IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag für eine Wohnung, Vorläufiger Rechtsschutz gegen einen Festsetzungsbescheid

Aktenzeichen  M 26b S 21.1696

Datum:
10.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11072
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 260,71 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller möchte im Wege des Eilrechtsschutzes die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. Dezember 2020, mit dem er zu Rundfunkbeiträgen herangezogen wird, erreichen.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2018 informierte der Antragsgegner den Antragsteller über die Anmeldung eines Beitragskontos für seine Wohnung A …, 8 … A … unter der Beitragsnummer … … … ab dem Januar 2016. Im April 2019 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner erstmals eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Auf die Nachfragen des Antragsgegners nach Unterlagen über bewilligte soziale Leistungen oder schriftliche Erklärungen über den Verzicht auf diese Leistungen übersandte der Antragsteller unter anderem eine Bestätigung seiner gesetzlichen Krankenkasse, dass er von den Zuzahlungen befreit sei. Mit Bescheid vom 26. September 2019 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab. Den hiergegen am 15. Januar 2020 erhobenen Widerspruch lehnte der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2020, mit einfacher Post am 10. September 2020 versendet, als verfristet ab. Mit Schreiben vom 22. September 2020, welches auf einer Kopie des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2020 verfasst war, monierte der Antragsteller beim Antragsgegner, dass der Antragsgegner im Bescheid vom 9. September 2020 nicht die ihm vorab mitgeteilte Auslandsadresse des Antragstellers verwendet hatte.
Mit streitgegenständlichem Festsetzungsbescheid vom 1. Dezember 2020 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum Januar 2016 bis November 2020 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 1.032,50 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlags von 10,33 EUR, damit insgesamt 1.042,83 EUR gegenüber dem Antragsteller fest.
Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2021, zur Post aufgegeben am 2. Februar 2021, zurückgewiesen.
Am 4. März 2021 erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München, mit welcher er die Aufhebung des Festsetzungsbescheides vom 1. Dezember 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2021 anstrebt (M 26b K 21.1202). Außerdem beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er über kein Erwerbseinkommen und lediglich über sonstige Einkünfte von nicht über einem Zehntel des Grundfreibetrages verfüge. Dies sei durch die Zuzahlungsbefreiung seiner gesetzlichen Krankenversicherung nachgewiesen. Leistungen nach dem SGB II erhalte er nicht, weil er sich zur Pflege seiner Mutter öfter und länger im Ausland aufhalte. Auf eine Antragstellung habe er nach einer entsprechenden Information des Jobcenters verzichtet. Der Festsetzungsbescheid verletze außerdem seine Grundrechte. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei nicht nach den Regeln des Grundgesetzes zustande gekommen. Schließlich könne er den Rundfunk mit den ihm zur Verfügung stehenden analogen Empfangsgeräten nicht mehr empfangen. Die für den Empfang von digital ausgestrahlten Rundfunk nötige teure Technik wolle er sich nicht anschaffen. Die Ausstrahlung der Programme durch die Rundfunkanstalten in HD-Qualität sei überflüssig und teuer.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung weist der Antragsgegner im Wesentlichen darauf hin, dass die Erhebung von Rundfunkbeiträgen für die Erstwohnung verfassungsgemäß sei. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht. Der Antragsteller sei auch nicht als Härtefall nach § 4 Abs. 6 RBStV von der Beitragspflicht zu befreien, da er bei der zuständigen Behörde keinen Antrag nach dem SGB II gestellt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakten – auch im Verfahren M 26b K 21.1202 – Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere hatte der Antragsgegner mit dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2021 gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO auch den mit dem Widerspruch vom 31. Dezember 2020 gestellten Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn die Klage – wie hier – keine aufschiebende Wirkung hat. Dabei trifft das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung der sich im Zeitpunkt der Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Wesentliches Element dieser Entscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Bei all dem ist jedoch in einem Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO die gesetzgeberische Wertung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu berücksichtigen, nach der die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten (nur) erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich der streitgegenständliche Bescheid vom 1. Dezember 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2021 nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, so dass die hiergegen erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In einem solchen Fall überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehbarkeit (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) das Interesse des Antragstellers, vorläufig keine Zahlungen an den Antragsgegner leisten zu müssen. Auf das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 80 Abs. 4 S. 3 VwGO kommt es daher nicht an (vgl. HK-VerwR/Achim Bostedt VwGO § 80 Rn. 154; Eyermann/Hoppe VwGO § 80 Rn. 96).
2.1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258) sowie § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages – RFinStV – vom 27. Juli 2001 (GVBl S. 566) in der jeweils gültigen Fassung. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist nach Zustimmung der Landesparlamente und Hinterlegung der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten (siehe Art. 7 Abs. 2 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages; siehe BayVerfGH, Entscheidung vom 14. Mai 2014 – Vf.8-VII-12, Vf. 24-VII12 – juris Rn. 57). Mit dem Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Mai 2011 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258) und späteren Zustimmungsbeschlüssen kommt ihm die Wirkung eines bayerischen Landesgesetzes zu.
Im privaten Bereich war im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Dieser betrug vom April 2015 bis zum Juli 2021 17,50 EUR pro Monat (s. § 8 RFinStV in der Fassung des 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 9.7.2014 und § 8 RFinStV in der Fassung des Ersten Medienänderungsstaatsvertrages vom 17. Juni 2020, GVBl. S. 602 ff.). Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).
Die Verfassungsmäßigkeit des seit 1. Januar 2013 geltenden Beitragsmodels ist höchstrichterlich durch Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – juris) des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15 – juris) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris) geklärt. Danach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die Erhebung des Rundfunkbeitrages an die potentielle Möglichkeit zu knüpfen, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot zu nutzen. Der Beitrag dient dabei dem Ausgleich des Vorteils, der in der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots besteht. Es ist zulässig, den Kreis der Vorteilsempfänger im privaten Bereich anhand der Inhaberschaft einer Wohnung zu bestimmen, wobei die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgerätes erfolgen darf, da nicht erforderlich ist, dass der beitragsrelevante Vorteil auch tatsächlich wahrgenommen wird. Da die Beitragspflicht an die potentielle Möglichkeit anknüpft, Rundfunkangebote zu nutzen, lässt ein freiwilliger Verzicht auf die Nutzungsmöglichkeit die Beitragspflicht nicht entfallen. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) verlangt nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkbeitragsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht auszunehmen. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten kommt es ebenso wenig an wie auf die Bereitschaft des Beitragspflichtigen, das Rundfunkangebot zu nutzen (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – juris Rn. 87, 89; BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15 – juris Rn. 34; BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u.a. – juris Rn. 98). Maßgeblich ist vielmehr, dass eine realistische Nutzungsmöglichkeit besteht. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht etwa dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen. Eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag kommt allerdings gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV (Härtefall) auf Antrag dann in Betracht, wenn der Rundfunkempfang objektiv unmöglich ist. Das kann etwa in seltenen Fällen aus technischen Gründen der Fall sein (z.B. dauerhaftes „Funkloch“) oder aber aus Gründen, die in der Person des Beitragspflichtigen liegen. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn der Rundfunkempfang für die Person schon von vornherein von keinem denkbaren Nutzen ist (z.B. für taubblinde Menschen, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV). Darüber hinaus reduziert der Staatsvertrag die Beitragspflicht auf Antrag auf 1/3 für diejenigen, die das Angebot nur teilweise nutzen können, insbesondere für Taube oder blinde Menschen (§ 4 Abs. 2 RBStV) (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – juris Rn. 85, 93, 102; BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15 – juris Rn. 34; BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris Rn. 130).
2.2 Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Heranziehung zur Beitragspflicht gemäß §§ 2 und 3 RBStV sind im Fall des Antragstellers nach summarischer Einschätzung gegeben. Der Antragsteller ist im streitgegenständlichen Zeitraum Januar 2016 bis November 2020 voraussichtlich Inhaber der streitgegenständlichen Wohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 RBStV gewesen. Der Antragsteller hat diese Wohnung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV selbst bewohnt. Eine Wohnung ist in diesem Sinne bereits dann von einer Person als selbst bewohnt anzusehen, wenn die Person die Wohnung jederzeit zum tatsächlichen Wohnen nutzen kann, weil sie Mieterin oder Eigentümerin der Wohnung ist und ständigen Zutritt hat. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob und inwieweit ein Wohnungsinhaber die jeweilige Wohnung tatsächlich nutzt (Beck RundfunkR/Göhmann/Schneider/Siekmann RBeitrStV § 2 Rn. 19). Vor diesem Hintergrund ist es für die Rundfunkbeitragspflicht des Antragstellers unerheblich, ob er sich gegebenenfalls längere Zeit im Ausland aufgehalten hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2019 – 6 C 20/18 – juris). Darüber hinaus wird der Antragsteller außerdem gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV als Inhaber der Wohnung vermutet, weil er dort nach dem Melderecht gemeldet ist. Tatsachen, die diese gesetzliche Vermutung erschüttern würden, wurden vom Antragsteller nicht vorgebracht.
Dass der Antragsteller nach seinem Vorbringen mit dem von ihm genutzten analogen Fernsehgerät das aktuell digital ausgestrahlte Fernsehprogramm nicht (mehr) empfangen kann, ist nach dem oben Dargestellten für das Bestehen einer Rundfunkbeitragspflicht unerheblich. Die Beitragspflicht knüpft an die abstrakte Möglichkeit an, das Rundfunkangebot zu nutzen. Dem Antragsteller stünde es prinzipiell frei, ein für digitalen Fernsehempfang taugliches Empfangsgerät zu erwerben oder sein altes Fernsehgerät mittels eines für den digitalen Fernsehempfang tauglichen Decoders bzw. Tuners wieder empfangsbereit zu machen. Dies ist auch mit preisgünstigen Gerätschaften, die zudem auch noch gebraucht erworben werden könnten und die – anders als vom Antragsteller vorgetragen – auch nicht den Abschluss zusätzlicher kostenpflichtiger Verträge erfordern, möglich. Eine Unzumutbarkeit der Nutzung des digitalen Fernsehens bzw. der Beitragszahlung hierfür kann die Kammer jedenfalls nicht erkennen. Der Antragsteller ist damit im Ergebnis auch nicht schlechter gestellt als ein Wohnungsinhaber, der freiwillig auf die Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verzichtet und – im Einklang mit der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – dennoch weiter beitragspflichtig bleibt.
Der Antragsteller war demnach als Wohnungsinhaber Beitragsschuldner und für den festgesetzten Zeitraum verpflichtet, einen monatlichen Rundfunkbeitrag zu zahlen. Die Beitragsschuld besteht kraft Gesetzes. Die Festsetzung durch Bescheid durfte erfolgen, weil die Rundfunkbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht rechtzeitig und vollständig gezahlt wurden (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV).
3. Der Antragsteller ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 oder Abs. 6 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Die Befreiung von der Beitragspflicht setzt voraus, dass für die Befreiung ein schriftlicher Antrag bei der zuständigen Rundfunkanstalt gestellt wird. Der im April 2019 gestellte Antrag wurde mit Bescheid des Antragsgegners vom 26. September 2019 abgelehnt. Der erst am 15. Januar 2020 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2020 als unzulässig zurückgewiesen. Nach Aktenlage ist die Ablehnung der Befreiung bestandskräftig geworden und dem hiesigen Verfahren zugrunde zu legen. Der Widerspruchsbescheid vom 9. September 2020 ist bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller innerhalb der Monatsfrist nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine Klage eingereicht hat. Zwar wurde der Widerspruchsbescheid ausweislich der Behördenakte entgegen der Regelung des § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. den Regelungen des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) lediglich mit einfacher Post am 10. September 2020 aufgegeben. Jedoch wurde dieser Zustellungsmangel gemäß § 8 VwZG geheilt. Nach § 8 VwZG gilt ein Dokument, dass nicht oder nicht nachweislich zugestellt wurde, als in den Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Aufgrund des Schreibens des Antragstellers vom 22. September 2020, welches auf einer Kopie des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2022 verfasst ist, kann gemäß § 8 VwZG jedenfalls davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2020 spätestens am 22. September 2020 erhalten haben muss. Einen Zugang am 22. September 2020 vorausgesetzt, endete die Klagefrist von einem Monat damit am 21. Oktober 2020. Eine Klage wurde innerhalb dieser Frist nicht eingelegt. Dem Gericht ist eine inhaltliche Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Beitragspflicht angesichts des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides nicht möglich. Auf die gegenüber dem Gericht vorgetragene angebliche fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit des Antragstellers kommt es angesichts der bestandskräftig abgelehnten Befreiung für das vorliegende gerichtliche Verfahren deshalb nicht mehr an. Gegebenenfalls müsste der Antragsteller unter Vorlage der gemäß § 4 Abs. 7 RBStV notwendigen Belege einen weiteren Befreiungsantrag beim Antragsgegner stellen, um sein Ziel einer Beitragsbefreiung aus sozialen Gründen weiterzuverfolgen.
4. Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung – vom 5. Dezember 2016, in Kraft getreten am 1. Januar 2017 (StAnz Nr. 51-52/2016) i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung). Auch insoweit folgt die Zahlungspflicht unmittelbar aus der gesetzlichen Grundlage.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
6. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – in Verbindung mit Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO der Streitwert in der Regel ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes beträgt. Streitwert der Hauptsache ist hier der Wert der Festsetzung im streitgegenständlichen Bescheid in Höhe von 1.042,83 EUR. Der Streitwert für das vorliegende Verfahren beträgt damit 260,71 €. Er ist Grundlage für die nachfolgende Berechnung der Verfahrenskosten.


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