IT- und Medienrecht

VW Abgasskandal: Kein Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer mangels Vertretenmüssens

Aktenzeichen  21 O 1561/17

Datum:
5.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 46475
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 278, § 280, § 437 Nr. 3

 

Leitsatz

Ein Käufer eines Fahrzeugs mit manipulierter Abgassoftware hat gegen den Verkäufer keinen Schadensersatzanspruch gem. § 437 Nr. 3 BGB, § 280 Abs. 1 BGB, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verkäufer von der manipulierten Software Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.
Die Klage erwies sich als zulässig. Ein Feststellungsinteresse wurde seitens der Klägerin hinreichend substantiiert mit dem Vortrag behauptet, dass trotz des Aufspielens der Software nach wie vor mit Einschränkungen beim Betrieb des Fahrzeuges und gegebenenfalls Folgeschäden zu rechnen sei.
B.
In der Sache selbst erwies sich die Klage jedoch als unbegründet. Schadensersatzansprüche, deren Feststellung die Klägerin begehrt, setzen gemäß §§ 437 Nr. 3 BGB, 280 Abs. 1 BGB ein Vertretenmüssen des Schuldners, mithin der Beklagten voraus, wobei die Beklagte die Beweislast für ein Nichtvertretenmüssen zu tragen hat. Dafür, dass die Beklagte selbst davon Kenntnis gehabt hätte oder haben hätte müssen, dass das Fahrzeug über eine Abschalteinrichtung verfügt, hat selbst die Klägerin nichts vorgetragen. Im Übrigen läge diese Annahme auch für den Zeitpunkt des Kaufs des Fahrzeugs im Jahre 2013 fern. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Schadensersatzansprüche dann bestehen könnten, wenn sich die Beklagte ein Verschulden des Herstellers zurechnen lassen müsste. Dies ist nur unter den Voraussetzungen des § 278 BGB der Fall. Die Herstellerin des Fahrzeugs (VW AG) ist jedoch keine Erfüllungsgehilfin der Beklagten. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird (vgl. Beispielsweise BGHZ 62, Seite 124 ff.). Dabei ist auf den Pflichtkreis des Schuldners, vorliegend mithin der Beklagten, abzustellen. Bei einem Kaufvertrag ist der Hersteller im Verhältnis zum Käufer nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, denn dessen Pflichten decken sich nicht mit denjenigen, die sich aus der Herstellung der Sache ergeben (BGH NJW 2008, Seite 2837). Insoweit ist auch auf die weitere ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs etwa NJW 2009, Seite 2674 ff. sowie NJW 2014, Seite 2183 ff. zu verweisen. Die Klage erwies sich deshalb bereits als unbegründet, ohne dass es weiterer Ausführungen dazu bedurfte, ob das Software-Update erfolgsversprechend ist oder nicht.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO.
D.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 Abs. 1 ZPO.


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