IT- und Medienrecht

Unlautere Werbung für einen “Anti-Schnarch-Ring”

Aktenzeichen  1 HK O 6/21

Datum:
20.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2022, 385
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3, § 3a, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 8c Abs. 1, Abs. 2
HWG § 3

 

Leitsatz

Die Bezeichnung eines Heilmittels gegen Schnarchen als “Anti-Schnarch-Ring” und die Bewerbung mit “Anti-Schnarch-Garantie” ohne hinreichende wissenschaftliche Absicherung verstößt gegen § 3 HWG. (Rn. 51 – 57) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für einen sogenannten „Anti-Schnarchring“ zu werben:
1. mit der Bezeichnung „Anti-Schnarchring“ und/oder unter diesen Bezeichnungen in den Verkehr zu bringen
2. mit den Angaben „Hilfe gegen Schnarchen“, und/oder „… mit Anti-Schnarch-Garantie“ und/oder „nie wieder Schnarchen“, wenn dies geschieht wie aus den Anlagen K3, K4 und K21 ersichtlich.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 232,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.03.2021 zu bezahlen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 27.500,00 € vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Das Landgericht Bamberg ist sachlich und örtlich zuständig.
2. Der Kläger ist aktivlegitimiert.
Eine Anspruchsberichtigung des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nummer 2 UWG ist gegeben. Zur Überzeugung des Gerichts ist der vorliegend relevante Markt der des Handels mit Gesundheitsprodukten in Deutschland. Der Beklagte ist Versandhändler, somit ist sein Marktbereich (zumindest) die gesamte Bundesrepublik Deutschland. Der Internetauftritt erstreckt sich zumindest auf die gesamte Bundesrepublik.
Aufgrund der nicht substantiiert angegriffenen Mitgliederliste Anlage K1 ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger eine Vielzahl von Mitgliedern hat, die ebenfalls im Bereich des Handels mit Gesundheitsprodukten tätig sind.
II. Es liegt auch kein Rechtsmissbrauch gemäß § 8 c Abs. 1, 2 UWG vor.
Ein Rechtsmissbrauch kommt dann in Frage, wenn die Klägerin überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Auflage, § 8 c Randziffer 11).
1. Es kann dahinstehen, ob der Vortrag die Versandhandelsapotheke medikamenteperklick.de sei Mitglied der Klägerin zutreffend und nicht verspätet ist.
Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Die Entscheidung hierüber steht in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (BGH, GRUR 2012, 411ff mit weiteren Nachweisen).
Es kann jedoch als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet (BGH, GRUR 2012, 411ff mit weiteren Nachweisen). Eine planmäßige Duldung von gleichartigen Verletzungshandlungen ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Nach § 8 c Abs Nr. 1 UWG ist eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen.
Es ist ein Indiz für ein unangemessenes Einnahmeerzielungsinteresse, wenn der beauftragte Anwalt das Abmahngeschäft „in eigener Regie“ betreibt, insbes. selbst Wettbewerbsverstöße erst ermittelt (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Auflage, § 8 c Randziffer 16).
Es kann jedoch auch dahinstehen, ob der Vortrag, der Rechtsanwalt …, habe das Internet nach abmahnfähigen Rechtsverstößen durchsucht, zutreffend und nicht verspätet ist. Sowohl die Anlage K4 als auch als auch die Probebestellung Anlage K 13 dienten dem Nachweis von Rechtsverstößen. Ein Nachweis für ein Betreiben des Abmahnungsgeschäfts in eigener Regie ist nicht gegeben. Dabei ist unter Berücksichtigung des vorausgegangenen Verfahrens 1 HKO 15/18 Landgericht Bamberg eine Kontrolle des Internets hinsichtlich bereits rechtskräftig abgeschlossene Sachverhalte nachvollziehbar.
3. Unter Berücksichtigung aller vorgetragenen und gerichtsbekannten Umstände, die im Rahmen von § 8 c UWG einen Rechtsmissbrauch begründen, kommt das Gericht zum Ergebnis, dass nicht überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele als eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.
III. Die Beklagte ist passivlegitimiert.
Der Beklagte ist als Autor und Experte in der Anlage K3 genannt. Der Beklagte hat zur Abwicklung der auf der streitgegenständlichen Werbung beruhenden Geschäfte eine auf ihn lautende Bankverbindung (Anlage K 16) benutzt. Die Erklärungen der mündlichen Verhandlung diesbezüglich (Blatt 62 der Akte) ist als Schutzbehauptung zu werten. Der Verweis auf den nicht benannten Käufer der vormals vom Beklagten betriebenen … UG verfängt nicht, da ausweislich des Auszugs aus dem Handelsregister die Gesellschaft aufgelöst wurde.
Soweit der Kläger erstmals im Schriftsatz vom 24.06.2021 vortragen lässt, dass die Homepage … verkauft worden sei, kann dahinstehen, ob dieser Vortrag verspätet bzw. zutreffend ist.
Der Eigentümer einer Domain ist nicht der Betreiber der Homepage und des dahinter stehenden Geschäftes. Richtiger Anspruchsschuldner ist, wer auf das Handeln entscheidend Einfluss nehmen kann und wem deren wirtschaftlicher Erfolg unmittelbar zugute kommt (so auch Landgericht Berlin, Beschluss vom 26.01.2021, Aktenzeichen 102 O 23/19). Der Beklagte hat eingeräumt, dass die Erlöse aus dem streitgegenständlichen Geschäft auf sein Konto eingehen.
Die verschiedenen vom Beklagten benutzten Firmierungen wie … oder … e. K. verweisen stets auf den Beklagten persönlich. Weitere tatsächlich handelnde natürliche Personen (auch als Vertreter für juristische Personen) sind nicht ersichtlich.
Die im Impressum angegebene … LCC lässt weder einen Geschäftsführer noch einen Inhaber der Gesellschaft erkennen. Ein geschäftlicher Bezug dieser Gesellschaft zum amerikanischen oder brasilianischen Markt ist nicht ersichtlich. Die Geschäftstätigkeit des Beklagten ist offensichtlich auf den deutschsprachigen Markt ausgerichtet. Aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen ist das Gericht davon überzeugt, dass es sich um eine vorgeschobene Briefkastenfirma zur Täuschung über die Verantwortlichkeit des Beklagten handelt. Hierfür sprechen die vorgenannten Umstände sowie die weiteren vom Kläger benannten Tatsachen. Lediglich ergänzend ist festzustellen, dass das Impressum der streitgegenständlichen Werbung nicht § 5 Abs. 1 TMG entspricht.
IV. Es besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Klägerin gegen den Beklagten aus §§ 8, 3, 3a 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, 3 HWG im tenorierten Umfang.
1. Eine Werbung ist irreführend i.S. von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an welche sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Dabei ist maßgeblich, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht (BGH, NJW 2005, 1790).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen Werbungen mit Gesundheitsbezug dem Strengeprinzip (siehe auch Landgericht München I, Urteil vom 22.10.2020, Aktenzeichen 17 HKO 2632/20 mit weiteren Nachweisen). Dies bedeutet, dass die Werbung sich an den Grundsätzen Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit zu messen hat. Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Werbung nicht gerecht.
2. Die Bezeichnung als Anti-Schnarch-Ring (Anlage K3 Seiten 1, 15, 16, 18,19 und 27) stellt nicht nur eine Produktbezeichnung dar. Eine Wirksamkeit gegen die gesundheitliche Problematik des Schnarchens wird suggeriert. Auch die Sternchen-Aufklärung lässt die behauptete Wirksamkeit nicht entfallen.
Eine Wirksamkeit des in der streitgegenständlichen Werbung angepriesenen Produkts ist durch die vom Beklagten vorgelegten Anlagen B4 bis B9 nicht nachgewiesen. Der Nachweis der Wirksamkeit ist im Bereich der Werbung mit Gesundheitsbezug durch eine randomisierte Doppel -Blindstudie zu führen (siehe auch Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2018, Aktenzeichen 37 O 44/17). Eine solche liegt nicht vor.
Die behauptete hinreichende wissenschaftliche Absicherung kann nicht durch einen Beweisantritt zur Richtigkeit der Werbeaussage im Prozess geklärt werden (siehe auch Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2018, Aktenzeichen 37 O 44/17). Darüber hinaus liegt ein solcher Beweisantritt nicht vor, weil der Beweis Sachverständigengutachten unter Verwahrung gegen die Beweislast angetreten wurde (Blatt 38 der Akte).
Soweit der Beklagte auf den Gebrauch der Wörter „kann“ bzw. „können“ bzw. die Verwendung von Konjunktiven verweist, ergibt sich hieraus nichts anderes. Es liegt zumindest eine mehrdeutige Aussage vor, welche zulasten des Werbenden geht, da eine grundsätzliche Inanspruchnahme einer gegebenen Eignung beinhaltet ist.
3. Die Angabe „Hilfe gegen Schnarchen“ findet sich in der Anlage K4 (Seite 1 rechts unten). Auch hinsichtlich dieser werbenden Aussage gilt das oben Gesagte.
4. Der Begriff „Anti-Schnarch-Garantie“ (Anlage K3 Seite 1) bezeichnet nicht nur eine Geldzurück-Garantie. Vielmehr enthält er die Aussage einer Wirksamkeit gegen das Schnarchen. Auf die vorstehenden auch Ausführungen wird auch hinsichtlich dieses Begriffs verwiesen.
5. Die Formulierung „nie wieder Schnarchen“ findet sich in der Anlage K 21. Diese Anzeigenwerbung ist mit dem Internetauftritt der Beklagten ausweislich der Anlage K 21 verlinkt. Nach dem Wortlaut der Anlage K 21 handelt es sich um eine Anzeige der Homepage …. Ein Abstellen auf Ergebnisse der Suchmaschine Google ist unzutreffend, da es sich offensichtlich um eine bei Google geschaltene Werbung handelt.
Inhaltlich gilt das oben Gesagte.
IV. Der Kläger hat darüber hinaus einen Aufwendungsanspruch gemäß §§ 13 Abs. 3 UWG (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a. F.), 683, 670, 679 BGB.
Die geltend gemachte Höhe ist unter Anwendung von § 287 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung der vom Kläger substantiiert vorgetragenen Einzelkosten nicht zu beanstanden (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Auflage, 2021 § 13 Rz. 132).
Die dem Verfahren vorausgegangene Abmahnung (Anlage K5) ist rechtmäßig ergangen. Sie hat sich eindeutig gegen den an den Beklagten gerichtet. Der Zusatz einer Firmierung, die auch einen Bezug zur streitgegenständlichen Werbung aufweist, ist unschädlich.
Soweit der Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 25.06.2021 bestreiten lässt, dass der Kläger die Abmahnung an …, c/o … UG, …, … B. geschickt haben soll, ist dies unerheblich. Die Anlage K5 richtet sich an eine andere Anschrift.
V. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.


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