Kosten- und Gebührenrecht

Berufung, Streitwert, Erinnerung, Schlussrechnung, Widerklage, Gerichtskosten, Kostenansatz, Gerichtskostenrechnung, Klage, Teilurteil, Verfahren, Schriftsatz, Mahnung, Schlussurteil, Kosten des Rechtsstreits, keinen Erfolg

Aktenzeichen  53 O 3596/14

Datum:
9.11.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51836
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenansatz des Landgerichts Landshut ausweislich der Gerichtskostenrechnung vom 30.08.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.
Der Kläger hat mit der erhobenen Klage vom 23.12.2014, geändert mit Antrag vom 27.07.2015, Zahlungsansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht. Widerklagend hat der Beklagte Einsicht in sämtliche Buchungsbelege zu den vom Kläger im hiesigen Verfahren vorgelegten Anlagen verlangt. Mit Teilurteil vom 10.11.2016 hat das Landgericht Landshut der Widerklage mit Kostenvorbehaltsentscheidung stattgegeben.
Mit Beschluss vom 18.04.2017 hat das Oberlandesgericht München die dagegen gerichtete Berufung des Klägers und Widerbeklagten verworfen.
Mit Schreiben vom 21.07.2021 hat die Klägerseite die Klage zurückgenommen. Mit Schreiben vom 23.07.2021 hat die Beklagtenseite der Klagerücknahme zugestimmt.
Mit Schlussurteil vom 27.08.2021 hat das Landgericht Landshut dem Kläger und Widerbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit Beschluss vom selben Tag hat das Landgericht den Streitwert auf 700.226,72 EUR (Klage 690.226,72 €, Widerklage 10.000,00 €) festgesetzt.
Nach der Schlussrechnung der Kostenbeamtin des Landgerichts vom 30.08.2021 ist ausgehend von einem Streitwert von 700.226,72 EUR und einer 3,0 Verfahrensgebühr (KV-GKG 1210) ein Restbetrag von 540,00 EUR an Gerichtskosten offen.
Entsprechend hat die Landesjustizkasse Bamberg mit Kostenrechnung vom 01.09.2021 dem Kläger einen Betrag von 540,00 EUR in Rechnung gestellt.
Mit Beschluss vom 29.09.2021 hat das Landgericht den Beschluss vom 27.08.2021 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert bis zur Klagerücknahme auf 700.226,72 € (Klage 690.226,72 €, Widerklage 10.000,00 €), ab Klagerücknahme auf 10.000,00 € festgesetzt wird.
Mit Schreiben vom 13.10.2021 hat die Landesjustizkasse Bamberg den Betrag von 540,00 EUR angemahnt und einen Gesamtbetrag (einschließlich Mahngebühren von 5,00 EUR) von 545,00 EUR in Rechnung gestellt.
Mit Schriftsatz vom 25.10.2021 hat die Klägerseite gegen den Kostenansatz des Landgerichts Landshut und die damit korrespondierende Mahnung Erinnerung eingelegt und beantragt, die Gerichtskostenrechnung dahingehend zu ändern, dass an den Kläger ein Betrag in Höhe von EUR 7.609,00 zu erstatten ist und die Mahngebühr zurückgenommen wird.
Mit Schreiben vom 02.11.2021 hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Landshut zur Erinnerung Stellung genommen und die gerichtliche Zurückweisung der Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG beantragt.
Mit Entscheidung vom 08.11.2021 hat die Kostenbeamtin der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die seitens des Klägers eingelegte Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kostenansatz ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenbeamtin beim Landgericht hat zu Recht die Gebühr Nr. 1210 KV GKG in Höhe einer 3,0-Gebühr angesetzt.
Die 3-fache Verfahrensgebühr KV 1210 wird gemäß § 6 GKG fällig mit der Einreichung einer erstinstanzlichen Klage, einer Klageerweiterung oder einer Widerklage beim Amts- oder Landgericht (hierzu BeckOK KostR/Stix, 35. Ed. 1.10.2021, GKG KV 1210). Die Gebühr KV 1210 fällt nicht mehr weg, kann sich aber auf den Satz von 1,0 ermäßigen, wenn das gesamte Verfahren nach Maßgabe von KV 1211 beendet wird.
Ein solcher Ermäßigungstatbestand nach Nr. 1211 KV GKG liegt im Ergebnis aber nicht vor.
Nr. 1211 Nr. 1 GKG KV verlangt als Voraussetzung der Ermäßigung bei Zurücknahme der Klage eine Beendigung des gesamten Verfahrens. Weitere Voraussetzung ist, dass nicht bereits ein in Nr. 2 nicht genanntes Urteil vorausgegangen ist.
Zwar ist mit Klagerücknahme vom 21.07.2021 das Verfahren beendet worden. Da aber am 10.11.2016 ein Teilurteil über die Widerklage ergangen war, liegt ein anderes als eines der in Nr. 1211 Nr. 2 KV GKG genannten Urteile vor.
Ist der Beendigung des Verfahrens mit einem Ermäßigungstatbestand ein Teilurteil vorausgegangen, das nicht unter KV 1211 Nr. 2 fällt, dann ist die Ermäßigung für die einheitlich zu erhebende Verfahrensgebühr ausgeschlossen (auch wenn die Entscheidung wieder aufgehoben wird, s. OLG Nürnberg MDR 2003, 416; BeckOK KostR/Stix, 35. Ed. 1.10.2021, GKG KV 1211 Rn. 13). Eine Ermäßigung nur in Bezug auf einen Verfahrensgegenstand findet nicht statt (BeckOK KostR/Stix, aaO, Rn 2), die Ermäßigung ist ausgeschlossen.
Unerheblich ist das Wertverhältnis der Klage und der mit Teilurteil erledigten Widerklage zu dem Gesamtstreitwert, nach dem sich die Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG KV bemisst.
Das Gericht macht sich hierbei die Argumentation des Kammergerichts in seiner Entscheidung vom 23.2.2009, Az.: 1 W 499/07, zu eigen: Ein Hauptziel des Gesetzgebers war es, mit dem Ermäßigungstatbestand einen Anreiz zur vollständigen Erledigung des Verfahrens ohne Urteil zu geben und damit – zugleich – den richterlichen Arbeitsaufwand gering zu halten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. 5. 2008 – 4 KSt 1000/08, BeckRS 2008, 35437; sowie BVerfG, NJW 1999, 3550 = JurBüro 2000, 146 jeweils mit Hinw. auf die Gesetzesbegründung). Das Wertverhältnis eines die Ermäßigung ausschließenden Verfahrensaktes ist dabei ebenso wenig von Bedeutung wie der konkret mit ihm verbundene Arbeitsaufwand des Gerichts. Diese pauschalisierende Regelung des Gesetzes, die auch eine Vereinfachung der Kostenberechnung bewirken soll (BT-Dr 12/6962, S. 70), ist verfassungsrechtlich zulässig (BVerfG, NJW 1999, 3550 = JurBüro 2000, 146; BVerwG, Beschluss vom 20. 5. 2008 – 4 KSt 1000/08, BeckRS 2008, 35437). Ob das Gericht sich im weiteren Fortgang des Verfahrens mit dem Gegenstand der Klage tatsächlich auseinandergesetzt hat oder nicht, ist daher nicht relevant für die Entscheidung des Kostenbeamten. Eine solche Differenzierung liefe doch gerade der beabsichtigten Vereinfachung der Kostenberechnung entgegen.
III.
Das Verfahren ist nach § 66 Abs. 8 GKG gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


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