Kosten- und Gebührenrecht

Aussetzung der Vollziehung, Kostenentscheidung, Auswärtiger Rechtsanwalt, Antragsgegner, Kostenrecht, Auswärtiger Anwalt, Nichtabhilfeentscheidung, Aufschiebende Wirkung, Erinnerungsverfahren, Rechtsmittelbelehrung, Abwesenheitsgeld, Kostenrechnung, Erinnerung gegen, Eigene Ermessensentscheidung, Vollziehungsaussetzung, Vorläufige Aussetzung, Überwiegende öffentliche Interessen, Verfahrensbeteiligte, Unbillige Härte, Folgenabwägung

Aktenzeichen  W 8 M 20.31250, W 8 M 20.31222

Datum:
18.3.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7815
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 149 Abs. 1 S. 2
VwGO § 151 S. 3
VwGO § 165 S. 2
GKG § 66 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Kostenrechnung vom 18. August 2020 wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragsgegnerin (und Erinnerungsführerin) hat im Verfahren W 8 M 20.31222 Erinnerung gegen eine Kostenrechnung vom 18. August 2020 erhoben, mit der sie sich gegen die Erstattung von Reisekosten und Abwesenheitsgeld des auswärtigen Anwalts im Verfahren W 8 K 19.31125 wendet.
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragsgegnerin des Weiteren die vorläufige Aussetzung der Vollziehung gemäß §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO bis zur Entscheidung über die Erinnerung beantragt.
Der Urkundsbeamte hat in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 5. November 2020 der Erinnerung nicht abgeholfen und darauf hingewiesen, dass die Erinnerung keine aufschiebende Wirkung hat.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Gerichts vom selben Tag im Verfahren W 8 M 20.31222 sowie auf die Gerichtsakten W 8 M 20.31250, W 8 M 20.31222 und W 8 K 19.31125 Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf vorläufige Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 18. August 2020, über den wie im Erinnerungsverfahren der Einzelrichter entscheidet, wird abgelehnt.
Der Antrag war ursprünglich zulässig. Er hat sich jedoch mit der gleichzeitigen Entscheidung in der Hauptsache im Verfahren W 8 M 20.31222 erledigt (vgl. Laube in BeckOK, Kostenrecht, Dörndorfer/Wendlandt/Görlach/Diehn, 33. Ed. Stand: 1.1.2021, § 66 GKG Rn. 172).
Abgesehen davon ist der Antrag unbegründet.
Das Gericht hat über die beantragte einstweilige Aussetzung der Vollziehung gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3 VwGO eine eigene Ermessenentscheidung zu treffen. Die Ermessensentscheidung ist unter Abwägung der in Frage stehenden Interessen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, soweit diese schon überschaubar sind, zu treffen. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist stattzugeben, wenn sich die angegriffene Entscheidung als offensichtlich rechtswidrig erweist oder wenn die Vollziehungsaussetzung aufgrund einer Folgenabwägung dringend geboten erscheint. Dabei ist die gesetzliche Grundentscheidung zu berücksichtigen, dass die Erinnerung grundsätzlich kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat. Infolgedessen müsste sich die hier zugrundeliegende Kostenentscheidung des Urkundsbeamten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als fehlerhaft erweisen oder eine vorzeitige Vollziehung für den unterlegenen Verfahrensbeteiligten erkennbar unzumutbar sein (Kaufmann in BeckOK, VwGO, Posser/Wolff, 56. Ed. Stand: 1.1.2020, § 149 Rn. 2; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 149 Rn. 4).
Ergänzend kann auf die Parallele des § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 3 VwGO zurückgegriffen werden, so dass die Aussetzung der Vollziehung anzuordnen ist, wenn bei summarischer Prüfung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Kostenrechnung ernstlich zweifelhaft ist oder wenn bei offener Rechtslage die Vollstreckung für den betreffenden Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. auch Laube in BeckOK, Kostenrecht, Dörndorfer, /Wendlandt/Görlach/Diehn, 33. Ed. Stand: 1.1.2021, § 66 GKG Rn. 169; Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Auflage 2017, § 66 GKG Rn. 122; ebenso SächsOVG, B.v. 1.2.2012 – 4 A 866/10 – juris Rn. 1; B.v. 30.3.2009 – 5 B 281/09 – NVwZ-RR 2009, 702 – juris Rn. 3 f.; BVerwG, B.v. 7.11.2011 – 8 KSt 8/11, 8 KSt 8/11 (8 A 1/10) – juris Rn. 5; VG Trier, B.v. 10.3.2009 – 5 K 378/08.TR – juris Rn. 4; jeweils zur vergleichbaren Rechts- und Interessenlage bei § 66 Abs. 7 GKG).
Ausgehend von dieser Rechtslage war die Vollziehung nicht auszusetzen, weil die Antragsgegnerin konkrete Umstände, die eine Aussetzung rechtfertigen könnten, weder geltend gemacht hat, noch solche Umstände sonst ersichtlich sind. Insbesondere hat die Antragsgegnerin (die Bundesrepublik Deutschland) nicht vorgetragen, dass die sofortige Einziehung der Kosten durch den Freistaat Bayern für sie eine unbillige Härte wäre (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2016 – 3 M 16.2160 – juris Rn. 4; VG Würzburg, B.v. 18.6.2014 – W 1 M 14.490 – juris Rn. 29). Obwohl das Gericht die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16. November 2020 ausdrücklich zu einer Aussage zu dem betreffenden Aspekt aufgefordert hatte, erfolgte keine diesbezügliche Reaktion. Vor diesem Hintergrund bleibt es regelmäßig bei der gesetzlichen Grundentscheidung, dass die Kosten zunächst zu begleichen sind. Das Vollzugsrisiko ist bewusst auf den Adressaten der Kostenanforderung verlagert, um sicher zu stellen, dass die öffentliche Hand die zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben notwendigen Einnahmen zunächst einmal zur Verfügung steht (VG Trier, B.v. 10.3.2009 – 5 K 8378/08.TR – juris Rn. 4). Im Übrigen hat das Gericht keine Bedenken, dass bei einer eventuell erforderlichen späteren Rückerstattung aus der bayerischen Staatskasse an die Bundesrepublik Deutschland gravierende Probleme hätten entstehen können, zumal nur 666,77 EUR von insgesamt 1.710,19 EUR streitig waren.
Abgesehen davon ist die Erinnerung in der Sache auch offensichtlich unbegründet. Insofern kann auf die Ausführungen im Beschluss des Gerichts vom selben Tag im Verfahren W 8 M 20.31222 Bezug genommen werden. Dort hat das Gericht ausführlich dargelegt, dass die geltend gemachten Kosten des auswärtigen Rechtsanwalts notwendige Aufwendungen gemäß § 162 VwGO waren, die im vollen Umfang zu erstatten sind, weil wegen des Bestehens eines besonderen Vertrauensverhältnisses gute Gründe für die erneute Beauftragung des Hamburger Rechtsanwaltes bestanden.
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Denn abgesehen davon, dass das Verfahren ohnehin gerichtskostenfrei ist (§ 83b AsylG), hat eine Kostenentscheidung auch deshalb nicht zu ergehen, weil die Kosten zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens zählen (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 149 Rn. 4).


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