IT- und Medienrecht

Schadensersatz, Marke, Schadensersatzanspruch, Kaufpreis, Fahrzeug, Annahmeverzug, Pkw, Software, Kenntnis, Anspruch, Gesellschafter, Herausgabe, Klage, Betrug, unerlaubte Handlung, unerlaubten Handlung, kein Anspruch

Aktenzeichen  23 O 257/21

Datum:
16.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25643
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 18.013,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18.05.2021 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Audi vom Typ Q5 2.0 TDI Quattro mit der FIN … nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, KfZ-Schein, KfZ-Brief und Serviceheft.
2. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in Höhe von 1.598,26 EUR erledigt hat.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 1. genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
4. Es wird festgestellt, der der in Ziffer 1. bezeichnete Anspruch der Klägerin aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 1.214,99 € freizustellen.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
7. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 18 % und die Beklagte 82 % zu zahlen.
8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Der Klagepartei steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 852 S. 1, 826, 249 BGB i.V.m. § 31 BGB in tenorierter Höhe zu.
1. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs unter Erschleichung der Typgenehmigung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt stellte eine vorsätzliche sittenwidrige Täuschung der Beklagten im Sinne des § 826 BGB dar (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, juris).
Damit ist die Beklagte der Klagepartei gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet und hat nach § 249 Abs. 1 BGB den wirtschaftlichen Zustand herzustellen, der ohne das schädigende Ereignis (durch den Betrug bedingter Abschluss des Kaufvertrags) bestehen würde. Wegen des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots ist der Wert des Vorteils, den die Klagepartei durch die Nutzung des Pkws erlangt hat, vom Kaufpreis abzuziehen (BGH a.a.O., Leitsatz Ziffer 4).
Die Höhe der anzurechnenden Nutzungen errechnet sich in richterlicher Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO) aus der Formel (Kaufpreis × gefahrene Strecke (seit Erwerb) / erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt). Eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km erscheint für gewöhnlich genutzte Diesel-Pkw angemessen, da sie bei einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km einer Nutzung von knapp 17 Jahren entspricht.
Damit errechnet sich ein Betrag von 24.736,22 € für die von der Klagepartei gezogenen Nutzungen (= 42.750,00 € × 138.870 km / 240.000 km). Von dem Kaufpreis in Höhe von 42.750,00 € bleiben nach Abzug von 24.736,22 € noch 18.013,78 €.
2. Dem Schadensersatzanspruch der Klägerin steht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen.
2.1
Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger (hier der Kläger) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorhanden, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (zuletzt BGH, Urteil vom 17.12.2020, IV ZR 739/20, Rn. 8). § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB stellt nur auf die Kenntnis der tatsächlichen Umstände ab, mithin des Lebenssachverhalts, der die Grundlage des Anspruchs bildet. Die erforderliche Kenntnis ist bereits vorhanden, wenn die dem Geschädigten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen zu lassen. Die dreijährige Verjährungsfrist gibt dem Geschädigten dann noch hinreichende Möglichkeiten, sich für das weitere Vorgehen noch sicherere Grundlagen, insbesondere zur Beweisbarkeit seines Vorbringens, zu verschaffen (BGH a.a.O. m.w.N.).
b) Nur in eng begrenzten, besonders begründeten Ausnahmefällen kann der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist wegen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage hinausgeschoben werden, um dem Gläubiger eine faire Chance zu geben, seinen Anspruch geltend zu machen (BGH a.a.O. Rn. 10). Eine Klageerhebung ist aber immer dann zumutbar, wenn die Klage bei verständiger Würdigung hinreichende Erfolgsaussichten hat. Es ist nicht erforderlich, dass die Rechtsverfolgung risikolos möglich ist (BGH a.a.O. Rn. 11). Ein unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht nicht schon dann, wenn noch keine höchstrichterliche Entscheidung einer bestimmten Frage vorliegt.
c) Der Klagepartei war es spätestens im Jahr 2016 zumutbar, auf Grund dessen, was ihr damals hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt war, Klage gegen die Volkswagen AG zu erheben und diese auf die ihr bekannten Behauptungen zu stützen.
Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch wird von der Klagepartei darauf gestützt, dass in dem von ihr erworbenen Fahrzeug ein Motor eingebaut war, der mit einer Software versehen worden war, die als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen ist. Dieser Schadensersatzanspruch ist bereits mit dem Erwerb des Fahrzeugs im Jahr 2011 entstanden. Zum Erwerbszeitpunkt hatte der alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter Manfred Wallner aber noch keine Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs und der Person des Schuldners. Auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärte er, dass er im Februar 2016 ein Rückrufschreiben der Beklagten erhalten habe. Zudem hätte die Klagepartei über die seit Oktober 2015 im Internet eingerichtete und öffentlich bekannt gegebene Webseite der Beklagten durch einfache Eingabe der FIN (Fahrgestellnummer) ihres Fahrzeugs leicht dessen Betroffenheit klären und erkennen können. Die im Jahr 2016 bekannten Tatsachen reichten aus, den Schluss nahezulegen, dass der Einbau einer Motorsteuerungssoftware, die nach ihrer Funktionsweise ersichtlich auf Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde abzielte, in mehreren Millionen Fahrzeugen auf einer am Kosten- und Gewinninteresse ausgerichteten Strategieentscheidung der Beklagten beruhte. Es war weiter naheliegend, dass eine solche Strategieentscheidung nicht von einem untergeordneten Mitarbeiter im Alleingang, sondern von einem Vorstand oder sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter, dessen Verhalten der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, getroffen oder gebilligt worden ist (BGH a.a.O. Rn. 22).
Unerheblich ist dabei, ob die Beklagte den Skandal nur schleppend aufgearbeitet hat. Unerheblich ist insbesondere, dass die Beklagte damals wie heute bestreitet, dass verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten von der Verwendung der Abschalteinrichtung Kenntnis hatten und deshalb der subjektive Tatbestand der deliktischen Anspruchsnormen erfüllt sei. Insoweit haben sich seit dem Jahr 2015 bis zur Klageerhebung keine neuen Erkenntnisse ergeben. Angesichts des unsubstantiierten Bestreitens der Beklagten (unter Berücksichtigung ihrer sekundären Darlegungslast) stand und steht die fehlende Detailkenntnis der Klägerseite über das Wissen der Repräsentanten der Beklagten von der Abschalteinrichtung einer Klage nicht entgegen (vgl. OLG Stuttgart, BeckRS 2020, 5745 Rn. 44; BGH a.a.O.).
d) Die Erhebung der Klage war der Klagepartei im Jahr 2016 auch nicht unzumutbar, weil der eng begrenzte Ausnahmefall der unsicheren und zweifelhaften Rechtslage hier nicht gegeben war. Allein der Umstand, dass für den Klageerfolg offene, bislang höchstrichterlich nicht entschiedene Rechtsfragen maßgeblich waren, machte eine Klageerhebung nicht unzumutbar. Der Durchsetzung des Anspruchs aus § 826 BGB stand eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen (BGH a.a.O. Rn. 26).
Damit begann die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres 2016 und endete mit Ablauf des Jahres 2019.
2.2
Die Verjährungsfrist wurde vorliegend nicht durch die Erhebung und Anmeldung der Klagepartei bei der Musterfeststellungsklage gegen die Beklagte gehemmt, § 204 Nr. 1 a BGB.
2.3
Eine rechtzeitige Hemmung erfolgte auch nicht durch die Klageerhebung, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Verjährungshemmung setzt die wirksame Zustellung der Klage an den Beklagten voraus. Diese muss vor Ablauf der Verjährungsfrist stattgefunden haben (BeckOGK-Meller-Hannich, Stand: 1.3.2020, BGB § 204 Rn. 10). Vorliegend wurde die Klage erst am 20.04.2021 bei Gericht eingereicht und am 17.05.2021 an die Beklagte zugestellt.
Damit steht der Durchsetzbarkeit des Schadensersatzanspruches der Klägerin die von der Beklagte erhobene Einrede der Verjährung entgegen, § 214 Abs. 1 BGB.
Die Klagepartei hat allerdings gegen die Beklagte einen Anspruch in tenorierter Höhe aus § 852 S. 1 BGB.
Im Falle der erhobenen Verjährungseinrede ist das Vorliegen der Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs nach § 852 BGB von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urt. v. 13.10.2015 – II ZR 281/14). Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
3.1
Bei § 852 BGB handelt es sich um einen sog. Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (BGH, Urt. v. 15.1.2015 – I ZR 148/13).
Die vom Schädiger durch die unerlaubte Handlung erlangte Bereicherung ist allenfalls bis zur Grenze der ursprünglichen Schadenshöhe herauszugeben, mithin findet eine Limitierung statt (Martinek, JM 2021, 9, 10). Der Anspruch besteht in Höhe von 18.013,78 €.
3.2
Neben der – hier vorliegenden unerlaubten Handlung – muss der Schädiger dabei etwas auf Kosten des Verletzten erlangt haben. Die Einzelrichterin schließt sich der Auffassung an, dass – entgegen dem unmittelbaren Wortlaut des § 852 BGB (auf Kosten des Verletzten) – ein unmittelbarer Vermögenszufluss beim Ersatzpflichtigen nicht zu verlangen ist und auch ein mittelbarer Vermögenszufluss herauszugeben ist (MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, BGB § 852 Rn. 5). Gleichwohl muss die Bereicherung Folge der unerlaubten Handlung sein, hier der vorsätzlichen sittenwidrige Schädigung der Klagepartei im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses (BeckOGK/Eichelberger, 1.8.2020, BGB § 852 Rn. 17).
Dabei setzt die Prüfung des § 852 BGB zunächst den Vortrag der Klagepartei dazu voraus, dass und in welcher Höhe die Beklagte, die nicht Verkäuferin des Fahrzeugs war, etwas aus dem Fahrzeugverkauf erlangt hat (BGH, Urt. v. 17.12.2020, VI ZR 739/20). Der Vortrag der Klägerin, seitens der Beklagten sei der entrichtete Kaufpreis, ggf. abzüglich einer Händlermarge, erlangt worden, genügt den erforderlichen Voraussetzungen. Mit Blick auf die Rechtsfolgenverweisung ist im Rahmen der Prüfung des Umfangs der Herausgabeverpflichtung das seitens der Beklagte „erlangte Etwas“ zu ermitteln. In Fällen des durch einen Händler veräußerten Neuwagens ist regelmäßig der Kaufpreis abzüglich einer Händlermarge (hierzu: Augenhofer, VuR 2019, 83, 86) maßgeblich. Die Frage nach einem möglichen Gewinn der Beklagten ist zu diesem Zeitpunkt nicht relevant.
Hier liegt kein Gebrauchtwagenerwerb der Klägerin vor, obwohl das Fahrzeug in der Rechnung (K 1) als Gebrauchtfahrzeug bezeichnet ist. Der klägerische Erwerb ist einem Neuwagenkauf gleichzustellen. Nach den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des klägerischen Gesellschafters Manfred Wallner in der mündlichen Verhandlung am 26.07.2021 geht das Gericht davon aus, dass bereits zum Zeitpunkt der Bestellung des Fahrzeugs bei der Beklagten feststand, dass die Klägerin Eigentümerin des Pkws wird. Das gründet darauf, dass der Pkw nach Wünschen der Klägerin konfiguriert worden war. Eine sechsmonate Überlassung an das Audi Zentrum Bayreuth erfolgt zu dem Zweck, der Klägerin einen Kaufpreisrabatt zukommen lassen zu können. Durch die klägerische Fahrzeugbestellung war die Wertschöpfungskette der Beklagten betroffen.
3.3
Das Gericht kann vorliegend von einer konkreten Schätzung nach § 287 ZPO Abstand nehmen, da mit Blick auf die grundsätzliche Limitierung des Anspruchs auf 18.013,78 € weniger als 50 % des ursprünglichen Kaufpreises (K 1) herauszugeben sind. Eine diesen Betrag übersteigende Händlermarge erachtet die Einzelrichterin für nicht realistisch und wurde auch beklagtenseits nicht vorgetragen.
Da die Herausgabe in natura ausscheidet, ist grds. Wertersatz in entsprechender Höhe zu leisten, § 818 Abs. 2 BGB.
3.4
Weiter kann sich die Beklagte vorliegend auch nicht erfolgreich auf den Einwand der Bereicherung berufen, § 818 Abs. 3 BGB. Zwar können im Rahmen von Kondiktionsansprüchen im Einzelfall Aufwendungen im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Erwerb des Bereicherungsgegenstandes grundsätzlich abzugsfähig sein, doch scheitert dies vorliegend an § 819 BGB. Nach überwiegender und vorliegend auch zutreffender Auffassung ist es dem bösgläubigen Bereicherungschulder versagt, sich erfolgreich auf den Einwand der Entreicherung zu berufen (vgl. mit zahlreichen Nachweisen BeckOK BGB/Wendehorst, 56. Ed. 1.11.2020, BGB § 818 Rn. 83), da es im Hinblick auf seine Kenntnis an der Schutzbedürftigkeit fehlt.
3.5
Im Hinblick auf das schadensrechtliche Bereicherungsverbot hat eine Verurteilung nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeuges erfolgen.
3.6
Die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion der Vorschrift des § 852 BGB dahingehend, den hiesigen Fall vom Anwendungsbereich auszunehmen, da für die Klägerin die Möglichkeit zur Anmeldung zur Musterfeststellungsklage bestanden hatte (so erkennbar nur Martinek JR 2021, 56), bejaht das Gericht nicht. Insbesondere ist der Begründung des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/6040 S. 273) bereits das „ungeschriebene Erfordernis eines besonderen Prozesskostenrisikos“ nicht zu entnehmen.
3.7
Der Anspruch aus § 852 BGB ist seinerseits auch nicht verjährt, da dessen 10-jährige Verjährungsfrist (§ 852 S. 2 BGB) mit Kaufpreiszahlung am 04.07.2011 begonnen hat und die Klage am 17.05.2021 erhoben worden war.
4. Es besteht auch ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung des Annahmeverzugs, da die Beklagte mit Klageerhebung in Verzug kam, § 293 BGB. Ein solcher setzt voraus, dass der Schuldner dem Gläubiger die Leistung so, wie sie geschuldet wird, ordnungsgemäß anbietet (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 Rn. 85; sowie Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 397/19; OLG Nürnberg, Urt. V. 28.10.2020, 12 U 2265/18; Pal.-Grüneberg, 80. Aufl. 2020, § 293, Rn. 9). Ein derartiges Angebot lag in der Klage vor. Unerheblich ist dabei, dass die Klägerin die in Abzug gebrachte Nutzungsentschädigung auf Grundlage einer Laufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km errechnet hat und das Gericht von 250.000 km ausgeht.
Ebenso ist festzustellen, dass der klägerische Anspruch aus einer unerlaubten Handlung (§ 826 BGB) herrührt.
5. Der Klagepartei stehen Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB ab Klagezustellung zu. Ein früherer Verzug wurde nicht hinreichend dargelegt, da für die Begründung des Schuldnerverzugs hinsichtlich Kaufpreiserstattung (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB) erforderlich ist, dass der Gläubiger die ihm obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß anbietet (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19). Dies war im Schreiben vom 09.12.2020 (K 2) mit der Forderung auf Kaufpreisrückerstattung und einer nur gegebenenfalls abzuziehenden Nutzungsentschädigung, berechnet auf Basis einer Gesamtlaufleistung des Pkws von 300.000 km, nicht der Fall.
6. Der Klagepartei steht weiter ein Freistellungsanspruch in Höhe von 1.214,99 EUR hinsichtlich der von ihm geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten zu, § 257 BGB. Die Rechtsanwaltskosten fallen bei Ansprüchen aus § 826 BGB und damit auch bei § 852 BGB in den Schutzbereich der verletzten Norm (BGH, a.a.O., Pal.-Grüneberg, 80. Aufl. 2020, § 249 BGB, Rn. 57 m.w.N.). Ein Anspruch besteht in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Verfahrenswert bis 19.000 EUR. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war erforderlich und zweckmäßig (vgl. BGH, NJW 2006, 1065), da der Sachverhalt nicht nur rechtlich, sondern auch technisch zu beurteilen war. Eine höhere Gebühr ist angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Massenverfahren mit gleichgelagertem Sachverhalt wie bei anderen EA 189-Fällen handelt, nicht gerechtfertigt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.


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