IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag für eine Wohnung, Vorläufiger Rechtsschutz gegen Festsetzungsbescheid

Aktenzeichen  M 6 S 20.3249

Datum:
6.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23294
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
RBStV

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 30,25 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller möchte im Wege des Eilrechtsschutzes die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Festsetzungsbescheid vom … Juli 2020, mit dem er zu Rundfunkbeiträgen herangezogen wird, erreichen.
Mit Festsetzungsbescheid vom … Juli 2020 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum April 2020 bis Juni 2020 rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von 60,50 EUR einschließlich eines Säumniszuschlags von 8,00 EUR gegenüber dem Antragsteller fest.
Am … Juli 2020 erhob der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München, mit der er die Aufhebung des Bescheids des Antragsgegners vom … Juli 2020 anstrebt (M 6 K 20.3248). Außerdem beantragte er sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.
Zur Begründung führt der Kläger unter Bezugnahme auf weitere Quellen an, dass die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unausgewogen sei. Insbesondere die Tagesschau habe am wenigsten „richtig“ berichtet. Aus der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ergebe sich gegenüber anderen (Qualitäts-)Medien kein individueller Vorteil.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag „zurückzuweisen“.
Zur Begründung wird insbesondere auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten – auch im Verfahren M 6 K 20.3207 und M 6 K 20.3248 – Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO dahingehend auszulegen, dass dieser auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des angefochtenen Säumniszuschlags umfasst. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten. Die festgesetzten Rundfunkbeiträge und der Säumniszuschlag stellen eine öffentliche Abgabe dar (vgl. etwa VG Gelsenkirchen, B. v. 16.9. 2020 – 14 L 997/20 -, juris Rn. 24).
Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 80 Abs. 6 VwGO ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder teilweise abgelehnt hat. Der Antragsteller hat die Aussetzung der Vollziehung des Festsetzungsbescheids beantragt. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde zusammen mit dem Widerspruchsbescheid abgelehnt.
Der Antrag ist aber unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 durch Beschluss anordnen. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll dies dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn ein Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Bloße Bedenken sind noch keine ernsthaften Zweifel (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 116).
Der Festsetzungsbescheid vom … Juli 2020 erweist sich bei der hier notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig, so dass die hiergegen erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. In einem solchen Fall überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehbarkeit (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) das Interesse des Antragstellers, vorläufig keine Zahlungen an den Antragsgegner leisten zu müssen.
Der Antragsteller ist unstreitig Inhaber einer Wohnung gem. § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags – RBStV – und damit rundfunkbeitragspflichtig. Da er die fälligen Rundfunkbeiträge nicht entrichtete, hat der Beklagte diese zu Recht gem. § 10 Abs. 5 RBStV zuzüglich eines Säumniszuschlages festgesetzt. Das Gericht folgt im Übrigen hinsichtlich der Begründung den Ausführungen der streitgegenständlichen Bescheide und sieht insoweit von der weiteren Darstellung ab (§ 117 Abs. 5 RBStV). Lediglich ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers ausgeführt:
1. Die Fragen der Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitragspflicht, insbesondere der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags, sind höchstrichterlich geklärt (BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15; BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a.; BGH, B.v. 26.7.2018 – I ZB 78/17; EuGH, U.v. 13.12.2018 – C. 492/17, zitiert jeweils nach juris).
Auch die seitens des Antragstellers erhobenen Einwände gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags sind nicht durchgreifend.
Zwar haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, darauf weist der Antragsteller zurecht hin, bei der Berichterstattung die anerkannten journalistischen Grundsätze, die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung zu berücksichtigen. Geschähe dies in Bezug auf die Berichterstattung zu bestimmten Themen nicht, so würde das den Antragsteller gleichwohl nicht zur Verweigerung der Zahlung von Rundfunkbeiträgen berechtigen. Vielmehr stünden ihm andere Wege offen, um Abhilfe bei den zuständigen Kontrollgremien einzufordern, allen voran die Möglichkeit der Gegendarstellung und Programmbeschwerde nach dem Bayerischen Rundfunkgesetz (Vgl. auch BayVGH, B.v. 30.3.2017 – 7 ZB 17.60 – juris Rn. 8). Eine Zustimmung bzw. Übereinstimmung mit dem Programminhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist jedenfalls für die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags gerade nicht erforderlich (vgl. BayVGH, U.v. 19.6.2015 – 7 BV 14.1707, juris Rn. 35).
Eine Rechtfertigung der Rundfunkfinanzierung wäre nur dann in Frage gestellt, wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht nur im Einzelfall, sondern generell den öffentlich-rechtlichen Auftrag (§ 11 RStV) verfehlen würden und ein strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegeben wäre (vgl. VG Hamburg, U. v. 21.10.2010 – 3 K 2796/09 – juris). Das ist für das Gericht bei der hier notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung jedoch nicht erkennbar (vgl. auch VG Bayreuth, U. v. 20.6.2011 – B 3 K 10.766; VG München, U.v. 15.10.2014 – M 6b K 14.1339 – jeweils juris). Der Antragsteller rügt die Ausgewogenheit der Berichterstattung insbesondere im Zusammenhang mit der „Flüchtlingskrise“. Zwar mag in den vom Antragsteller in den Blick genommenen Berichterstattungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Darstellung erfolgt sein, die nicht der subjektiv vom Antragsteller als objektiv angesehenen Art und Weise entsprochen haben mag. Ein strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aufgrund dessen dieser seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag generell verfehlen würde, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.
Soweit der Antragsteller einen Eingriff in seine Informationsfreiheit aus Art. 2 GG geltend macht, dringt er damit nicht durch. Ungeachtet der Frage, ob die negative Komponente der Informationsfreiheit dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG oder dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG zuzuordnen ist, begründet die Rundfunkbeitragspflicht keinen Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen, so dass es jedenfalls an einem Eingriff fehlt. Es wird weder unmittelbar noch mittelbar Zwang ausgeübt, die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anzusehen oder anzuhören (vgl. VG Köln, Urteil vom 12. Mai 2020 – 6 K 11307/17 -, juris). Insoweit scheidet auch eine vom Antragsteller behauptete weitere Verletzung von Art. 13 GG und Art. 14 GG aus.
2. Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags ist rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung – vom 5. Dezember 2016, in Kraft getreten am 1. Januar 2017 (StAnz Nr. 51-52/2016) i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung).
3. Die Vollziehung stellt für den Abgabepflichtigen auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigte Härte dar. Eine solche ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner über „umfangreiche Finanzmittel“ verfüge und nach Ansicht des Antragstellers das „Abgabeaufkommen aktuell zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht“ brauche.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. der Empfehlung in Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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