IT- und Medienrecht

Vormerkung für eine öffentlich geförderte Wohnung, Dringlichkeitsfestsetzung, Wohnungssuchende in Studium oder Ausbildung, Aktuelle Wohnsituation nicht nachgewiesen.

Aktenzeichen  M 12 K 20.6879

Datum:
3.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 39928
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Art. 5 BayWoBindG.

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten dem zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids vorgenommene Dringlichkeitsfestsetzung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Insbesondere hat die Klägerin keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Dringlichkeit.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist Art. 5 BayWoBindG. Die Landeshauptstadt München gehört zu den Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf. Die Beklagte hat als zuständige Stelle in Bezug auf Sozialwohnungen nach Art. 5 Satz 2 BayWoBindG gegenüber den Verfügungsberechtigten ein Benennungsrecht. Dieses Benennungsrecht ermächtigt die zuständige Behörde aus Gründen der Praktikabilität auch, vor der eigentlichen Benennung eine rechtlich verbindliche Vorentscheidung über die Voraussetzungen der Wohnberechtigung und über den Grad der sozialen Dringlichkeit zu treffen. Diese Vorentscheidung erfolgt durch Aufnahme in eine nach Dringlichkeitsstufen und Punkten differenzierende Vormerkkartei, wobei es sich um einen im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakt handelt (BayVGH vom 23.9.1987, DWW 1988, 55).
Zur gleichmäßigen Ermessensausübung hat die Beklagte eine Punktetabelle erstellt. Es handelt sich dabei um eine ermessensbindende interne Richtlinie, deren konsequente Anwendung dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht und die regelmäßig zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt. Diese Punktetabelle ist ein geeignetes Mittel, um die Bewertung der sozialen Dringlichkeit transparent zu machen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen (BayVGH vom 14.4.1999 – 24 S 99.110).
Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin keinen Anspruch auf Festsetzung einer höher als die bereits festgesetzten, 30 Gesamtpunkten betragenden Dringlichkeit.
1. Ein derartiger Anspruch ergibt sich zum einen nicht unter Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Denn die Beklagte hat die Dringlichkeit vorliegend, insbesondere auch im Rahmen der von Klägerseite gerügten Bemessung der Grundpunkte, entsprechend der aktuell geltenden, seitens der Beklagten strukturell angewandten Dienstanweisungen bewertet.
a) Gemäß Ziff. 4 der Punktetabelle ist die Dringlichkeit von Wohnungsanträgen mit 10 Grundpunkten zu bewerten, soweit die aktuelle Wohnsituation nicht oder nicht ausreichend durch entsprechende Unterlagen nachgewiesen ist. Aufgrund der in Ziffer 2 der Punktetabelle geregelten Grundpunktebegrenzung bleibt der Grundpunktestand in diesem Fall auch dann auf die Zahl 10 begrenzt, wenn Gründe vorliegen, die für sich genommen eine höhere Zahl an Grundpunkten generieren würden.
Die Klägerin ist ausweislich einer durch das Gericht am 2. Dezember 2021 durchgeführten Meldeabfrage seit dem 1. Juni 2021 nicht mehr in der S H1. Straße in M., sondern im G …-Ring in München gemeldet. Der bisherige Vortrag inklusive der vorgelegten Unterlagen, sowohl im Verwaltungsverfahren vor der Beklagten, wie auch im gerichtlichen Verfahren, beschränkt sich jedoch ausschließlich auf die Wohnsituation in der S H1. Straße in M. Hinsichtlich der neuen Wohnsituation wurde von Klägerseite nichts mehr vorgetragen, so dass die Dringlichkeit des Wohnungsantrages zum Zeitpunkt dieser Entscheidung mit 10 Grundpunkten (aktuelle Wohnsituation nicht nachgewiesen) sowie 20 Vorrangpunkten (aufgrund der Schwerbehinderung der Klägerin) zu bemessen ist.
a) Die Beklagte hat zudem entsprechend Ziffer 3 der Punktetabelle der Klägerin zusätzlich 20 Vorrangpunkte aufgrund ihrer Schwerbehinderung zuerkannt.
2. Des Weiteren führt die – grundsätzlich als ermessensgerecht zu bewertende (s.o.) – Anwendung der Punktetabelle sowie der diese flankierenden Dienstanweisungen im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise zu einer den Zielen der gesetzlichen Ermessenseinräumung widersprechenden bzw. die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitenden Bewertung der Dringlichkeit (§ 114 Satz 1 VwGO) und damit einhergehend zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung der Klägerin im Rangverhältnis zu den übrigen Antragstellern. Die Klägerin hat daher auch vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf zumindest erneute, ermessensfehlerfreie Festsetzung ihrer Dringlichkeit unter angemessener Berücksichtigung der besonderen Umstände ihres Falles unter Abweichung von den Vorgaben der Punktetabelle (§ 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 Satz 1 VwGO), geschweige denn auf Festsetzung eines bestimmten Punktebetrages infolge Ermessensreduktion auf Null (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
In diesem Zusammenhang war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Schwerbehinderung der Klägerin – wie gesetzlich gefordert – durch Zuerkennung entsprechender Vorrangpunkte bereits auf Basis der Punktetabelle berücksichtigt hat, zudem die Klägerseite nichts bezüglich ihrer neuen Wohnsituation mehr vorgetragen hat.
III. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben