IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitragsrecht

Aktenzeichen  W 3 K 17.594

Datum:
23.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20050
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV § 2, § 5, § 10 Abs. 5, Abs. 7, § 14 Abs. 9
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
BayVerfGHG Art. 29
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV), unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. (Rn. 18 – 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht vorher der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.
Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrages ist § 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages – RBStV – i.d.F. der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl. S. 258, ber. S. 404) in der ab 1. Januar 2013 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.
Mit der Neuregelung der Rundfunkfinanzierung durch den 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge erfolgte eine Abkehr von dem bisherigen Finanzierungsmodell, bei dem eine Gebühr für das Bereithalten von Rundfunkgeräten erhoben wurde. Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen der Neuregelung war die statistisch belegte Tatsache, dass durch das Konglomerat von herkömmlichen Geräten, neuartigen Geräten (z.B. internetfähige PCs), stationären und mobilen Geräten in Deutschland in nahezu allen Wohnungen und Betriebsstätten die Möglichkeit zum Rundfunkempfang besteht (Gall/Schneider in Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, vor RBStV Rn. 25).
Die Rundfunkbeitragspflicht knüpft an das Innehaben einer Wohnung an. Unabhängig davon, ob in einer solchen Wohnung Geräte vorhanden sind, die den Rundfunkempfang ermöglichen, ist der Inhaber der Wohnung über die Beitragspflicht zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks heranzuziehen. In der Begründung zum Gesetzesentwurf (Landtags-Drs. 16, 7001, S. 12) wird hierzu ausgeführt: „Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat beizutragen, wer die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks empfangen kann aber nicht notwendig empfangen (haben) muss“.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei verfassungswidrig, verweist das Gericht auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 (Az.: Vf.8-VII-12 und Vf.24-VII-12), mit der über erhobene Popularklagen entschieden und dabei u.a. folgende Leitsätze aufgestellt wurden:
„1. Die Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV) und im nicht privaten Bereich für Betriebsstätten (§ 5 Abs. 1 RBStV) sowie für Kraftfahrzeuge (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV) sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
2. Bei dem Rundfunkbeitrag handelt es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Sie ist sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben.
3. Dem Charakter einer Vorzugslast steht nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig sind. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen.“
Nach Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) sind Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs für alle anderen Verfassungsorgane sowie für Gerichte und Behörden bindend. Eine Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen klägerischen Vorbringen ist deshalb nicht veranlasst.
Darüber hinaus weist das Gericht auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juni 2015 (7 BV 14.1707 – juris) hin, für welches folgender Leitsatz aufgestellt worden ist:
„Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV), unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stützt sich in diesem Zusammenhang auf die Erkenntnisse, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt. Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche und in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Abgabe (Beitrag). Grundsätzlich ist jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an dessen Finanzierung zu beteiligen, weil das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgrund des gesetzlichen Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten innerhalb der Gesellschaft jedem Einzelnen zugutekommt. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird oder nicht. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch dann als „Gegenleistung“ in Bezug auf die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags anzuerkennen, wenn Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms nicht jedermanns Zustimmung finden. Die Bestimmungen über die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich enthalten weder unmittelbar noch mittelbar nachteilige Ungleichbehandlungen, die an eine Behinderung anknüpfen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldeabgleich (§ 14 Abs. 9 RBStV) verstößt nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
Das Verwaltungsgericht schließt sich diesen Erkenntnissen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an.
Weiterhin wird auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2016 (6 C 6/15 – juris) Bezug genommen, in dem folgende Leitsätze aufgestellt worden sind:
„1. Der Rundfunkbeitrag ist eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht fällt.
2. Die vorrangige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Rundfunkbeitrag trägt der Programmfreiheit des Rundfunks und dem Verfassungsgebot eines die Vielfalt sichernden Programms angemessen Rechnung.
3. Der Rundfunkbeitrag stellt die Gegenleistung für den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit dar. Dieser Vorteil kann Wohnungsinhabern individuell zugerechnet werden, weil Wohnungen nahezu vollständig mit Rundfunkempfangsgeräten ausgestattet sind.
4. Die Ersetzung der gerätebezogenen Rundfunkgebühr durch den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag war wegen des drohenden strukturellen Defizits der Gebührenerhebung zulässig, um die Belastungsgleichheit der Rundfunkteilnehmer zu wahren.
5. Die Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.
6. Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung benachteiligt die alleinigen Inhaber einer Wohnung nicht gleichheitswidrig gegenüber Personen, die zusammen mit anderen in einer Wohnung leben.“
Darüber hinaus stellt das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil fest, dass die Festlegung der rundfunkbeitragsfähigen Kosten die Zweckbindung des Rundfunkbeitrages beachtet, dass die Rundfunkbeitragspflicht mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit vereinbar ist und dass ihre Einführung nicht der Genehmigung der Kommission der Europäischen Union bedurfte (BVerwG, a.a.O. Rn. 51).
Auch diesem Urteil schließt sich das Gericht an.
Damit weist der angegriffene Bescheid eine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage auf, die nicht verfassungswidrig ist.
Auch der Bescheid selbst ist nicht zu beanstanden.
Der Bayerische Rundfunk ist gemäß § 10 Abs. 5 RBStV als Anstalt des öffentlichen Rechts berechtigt, rückständige Gebühren festzusetzen. Dabei darf er sich der Handlungsform des Verwaltungsaktes bedienen (vgl. VGH BW, U.v. 04.11.2016 – 2 S 448/16 – juris, Rdnr. 24 ff.). Zum Erlass entsprechender Verwaltungsakte bedient sich die Landesrundfunkanstalt des Beitragsservices als Verwaltungsgemeinschaft. Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV nimmt jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach diesem Staatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebenen Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr. Hierauf basiert § 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19. Dezember 2012 (Staatsanzeiger Nr. 51 bis 52/2012) – Rundfunkbeitragssatzung –, wonach die im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene gemeinsame Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV ganz oder teilweise für diese wahrnimmt. Bei dieser gemeinsamen Stelle handelt es sich um den ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice mit Sitz in Köln.
Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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