Kosten- und Gebührenrecht

Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung eines Beamten auf Lebenszeit

Aktenzeichen  M 5 E 20.442

Datum:
4.3.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19530
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 65 Abs. 1
BeamtStG § 26
VwGO § 44a S. 1, S. 2, § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

1. Der Antrag vom 3. Februar 2020, im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO),
die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom … Oktober 2019 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Feststellung der Verpflichtung der Antragstellerin, die Untersuchungsanordnung des Antragsgegners zu befolgen, freizustellen,
hat keinen Erfolg, weil er gemäß § 44a VwGO bereits unzulässig ist.
Nach § 44a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nach § 44a Satz 2 VwGO nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.
Nachdem der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 10. April 2014 (2 B 80.13 – juris Rn. 17) die Frage der isolierten gerichtlichen Angreifbarkeit einer Untersuchungsanordnung aufgeworfen hatte, beantwortet er sie nunmehr mit Beschluss vom 14. März 2019 (2 VR 5/18 – juris Rn. 16 ff.; die Entscheidung ist auch über die Internetseite des Bundesverwaltungsgerichts verfügbar: www.bverwg.de) dahingehend, dass eine Untersuchungsanordnung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens gemäß § 44a VwGO nicht isoliert gerichtlich angreifbar und ein hierauf gerichteter Rechtsschutzantrag deshalb unzulässig ist.
Die erkennende Kammer folgt dem (VG München, B.v. 27.1.2020 – M 5 E 19.5824 – juris Rn. 4 ff.; B.v. 5.6.2019 – M 5 E 19.1699 – juris; B.v. 12.6.2019 – M 5 E 19.1478 – juris; B.v. 12.6.2019 – M 5 E 19.1034 – juris; B.v. 26.7.2019 – M 5 E 19.2689 – juris) unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung. Es wird auf die vom Bundesverwaltungsgericht ausführlich dargelegten Argumente im Beschluss vom 14. März 2019 (Rn. 19 ff.) verwiesen. Die Kammer macht sich diese zu Eigen und sieht von deren bloßer Wiedergabe an dieser Stelle ab, nachdem die Entscheidung öffentlich zugänglich ist. Die Argumente des Antragstellers vermögen dem nichts Durchgreifendes entgegenzusetzen.
Mit Beschluss vom 27. November 2019 hat der für den Bereich des Landesbeamtenrechts zuständige 3. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Beschwerde gegen den o.g. Beschluss der erkennenden Kammer vom 12. Juni 2019 (M 5 E 19.1478) ebenfalls unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung zurückgewiesen (3 CE 19.1289 – juris). Der für den Bereich des Bundesbeamtenrechts zuständige 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat sich der neuen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls angeschlossen (B.v. 7.6.2019 – 6 CE 19.942 – juris).
2. Soweit die Antragstellerpartei der Ansicht ist, dass aufgrund der Formulierung des Untersuchungsauftrags nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Untersuchung im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens erfolgt sei, kann dem nicht gefolgt werden.
Der Antragstellerpartei ist zuzugeben, dass der Untersuchungsauftrag an den Amtsarzt, auf den sich die Untersuchungsanordnung bezieht, nicht direkt an den Fragekomplexen orientiert ist, die in Abschnitt 8 Nr. 1.4.5.2 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR, vom 13.7.2009, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 22.7.2015, FMBl S. 143) umrissen sind. Dort ist angegeben, dass nach den gesundheitlichen Auswirkungen der Erkrankung auf die Dienstfähigkeit sowie evtl. Funktionseinschränkungen gefragt wird (Spiegelstrich 1). In Spiegelstrich 2 wird die Frage angesprochen, ob mit einer Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate zu rechnen ist, ob infolge der Erkrankung mit einer dauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der bisherigen Pflichten zu rechnen ist, ob damit gerechnet werden kann, dass der Betroffene in absehbarer Zeit wieder zum Dienst erscheinen und während der vollen Arbeitszeit Dienst leisten kann bzw. welche gesundheitlichen (Teil-)Einschränkungen hinsichtlich der bisherigen Tätigkeit bestehen. Ebenso sind Auskünfte über Behandlungsmaßnahmen zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zu erfragen. In Spiegelstrich 3 ist beschrieben, dass im Gutachten des Amtsarztes festzustellen ist (dem entspricht der Fragebereich des Dienstvorgesetzten an den Amtsarzt), ob bzw. inwieweit der Betroffene hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung die Anforderungen der vom Dienstvorgesetzten beschriebenen anderen oder sonstigen Verwendungsmöglichkeiten erfüllen kann.
Auch wenn diese Fragekomplexe im Untersuchungsauftrag nicht ausdrücklich angegeben sind, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, dass es vorliegend um die Frage der Dienstfähigkeit der Antragstellerin geht. Denn die in Art. 65 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) genannten Tatbestandsmerkmale (innerhalb der letzten sechs Monate weniger als drei Monate Dienst geleistet) sind im Untersuchungsauftrag genannt. Wenn vor diesem Hintergrund der Amtsarzt danach gefragt wird, inwieweit bzw. wann wieder volle Dienstfähigkeit der Antragstellerin gegeben ist oder ob bereits Teildienstfähigkeit vorliegt, so ergeht diese Frage im Kern und nach dem auch nach außen erkennbaren Sinngehalt in dem Zusammenhang und mit dem Ziel, dass der Dienstvorgesetzte letztlich eine Entscheidung über die Ruhestandsversetzung treffen muss. Dass einer Ruhestandsversetzung die Prüfung anderer Verwendungsmöglichkeiten bzw. die Feststellung einer Teildienstfähigkeit vorauszugehen hat, steht dem Ausgangspunkt des Verfahrens – mögliche Dienstunfähigkeit – nicht entgegen. Das erfolgt vielmehr innerhalb der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit vorliegen.
3. Soweit die Antragstellerpartei es mit Blick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes als problematisch ansieht, die Rechtmäßigkeit einer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung gegebenenfalls erst im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer erfolgten Ruhestandsversetzung oder auch im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zu untersuchen, werden keine durchgreifend neuen Gesichtspunkte dargelegt. Das Gericht schließt sich – auch im Hinblick auf eine einheitliche Rechtsprechung – der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5.18 – juris) sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 27.11.2019 – 3 CE 19.1289 – juris Rn. 10 f.; zuletzt: B.v. 7.2.2020 – 3 CE 19.2445 – juris) an. Zur weiteren Begründung wird auf diese Entscheidungen verwiesen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist (BayVGH, B.v. 27.11.2019 – 3 CE 19.1289 – juris Rn. 12).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben