IT- und Medienrecht

Unbegründete Klage auf Rückabwicklung eines Porsche-Kaufs wegen Abgasmanipulation

Aktenzeichen  20 U 5602/19

Datum:
23.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48215
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EG-FGV § 27 Abs. 1
BGB § 31, § 123, § 134, § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, § 826
ZPO § 256

 

Leitsatz

1. Die Rücktrittserklärung der Klagepartei hat keine Rechtswirkungen entfaltet, weil die Klagepartei der Beklagten unstreitig keine Frist zur Nacherfüllung im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB gesetzt hatte und keine Fallkonstellation vorliegt, in der eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich war. (Rn. 16 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die subjektiven Voraussetzungen für eine Haftung der Herstellerin aus §§ 826, 31 BGB hat die Klagepartei nicht nachgewiesen. (Rn. 35 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Software-Update ist geeignet, den bei Gefahrübergang in Form der latent bestehenden Gefahr einer Betriebsuntersagung bestehenden Sachmangel zu beseitigen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO ist schon mangels Feststellungsinteresses wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

42 O 3661/18 2019-09-06 Urt LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 06.09.2019, Az 42 O 3661/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 18. Dezember 2020

Gründe

I.
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann eine Berufung nur darauf gestutzt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen Dies zeigt die Berufungsbegrundung nicht auf.
Berufung gegen die Beklagte zu 1)
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) hat das Landgericht zu Recht für zulässig, aber unbegründet gehalten.
1. Die Klagepartei hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.
a. Soweit die Klagepartei die Berufung darauf stützt, der Kaufvertrag sei bereits von Anfang an gemäß § 134 BGB nichtig gewesen, weil die Beklagte zu 1) durch Veräußerung des streitgegenstandlichen Fahrzeugs gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV verstoßen habe, trifft dies nicht zu. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen eines Veraußerungsverbots nach dieser Vorschrift bei Kaufvertragsschluss gegeben waren. Denn eine Nichtigkeit nach § 134 BGB kommt bei gesetzlichen Verboten, die sich – wie § 27 Abs. 1 EG-FGV – nur an eine Vertragspartei richten, nur ausnahmsweise in Betracht, und zwar dann, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, dessen Erreichung eine Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.1999 – X ZR 34/98, juris Rn. 18).
§ 27 Abs. 1 EG-FGV verfolgt den Zweck, dass nur vorschriftsgemaße Fahrzeuge in den Verkehr gelangen. Um die Erreichung dieses Zwecks zu sichern, hat der Verordnungsgeber zum einen die Möglichkeit vorgesehen, Verstöße durch Ordnungsgeld zu sanktionieren (§ 37 Abs. 1 EG-FGV), und zum anderen dem Kraftfahrtbundesamt in § 25 EG-FGV verschiedene Maßnahmen zur Verfügung gestellt, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen. Mithin bedarf es einer zivilrechtlichen Nichtigkeit verbotswidrig geschlossener Vertrage zur Zweckerreichung nicht (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 21.07.2020 – 3 U 251/20, BeckRS 2020, 27990, Rn. 22 m.w.N.) Hinzu kommt, dass eine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB dem Fahrzeugkäufer die Mängelrechte aus §§ 434 ff. BGB nehmen und sich daher gerade gegen die Partei richten wurde, die nicht gegen das Verbotsgesetz verstoßen hatte (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 21.07.2020 – 3 U 251/20, BeckRS 2020, 27990, Rn. 22 m.w.N.).
b. Der Kaufvertrag ist auch nicht infolge der von der Klagepartei am 07.08.2018 erklarten Anfechtung (vgl. Anlage K 32) als gemäß § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an nichtig anzusehen, weil weder nach § 123 Abs. 1 BGB noch nach § 123 Abs. 2 BGB ein Anfechtungsgrund gegeben war Die Ausführungen des Landgerichts (vgl. S. 6 der landgerichtlichen Entscheidung) sind zutreffend.
aa. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von den behaupteten Manipulationen hatte, trägt die Klagepartei nicht substantiiert vor.
bb. Auch muss sich die Beklagte zu 1) eine etwaige klagerseits behauptete arglistige Täuschung durch die Beklagte zu 2) nicht zurechnen lassen, denn die Beklagte zu 2) ist Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB.
Nach den Motiven zum BGB ist Dritter ein am Geschäft Unbeteiligter (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 123 Rn. 13 m.w.N.). Diese Definition wird in negativer Abgrenzung dahin konkretisiert, dass nicht als Dritter angesehen werden kann, wer auf der Seite des Erklarungsempfangers steht und maßgeblich am Zustandekommen des Geschäfts mitwirkt (vgl. Staudinger-Singer/v. Finckenstein, 2017, § 123 BGB, Rn. 53). Der Bundesgerichtshof stellt darauf ab, ob die Beziehungen des Täuschenden zum Erklärungsempfänger so eng sind, dass dieser die Tauschung wie eine eigene zu vertreten habe und deshalb den Getäuschten nicht am Vertrag festhalten dürfe. Keine Dritten sind demnach Repräsentanten, Verhandlungsführer, Verhandlungsgehilfen und Vertrauenspersonen des Erklärungsempfangers sowie diejenigen, deren Verhalten dem Erklarungsempfänger nach Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der Interessenlage zuzurechnen ist (Staudinger-Singer/v. Finckenstein a.a.O.; BGH, Urteil vom 06.07.1978 – III ZR 63/76, NJW 1978, 2144, 2145) Auch eine Zurechnung der Tauschung nach Billigkeitsgesichtspunkten setzt allerdings voraus, dass der Täuschende maßgeblich am Zustandekommen des Vertrags mitwirkt, wie den hierzu ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen zu entnehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.1962 – V ZR 209/60, NJW 1962, 1907, 1908, Urteil vom 06.07.1978 – III ZR 63/76, NJW 1978, 2144, 2145)
Die Beklagte zu 2) hat am Abschluss des Kaufvertrags zwischen der Klagepartei und der Beklagten zu 1) aber nicht mitgewirkt Der Umstand, dass die Beklagte zu 2) Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist, begründet dagegen keine so enge Beziehung, dass es gerechtfertigt erscheint, der Beklagten zu 1) eine etwaige Tauschung seitens der Beklagten zu 2) als eigene zuzurechnen. Auch der Umstand, dass der Hersteller seine – rechtlich selbständigen – Vertragshandler mit Verkaufsunterlagen ausstattet und in seine Vertriebsorganisation eingliedert, reicht für eine Zurechnung der Täuschung ohne Rücksicht auf eigene Kenntnis des Verkäufers nicht aus.
2. Die Klagepartei kann von der Beklagten zu 1) auch nicht gemäß § 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 434, 440, 323, 326 Abs. 5, 346 Abs. 1 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Ruckgabe des Fahrzeugs verlangen
Ein zum Rücktritt berechtigender Rechtsmangel im Sinne von § 435 BGB liegt entgegen der Ansicht der Klagepartei nicht vor. Denn die Klagepartei behauptet nicht, dass ein Dritter ein Recht an dem von ihr erworbenen Pkw geltend machen kann. Der nach ihrer Darstellung drohende Entzug der Zulassung nach § 5 FZV und eine dadurch begründete Einschränkung der Nutzbarkeit des Fahrzeugs wurde vielmehr einen Sachmangel begründen.
Ein Rechtsmangel kann sich zwar nicht nur aus privaten Rechten eines Dritten am Kaufgegenstand, sondern auch aus dessen Bindung kraft öffentlichen Rechts ergeben Das ist aber nur der Fall, wenn die öffentlich-rechtliche Bindung zum (teilweisen) Entzug des Eigentums an der Kaufsache – etwa durch Beschlagnahme oder Auferlegung einer Veraußerungspflicht – oder zu einer Nutzungseinschrankung im Interesse eines Dritten führen kann (vgl. BGH, Urteil vom 04.06.1982 – V ZR 81/81, NJW 1983, 275, für die aus dem Bundesbaugesetz in Verbindung mit einem Bebauungsplan folgende Verpflichtung, als Straßenfläche ausgewiesenes Gelände an die Gemeinde zu verkaufen) Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschrankungen, die keinen Dritten begünstigen sollen, sondern den nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch wegen der tatsächlichen Beschaffenheit der Kaufsache einschränken, begründen dagegen regelmäßig einen Sachmangel (vgl. BGH a.a.O.).
Der von der Klagepartei gezogene Vergleich der drohenden Stilllegung eines Kraftfahrzeugs mit der Ausschreibung eines Pkws zur Fahndung, die nach dem von ihr zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.01.2017 (Az.: VIII ZR 234/15) einen Rechtsmangel begründet, geht fehl. Die Ausschreibung zur Fahndung soll die Rückführung eines abhanden gekommenen Pkws an denjenigen ermöglichen, dem ein Recht an dem Fahrzeug zusteht. Wie der Bundesgerichtshof in dem vorgenannten Urteil klargestellt hat, liegt ein Rechtsmangel dann vor, wenn Rechte eines Dritten eine individuelle Belastung des Kaufers ergeben, also geeignet sind, ihn in der ungestörten Ausübung der ihm nach § 903 Satz 1 BGB gebührenden Rechtsposition zu beeinträchtigen (a.a.O., juris Rn. 16).
c. Ob das Fahrzeug im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung überhaupt noch einen Sachmangel im Sinne von § 434 BGB aufgewiesen hat, kann letztlich dahinstehen.
d. Denn die Rücktrittserklarung der Klagepartei hat keine Rechtswirkungen entfaltet, weil die Klagepartei der Beklagten zu 1) unstreitig keine Frist zur Nacherfüllung im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB gesetzt hatte und keine Fallkonstellation vorliegt, in der eine Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich war.
aa. Ein Fall des § 326 Abs. 5 BGB, wonach eine Fristsetzung nicht erforderlich ist, wenn die Nacherfüllung unmöglich ist, wofür die Klagepartei darlegungs- und beweisbelastet ist, scheidet im vorliegenden Fall aus.
Eine Nacherfüllung war im vorliegenden Fall durch Nachbesserung in Form der Durchführung des durch das Kraftfahrtbundesamt mit Bescheid vom 01.08.2018 gebilligten Software-Updates möglich (vgl. Anlage B 2 der Beklagten zu 1):
Denn es unterliegt – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klagepartei – keinem Zweifel, dass das durch den Hersteller zur Verfügung gestellte Software-Update geeignet ist, einen vorliegend etwaig relevanten Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB zu beseitigen Der hier in Betracht kommende Sachmangel besteht nämlich darin, dass durch die Ausstattung des Motors mit einer gegebenenfalls unzulässigen Abschalteinrichtung der dauerhafte ungestörte Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr durch eine auf Grund von § 5 Abs. 1 FZV (latent) drohende Betriebsuntersagung gefährdet ist, was dazu führt, dass sich das Fahrzeug nicht zur gewohnlichen Verwendung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB eignet. Wie sich aus dem durch die Beklagte zu 1) mit der Klageerwiderung vorgelegten Bescheid des Kraftfahrtbundesamts vom 01.08.2018 (Anlage B 2 der Beklagten zu 1) ergibt, ist nach dem Aufspielen des durch den Hersteller entwickelten Software-Updates die einen Sachmangel begründende Gefahr einer Betriebsuntersagung gerade nicht mehr gegeben. Das Kraftfahrtbundesamt hat in diesem Zusammenhang ausdrucklich festgestellt, dass durch diese Maßnahme die Vorschriftsmaßigkeit der Fahrzeuge wiederhergestellt werde. Gleichzeitig wurde festgehalten, dass nach dem Software-Update keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr vorlagen, die Emissionsgrenzwerte eingehalten seien, die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen bestätigt worden seien und die bisherige Motorleistung, das maximale Drehmoment sowie die Geräuschemissionen unverändert blieben. Im Hinblick darauf ist im Falle der Nachrüstung des Fahrzeugs mittels des durch das Kraftfahrtbundesamt geprüften Software-Updates ein Widerruf der EG-Typgenehmigung durch das Kraftfahrtbundesamt und daran anschließend eine Betriebsuntersagung in Bezug auf das streitgegenstandliche Fahrzeug objektiv nicht mehr zu befurchten. Unter Berücksichtigung dessen ist das Software-Update geeignet, den bei Gefahrübergang in Form der latent bestehenden Gefahr einer Betriebsuntersagung bestehenden Sachmangel zu beseitigen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.02.2020 – 2 U 104/18, juris Rn. 19 m.w.N.).
Mit Blick auf den Zweck der Nacherfüllung, dem Kaufer dasjenige zu verschaffen, was ihm nach dem Vertrag geschuldet wird, käme eine Nachbesserung durch Aufspielen des Software-Updates zwar dann von vornherein nicht als adäquate Nacherfüllungsmaßnahme in Betracht, wenn hierdurch ein Zustand herbeigeführt würde, der die Erfüllungstauglichkeit durch die Verursachung anderer (neuer) Mangel aufheben wurde. Dass das Aufspielen des Software-Updates tatsächlich zu neuen Mängeln an dem Fahrzeug fuhrt, wird durch die Klagepartei nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. … Soweit die Klagepartei ferner einen auch durch Nachbesserung nicht zu beseitigenden merkantilen Minderwert des streitgegenständlichen Pkws behauptet, hat die Klagepartei diesen nicht nachvollziehbar dargelegt. Mit dem Gegenvorbringen der Beklagten zu 1) (vgl. Klageerwiderung vom 08.04.2019 S. 12 f., Bd. I Bl. 219 f. d.A.) setzt sie sich nicht auseinander.
Zum Zeitpunkt der Rucktrittserklarung am 07.08.2018 war das Software-Update durch das Kraftfahrtbundesamt bereits freigegeben; die Freigabe ist zum 01.08.2018 erfolgt. Im Übrigen steht eine nur vorübergehende Unmöglichkeit einer dauerhaften Unmöglichkeit nur gleich, wenn sie die Erreichung des Geschaftszwecks in Frage stellt und dem anderen Teil das Festhalten am Vertrag bis zum Wegfall des Leistungshindernisses nicht zuzumuten ist (vgl. Palandt/Grunberg, BGB, 79. Aufl., § 275 Rn. 11 m.w.N.). Die Klagepartei war jedoch in der Nutzung ihres Fahrzeugs auch nach Aufdeckung der hier relevanten Problematik nicht beeinträchtigt (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.02.2020 – 2 U 104/18, juris Rn. 21 m.w.N.).
bb. Die Fristsetzung zur Nacherfüllung war auch nicht gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB als „reine Formelei“ entbehrlich
Gem. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB bedarf es keiner Fristsetzung, wenn der Schuldner die Nacherfullung ernsthaft und endgültig verweigert. An das Vorliegen einer Erfullungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen; der Schuldner muss unmissverstandlich und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er seinen Vertragspflichten unter keinen Umstanden nachkommen werde. In dem bloßen Bestreiten eines Mangels kann nicht ohne Weiteres eine endgültige Verweigerung der Nacherfullung gesehen werden. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Schuldner bewusst und endgültig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt, und es damit ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer ordnungsgemäßen Aufforderung zur Nacherfullung werde umstimmen lassen (vgl. Palandt-Gruneberg, BGB, 78. Aufl., § 323 Rn. 18 m.w.N.). Eine derartige Äußerung der Beklagten zu 1) hat die Klagepartei nicht vorgetragen.
cc. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war im vorliegenden Fall ferner nicht nach §§ 440 Satz 1 Alt. 3, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich.
Danach bedarf es einer Fristsetzung auch dann nicht, wenn dem Käufer die ihm zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar ist Die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung kann sich dabei grundsätzlich auch aus der begründeten Befürchtung ergeben, die Sache werde trotz der Nacherfullung nicht mangelfrei sein (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Aufl., § 440 Rn. 8). Im Hinblick auf § 326 Abs. 5 BGB, wonach für einen sofortigen Rücktritt im Falle der Unbehebbarkeit des Mangels der Nachweis der Unmöglichkeit der Nacherfüllung erforderlich ist, sowie im Hinblick auf § 440 Satz 2 BGB, wonach ein Fehlschlagen der Nachbesserung voraussetzt, dass zwei Versuche erfolglos geblieben sind, vermag in diesem Zusammenhang jedoch der bloße subjektive Verdacht eines trotz Nachbesserung verbleibenden Nachteils nicht zu genügen Eine Nachbesserung, die eine Reparatur der Kaufsache erfordert, birgt immer die Gefahr, dass der Mangel nicht vollständig beseitigt wird oder dass die Reparatur nicht vollständig zum Erfolg fuhrt. Nach der gesetzlichen Regelung ist in einem solchen Fall ein zweiter Nachbesserungsversuch erforderlich, bevor der Käufer den Rucktritt erklären kann. Im Hinblick darauf bedarf es, um in diesem Zusammenhang von vornherein von einer Unzumutbarkeit der Nacherfüllung ausgehen zu können, konkreter Anhaltspunkte im Zeitpunkt des Rücktritts dafür, dass die Nachbesserung zu neuen Sachmängeln fuhren werde, wobei pauschale Behauptungen ebenso wenig ausreichen wie der Hinweis auf Unwagbarkeiten oder nicht geklarte Langzeitfolgen (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.02.2020 – 2 U 104/18, juris Rn. 23 m.w.N.). Den Anforderungen an die sich hieraus ergebende Darlegungslast ist die Klagepartei nicht hinreichend nachgekommen
Auch die Behauptung eines Wertverlusts hinsichtlich des Fahrzeugs führt nicht zur Unzumutbarkeit der Nacherfüllung durch Vornahme des Software-Updates. Zwar kann ein auf Grund eines zunächst vorhandenen, aber aus technischer Sicht bereits beseitigten Fehlers bestehender Minderwert einen Mangel der Kaufsache darstellen, was für Unfallfahrzeuge anerkannt ist, bei denen trotz fachgerechter Instandsetzung der Vorschaden eine Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit bedeuten kann (BGH, Urteil vom 10 Oktober 2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53, 54 Rn. 20). Dies ist darauf zurückzuführen, dass in entsprechenden Fällen die Befürchtung besteht, dass spater noch unentdeckte Folgeschaden auftreten können, weshalb erfahrungsgemäß für entsprechende Fahrzeuge geringere Preise gezahlt werden. Solche belastbaren Erfahrungswerte existieren in Bezug auf einen etwaigen Minderwert bei Dieselfahrzeugen, bei denen eine unzulässige Abschalteinrichtung nachträglich durch ein Software-Update beseitigt wurde, nicht, zumal ein etwaiger Preisrückgang für Dieselfahrzeuge insbesondere auch auf (geplante bzw. diskutierte) Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Städten zurückzuführen sein kann (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.02.2020 – 2 U 104/18, juris Rn. 24 m.w.N.).
Schließlich vermag auch der durch die Klagepartei angeführte Vertrauensverlust gegenüber dem Hersteller wegen einer diesem etwaig anzulastenden Täuschungshandlung eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung im Wege der Durchführung des Software-Updates nicht zu begründen Insoweit ist im Zusammenhang mit einem gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen bzw durch die Klagepartei vorgetragen werden, dass die Beklagten zu 1) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Umstand des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung bekannt war Ein etwaiges Verschulden des Herstellers muss sich die Beklagte zu 1) nicht zurechnen lassen, da der Hersteller nach allgemeiner Auffassung kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, juris Rn. 31). Selbst wenn man ausreichen ließe, dass die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung auch daraus resultieren kann, dass das Vertrauen des Kaufers in den Hersteller des betreffenden Produkts nachhaltig gestört ist, ohne dass dem Verkaufer selbst ein Fehlverhalten anzulasten ist, würde dies im vorliegenden Fall nicht die Unzumutbarkeit begründen. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass bereits zum Zeitpunkt der Rücktrittserklarung bekannt war, dass die Entwicklung der vorgesehenen Nachbesserungsmaßnahmen unter öffentlicher Aufsicht durch das Kraftfahrtbundesamt erfolgen würde (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.02.2020 – 2 U 104/18, juris Rn. 25 m.w.N.).
Die Klagepartei hat auch keine sonstigen besonderen Umstände i.S. von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB dargelegt, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rucktritt rechtfertigen würden.
3. Da die Klagepartei von der Beklagten zu 1) nicht mit Erfolg die Ruckzahlung des Kaufpreises verlangen kann, bleibt die klagerische Berufung auch in Bezug auf den Klageantrag zu Ziffer 3 (Feststellung des Annahmeverzugs) und den Klageantrag zu Ziffer 4 (Freistellung von vorgenchtlichen Rechtsanwaltskosten jeweils getrennt durch die Beklagten) ohne Erfolg
Berufung gegen die Beklagte zu 2)
Auch bezüglich der Beklagten zu 2) hat die Berufung keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Der mit dem Klageantrag zu 2) gegen die Beklagte zu 2) gestellte Feststellungsantrag ist gem. § 256 ZPO schon mangels Feststellungsinteresses wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig.
Das eine Klagepartei Teile ihres Schadensersatzanspruchs – insbesondere den gezahlten Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung – bereits beziffern kann, steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage zwar nicht entgegen, wenn sich der anspruchsbegründende Sachverhalt (z.B. der Schaden) zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befindet, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden konnte (vgl. Zoller-Greger, ZPO, 33 Aufl. 2020, § 256, Rn. 7 a m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es hierfür ausreichend, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewohnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – IX ZR 197/12, juris Rn. 11). Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit ist hier von der Klagepartei allerdings nicht hinreichend vorgetragen Welche Schäden außer dem bereits abgeschlossenen Erwerb des Fahrzeugs noch drohen, ist nicht ersichtlich.
2. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage gegen die Beklagte zu 2) zutreffend für unbegründet gehalten hat.
a. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es an der erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermogensschaden fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 5/20, juris Rn. 18 ff.).
b. Die subjektiven Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten zu 2) aus §§ 826, 31 BGB hat die Klagepartei nicht nachgewiesen.
In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Tatumstände, die das Verhalten sittenwidrig erscheinen lassen, voraus. Der erforderliche Schädigungsvorsatz enthält ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstande lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016, VI ZR 536/15, juris Rn. 25) Hierbei muss sich die Beklagte das Handeln ihrer Mitarbeiter nach Maßgabe des § 31 BGB analog zurechnen lassen Die Reprasentantenhaftung erstreckt sich für die juristischen Personen über den Vorstand, die Vorstandsmitglieder und die verfassungsmäßig berufenen besonderen Vertreter hinaus auf alle sonstigen Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (vgl. nur BGH, Urteil vom 30.10.1967 – VII ZR 82/65, NJW 1968, 391, 392).
Die Klagepartei hat als Anspruchstellerin darzulegen und zu beweisen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßiger Vertreter (§ 31 BGB) des in Anspruch genommenen Unternehmens neben den objektiven auch die dargestellten subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat. Allerdings trifft die Beklagte zu 2), die allein Kenntnisse der inneren Betriebsprozesse in Bezug auf die Fahrzeug- und Motorfertigung hat, eine sekundäre Darlegungslast, deren Umfang sich danach richtet, inwieweit die Klagepartei hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Kenntnis der maßgeblichen Personen vorträgt (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, juris Rn. 35 ff).
Vorliegend durfte die Klagepartei in Ansehung dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast sich zunächst darauf beschränken, pauschal zu behaupten, der Vorstand der Beklagten zu 2) habe Kenntnis von den im zugekauften Motor aus Sicht der Klagepartei enthaltenen Abschalteinrichtungen, da sie keine näheren Kenntnisse über die inneren Betriebsablaufe bei der Beklagten zu 2) hat.
Allerdings hat sodann die Beklagte zu 2) im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast – anders als die Herstellerin des Motors EA 189 in dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.05.2020 zugrunde liegenden Fall – detailliert und ausführlich die Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Produktion des streitgegenstandlichen Motors durch die … AG sowie dem Zukauf und dem Einbau des Motors sowie die nachfolgende Kommunikation mit der Motorenherstellerin bis hin zum Rückruf des Kraftfahrtbundesamts dargelegt (vgl. Annex 1 zum Schriftsatz der Beklagten zu 2) vom 13.06.2019; dieser ist im Übrigen Parteivortrag) Sie hat den Zukauf nachvollziehbar damit erläutert, dass sich selbst bis zur Entscheidung, ebenfalls Dieselmotoren in sogenannte SUVs zu verbauen, lediglich Erfahrung mit Benzinmotoren hatte, während die … AG über langjährige Erfahrung mit Dieselmotoren verfugte. Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie sich auf den bloßen mechanischen Einbau des Motors in das Fahrzeug beschränkt hat (vgl. Schriftsatz vom 13.06.2019, S. 3, Bl. 274 d.A.). Ferner hat sie substantiierten Vortrag zu den Umständen der durch die … AG vermittelten Kenntniserlangung von Auffälligkeiten respektive der Unzulässigkeit der Motorsteuerung gehalten. Die Beklagte zu 2) hat damit ihrer sekundären Darlegungslast genügt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 04.08.2020 – 28 U 11/20, juris Rn. 33; OLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2020 – 5 U 1970, juris Rn. 32; OLG Koblenz, Urteil vom 21.07.2020 – 3 U 251/20, BeckRS 2020, 27990, Rn. 55 ff.)
Es wäre daher erneut Sache der Klagepartei gewesen, sich mit diesen Ausführungen dezidiert zu befassen und darzulegen, dass und wodurch welche für die Beklagte zu 2) handelnden Personen schon früher Kenntnis hatten, woran es aber vorliegend fehlt Die pauschale Behauptung, das Wissen, wie die Fahrzeuge von der … AG manipuliert worden seien, sei bei der Beklagten zu 2) vorhanden gewesen, genügt dafür nicht, ebenso wenig der Hinweis darauf, dass die Beklagte zu 2) die in den Porsche Macan verbauten Benzinmotoren von Anfang an selbst entwickelt habe Soweit die Klagepartei mit Nichtwissen bestreitet, dass die fahrzeugspezifischen Anpassungen der Motoren durch die … AG erfolgten (vgl. Schriftsatz vom 05.12.2019, S. 31, Bd. IV Bl. 37 d.A.), genügt dies ebenfalls nicht, um eine weitergehende sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu begründen.
Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass und auf welche Weise der Beklagten zu 2) Informationen der … AG oder sonst konzernzugehoriger Unternehmen über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware vermittelt worden sind Die Beklagte zu 2) muss sich auch nicht das Wissen der … AG entsprechend § 166 Abs. 2 BGB deshalb zurechnen lassen, weil dieses Unternehmen dem gleichen Konzern angehört (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1989 – IVa ZR 177/88, juris Rn. 14) Es kommt vielmehr darauf an, ob und inwieweit das Unternehmen Zugriff auf die Information hat und eine Verantwortung für sein fehlendes Wissen trifft. Das kann sich aus den Pflichten der Konzernobergesellschaft in Bezug auf den Konzern ergeben, mit der Folge, dass ihr das Wissen der Tochtergesellschaften zuzurechnen ist, soweit sie es nach diesen Pflichten organisieren muss (vgl. MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 166 Rn. 64). Es käme hier also allenfalls in Betracht, dass sich die Konzernobergesellschaft das Wissen der … AG zurechnen lassen muss. Eine Zurechnung bei Schwestergesellschaften innerhalb des Konzerns – wie vorliegend – erfolgt indessen nicht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 04.08.2020 – 28 U 11/20, juris Rn. 36; OLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2020 – 5 U 1970/19, juris Rn. 35).
3. Mangels Hauptsacheanspruch scheitert auch der weitere Antrag auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten.
II.
Zur Vermeidung weiterer Kosten regt der Senat die Zurücknahme der offensichtlich unbegründeten Berufung an. Im Falle der Berufungsrucknahme ermaßigen sich die Gerichtsgebuhren des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Genchtskostengesetz).


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