Kosten- und Gebührenrecht

Abänderung der Streitwertfestsetzung  von selbständigen Beweisverfahren

Aktenzeichen  4 W 36/18

Datum:
28.6.2018
Fundstelle:
BauR – 2019, 298
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 61

 

Leitsatz

Verfahrensgang

14 OH 2031/14 2018-01-24 Bes LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 24.01.2018, Az. 14 OH 2031/14, abgeändert:
Der Wert des Beweisverfahrens wird auf 334.258,00 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Beschwerdeführerin begehrt die Abänderung des vom Landgericht Würzburg auf 667.750,00 Euro festgesetzten Streitwerts des selbständigen Beweisverfahrens 14 OH 2031/14.
Die Antragstellerin hat in ihrer Antragsschrift vom 28.10.2014 101 Mängel aufgeführt und um Überprüfung gebeten, ob die genannten Mängel vorliegen, auf welcher Ursache sie beruhen und welche Kosten durch die jeweilige fachgerechte Mangelbeseitigung voraussichtlich entstehen. Den Streitwert hat die Antragstellerin vorläufig mit 50.000,- Euro beziffert.
Mit Schriftsatz vom 24.10.2016 legte die Antragsgegnerin zu 1) eine Aufstellung über die Kosten vor, die sich bei Bestätigung sämtlicher Mängel für die Beseitigung der Mängel ergeben würden. Sie beantragte entsprechend dieser Aufstellung, den Gegenstandswert auf 667.750,00 Euro festzusetzen.
Der gerichtliche Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Vielzahl der bezeichneten Mängel nicht bestehen. Soweit Mängel vorliegen, hat er die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten mit 32.828,00 Euro beziffert (22.200,- Euro gemäß Gutachten vom 30.11.2015 zuzüglich 10.628,00 Euro gemäß Ergänzungsgutachten vom 20.5.2017).
Das Landgericht Würzburg hat gemäß Beschluss vom 24.01.2018 den Streitwert auf 667.750,00 Euro festgesetzt.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragstellerin die Festsetzung des Werts auf 32.828,00 Euro, hilfsweise auf 50.000,- Euro gemäß der Angabe in der Antragsschrift. Sie ist der Auffassung, dass der Betrag der vom Sachverständigen festgestellten Mängelbeseitigungskosten maßgeblich sei. Jedenfalls könne kein höherer Wert festgesetzt werden als vom Antragsteller in 4 W 36/18 – Seite 3 der Antragsschrift angegeben werde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung vom 10.04.2018 sowie dem Schriftsatz vom 30.05.2018 Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin verteidigt die Festsetzung des Landgerichts (vgl. Beschwerdeerwiderung vom 24.04.2018 sowie Schriftsatz vom 20.06.2018).
II.
Die gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Die Grundsätze der Wertfestsetzung im Beweisverfahren sind in der Rechtsprechung weitestgehend geklärt:
a) Der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung gemäß § 61 GKG geschätzte Wert ist für die Streitwertbemessung nicht bindend. Vielmehr hat das Gericht nach Einholung des Gutachtens den sich hieraus ergebenden „richtigen“ Hauptsachewert bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragsstellers festzusetzen (BGH, Beschluss vom 16.9.2004, III ZB 33/04, Rn. 18). Ergibt sich daher im Laufe eines Verfahrens, dass der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert nicht zutrifft, sind die Feststellungen des Sachverständigen für die Wertfestsetzung maßgebend (BGH, Beschluss vom 20.4.2005, XII ZR 92/02, Rn. 9).
b) Bestätigen sich im Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel, so sind die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen, die sich ergeben hätten, wenn die behaupteten Mängel festgestellt worden wären (BGH, Beschluss vom 16.09.2004, III ZB 33/04, Rn. 18; OLG Celle, Beschluss vom 5.3.2008, 14 W 6/08, Rn. 7; OLG Koblenz, Beschluss vom 21.12.2010, 5 W 740/10, Rn. 2, 3).
Ergeben sich keine neuen Kenntnisse zu den diesbezüglichen Mängelbeseitigungskosten, bleibt es bei der Einschätzung des Wertes nach den Angaben des Antragstellers (BGH a.a.O.). Liegen zu bestimmten Mängelpositionen keine Angaben der Antragstellerseite vor, jedoch Angaben des Antragsgegners, denen der Antragsteller nicht entgegengetreten ist, so sind die Wertangaben des Antragsgegners heranzuziehen (OLG Bamberg, Beschluss vom 21.5.1999, 5 W 65/99, Rn. 1).
c) Die Einholung eines Ergänzungsgutachtens zur Bestimmung des Streitwerts ist nicht angezeigt (OLG Celle, a.a.O., Rn. 9; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.11.2006, 2 W 62/06, Rn. 8).
2. Hieraus ergeben sich für den vorliegenden Fall folgende Konsequenzen, wobei der Senat seiner Berechnung die von der Antragstellerseite vorgelegte Anlage ASt 10 zu Grunde gelegt hat:
Soweit der Sachverständige die behaupteten Mängel bestätigt hat, sind die von ihm geschätzten Mangelbeseitigungskosten zugrunde zu legen (Spalte „Werte SV in EUR“ in der Anlage ASt 10). Soweit diejenigen Mängel nicht bestätigt wurden, zu denen eine Schätzung der Mängelbeseitigungskosten der Antragstellerseite auf der Grundlage des Gutachtens „X.“ vorliegt, ist diese Schätzung heranzuziehen (ganz rechte Spalte der Anlage ASt 10). Liegen keine Angaben der Antragstellerseite vor, so sind die Angaben der Antragsgegnerseite heranzuziehen (Spalte „fiktive Werte AG zu 1) in EUR“). Insoweit handelt es sich zwar insbesondere bei den Positionen, die das Gewerk „Dächer“ betreffen (Pos. 92 ff) teilweise um erhebliche Beträge, die in der Summe den von der Antragstellerseite bei Antragstellung genannten Verfahrenswert erheblich überschreiten. Sie sind jedoch aus Sicht des Senats angesichts der behaupteten Mängel nicht unplausibel, insbesondere im Hinblick auf die als Anlagen AS 5 – AS 7 vorgelegten Schadensbeschreibungen der D., in denen teilweise von einer „großen Schadensausbreitung“ ausgegangen wird, die das gesamte Bauteil (Flachdach) betreffe.
Somit sind von dem von der Antragsgegnerseite angesetzten Wert von 667.750,00 € insgesamt 334.492,00 € in Abzug zu bringen, was zu einem Streitwert von 334.258,00 € führt.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 68 Abs. 3 GKG. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Ein weiteres Rechtsmittel findet nicht statt. Eine weitere Beschwerde kommt nur gegen Beschwerdeentscheidungen eines Landgerichts in Betracht, § 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 4 GKG.


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