IT- und Medienrecht

Voraussetzungen für den Erlass eines sog. “Hängebeschlusses”

Aktenzeichen  AN 11 S 17.00378

Datum:
13.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80, § 80a, § 123

 

Leitsatz

1 Nur in Ausnahmefällen, in denen der effektive Rechtsschutz eine vollständige Rechtsprüfung im Sinne der Erfolgsaussichten der Hauptsache und die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Gegenseite nicht mehr adäquat erlaubt, kann ein Hängebeschluss geboten sein. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist Voraussetzung für den Erlass dieses in der VwGO nicht explizit geregelten Beschlusses das Vorliegen schwerer und unabwendbarer Nachteile für den Antragsteller durch „irreparable Maßnahmen“ (Verweis auf BVerfG BeckRS 2013, 57255). (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist nicht ersichtlich, dass durch die bloße Errichtung zweier Windkraftanlagen schwere, unabwendbare und irreparable Nachteile entstehen können, die zumal eine Beschlussfassung ohne Gewährung rechtlichen Gehörs für die Gegenseite erfordern könnten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird im Sinne einer Zwischenentscheidung bzw. eines Hängebeschlusses abgelehnt.

Gründe

Der mit Schriftsatz vom 28. Februar 2017 eingegangene Antrag auf Erlass eines sog. Hängebeschlusses bzw. einer Zwischenverfügung wird abgelehnt, da die Voraussetzungen für den Erlass nicht vorliegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist Voraussetzung für den Erlass dieses in der VwGO nicht explizit geregelten Beschlusses das Vorliegen schwerer und unabwendbarer Nachteile für den Antragsteller durch „irreparable Maßnahmen“ (BVerfG v. 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13 – Rn 7 = NVwZ 2014, 363). Hierdurch ist klargestellt, dass der Gesetzgeber nach der gesetzlichen Konstruktion der VwGO den mit § 123 VwGO und §§ 80, 80a VwGO gewährten Eilrechtsschutz grundsätzlich als ausreichend erachtet. Nur in Ausnahmefällen, in denen der effektive Rechtsschutz eine vollständige Rechtsprüfung im Sinne der Erfolgsaussichten der Hauptsache und die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Gegenseite nicht mehr adäquat erlaubt, kann ein solcher Hängebeschluss geboten sein.
Die Antragstellerseite begehrt hier im Sinne eines Hängebeschlusses, der Beigeladenen die vorläufige Untersagung der Arbeiten zur Errichtung der zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagen aufzugeben. Nach der von der Antragstellerseite behaupteten Sachverhaltsdarstellung hat die Beigeladene aufgrund der Anordnung des Sofortvollzugs des Genehmigungsbescheids durch den Antragsgegner hier mit der Errichtung von zwei Windkraftanlagen begonnen. Durch die bloße Errichtung von zwei Windkraftanlagen – so sie denn tatsächlich im Augenblick stattfindet – drohen den Antragstellern allerdings keinerlei schwere und unabwendbare Nachteile durch eine irreparable Maßnahme. Die Antragstellerseite verkennt, dass die von ihr befürchteten Gesundheitsgefahren überhaupt erst durch den Betrieb der zwei Windkraftanlagen entstehen könnten. Inwiefern die bloße Errichtung der Windkraftanlagen schwere und unabwendbare Nachteile für die Antragstellerseite hervorrufen könnten, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch ist für das Gericht nicht ersichtlich, warum nicht wenigstens so viel Zeit verbleiben sollte, das Verfahren des Eilrechtsschutzes – gegebenenfalls auch im Rahmen einer zügig anberaumten mündlichen Verhandlung mit Entscheidung über die Hauptsache – abzuschließen. Diesbezüglich ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass ein Beschluss im Regelfall – und so auch hier – so eilig ergehen muss, dass eventuell dem Antragsgegner und der Beigeladenen das rechtliche Gehör versagt werden würde. Sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene haben jedoch einen verfassungsrechtlichen Anspruch hierauf. Vorliegend erscheint es daher der Antragstellerseite wenigstens zumutbar, den Ausgang des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes abzuwarten.
Eine Kostenentscheidung und eine Streitwertentscheidung bleiben der endgültigen Entscheidung über den einstweiligen Rechtsschutz vorbehalten.


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