Aktenzeichen 2 T 36/18
RVG § 10 Abs. 2
Leitsatz
Der Antrag auf Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung muss Titel und Rechtsstreit benennen sowie eine Kostenberechnung gemäß § 10 Abs. 2 RVG enthalten. Anzugeben sind die Beträge der Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, der Gebührentatbestand, die Bezeichnung der Auslagen, die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses sowie bei Wertgebühren auch der Gegenstandswert. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
4 M 357/18 2018-02-05 Bes AGPASSAU AG Passau
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Passau vom 05.02.2018, Az. 4 M 357/18, wird zurückgewiesen.
II. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung.
Mit Schriftsatz vom 23.01.2018 – eingegangen beim Amtsgericht Passau am 24.01.2018 – beantragte die Gläubigerin gegen die Schuldnerin gemäß § 788 ZPO die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung festzusetzen. Der Antrag enthielt eine nicht unterschriebene Übersicht der bisherigen Vollstreckungskosten. Auf Bl. 1/2 d. A. wird insoweit Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 29.01.2018 wurde der Gläubigerin seitens des Amtsgerichts mitgeteilt, dass eine ordnungsgemäße Anhörung der Schuldnerin nach § 788 ZPO vorliegend mangels Nachvollziehbarkeit nicht möglich. Das Amtsgericht monierte insbesondere die lediglich pauschale Darstellung sowie die fehlende Bezugnahme auf die Vorschriften des RVG sowie die Angabe des Gebührenstreitwertes. Das Amtsgericht bat um Vorlage eines nachvollziehbaren Antrags.
Mit Schriftsatz vom 01.02.2018 (Bl. 4/8 d. A.) nahm die Beklagte zur Aufforderung des Amtsgerichts Stellung und teilte mit, dass nach ihrer Auffassung § 788 ZPO keine Aufstellung, sondern lediglich eine Glaubhaftmachung iSv § 294 ZPO verlange, die durch Vorlage der Belege erfüllt sei. Die beigefügte Liste über die bisherigen Vollstreckungskosten diene somit lediglich der Orientierung für das Gericht und die Schuldnerin.
Mit Beschluss vom 05.02.2018 wurde der Festsetzungsantrag der Gläubigerin vom 23.01.2018 zurückgewiesen (Bl. 5/8 d. A.). Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass der vorgelegte Antrag auf Kostenfestsetzung gemäß § 788 ZPO nicht ausreichend nachvollziehbar sei. Die Berechnung diene nicht lediglich der Orientierung des Gerichts. Gemäß § 103 Abs. 2 S. 2 ZPO habe ein Kostenfestsetzungsantrag eine Kostenberechnung zu enthalten. Der Kostenfestsetzungsantrag sei vom Gericht auch der Schuldnerin zur Anhörung zu übermitteln und müsse aus sich heraus ohne Einsicht in die Belege verständlich sein. Daher müssten die verlangten Anwaltsvergütungen zumindest des zugrunde gelegten Wert, die gesetzlichen Vorschriften des RVG sowie die Gebühr selbst enthalten.
Gegen den unter dem 07.02.2018 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Passau vom 05.02.2018 legte die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 07.02.2018 – eingegangen am Amtsgericht Passau am 09.02.2018 – sofortige Beschwerde ein und beantragte den Beschluss aufzuheben und die Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß des Antrages vom 23.01.2018 festzusetzen. Zur Begründung führte die Gläubigerin aus, dass ein Kostenfestsetzungsantrag nicht nach § 103 Abs. 2 S. 2 ZPO die Angabe der gesetzlichen Vorschriften des RVG enthalten müsse. Auch aus der Entscheidung des Landgerichts Passau, Az. 2 T 152/17, die vom Amtsgericht zusammen mit dem Beschluss vom 05.02.2018 an die Gläubigerin übersandt worden war, ergebe sich nichts anderes. Die vorgelegte Aufstellung enthalte eine Berechnung. Zwar habe ursprünglich der Gesamtsaldo gefehlt, dieser allerdings wieder moniert worden. Die Entscheidung des Landgerichts Passau im Verfahren 2 T 152/17 spreche nicht gegen die Art des vorliegenden Feststellungsantrages, da die vorgelegte Aufstellung die entscheidende Maßnahme für den Kostenansatz nachweise.
Mit Beschluss vom 12.02.2018 (Bl. 12/14 d. A.) half das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab, sondern legte diese dem Landgericht Passau als zuständiges Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.
Der originär zuständige Einzelrichter übertrug mit Beschluss vom 16.2.2018 das Beschwerdeverfahren gemäß § 568 S. 2 ZPO der Kammer zur Entscheidung.
Zur Ergänzung wird auf die Verfahrensakte des Amtsgerichts Passau, 4 M 357/18 sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
1. Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts Passau vom 05.02.2018 ist gemäß §§ 788 Abs. 2, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO iVm § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die sofortige Beschwerde zulässig (BeckOK/Preuß, ZPO, 26. Ed. 15.09.2017, ZPO § 788 Rn. 51; Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, ZPO 788 Rn. 21).
1.1. Der Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts Passau vom 5.2.2018 wurde fristwahrend binnen der 14-tägigen Notfrist des § 569 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angegriffen.
1.2. Auch die Beschwerdesumme des § 576 Abs. 2 ZPO ist erreicht.
1.3. Das Landgericht Passau war für die Entscheidung gemäß § 72 Abs. 1 S. 1 GVG sachlich und örtlich zuständig. Die Entscheidung ergeht nach Übertragung durch den originären Einzelrichter auf dieKammer nach § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO. Die Frage nach dem erforderlichen Mindestinhalt eines Antrags nach § 788 Abs. 2 ZPO hat grundsätzliche Bedeutung.
2. Der Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts Passau vom 05.02.2017 begegnet allerdings in inhaltlicher Hinsicht keinerlei Bedenken.
Der Kostenfestsetzungsantrag vom 23.01.2018 genügt auch unter Berücksichtigung der mit der sofortigen Beschwerde vom 07.02.2018 vorgelegten Ergänzung des Gesamtsaldos nicht den Anforderungen des § 103 Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Anforderungen an einen Kostenfestsetzungsantrag ergeben sich – anders als die Gläubigerin und Beschwerdeführerin meint – nicht aus § 294 ZPO, da dieser lediglich die Art des Nachweises regelt und nicht den Mindestinhalt eines entsprechenden Antrages. Die Anforderungen ergeben sich aus § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO iVm § 103 Abs. 2 ZPO.
Dabei muss der Antrag selbst bereits den Titel und den ihm zugrunde liegenden Rechtsstreit benennen (BeckOK/Jaspersen, ZPO, 27. Ed. 01.12.2017, ZPO § 103 Rn. 27). Bereits hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Darüber hinaus muss der Antrag auch eine vollständige Kostenberechnung enthalten. Deren notwendiger Inhalt ergibt sich aus § 10 Abs. 2 RVG. Danach sind in der Berechnung die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des Gebührentatbestandes, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch diese anzugeben.
An diesen Maßstäben gemessen genügte der Antrag der Gläubigern nicht.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Passau vom 5.2.2018 war daher zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, wonach der Rechtsmittelführer die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen hat.
IV.
Der Ausspruch über die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde ist durch das Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt; allerdings weist die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung auf.