IT- und Medienrecht

Unzulässigkeit der Pauschalierung von Schadensersatz in AGB auf Basis des Neupreises

Aktenzeichen  12 O 7213/20

Datum:
25.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7929
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UKlaG § 1
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, 2, § 309 Nr. 4, 5 lit. a, § 439 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen, in denen als pauschaler Schadensersatz bei Beschädigung oder Nichtrückgabe für einen zuvor leihweise überlassenen Router dessen Neupreis festgelegt wird, sind nach § 309 Nr. 5 lit. a BGB unwirksam. (Rn. 29 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind unwirksam, in denen der Verkäufer eines Neugeräts den Nacherfüllungsanspruch auf die Lieferung einer gebrauchten Sache beschränkt, auch wenn es sich um eine generalüberholte Sache handelt. (Rn. 38 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
3. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann nicht wirksam festgelegt werden, dass ein Schadensersatzanspruch ohne Mahnung entsteht, wenn ein leihweise überlassener Router nach Vertragsende nicht unverzüglich zurückgegeben wird. (Rn. 49 – 58) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft zu vollstrecken an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen, im Bezug auf Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen nach folgende und mit diesem Inhaltsgleiche Bestimmungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.04.1977, zu berufen:
a) „Pauschalen gemäß AGB für Ersatzgerät (bei durch Kunden verursachten Verlust/defekt), einmalig:
… Box EUR 160,00“.
b) „Pauschalen gemäß AGB für Ersatzgeräte (bei durch Kunden verursachten Verlust/Defekt), einmalig:
Kabelrouter EUR 100,00“.
c) „Der Kunde ist verpflichtet:
4.1.14 nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ihm zur Nutzung überlassene Geräte unverzüglich auf seine Kosten und seine Gefahr zurückzugeben. Andernfalls ist V. berechtigt, für ein beschädigtes, funktionsuntüchtiges oder nicht zurückgegebenes Gerät eine jeweils mit dem Kunden vereinbarte Pauschale zu berechnen, es sei denn, der Kunde ist nachweislich für die vorgenannten Fälle nicht verantwortlich. Dem Kunden ist der Nachweis unbenommen, dass kein oder ein wesentlich geringerer Schaden als die Pauschale entstanden ist“.
d)
3.2.2

Im Falle eines Mangels des Gerätes ist V. – wenn der Kunde statt der Beseitigung des Mangels die Lieferung einer mangelfreien Sache wählt – berechtigt, dem Kunden ein vom Hersteller überarbeitetes, als neuwertig einzustufendes Gerät als Tauschgerät zu stellen. Ausschlaggebend ist die volle Funktionsfähigkeit des Gerätes. Bei Fehlschlagen dieser Nacherfüllung ist der Kunde berechtigt, den Kaufpreis für das Endgerät zu mindern oder vom Kaufvertrag über das Endgerät zurückzutreten.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 260,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2019 zu zahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtungen pro Klausel gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00 vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf EUR 10.000,00 festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger kann von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der im Tenor genannten Klauseln verlangen.
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 UKlaG klagebefugt. Das Landgericht München I ist gemäß § 1, 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UKlaG i.V.m. § 6 Nr. 1 GZVJU sachlich und örtlich ausschließlich zuständig.
Soweit die Beklagte die Prozessanträge der Klagepartei als unzureichend rügt, greift dies nicht durch.
Bei Klagen nach § 1 UKlaG muss gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG der Klageantrag die beanstandeten Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Wortlaut enthalten, anderenfalls ist die Klage unzulässig (BGH, Urt. v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 9). Die Regelung konkretisiert das allgemeine Erfordernis eines bestimmten Antrags in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und dient insoweit der zweifelsfreien Festlegung des Streitgegenstandes (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 12).
Die Klagepartei ist in der im Verbandsklageverfahren üblichen Weise verfahren, die Klauseln ganz abzudrucken und die tatsächlich angegriffenen Teile zusätzlich zu markieren. Dies genügt. Es ist unzweifelhaft, gegen welche Passagen in den Klauseln der Beklagten sich die Klagepartei wendet. Eine Neufassung der Anträge war nicht erforderlich.
II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klauseln sowie auf Zahlung der Abmahnpauschale.
1. Die Klauseln der „Preisliste und Leistungsbeschreibung“ zur Schadenersatzpauschale für Kabelrouter – EUR 100,00 und … Box – EUR 160,00 verstoßen gegen § 309 Nr. 5 lit. a) BGB und sind deswegen unwirksam.
a) Nach § 309 Nr. 5 lit. a) BGB besteht ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit für die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwerters auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt.
b) Dies ist vorliegend nach den eigenen Ausführungen der Beklagten der Fall: Die Beklagte hat zur Rechtfertigung ihrer Pauschale und zur Darlegung des ihr entstehenden Schadens ausgeführt, dass im Fall der Nichtrückgabe eines Gerätes von der Beklagten für einen von ihr unterhaltenen sogenannten „Gerätepool“ ein neues Gerät angeschafft und diesem Pool zugeführt werde. Dabei handle es sich um ein Neugerät und um das neuere, auf dem Markt noch erhältliche Modell. Die Beklagte hat weiter ausgeführt, dass die Pauschale für die Lieferung eines Ersatzgerätes berechnet werde.
Daraus ergibt sich, dass die Beklagte als Pauschale letztlich den Neupreis der Geräte zugrunde legt und in der Pauschale allenfalls noch Verwaltungskosten für den Gerätepool enthalten sind. Dies entspricht jedoch nicht dem tatsächlich zu erwartenden Schaden bei Nichtrückgabe eines Gerätes der streitgegenständlichen Art durch den Kunden.
Die Beklagte überlässt den Kunden die Endgeräte ausweislich ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Dauer der Vertragslaufzeit kostenlos im Wege der Leihe. Einem solchen Leihvertrag ist immanent, dass der Verleiher den Wertverlust zu tragen hat, der in Folge des Zeitablaufs entsteht, § 602 BGB. Der Leihvertrag verpflichtet nur zur Rückgabe des entliehenen Gerätes, nicht jedoch zum Ersatz in Form eines Neugeräts. Dementsprechend bemisst sich der Schadenersatz, den die Beklagte von einem Kunden im Fall der Zerstörung oder nicht Rückgabe eines Gerätes verlangen könnte, am Zeitwert eines Gebrauchtgerätes im Zeitpunkt der Rückgabepflicht. Diese entsteht nach Ablauf der Vertragslaufzeit, die ausweislich der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten mindestens 24 Monate beträgt. Dass ein zwei Jahre oder noch älteres elektronisches Gerät in Form eines Routers den Neuwert nicht mehr ansatzweise erreicht, ist offensichtlich und allgemein bekannt.
Bereits die Ausführungen der Beklagten lassen danach den Schluss zu, dass die Klausel und die mit ihr festgelegte Höhe der Pauschalen auf der irrigen Rechtsmeinung der Beklagten beruhen, als pauschalen Schadensersatz einen Betrag verlangen zu können, der dem Neupreis eines Routers – gegebenenfalls nach Abzug eines Verwaltungskostenanteils – entspricht.
Damit verkennt sie den Maßstab des § 309 Nr. 5 lit. a) BGB. Wie dargelegt erreichen zwei Jahre alte oder ältere Elektrogeräte ihren Neuwert bei weitem nicht mehr. Maßgeblich ist im Übrigen der Marktwert eines solchen Gebrauchtgeräts, nicht jedoch irgendwelche von der Beklagten angestellten Erwägungen dahingehend, dass die Geräte aufgrund ihrer Gerätepool-Lösung „nicht wertlos“ seien. Auch von der Beklagten berechnete Rechtsverfolgungskosten für die Rückholung gebrauchter Geräte sind nicht zu berücksichtigen: Die Beklagte hat ausdrücklich vorgetragen, sie ersetze nicht zurückgegebene Geräte in ihrem Pool durch Neuanschaffung. Dazu ist eine Rechteverfolgung jedoch nicht erforderlich, weshalb solche Kosten nicht bei dem zu erwartenden Schaden zu berücksichtigen sind.
Die von der Beklagten angesetzten Pauschalwerte übersteigen den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung erheblich.
Die Klausel ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5 lit. a) BGB unwirksam.
c) Auch die streitgegenständlichen Beträge von EUR 100,00 für einen „NoName-Kabelrouter“ und eine Box Kabel von EUR 160,00 entsprechen allgemein bekannt dem Neupreis solcher Geräte und sind deswegen als pauschaler Schadensersatzbetrag im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen überhöht im Sinne des § 309 Nr. 5 lit. a) BGB.
Die entsprechenden Klauseln sind unwirksam.
II.
Die Klausel in Ziffer 3.3.2 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstößt gegen § 307 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 474, 476, 439 Abs. 1 BGB. Sie ist unwirksam. Die Durchführung einer Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB mit einem aufbereiteten Gerät im Hinblick auf einen Kaufvertrag über eine neue Sache entspricht nicht dem Grundgedanken des § 439 Abs. 1 BGB und stellt eine unangemessene Benachteiligung für den Verbraucher dar.
a) Kaufverträge über eine Gattungsware wie Internetrouter setzen – sofern nicht die Parteien vereinbaren, dass es sich um Gebrauchtware oder wieder aufbereite Geräte handelt – als übliche Beschaffenheit voraus, dass ein Neugerät verkauft wird. Auch wenn die Beklagte wiederaufbereitete Geräte als neuwertig verkaufen würde, müsste sie beim Verkauf darauf hinweisen, dass es sich um ein wiederaufbereitetes Gerät handelt.
Die streitgegenständliche Klausel betrifft den Kauf von Endgeräten allgemein. Sie regelt damit – jedenfalls auch – den Kauf von Neugeräten durch den Verbraucher aufgrund eines entsprechenden Angebots der Beklagten ohne einen Zusatz dahingehend, dass es sich um wiederaufbereitete (sogenannte „refurbished“) Geräte handelt.
Nach dem entsprechenden Kaufvertrag ist die Beklagte dementsprechend zur Lieferung eines Neugeräts gegen Kaufpreiszahlung verpflichtet.
b) Im Fall der Mangelhaftigkeit der Kaufsache kann der Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Dabei entspricht der Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Sache den ursprünglichen Erfüllungsanspruch. Im Fall des Gattungskaufs ist der Verkäufer verpflichtet, eine andere Sache derselben Gattung zu liefern, die den Ansprüchen an die Vertragsgemäßheit genügt (vgl. Westermann in: MüKo BGB, 8. Auflage, § 439 Rdnr. 14).
c) Weil es sich bei der Nacherfüllung um eine Entsprechung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs handelt, reicht beim Verkauf eines Neugeräts für die Nacherfüllung durch Lieferung einer mangelfreien Sache im Sinne des § 439 Abs. 1 BGB die Lieferung einer gebrauchten Sache nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn ein solches generalüberholtes Gebrauchtgerät voll funktionsfähig ist. Es kommt bei der Nacherfüllung gerade nicht nur darauf an, dass die nachgelieferte Sache keine Mängel im Sinne einer Funktionseinschränkung aufweist, sondern darauf, dass die nachgelieferte Sache der ursprünglich geschuldeten Sache vollständig im Sinne einer Gattungsschuld entspricht.
Dementsprechend gilt, dass die Beklagte weder bei der ursprünglichen Erfüllung des Kaufvertrags, noch bei der Nacherfüllung ein wiederaufbereitetes Gerät liefern darf, wenn sie ein Neugerät verkauft hat. Eine entsprechende Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie sie die Beklagte im vorliegenden Fall vorgenommen hat, widerspricht dem Grundgedanken des § 439 Abs. 1 BGB, weil durch die Klausel der Kaufgegenstand ausgetauscht wird. Es wird statt der ursprünglich geschuldeten Neuware ein Gebrauchtgerät geliefert. Ein gebrauchtes Gerät wird auch durch eine vom Hersteller vorgenommene Aufbereitung rechtlich betrachtet nicht zu einer neuen Sache.
d) Die streitgegenständliche Klausel weicht dadurch vom Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 439 Abs. 1 BGB erheblich ab. Mit der Klausel wird der ursprüngliche Anspruch des Verbrauchers auf Lieferung einer neuen Sache auf ein Gebrauchtgerät beschränkt und damit so eingeschränkt, dass die Erreichung des ursprünglichen Vertragszwecks in Form der Hauptleistungspflicht zur Lieferung einer neuen Sache gefährdet ist. Die Klausel ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB unwirksam, weil sie den Verbraucher unangemessen benachteiligt.
Eine solche Klausel, mit der der Vertragsgegenstand ausgetauscht wird, ist zudem überraschend und auch deswegen unwirksam. Der durchschnittliche Verbraucher muss mit einem solchen über die AGB bewirkten Austausch des vertraglich vereinbarten Leistungsgegenstandes nicht rechnen.
3. Auch hinsichtlich der Klausel 4.1.14 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten besteht ein Unterlassungsanspruch des Klägers. Die Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 4 BGB. Sie ist unwirksam.
a) Nach § 309 Nr. 4 BGB ist eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen.
b) Die streitgegenständliche Klausel regelt die Berechtigung der Beklagten, für den Fall, dass der Kunde nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ihm zur Nutzung überlasse Geräte nicht unverzüglich auf seine Kosten und seine Gefahr zurückgibt, für ein beschädigtes, funktionsuntüchtiges oder nicht zurückgegebenes Gerät eine jeweils mit dem Kunden vereinbarte Pauschale zu berechnen.
c) Zwar muss die Beklagte einen Kunden, der ihm überlassene Geräte nicht unverzüglich nach Vertragsende zurückgibt, nicht mahnen, damit Verzug eintritt. Die Überlassung der Geräte erfolgt ausweislich der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten im Wege der Leihe. Nach § 604 Abs. 1 BGB ist der Entleiher verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben. Die Geräte werden dem Kunden nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Vertragslaufzeit überlassen. Endet der Vertrag, besteht automatisch eine Rückgabepflicht, ohne dass es dazu einer Mahnung der Beklagten bedurfte.
Die Nichtrückgabe eines Geräts ist eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB. Die Mahnung ist gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich. Durch die Nichtrückgabe nach Vertragsende tritt daher Verzug ein.
d) Ein pauschalierter Schadensersatz für ein nicht zurückgegebenes Gerät stellt jedoch keinen Verzögerungsschaden, sondern Schadenersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB dar. § 281 Abs. 1 BGB verlangt neben den Voraussetzungen des § 280 die erfolglose Bestimmung einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung. Diese ist vorliegend auch nicht entbehrlich.
Nach der von der Beklagten verwendeten Klausel entsteht der Schadenersatzanspruch automatisch durch die Nichtrückgabe des Geräts oder die Rückgabe eines beschädigten Geräts nach Vertragsende. Eine Fristsetzung sieht die Klausel nicht vor.
Hinsichtlich der tatsächlich erfolgten Rückgabe eines beschädigten Gerätes mag dies deswegen unproblematisch sein, weil dann regelmäßig die Fristsetzung entbehrlich und die sofortige Geltendmachung des Schadenersatzanspruches gerechtfertigt sein dürfte. Das gilt jedoch keinesfalls im Fall der Nichtrückgabe eines Gerätes. In diesem Fall muss die Beklagte eine Nachfrist gemäß § 281 Abs. 1 BGB setzen. Eine entsprechende Pflicht sieht die streitgegenständliche Klausel nicht vor.
Die Nachfristsetzung ist auch nicht entbehrlich. In der bloßen Unterlassung der Rückgabe eines Geräts liegt noch keine ernsthaft und endgültige Leistungsverweigerung im Sinne des § 281 Abs. 2 BGB. Auch besondere Umstände, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen könnten, liegen in einer solchen Situation regelmäßig nicht vor. Es ist der Beklagten ohne Weiteres zumutbar, den Kunden auf die Pflicht zur Rückgabe hinzuweisen und ihm eine Frist zu setzen.
Die angegriffene Klausel sieht dies jedoch nicht vor, sondern bestimmt vielmehr die automatische Entstehung eines Schadensersatzanspruchs. Die Klausel verstößt damit gegen § 309 Nr. 4 BGB. Sie ist unwirksam.
e) Soweit die Beklagte eine von dem genannten Inhalt der Klausel abweichende Anwendungspraxis in der tatsächlichen Abwicklung von Verbraucherverträgen geltend machen möchte, verfängt dies nicht. Im Verbandsklageverfahren gilt ein abstrakter Prüfungsmaßstab.
4. Die angegriffenen Klauseln wurden von der Beklagten unstreitig verwendet. Eine Unterlassungserklärung gab sie nicht ab. Wiederholungsgefahr besteht damit.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 1 UKlaG besteht.
5. Der Kläger hat ferner Anspruch auf Erstattung der verlangten Abmahnkosten. Diese sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Die Klage erwies sich damit als vollumfänglich begründet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 308, 309 ZPO. Die Kammer hält eine Sicherheitsleistung von 10.000,00 € pro Klausel für angemessen.
Der Streitwert war gemäß § 3 ZPO festzusetzen. Streitgegenständlich waren vier Klauseln. Pro Klausel war ein Wert von EUR 2.500,00 anzusetzen (ständige obergerichtliche Rechtsprechung; vgl. zuletzt z.B. BGH, Beschluss vom 17.11.2020 – X ZR 3/19).


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