Kosten- und Gebührenrecht

Amtsärztliche Untersuchung als nicht angreifbare Verfahrenshandlung

Aktenzeichen  M 5 E 19.1034

Datum:
12.6.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21966
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1
BeamtStG § 26
BayBG Art. 65 Abs. 2
VwGO § 44a

 

Leitsatz

Eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhsetzungsverfahrens ist gem. § 44a VwGO nicht isoliert gerichtlich angreifbar und ein hierauf gerichteter Rechtsschutzantrag deshalb unzulässig (BVerwG BeckRS 2019, 6003). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin steht als Justizverwaltungsinspektorin in Diensten des Antragsgegners. Sie ist dort in einer Serviceeinheit der Abteilung für Betreuungssachen des Amtsgerichts D. als Urkunds- und Kostenbeamtin tätig.
Mit Schreiben vom 9. Januar 2019 bat die Direktorin des Amtsgerichts die Medizinische Untersuchungsstelle der Regierung von O. (im Folgenden: „MUS“), die Antragstellerin ärztlich auf ihre Dienstfähigkeit unter Beantwortung der Fragen gemäß dem zweiten Teil der Anlage 6 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht zu untersuchen.
Mit Schreiben vom selben Tag informierte die Direktorin des Amtsgerichts die Antragstellerin darüber, dass sie die MUS mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt habe, ob Anhaltspunkte für eine dauerhafte Dienstunfähigkeit gegeben seien. Weiter heißt es, es werde darauf aufmerksam gemacht, dass die Antragstellerin im Hinblick auf ihre dienstrechtliche Treuepflicht zu Mitwirkungshandlungen verpflichtet sei.
Mit E-Mail vom 18. Januar 2019 bat die Antragstellerin das Amtsgericht um Übersendung einer Kopie des an die MUS erteilten Untersuchungsauftrags. Daraufhin übersandte die Direktorin des Amtsgerichts der Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Januar 2019 unter Bezugnahme auf deren E-Mail-Anforderung vom 18. Januar 2019 eine Kopie des Gutachtenauftrags an die MUS zur Kenntnisnahme.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2019 lud die MUS die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Untersuchungsanordnung des Amtsgerichts D. zur amtsärztlichen Untersuchung für den 6. März 2019 um 9:00 Uhr ein.
Mit Schriftsatz vom 5. März 2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerin beantragt,
dem Antragsgegner aufzugeben, sie vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung freizustellen.
Die Untersuchungsanordnung stelle als eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung aufgrund der drohenden rechtlichen Sanktionierung bei Nicht-Teilnahme eine selbstständig vollstreckbare behördliche Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dar, die selbstständig überprüfbar sei. Der Untersuchungsauftrag des Antragsgegners verstoße hinsichtlich Art und Umfang der angeordneten amtsärztlichen Untersuchung gegen die Vorgaben der Rechtsprechung, indem es dem Amtsarzt völlig freigestellt sei, welche Untersuchung er an der Antragstellerin durchführe. Darüber hinaus gehe der Antragsgegner in dem Untersuchungsauftrag auch von falschen Tatsachen aus.
Der Antragsgegner, vertreten durch die Direktorin des Amtsgerichts, hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Dienstherr sei im Hinblick auf den vom Gesetzgeber eröffneten alternativen, einfacheren Weg für das Zurruhesetzungsverfahren nach § 26 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) nicht verpflichtet, in dem Untersuchungsauftrag konkret darzulegen, dass und warum die zugrunde liegenden Erkrankungen Zweifel an der Dienstfähigkeit der Beamtin begründen. Im Übrigen enthielten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Antragstellerin von Ärzten für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und Naturheilkunde-Sportmedizin lediglich jeweils die Bescheinigung der Dienstunfähigkeit, sodass dem Dienstherrn die Gründe für die Dienstunfähigkeit nicht bekannt seien. Der Dienstherr sei auch nicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen darauf beschränkt, die Beamtin vorab lediglich zu einem amtsärztlichen Gespräch oder zu einer eng begrenzten orientierenden Erstuntersuchung aufzufordern. Er könne sich vielmehr darauf beschränken, die amtsärztliche Untersuchung zur Klärung der Frage anzuordnen, ob Aussicht bestehe, dass die Beamtin innerhalb der vom Landesrecht bestimmten Frist von sechs Monaten wieder voll dienstfähig sein werde. Zudem fuße der Untersuchungsauftrag nicht auf falschen Tatsachen.
Den Untersuchungstermin am 6. März 2019 hat die Antragstellerin nicht wahrgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) hat keinen Erfolg, da er gemäß § 44a VwGO bereits unzulässig ist.
1. Nach § 44 a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlung nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nach § 44a Satz 2 VwGO nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlung vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
a) Nachdem der Zweite Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 10. April 2014 (Az. 2 B 80.13 – juris Rn. 17) die Frage der isolierten gerichtlichen Angreifbarkeit einer Untersuchungsanordnung aufgeworfen hatte, beantwortet er sie nunmehr mit Beschluss vom 14. März 2019 (Az. 2 VR 5/18 – juris Rn. 16 ff.) dahingehend, dass eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhsetzungsverfahrens gemäß § 44a VwGO nicht isoliert gerichtlich angreifbar und ein hierauf gerichteter Rechtsschutzantrag deshalb unzulässig ist.
b) Dem folgt die erkennende Kammer bezüglich einer – wie hier vorliegenden – Untersuchungsanordnung nach § 26 BeamtStG, Art. 65 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung. Es wird auf die vom Bundesverwaltungsgericht ausführlich dargelegten Argumente in dem Beschluss vom 14. März 2019 (a.a.O. – juris Rn. 19 ff.) verwiesen. Die Kammer macht sich diese zu Eigen. Es ist der Antragstellerin im Übrigen möglich und zumutbar, die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung im Rahmen eines gegen eine möglicherweise nachfolgende Zurruhsetzungsverfügung geführten (Eil- oder Klage-)Verfahrens inzident gerichtlich überprüfen zu lassen.
c) Es kann daher offen bleiben, ob die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung hinsichtlich der Benennung des Untersuchungsanlasses sowie von Art und Umfang der angeordneten Untersuchung den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entspricht (siehe BVerwG. a.a.O – juris Rn. 42 ff. m.w.N.). Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Untersuchungsanlass in der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2017 nicht im Ansatz benannt ist und sich der Antragsgegner bzw. die Direktorin des Amtsgerichts die in dem Untersuchungsauftrag an die MUS gemachten Angaben gegenüber der Antragstellerin nicht zu Eigen gemacht hat.
2. Die Kosten waren der Antragstellerin als unterlegener Beteiligter aufzuerlegen, § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutz nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.


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