IT- und Medienrecht

Verjährungsbeginn bei Steuerberaterhaftung

Aktenzeichen  73 O 2524/14

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134512
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 199 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 675

 

Leitsatz

1 Für einen Anspruch auf Ersatz eines Steuerschadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, vorausseh- und zurechenbaren Nachteile aus ein und derselben Pflichtverletzung eines steuerlichen Beraters läuft eine einheitliche Verjährungsfrist, die mit der Entstehung des ersten Teilschadens in Gang gesetzt wird (ebenso BGH BeckRS 1997, 30005467). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Anspruch wegen Steuerberaterhaftung entsteht iSd § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wenn sich die Vermögenslage des Mandanten infolge der Pflichtverletzung des Beraters mit der Zustellung der belastenden Steuerbescheide objektiv verschlechtert hat; es muss aber nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3 Grob fahrlässige Unkenntnis iSd § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt bei der Steuerberaterhaftung in der Regel vor, wenn ein belastender Steuerbescheid dem Mandanten Anlass zur Prüfung gibt, ob der Steuernachteil auf einer Fehlberatung beruht. Das kann der Fall sein, wenn der Steuerberater dem Mandanten den Bescheid zusammen mit dem Entwurf eines Einspruchs übersendet (Abweichung zu BGH BeckRS 2018, 30604 Rn. 9). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 50.671,06 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht … gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, §§ 12, 13 ZPO sachlich und örtlich zuständig, weil der Beklagte seinen Wohnsitz in … und damit im Landgerichtsbezirk … hat und der Streitwert in der Hauptsache 50.671,06 € beträgt.
2. Mit der Klage werden verschiedene Ansprüche geltend gemacht, insbesondere wird auf verschiedene Pflichtverletzungen des Beklagten abgestellt (fehlerhafte Gründungsberatung, fehlerhafte Beratung in der Folgezeit). Die Voraussetzungen des § 260 ZPO sind insoweit erfüllt.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz seiner Steuernachteile und Aufwendungen in Höhe von 44.995,51 € aufgrund fehlerhafter Gestaltungsberatung im Oktober 2002 aus §§ 675, 611, 280 Abs. 1 BGB.
Der Kläger kann bereits keinen Vertragsschluss im Oktober 2002 und somit vor seiner Gewerbeanmeldung nachweisen, der ein umfassendes Mandatsverhältnis zum Gegenstand hat, in dessen Rahmen der Beklagte vom Kläger mit der steuerlichen Gestaltungsberatung beauftragt war.
Zwar kam es zwischen den Parteien zu dieser Zeit unstreitig zu einem Kontakt im Haus des Klägers. Streitig sind aber bereits die Länge und der Inhalt des Gesprächs. Dem beweisbelasteten Kläger ist es nicht gelungen, eine Mandatierung des Beklagten mit einer umfassenden steuerlichen Beratung im Vorfeld der von ihm geplanten Unternehmensgründung/Gewerbeanmeldung nachzuweisen. Insebsondere ist der Nachweis nicht gelungen, dass in dem Gespräch Ende 2002 thematisiert wurde, dass er sicher noch im Jahr 2002 eine gewerbliche Tätigkeit in Form von Vermietung von Landmaschinen und Fahrdiensten aufnehmen wird und den Beklagten damit beauftragt hat, ihn wirtschaftlich und steuerlich hierbei umfassend zu unterstützen. Das Vorbringen des Klägers wurde durch den Beklagten dezidiert bestritten. Der Beklagte schilderte die aus seiner Sicht „skurille“ Begegnung mit dem Kläger in weiten Teilen vollkommen anders. Aus Sicht des Beklagten ist hier keinerlei steuerliche Beratung erfolgt. Es habe lediglich ein Gespräch im Haus des Klägers gegeben, der ihn über einen gemeinsamen Bekannten, den …, um dieses Gespräch gebeten habe. Das nur wenige Minuten andauernde Gespräch sei dann vom Kläger abgebrochen worden und der Beklagte aus dem klägerischen Haus verabschiedet worden.
Zeugen für den eigentlichen Ablauf und den Inhalt des Gespräches gibt es nicht.
Die … gab an, lediglich bei der Anbahnung des Kontaktes involviert gewesen zu sein. Beim hier relevanten Gespräch, von dem der Kläger behauptet, es habe eine umfassende Beratung zur Unternehmensgründung stattgefunden, war die Zeugin nicht anwesend. Die Zeugin gab an, auch aus anderen Quellen nichts zum Inhalt von Gesprächen zwischen den Parteien sagen zu können. Auch die klägerische Behauptung, dass der Kläger ihr gegenüber erzählt habe, der Beklagte habe geäußert, dass „die vom Finanzamt keine Ahnung hätten“, konnte von der Zeugin nicht bestätigt werden. Im Übrigen konnte die … nur Vermutungen ihrerseits schildern, dass die Einlegung der Einsprüche gegen die Steuerbescheide auf Initiative des Beklagten erfolgt wären.
Der …, der als Steuerfachwirt in der Kanzlei des Beklagten die Verfahren des Klägers bearbeitete gab an, dass der Beklagte erst zu einem Zeitpunkt den Beklagten mandatiert habe, als sein Gewerbe bereits gegründet gewesen sei. Es sei lediglich darum gegangen, die Steuererklärungen zu erstellen. Auffällig sei gewesen, dass auch der Betriebseröffnungsbogen nicht von der Kanzlei des Beklagten ausgefüllt worden sei. Dieser sei vielmehr handschriftlich ausgefüllt gewesen. Bei Unternehmensgründungen, die von der Kanzlei des Beklagten begleitet worden seien, sei dagegen dieser Betriebseröffnungsbogen immer auch von der Kanzlei ausgefüllt worden. Auch dies spreche dafür, dass eine Mandatierung des Beklagten erst nach erfolgter Unternehmensgründung erfolgt sei. Es sei auch keinesfalls so gewesen, dass man die gewählte steuerliche Gestaltung als sicher angesehen habe. Vielmehr sei auch mit dem Kläger besprochen worden, dass von diesem Einkünfte aus seinen Fahrdienstleistungen erzielt werden müssten. Er selber habe diesbezüglich mehrmals mit dem Kläger telefoniert.
Der … gab an, dass er den Kontakt zwischen den Parteien vermittelt habe. Es habe danach ein Gespräch über eine Art Gründungsberatung gegeben, das im Haus Klägers stattgefunden habe. Er selber habe die heutigen Streitparteien gegenseitig vorgestellt. Man habe dort im Wohnhaus gemeinsam an einem Tisch gesessen. Gegenstand des Treffens sei die Gründung des Betriebs durch de Kläger gewesen. Nach der Vorstellung habe der Kläger Fragen gestellt, bei denen es um Investitionen, insbesondere die Frage der Anschaffung eines Traktors und zweier anderer Maschinen gegangen sei. Auch sei es um die Frage der Vermietung von Maschinen und die Erbringung von Fahrleistung gegangen. Konkrete Angaben zum Inhalt des Gesprächs konnte der … nicht machen. Vielmehr gab er an, dem Gespräch nur zu Beginn für 5, allenfalls 10, Minuten beigewohnt zu haben und dieses dann verlassen zu haben. Daneben gab der Zeuge an, selber den Kläger nicht steuerlich beraten zu haben. Er habe lediglich die Gewerbeanmeldung und das Formular zur Betriebseröffnung des Finanzamts (Fragebogen zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit) für den Kläger ausgefüllt. Er habe den Kläger zufällig bei der … getroffen. Dieser habe ihn gebeten, die Formulare für ihn auszufüllen, was er dann auch getan habe. Es sei dabei allerdings um keinerlei steuerberatende Tätigkeit gegangen.
Das Gericht vermag sich alleine aus dem Vorbringen der Parteien kein klares Bild darüber zu verschaffen, was tatsächlich zwischen den Parteien besprochen worden ist und wie das geschilderte Gespräch abgelaufen ist. Die beiden Schilderungen sind nicht miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Auch kann das Gericht keine differenzierte Einschätzung vornehmen, nach der eine der Parteien einen glaubwürdigeren Eindruck auf das Gericht gemacht hat, als die andere Partei. Auffällig ist aber, dass es keinerlei Vollmacht oder Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Kläger aus dieser Zeit gibt. Das erscheint zumindest sehr ungewöhnlich, wenn hier eine umfassende Beratung über eine angedachte Unternehmensgründung erfolgt sein soll. Auch erscheint es dem Gericht nicht alltäglich, dass über eine derartige vom Kläger behauptete umfassende Gestaltungsberatung durch den Beklagten keine Rechnung gestellt wurde. Diese Punkte sprechen klar für die vom Beklagten behauptete Version des Geschehens. Deutlich gegen die vom Kläger behauptete Version der Geschehensabläufe spricht hier auch, dass die am 19.12.2002 tatsächlich stattgefundene Gewerbeanmeldung und die Gewerbeanzeige gegenüber dem Finanzamt vom 18.03.2003 nicht von dem Beklagten ausgefüllt wurden, sondern seitens des …. Dies obwohl der Kläger vorträgt, dass zu der betreffenden Zeit bereits ein umfassendes Mandat zugunsten des Beklagten vorgelegen habe. Dieser außergewöhnliche Umstand konnte weder vom Kläger noch vom … für das Gericht überzeugend erklärt werden. Die Schilderung des Klägers …, dass er sich vom … nur beim Ausfüllen der Formulare habe helfen lassen, macht schlicht keinen Sinn, wenn eine umfassende Mandatierung des Beklagten (als Steuerberater), wie ja vom Kläger behauptet, vorgelegen haben soll.
Dies spricht vielmehr eindeutig für die Schilderung des Beklagten, dass es im Jahr 2002 nur ein – aus seiner Sicht merkwürdiges – Gespräch mit dem Kläger gegeben habe und eine Mandatierung erst im Jahr 2003 im Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärungen erfolgt sei. Das Gericht übersieht dabei nicht, dass der … zumindest bestätigen konnte, dass es ein Gespräch in einer Art Bibliothekszimmer gegeben habe, an dem der … anfangs teilgenommen habe. Dies spricht für die vom Kläger geschilderte Version des Geschehens. Ein solches (möglicherweise zweites Gespräch) war dem Beklagten in seiner Anhörung nicht erinnerlich. Allerdings konnte keiner der Zeugen den hier relevanten Kern des klägerischen Vortrags bestätigen, dass es nämlich eine umfassende Mandatierung des Beklagten mit einer steuerberaterlichen Beratung zur Unternehmensgründung gegeben habe. Selbst die Schilderung des Zeugen Rudloff, dass zu Beginn des Gesprächs der Kläger Fragen an den Beklagten zu geplanten Investitionen gestellt habe, stellt noch keinesfalls eine Beratung für eine Unternehmensgründung dar. Ein für das Gericht ganz wesentlicher Punkt, an dieser Behauptung zu zweifeln ist der Umstand, dass dann trotz dieser Mandatierung des Beklagten die notwendigen Formulare nicht durch dessen Kanzlei, sondern durch den … ausgefüllt wurden.
Nach alledem ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass zwischen den Parteien bereits im Jahr 2002 ein Vertragsverhältnis mit dem Inhalt einer steuerrechtlichen Beratung durch den Beklagten bestand, weswegen Ansprüche auf Grund der Verletzung von Pflichten aus einem solchen Vertragsverhältnis ausscheiden.
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz seiner Kosten für die Trennung der Buchführung und Überschussberechnungen 2003-2009 in Elektrohandel und Landmaschinenvermietung in Höhe von 1.600 € und der Kosten für die Einspruchsverfahren 2004-2009 in Höhe von 2.620,30 € aus §§ 675, 611, 281, 280 Abs. 1 BGB.
a. Zwar lag seit Mitte des Jahres 2003 unstreitig zwischen den Parteien ein steuerrechtliches Beratungsverhältnis vor. Hinsichtlich der Kosten, die dem Kläger bei einer Beendigung der Einspruchsverfahren bzw. für die Trennung der Buchführung und Überschussberechnungen durch den Beklagten ohnehin entstanden wären, liegt aber bereits kein Schaden vor.
b. Ein Anspruch auf eventuelle Mehrkosten, die dem Kläger durch die Nichtleistung des Beklagten entstanden sind, scheitert jedenfalls daran, dass der Kläger dem Beklagten keine Frist zur Leistungserbringung gesetzt hat und diese auch nicht entbehrlich war. Der Beklagte hat keine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung geäußert, zumindest wurde dies vom Kläger nicht nachgewiesen. Es liegen auch keine sonstigen besonderen Umstände vor, die eine Fristsetzung entbehrlich gemacht hätten. Die bloße Untätigkeit des Schuldners, auch über einen sehr großen Zeitraum hinweg, reicht nicht aus. Auch die für diese Zeit anfallenden Aussetzungszinsen können keine besonderen Umstände darstellen, die eine Fristsetzung entbehrlich machen.
5. Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Ersatz seiner Kosten für die Trennung der Buchführung und Überschussberechnungen 2003-2009 in Elektrohandel und Landmaschinenvermietung in Höhe von 1.600 € aus §§ 675, 611, 280 Abs. 1 BGB, weil der Beklagte das Gewerbe nicht von Anfang an trennen musste. Die Tätigkeit Elektrohandel wurde durch die Gewerbeummeldung lediglich ergänzt, sodass sich die gesamten Tätigkeiten für den Beklagten (zumindest nach der vom Kläger begehrten steuerlichen Gestaltung) als einheitlicher Gewerbebetrieb dargestellt haben. Der Kläger kann hier auch keine anderweitige Verpflichtung des Beklagten nachweisen. Eine solche kann sich insbesondere nicht aus dem Hinweis des Finanzamtes vom 04.03.2013 ergeben, sondern lediglich aus einer entsprechenden Weisung seitens des Klägers.
6. Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der Einkommenssteuer-Zinsen in Höhe von 700 € besteht nicht. Die Höhe des Geldbetrages wurde nicht substantiiert vorgetragen. Das Schreiben des … vom 29.04.2014 enthält hierzu lediglich eine ca.-Angabe, weil genaue Angaben zu den Zinsen erst nach Bescheidbekanntgabe möglich sind.
7. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch aus §§ 675, 611, 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz der geltend gemachten Steuernachteile und Aufwendungen gegen den Beklagten zu, weil dieser den Kläger im Rahmen seines Vertragsverhältnisses ab Mitte 2003 nicht pflichtgemäß auf die Gefahr der Nichtverrechenbarkeit seiner Verluste mit anderen Einkünften hingewiesen hat und der Kläger deshalb seine streitgegenständliche Tätigkeit fortgeführt hat.
a. Die hieraus in Betracht kommenden Ansprüche wären jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt. Dabei läuft für einen Anspruch auf Ersatz eines Steuerschadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, vorausseh- und zurechenbaren Nachteile aus ein und derselben Pflichtverletzung eines steuerlichen Beraters eine einheitliche Verjährungsfrist, die mit der Entstehung des ersten Teilschadens in Gang gesetzt wird (BGH, 18.12.1997 – IX ZR 180/96).
Mögliche Regressansprüche wären mit der Zustellung der belastenden Steuerbescheide im Jahr 2009 nach § 199 I Nr. 1 BGB entstanden. Denn die Ansprüche des Mandanten aus dem Steuerberatervertrag verjähren seit dem 15.12.2004 nach den §§ 194 ff. BGB, wobei die zu dem aufgehobenen § 68 StBerG entwickelten Rechtsgrundsätze dazu, wann der Anspruch entstanden ist, weiterhin anzuwenden sind. Danach entsteht der Anspruch, wenn sich die Vermögenslage des Mandanten infolge der Pflichtverletzung des Beraters mit der Zustellung der belastenden Steuerbescheide objektiv verschlechtert hat. Es muss aber nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt. (vgl. Fischer in Beck-OK BGB § 675 Rn. 41)
b. Weiter hätte die Verjährungsfrist spätestens am Ende des Jahres 2009 zu laufen begonnen, weil auch die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu diesem Zeitpunkt schon vorgelegen hätten.
Nach neuem Verjährungsrecht ist jedenfalls die Grundlage für einen Sekundäranspruch gegen den Berater mit der Einfügung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB entfallen. (vgl. Fischer in Beck-OK BGB § 675 Rn. 41).
Der Kläger hat sich spätestens seit 2009 zumindest grob fahrlässig in Unkenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände seines Schadensersatzanspruchs befunden. Allein die Einlegung der Einsprüche kann hier jedenfalls keine Auswirkungen auf den Beginn der Verjährungsfrist haben. Bereits für die Kenntnis nach § 199 I Nr. 2 BGB ist es ausreichend, dass der Gläubiger den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (Rothe in MüKo BGB, § 199 Rn. 28). Aufgrund der belastenden Steuerbescheide aus dem Jahr 2009 bzw. des Schreibens des Finanzamtes vom 07.08.2009 wusste der Kläger, dass das Finanzamt die Voraussetzungen für die Verlustverrechenbarkeit als nicht erfüllt ansieht. Hierauf machte der Beklagte den Kläger auch aufmerksam, indem er ihm die belastenden Steuerbescheide übersandte und einen entsprechenden Einspruch mit beigefügt hat. Der bekanntgegebene belastende Steuerbescheid gibt dem Mandanten aber in der Regel Anlass zur Prüfung, ob der Steuernachteil auf einer Fehlberatung seines Steuerberaters beruht. Von diesem Zeitpunkt an ist dem Auftraggeber zuzumuten, einen Ersatzanspruch gegen den Steuerberater im Wege der Klage geltend zu machen (BGH NJW 1998, 1488, 1489). Das Gericht berücksichtigt hier auch, dass der Beklagte den Kläger gerade als Hilfe für die steuerrechtlichen Fragen beauftragt hat. Eine andere Bewertung kann sich auch nicht aus dem vom Kläger behaupteten Umstand ergeben, der Beklagte habe ihn zur Einlegung der Einsprüche gedrängt und die Rechtsauffassung des Finanzamt für irrig erklärt. Denn insbesondere auf den Hinweis des Finanzamts vom 07.08.2009 hin, wonach dieses auch nach Einlegung der Einsprüche und nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht von den getroffenen Feststellungen abweichen wollte und eine Rücknahme derselben nahelegte, musste der Kläger Nachforschungen dahingehend anstellen, ob er diesbezüglich richtig beraten wurde. Jedenfalls kann er sich nicht darauf berufen, dass er über mehrere Jahre nach Zugang der belastenden Steuerbescheide und ohne weitere Entwicklungen in der Sache ohne grobe Fahrlässigkeit davon ausging, dass das Gewerbe steuerrechtlich ohne Nachteile für ihn war.
8. Auch ein möglicher Anspruch des Klägers aus §§ 675, 611, 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz der Kosten für die Einspruchsverfahren und die dafür angefallenen Aussetzungszinsen in Höhe von 755,25 € wäre jedenfalls verjährt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
III.
Die Höhe des festgesetzen Streitwertes ergibt sich aus den vom Kläger begehrten bezifferten Ansprüchen.


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