IT- und Medienrecht

VIII ZR 118/20

Aktenzeichen  VIII ZR 118/20

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:210721UVIIIZR118.20.0
Normen:
§ 439 BGB
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

Zum Inhalt und zur Reichweite einer Beschaffungspflicht des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf im Nacherfüllungsfall bei Einstellung der Produktion der ursprünglichen Kaufsache und Markteinführung eines Nachfolgemodells (hier: Neufahrzeug) – im Anschluss an Senatsurteil vom 21. Juli 2021 – VIII ZR 254/20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Köln, 27. März 2020, Az: 6 U 24/19vorgehend LG Aachen, 17. Januar 2019, Az: 11 O 429/17

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. März 2020 wird als unzulässig verworfen.
Auf die Revision der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten erkannt wurde. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 17. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 29. April/15. Mai 2009 von der Beklagten, einer Volkswagen-Vertragshändlerin, einen Neuwagen VW Golf VI Trendline 2.0 l TDI (81 kW) zu einem Preis von 17.181,03 €. Dieses Fahrzeug ist mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor des Typs EA 189 (Abgasnorm Euro 5) ausgestattet, dessen Motorsteuerungssoftware den Prüfstandlauf erkennt und in diesem Fall über eine entsprechende Programmierung den Ausstoß an Stickoxiden (NOx-Werte) verringert, indem sie in den “Modus 1” schaltet, bei dem eine höhere Abgasrückführung als bei dem im normalen Fahrbetrieb aktivierten “Modus 0” stattfindet. Das Kraftfahrtbundesamt beanstandete die Software als unzulässige Abschalteinrichtung.
2
Nachdem die Verwendung entsprechender Vorrichtungen bei Dieselmotoren des Typs EA 189 im Rahmen des sogenannten Dieselskandals öffentlich bekannt geworden war, rügte der Kläger gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 31. Juli 2017 die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs und forderte sie unter Fristsetzung bis zum 11. September 2017 zur Nachlieferung eines mangelfreien und vertragsgemäßen Neuwagens auf. Die Beklagte lehnte dieses Begehren mit Schreiben vom 14. August 2017 ab und wies erneut auf ein – dem Kläger bereits im Dezember 2016 erfolglos angebotenes – vom Fahrzeughersteller entwickeltes und vom Kraftfahrtbundesamt freigegebenes Software-Update hin, nach dessen Aufspielen die Motorsteuerungssoftware dauerhaft in einem adaptierten “Modus 1” betrieben wird. Zudem verzichtete sie bis zum 31. Dezember 2017 auf die Erhebung der Verjährungseinrede im Hinblick auf etwaige Ansprüche, die im Zusammenhang mit der in Fahrzeugen mit dem Motortyp EA 189 eingebauten Software bestünden, auch soweit diese bereits verjährt seien. Der Kläger ließ das Software-Update [bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz] nicht durchführen.
3
Der Hersteller stellte die Produktion des vom Kläger erworbenen Fahrzeugmodells der 6. Generation im Juni 2009 ein. Das Nachfolgemodell der 7. Generation unterscheidet sich vor allem in Bezug auf den Motortyp (EA 288), die Schadstoffklasse (Euro 6), die Motorleistung, die Höchstgeschwindigkeit, den Durchschnittsverbrauch und den Einbau eines SCR-Katalysators von seinem Vorgänger.
4
Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt die Nachlieferung eines mangelfreien, fabrikneuen Fahrzeugs VW Golf Trendline aus der aktuellen Produktion begehrt, welches bestimmte – im Klageantrag im Einzelnen aufgelistete – technische Mindestvoraussetzungen erfüllen müsse, Zug um Zug gegen Rückübereignung des ausgelieferten Fahrzeugs, überdies die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme des ursprünglich gelieferten Fahrzeugs sowie die Freistellung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß zur Nachlieferung verurteilt, den Annahmeverzug der Beklagten mit der Rücknahme des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs festgestellt sowie die Beklagte zur Freistellung des Klägers von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten – allerdings nicht in der vom Kläger begehrten Höhe – verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger hat ebenfalls Revision eingelegt, mit der er die Freistellung von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstrebt.


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