Kläger habe allerdings nicht gedacht, dass dieses einmal größere Relevanz für ihn haben würde.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Verhaltens des Anspruchsgegners als sittenwidrig ist der Zeitpunkt der Schadensherbeiführung, d.h. hier der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages (vgl. BGH NJW-RR 2013, 1448, 1449; ferner Bamberger, BGB, 4. Aufl., zu § 826 Rn. 23). Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 05.01.2016 stellt sich das Verhalten der Beklagten nicht (mehr) als sittenwidrig dar.
Als die Beklagte im Jahr 2015 das streitgegenständliche Fahrzeug, den VW Touran, mit dem mangelbehafteten Motor zum Zwecke des Verkaufs über einen Vertragshändler in den Verkehr brachte, hatte sie zum einen zwar in sittenwidriger Weise den Neuwagenkäufer geschädigt, an dem das sachmangelbehaftete Neufahrzeug ausgeliefert wurde. Indem die Beklagte mittels Aufrechterhaltung ihrer mit der Inverkehrgabe des Fahrzeugs abgegebenen konkludenten Erklärung, dass das Fahrzeug uneingeschränkt im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, durch fortwährendes Verschweigen der gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung in den Dieselmotoren des Typs EA 189 an ihrem danach als sittenwidrig einzustufenden Verhalten festgehalten hatte, wurde anschließend auch nachteilig auf die Vermögenslage ahnungsloser Zweit- und Dritterwerber von sachmangelbehafteten Fahrzeugen eingewirkt. Im Herbst 2015 ist die Beklagte allerdings in die Öffentlichkeit getreten und hat bekannt gegeben, dass die von ihr hergestellten Dieselmotoren des Typs EA 189 wegen Unregelmäßigkeiten nachgebessert werden müssen.
Zum Zeitpunkt des Kaufs hatte die Beklagte bereits die Verwendung der Software und ihres Wirkmechanismus bei Motoren des Typs EA 189 mit einer Pressemitteilung öffentlich gemacht. Anschließend wurde in den nationalen und internationalen Medien über längere Zeit immer wieder und ausführlich über den „Abgas-Skandal“ berichtet. Der vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnete Rückruf war öffentlich kommuniziert. Jedenfalls kann ab dem Zeitpunkt der Offenlegung der Manipulationsproblematik aus den genannten Gründen nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das Handeln der Beklagten nach seinem Gesamtcharakter (noch) verwerflich war. Ziel und Erfolg der Beklagten war nicht mehr, weiterhin Gewinn aus einer nach wie vor im Verborgenen liegenden Manipulation zu schöpfen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19).
Indem die Beklagte sonach ihr vorangegangenes gesetzwidriges Tun nach Aufdecken des Abgasskandals um die Dieselmotoren vom Typ EA 189 nicht vertuscht, sondern sich mit der Aufarbeitung der Problematik befasst hat, worüber sie die Öffentlichkeit informiert hat, kann ihr jedenfalls in Bezug auf potentielle Gebrauchtwagenkäufer ab Herbst 2015 kein verwerfliches Verhalten angelastet werden. Die Beklagte hatte im Herbst 2015 letztlich den Fehler bei der Abgasrückführung ihrer Dieselmotoren EA 189 eingeräumt und seine Beseitigung in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt angekündigt. Mit dieser Vorgehensweise hat die Beklagte den schädigenden Zustand, die Vertuschung der Abgasmanipulation in der Öffentlichkeit, nicht mehr aufrechterhalten. Die Gründe, die ihr Verhalten bis Herbst 2015 als sittenwidrig erscheinen ließen (Täuschung potentieller Kunden durch Vorspiegelung einer nicht gefährdeten Nutzbarkeit ihrer Fahrzeuge im Straßenverkehr unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in das Kraftfahrt-Bundesamt mit dem Ziel der Kostensenkung und Gewinnmaximierung), sind damit weggefallen.
Nachdem die Beklagte die Öffentlichkeit über die vorgenommene Manipulation an den Dieselmotoren EA 189 informiert hatte, setzte auch eine umfangreiche Medienberichterstattung über die sog. VW-Abgasaffäre ein. In den Printmedien, in Funk und im Fernsehen wird seit Herbst 2015 ausführlich und laufend über Vorgänge betreffend den sog. VW-Abgasskandal berichtet, über den allgemein auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Im Rahmen dieser Diskussion ist zwar auch in Frage gestellt worden, ob die von der Beklagten erarbeitete Nachbesserungsmaßnahme dahingehend, mittels des Aufspielens eines Software-Updates die installierte unzulässige Abschaltvorrichtung zu beseitigen, überhaupt eine geeignete Mängelbeseitigungsmaßnahme ist. In diesem Zusammenhang wird vorgebracht, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Update der Motorsteuerungssoftware für das Fahrzeug nicht folgenlos sein werde, wobei eine Erhöhung der Emissionswerte, des Kraftstoffverbrauchs, eine Einschränkung der Motorleistung und das Auftreten von vorzeitigen Verschleißerscheinungen angesprochen wird. Zudem wird den betroffenen Fahrzeugen allgemein nachgesagt, dass sie mit einem nicht behebbaren Makel behaftet seien, was sich nachteilig auf ihren Wert auswirke.
Ob diese gegen das Update vorgebrachten Einwände berechtigt sind, kann hier allerdings dahinstehen. Denn diese Gesichtspunkte können nicht dazu führen, das Verhalten der Beklagten ab Herbst 2015 weiterhin als verwerflich im Sinne des § 826 BGB einzustufen. Die Beklagte hat die Abgasthematik öffentlich gemacht und dabei der (zuvor getäuschten) Allgemeinheit bekannt gegeben, dass die Dieselfahrzeuge, weil sie nicht uneingeschränkt in Ordnung sind, nachgebessert werden müssen; zugleich hat sie die Allgemeinheit darüber informiert, welche Maßnahmen sie in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt zur Behebung des Mangels vornehmen wird. Damit hat die Beklagte es jedem einzelnen potentiellen Gebrauchtwagenkäufer überlassen, selbst darüber zu entscheiden, ob er ungeachtet des „Dieselskandals“ Vertrauen in ihre Dieselfahrzeuge hat oder ob er wegen möglicherweise offen gebliebener Fragen Abstand von dem Kauf ihrer Fahrzeuge nimmt (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 25.10.2019, 3 U 948/19).
Damit erweist sich das Vorbringen des Klägers, wonach ihm negative Folgewirkungen des Mangels sowie die vermeintliche Ungeeignetheit des Software-Updates bei Vertragsabschluss nicht bekannt gewesen seien, als unbeachtlich, nachdem sich die Beklagte öffentlich zu dem Abgasskandal erklärt und die negative Berichterstattung hierüber unmittelbar nach Aufdecken des Dieselskandals im Herbst 2015 eingesetzt hatte. Dass es der Kläger unterlassen hatte, sich anlässlich des Kaufs des Dieselfahrzeugs mit der Thematik zu befassen, geht jedenfalls nicht auf ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zurück. Die Beklagte hat kundgetan, auf welche Weise der Mangel in Form der manipulierten Software in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt beseitigt werden soll, was den für die jeweiligen Fahrzeugtypen ergangenen Freigabebestätigungen des Kraftfahrtbundesamtes entspricht. So hat das Kraftfahrt-Bundesamt in seinen Freigabebestätigungen jeweils festgehalten, dass das Update geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit des betroffenen Fahrzeugs herzustellen und keine negativen Auswirkungen auf das Fahrzeug hat. Substantiierte Angriffe gegen diese Feststellung erfolgten nicht. Zudem ist in einer mit der zuständigen Behörde abgestimmten Vorgehensweise kein sittenwidriges vorsätzliches Vorgehen zu erkennen. Damit geht sogleich der weitere Einwand des Klägers fehl, wonach sich sein Fahrzeug auch nach dem Software-Update nicht in einem zulassungsfähigen Zustand befinde, nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt die Maßnahme ausdrücklich freigegeben hat.
Nach alledem lässt sich zu Lasten der Beklagten eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung der Käufer, die – wie der Kläger – ab 2016 einen Gebrauchtwagen mit dem in Rede stehenden Dieselmotor vom Typ EA 189 EURO 5 erworben haben, nicht (mehr) feststellen.
II.
Aus eben diesen Gründen hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB, da diese jedenfalls im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger nicht potentielle Käufer von Fahrzeugen mit dem Motor Typ EA 189 getäuscht hat.
Täuschung im Sinne des § 263 StGB setzt ein Verhalten des Täters voraus, das objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen (BGH NJW 2001, 2187, 2189).
Wie aus den obigen Ausführungen folgt, kann, bezogen auf den Zeitpunkt des Erwerbs des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Januar 2016, eine (fortbestehende) Täuschungshandlung der Beklagten in Bezug auf die implementierte unzulässige Abschaltvorrichtung nicht festgestellt werden. Zwar waren Fahrzeuge wie das vom Kläger erworbene, in denen die manipulative Software verbaut ist, weiterhin auf dem Markt. Die Verwendung der Umschaltlogik war aber zu diesem Zeitpunkt nicht nur den Behörden, insbesondere dem Kraftfahrt-Bundesamt, bekannt, sondern auch unter maßgeblicher Mitwirkung der Beklagten der breiten Öffentlichkeit kundgetan und zudem hinreichend transparent gemacht, welche Fahrzeuge betroffen sind. Es fehlt daher an einer fortwährenden Täuschungseignung und -bestimmung des ursprünglichen Verhaltens der Beklagten, denn die Beklagte hat potentielle Kunden in der Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und damit über drei Monate vor Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags auf den Einsatz der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware hingewiesen. Zudem wurde der Kläger im Rahmen des Kaufs über die eingesetzte Software aufgeklärt. Ein irreführendes Einwirken der Beklagten auf das Vorstellungsbild des Klägers – sei es durch aktives Tun oder Unterlassen – ist im Vorfeld des Kaufvertragsschlusses daher nicht erkennbar (so auch OLG Koblenz, Urt. v. 25.10.2019, 3 U 948/19; OLG Celle, Beschl. v. 01.07.2019, 7 U 33/19).
Soweit der Kläger vorbringt, dass es ihm bei Abschluss des Kaufvertrages darauf angekommen sei, ein besonders umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben, muss die Beklagte dies nicht gegen sich gelten lassen, nachdem sie an dem Vertragsabschluss nicht beteiligt war und jedenfalls den objektiven Teil des von ihr verursachten Abgasskandals öffentlich eingeräumt hatte.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers liegt auch in Bezug auf das Software-Update keine Täuschungshandlung der Beklagten im Sinne des § 263 StGB vor. Der Kläger kann deshalb nicht damit gehört werden, dass das Update zur Mängelbeseitigung ungeeignet sei.
Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB erfordert, weil sie einen subjektiven Einschlag hat, eine bewusst unwahre Erklärung (Lüge). Wer eine objektiv unrichtige Erklärung im guten Glauben abgibt, begeht schon objektiv keine Täuschungshandlung (vgl. BGHSt 18, 235 Rn. 6; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, zu § 263 Rn. 6). Vorliegend lässt sich mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht feststellen, dass die Beklagte mit der Erklärung, dass nach Umsetzung der mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Maßnahmen mit den Dieselmotoren Typ EA 189 in Bezug auf die Einhaltung der Abgasnorm, des Verbrauchs und der Motorleistung alles in Ordnung sei, also die Gefahr einer Stilllegung nicht drohe, das Bewusstsein hatte, eine (hier unterstellt) unrichtige Erklärung abzugeben. Dem stehen der in der Erklärung enthaltene Verweis auf die Einschätzung des Kraftfahrt-Bundesamtes und die anschließend ergangenen Freigabebestätigungen des Kraftfahrt-Bundesamtes entgegen.
Festzuhalten ist mithin, dass mangels Vorliegens einer der Beklagten im Januar 2016 vorwerfbaren Täuschungshandlung bereits der objektive Tatbestand des § 263 StGB nicht gegeben ist, so dass das auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützte Schadensersatzbegehren des Klägers ins Leere gehen muss.
III.
Davon abgesehen mangelt es jedenfalls auch an der Kausalität einer Handlung der Beklagten für einen Schaden des Klägers in Gestalt des Abschlusses eines wirtschaftlich nachteiligen Vertrags. Dies steht etwaigen sonstigen deliktischen Schadensersatzansprüchen, insbesondere gemäß §§ 823 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV und §§ 831, 249 Abs. 1 BGB, ebenfalls entgegen, so dass es keiner Entscheidung unter anderem der streitigen Frage bedarf, ob es sich bei §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV um den Schutz (auch) des Klägers bezweckende Gesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt.
Zwar mag das Inverkehrbringen des mit der Umschaltlogik ausgestatteten Fahrzeugs des Klägers durch die Beklagte äquivalent-kausal für einen Schaden des Klägers sein, da er ohne dieses den Pkw nicht hätte kaufen können. Allerdings ist unter dem korrigierend zu berücksichtigenden Aspekt des Schutzzwecks der Norm kein Kausalzusammenhang gegeben. Eine Schadensersatzpflicht besteht danach nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist. Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen (z.B. BGH, Urt. v. 11.11.1993, IX ZR 35/93; vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 29).
Bei der gebotenen wertenden Betrachtung kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kauf gerade durch die pflichtwidrige Handlung der Beklagten verursacht wurde. Das Gericht ist nicht überzeugt, dass die EU-rechtlich unzulässige Abschalteinrichtung im Motor auf die Kaufentscheidung des Klägers Einfluss hatte bzw. der Kläger vom Kauf Abstand genommen hätte und der behauptete Schaden mithin nicht eingetreten wäre, zumal der Kläger gewusst hat, dass das Fahrzeug mit einem Motor mit Umschaltlogik ausgestattet ist.
Der Kläger hat demzufolge seine Kaufentscheidung nicht maßgebend davon abhängig gemacht, ob ein Motor mit manipulativer Umschaltlogik in dem Fahrzeug verbaut ist oder nicht.
IV.
Dem Kläger kommt schließlich gegenüber der Beklagten mangels Bestehens eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses kein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB zu. Nach allgemeiner Ansicht kann zwar ausnahmsweise die Haftung eines Dritten in Betracht kommen, wenn er am Vertragsschluss ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder wenn er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat und hierdurch den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst hat (vgl. Palandt, BGB, 78. Aufl., zu § 311 Rn. 60 m.w.N.). Vorliegend ist aber nicht ersichtlich, dass die Beklagte, die an dem Abschluss des Kaufvertrages über das Gebrauchtfahrzeug zwischen dem Kläger und dem Autohaus nicht beteiligt war, hieran ein eigenes wirtschaftliches Interesse bzw. ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hatte. Das Ausstellen der Übereinstimmungserklärung ist hierfür nicht ausreichend, weil dieser Bescheinigung lediglich öffentlich-rechtliche Wirkungen zukommt (s. hierzu OLG Braunschweig, Urt. v. 19.02.2019, 7 U 134/17).
Selbst wenn man – was jedoch bereits sehr fraglich erscheint – eine Sonderverbindung im Sinne des § 311 Abs. 3 BGB zwischen den Parteien bejaht, ist eine Pflichtverletzung der Beklagten durch unterlassene Aufklärung von potentiellen Kunden über den Einsatz der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware nicht gegeben. Im Übrigen ist auch das Vorliegen eines kausal auf einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten beruhenden Schadens des Klägers nicht erkennbar, da dieser den streitgegenständlichen Kaufvertrag in Kenntnis des Einsatzes der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware abgeschlossen hat.
V.
Mangels Bestehens eines Anspruchs in der Hauptsache ist auch ein darauf bezogener Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Zahlung von Delikt- und Verzugszinsen nicht gegeben.
VI.
Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung, dass sich die Beklagte seit dem 01.03.2019 im Annahmeverzug befindet, besteht ebenfalls nicht. Denn mangels Bestehens eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegenüber der Beklagten ist auch eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs, mit welcher diese sich gemäß §§ 293, 294 BGB im Annahmeverzug befinden könnte, nicht ersichtlich.
VII.
Da ein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Schadensersatz bereits dem Grunde nach nicht besteht, ist auch ein Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.077,74 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.03.2019 nicht gegeben.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
D.
Der Streitwert wurde gemäß §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. §§ 3, 4 Abs. 1 ZPO festgesetzt.


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