Aktenzeichen 9 CS 17.1138
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 2 S. 1, § 119 S. 1
Leitsatz
1. Da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 119 S. 1 ZPO für jeden Rechtszug gesondert erfolgt, lässt eine ggf. im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse diese Pflicht grundsätzlich nicht entfallen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ausnahmsweise kann die Bezugnahme auf eine im früheren Rechtszug ordnungsgemäß abgegebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren genügen, wenn die Verhältnisse unverändert sind und dies bei der Bezugnahme deutlich gemacht wird. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines Prozesskostenhilfeantrags für ein Rechtsmittel kommt nur dann in Betracht, wenn dieser Antrag innerhalb der für das Rechtsmittel geltenden Frist ordnungsgemäß angebracht wird. Das setzt nicht nur die Antragstellung als solche voraus, sondern auch die fristgerechte Darlegung der finanziellen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beifügung der zugehörigen Belege. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für einen Antrag entsprechend § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO im Hinblick auf einen Beschlusses nach § 123 VwGO bedarf es in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht veränderter Umstände, wobei das Änderungsverfahren nicht dazu dient, einzuwenden, die einstweilige Anordnung hätte von Anfang an nicht ergehen dürfen; dieser Einwand ist im Beschwerdeverfahren geltend zu machen und nach Ausschöpfung der Rechtsmittel abgeschnitten. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
RN 4 E 17.216 2017-05-09 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Mai 2017 wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen Nr. I des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2017 (Az. RN 4 E 17.216), zugestellt am 11. Mai 2017, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 2. November 2016 (Az. RN 4 E 16.1556) zu verpflichten, die ihr fortgenommenen Ziervögel sofort an eine von der Antragstellerin genannte Person zu übergeben und die Kosten vorzulegen, abgelehnt hat.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Änderung des Beschlusses vom 2. November 2016 in Nr. I des Beschlusses vom 9. Mai 2017 abgelehnt, weil keine veränderten Umstände entsprechend § 80 Abs. 7 VwGO vorliegen würden.
Mit ihrem am 26. Mai 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, die Tiere seien bereits vor Erlass des Bescheids der Antragsgegnerin vom 18. August 2016 trotz aufschiebender Wirkung und ohne vorherige Anhörung veräußert und weitervermittelt worden. Folglich sei der Bescheid vom 18. August 2016 mangels Durchführbarkeit der Vollziehung sofort aufzuheben.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (auch in den Verfahren 9 C 17.1133, 9 C 17.1134, 9 CS 17.1139) verwiesen.
II.
Der Senat legt das als „sofortige Beschwerde“ bezeichnete Schreiben der anwaltlich nicht vertretenen Antragstellerin vom 17. Mai 2017 „gegen den Beschluss vom 9. Mai 2017“, „Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO analog“, „Es wird PKH beantragt“, dahin aus, dass Prozesskostenhilfe für eine noch einzulegende Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg 9. Mai 2017 (Az. RN 4 E 17.216) beantragt wird (zur Auslegung des Schreibens auch als Beschwerde gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs durch das Verwaltungsgericht vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2017 – Az. 9 C 17.1133).
Der so verstandene Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat schon deshalb keinen Erfolg, weil die Antragstellerin mit ihrem Antrag entgegen § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht dargelegt hat. Da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 119 Satz 1 ZPO für jeden Rechtszug gesondert erfolgt, lässt eine ggf. im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Erklärung diese Pflicht nicht entfallen. Zwar kann ausnahmsweise die Bezugnahme auf eine im früheren Rechtszug ordnungsgemäß abgegebene Erklärung genügen, wenn die Verhältnisse unverändert sind und dies bei der Bezugnahme deutlich gemacht wird. Eine dahingehende Bezugnahme enthält der Antrag der Antragstellerin jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2017 – 9 CE 17.25 – juris Rn. 3 m.w.N.).
2. Hiervon ausgehend ist der Antrag zugleich auch deshalb abzulehnen, weil der Antragstellerin wegen der Versäumung der Beschwerdefrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann und daher die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat.
Da mangels anwaltlicher Vertretung innerhalb der Rechtsmittelfrist des § 147 Abs. 1 VwGO keine zulässige Beschwerde eingelegt wurde, bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wenn der Antragstellerin Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist gewährt werden kann. Eine Wiedereinsetzung wegen eines Prozesskostenhilfeantrags für ein Rechtsmittel kommt aber nur dann in Betracht, wenn dieser Antrag innerhalb der für das Rechtsmittel geltenden Frist ordnungsgemäß angebracht wird. Das setzt nicht nur die Antragstellung als solche voraus, sondern auch die fristgerechte Darlegung der finanziellen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beifügung der zugehörigen Belege (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2017, a.a.O., Rn. 4 f. m.w.N.). Dem ist die Antragstellerin innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht nachgekommen; hieran war sie auch nicht ohne Verschulden gehindert (vgl. § 60 Abs. 1 VwGO).
3. Von Vorstehendem abgesehen hat der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde keinen Erfolg, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch sonst keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Entsprechend § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann ein Beteiligter die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses nach § 123 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 123 Rn. 77 m.w.N.).
Für einen solchen Antrag bedarf es in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht veränderter Umstände. Das Änderungsverfahren dient nicht dazu einzuwenden, die einstweilige Anordnung hätte von Anfang an nicht ergehen dürfen; dieser Einwand ist im Beschwerdeverfahren geltend zu machen und nach Ausschöpfung der Rechtsmittel abgeschnitten (vgl. Happ, a.a.O., Rn. 78 m.w.N.).
Da der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. November 2016 (Az. RN 4 E 16.1556) mit Beschluss des Senats vom 17. Februar 2017 (Az. 9 CE 17.25) abgelehnt wurde, eine zulässige Beschwerde mithin nicht eingelegt wurde, ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. November 2016 rechtskräftig geworden. Eine Abänderung des Beschlusses vom 2. November 2016 kommt nicht in Betracht, weil die Antragstellerin keine in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht veränderten Umstände benannt hat, die zu einer abweichenden Entscheidung führen könnten.
Mit Beschluss vom 2. November 2016 hat das Verwaltungsgericht den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe der Ziervögel wegen anderweitiger Rechtshängigkeit im Verfahren RN 4 E 16.1267 abgelehnt und den geltend gemachten Anspruch auf Vorlage der Kosten abgelehnt, weil die Ermittlung der Kosten erst erfolgen müsse, wenn die Antragsgegnerin einen Kostenbescheid erlasse. Der Senat hat mit Beschlüssen vom 17. Februar 2017 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. November 2016 abgelehnt (Az. 9 CE 17.24) und die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen (Az. 9 CE 17.25). In den Gründen dieser Beschlüsse des Senats wurde die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts geteilt.
Hiervon ausgehend zeigt das neuerliche Vorbringen der Antragstellerin nicht ansatzweise auf, welche veränderten oder bislang unverschuldet nicht geltend gemachten Umstände die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Rückgängigmachung der Wegnahme und der Verkauf der Ziervögel zum Verfahren RN 4 E 16.1267 gehört und dass es hinsichtlich des Kostenauskunftsverlangen an einem Anordnungsgrund fehlt, in Frage stellen könnten.
Einer Kostenentscheidung für den gegenständlichen Antrag bedarf es nicht, weil das Prozesskostenhilfeverfahren gerichtsgebührenfrei ist. Auslagen im Sinn des § 118 Abs. 1 Satz 5 ZPO sind nicht entstanden; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
H. G. L.