IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitragspflicht für eine Zweitwohnung in Form eines dauerhaft auf einem Campingplatz aufgestellten Wohnwagens

Aktenzeichen  M 6 K 16.950

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV RBStV § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 S. 2
BMG BMG § 20 S. 3

 

Leitsatz

Ein Wohnwagen gilt als Wohnung im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinne, wenn er – unabhängig von dem Bestehen einer Meldepflicht  – nicht oder nur gelegentlich fortbewegt wird (§ 20 S. 3 BMG). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags anwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 4. Juli 2014 sowie der Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
1. Allein streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob für den von den Klägern seit 1980 im Wege des Dauercampings genutzten Wohnwagen nach Einführung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2013 eine Rundfunkbeitragspflicht besteht, weil dieser als Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsrechts anzusehen ist. Die übrigen Voraussetzungen für die Rundfunkbeitragspflicht sind zwischen den Beteiligten unstreitig und liegen im Übrigen vor.
Der Wohnwagen der Kläger gilt nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – i. V. m. § 20 Satz 3 des Bundesmeldegesetzes – BMG – als Wohnung im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinne. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RBStV gelten nicht ortsfeste Raumeinheiten, wozu auch ein Wohnwagen zählt, als Wohnung, wenn sie Wohnungen im Sinne des Melderechts sind. Diese Verweisung dient der näheren Bestimmung des Begriffs der Wohnung und bedeutet nicht, dass eine nicht ortsfeste Raumeinheit nur dann als Wohnung im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinne anzusehen wäre, wenn für sie eine Meldepflicht als Wohnung nach dem BMG besteht. Vielmehr ist zur näheren Klärung dieses Begriffs die Begriffsbestimmung der Wohnung aus § 20 BMG heranzuziehen. Nach dem hier maßgeblichen Satz 3 dieser Norm gelten Wohnwagen und Wohnschiffe als Wohnungen, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, was auf den Wohnwagen der Kläger nach deren eigenen Vortrag seit ca. 1980 zutrifft. Da somit eine Wohnung im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinne vorliegt, waren die Kläger mit Einführung des Rundfunkbeitrags seit 1. Januar 2013 zur Entrichtung eines Rundfunkbeitrags für ihre (Zweit-)Wohnung verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht fort, solange sie Inhaber des Wohnwagens sind und dieser auf dem Campingplatz verbleibt, unabhängig davon, ob seit … November 2015 das Innehaben dieses Wohnwagens nicht mehr die Verpflichtung zur Anmeldung eines Wohnsitzes nach sich zieht. Da – unstreitig – auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen, waren die Kläger verpflichtet, für den im streitgegenständlichen Bescheid vom 4. Juli 2014 benannten Zeitraum Rundfunkbeiträge zu entrichten und, da sie diese bei Fälligkeit nicht bezahlt haben, auch einen Säumniszuschlag zu zahlen.
Der Hinweis der Kläger, dieses Ergebnis sei mit Blick auf all diejenigen ungerecht, die sich erst gar nicht – unter Verstoß gegen die bis einschließlich Oktober 2015 geltenden melderechtlichen Vorschriften – mit einem Wohnsitz als Dauercamper angemeldet hätten und somit vom Beklagten auch nicht zu Rundfunkbeiträgen herangezogen worden seien, verhilft ihrer Klage nicht zum Erfolg. In der Tat ziehen diese Personen aus ihrem rechtlich nicht korrekten Handeln gegebenenfalls Vorteile, weil sie dem Beklagten nicht bekannt sind und dieser somit nicht in der Lage ist, auch ihnen gegenüber Rundfunkbeiträge einzufordern. Das gilt für die Vergangenheit, erst recht aber für die Zukunft, da sich ab 1. November 2015 kein Dauercamper mehr mit (Zweit-)Wohnsitz anmelden muss.
Diese von den Klägern nachvollziehbar als ungerecht empfundene Situation kann freilich nicht durch ihre Freistellung vom Rundfunkbeitrag gelöst werden, da dieser dem Beklagten rechtlich zweifelsfrei zusteht und er hierauf nicht verzichten darf. Die Kläger haben keinen Rechtsanspruch auf „Gleichbehandlung im Unrecht“. Vielmehr könnte eine Lösung darin bestehen, dass andere Dauercamper sich gesetzestreu verhalten und dem Beklagten, wozu sie nach § 8 RBStV gesetzlich verpflichtet sind, den beitragsrelevanten Umstand des Innehabens eines Wohnwagens als Dauercamper von sich aus mitteilen, statt sich unter Verstoß gegen ihre Anzeigepflicht und jedenfalls bis einschließlich Oktober 2015 unter Verstoß gegen melderechtliche Bestimmungen der Verpflichtung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen zu entziehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Ordnungswidrigkeit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 RBStV begeht, wer den Beginn der Beitragspflicht entgegen § 8 Abs. 1 und 3 RBStV nicht innerhalb eines Monats anzeigt.
Lediglich angemerkt sei, dass ein sog. „strukturelles Defizit“ zu vermeiden ist, das zu einer dauerhaften Verletzung der Beitragsgerechtigkeit führt. Dieses Defizit dürfte vorliegend darin bestehen, dass die Erfassung von rundfunkbeitragspflichtigen Dauercampern mittels des bei sonstigen Wohnungsinhabern wirksam eingesetzten eimaligen Meldedatenabgleichs offenbar in der Vergangenheit nicht zureichend funktioniert hat und zukünftig überhaupt nicht mehr funktoneiern kann, weil die Meldepflicht für Wohnwagen von Dauercampern entfallen ist. Hier fällt freilich nicht dem Beklagten, sondern dem Gesetzgeber die Aufgabe zu, Abhilfe zu schaffen. Für den Erfolg ihre Klage können die Kläger hieraus allerdings nichts herleiten, insbesondere nicht, wie sie meinen, das Recht, bis zur Behebung dieses Problems keinen Rundfunkbeitrag zu zahlen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 277,70 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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