Kosten- und Gebührenrecht

Bewilligung, Prozesskostenhilfe, Patentanmeldung, Bescheid, Verfahrenskostenhilfe, Verfahren, Feststellung, Anspruch, Pflichtverletzung, Zustellung, Feststellungsklage, Rechtsverfolgung, Erlass, Erteilung, Aussicht auf Erfolg, Bewilligung von Prozesskostenhilfe, Bewilligung Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  15 O 16618/20

Datum:
14.6.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51268
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag des Klägers vom 10.12.2020 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
I.
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage auf Feststellung gegen die Beklagte.
Der Kläger ist Anmelder und Inhaber des Patents ….
Dem Kläger wurde für den Prüfungsantrag für die Patentanmeldung mit Beschluss vom 18.02.2009 aufgrund Antrags vom 27.06.2007 Verfahrenskostenhilfe gewährt. Bereits mit Beschluss vom 04.12.2008 war dem Kläger … beigeordnet worden. Die zuständige Prüfungsstelle beim … erließ am 18.07.2012 einen Prüfungsbescheid, in dem diverse Mängel der Patentansprüche beanstandet wurden. Es wurde in der Folge mehrfach versucht, den Prüfungsbescheid … zuzusenden. Die Briefe liefen mit dem Vermerk des Zustellers „Briefkasten überfüllt“ zurück. Erst am 11.08.2012 wurde der Bescheid im Wege des Einwurf-Einschreibens durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt. Mit Schreiben vom 15.01.2013 kündigte die Prüfstelle den Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses unter Fristsetzung von einem Monat zur Erwiderung auf den Bescheid vom 18.07.2012 an. Auch dieses Schreiben konnte dem … erst im dritten Versuch durch ein Einwurf-Einschreiben zugestellt werden. Mit Beschluss vom 03.06.2013 wies die Prüfungsstelle die Patentanmeldung zurück. Dieser Beschluss wurde der … zugestellt, und dort auch am 06.06.2013 empfangen.
Gegen den Beschluss legte der Kläger Beschwerde zum … ein, in der er u.a. geltend machte, … sei wegen einer psychischen Erkrankung zur Zeit der Zustellversuche geschäftsunfähig gewesen, weshalb die Zustellungen unwirksam gewesen seien.
Das … bewilligte dem Kläger für das Verfahren mit Beschluss vom 11.07.2017 Verfahrenskostenhilfe. Mit Beschluss vom 04.10.2017 hob es den Zurückweisungsbeschluss 03.06.2016 auf und verwies das Verfahren an das … zurück. Das …sah die Zustellungen als unwirksam an, da nach Auffassung des … im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten nicht gegeben gewesen sein. Zudem sei der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör missachtet worden.
Im August 2018 wurde dem Kläger das Patent schließlich erteilt.
Der Kläger nimmt vor dem Landgericht München I (Az. 7 O 21946/16) … sowie die … (Az. 21 O 8885/20) in Anspruch. In beiden verfahren wurde ihm Prozesskostenhilfe bewilligt.
Der Kläger bringt vor, durch die fehlerhafte Zurückweisung sei es zu einer Verzögerung von sechs Jahren gekommen. Er habe bereits im Jahr 2014 eine Patentverletzung durch die … bzw. … beobachtet. Allerdings sei es ihm wegen der Verschleppung nicht möglich gewesen, die …uf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Die Durchsetzung seiner Rechte gegen die … sei dadurch erschwert worden, auch sei er an einer Vermarktung seiner Erfindung gehindert worden.
Der Kläger ist der Auffassung, das … hätte jedenfalls ihn verständigen müssen, nachdem es festgestellt hatte, dass eine Zustellung an … nicht möglich war.
II.
Die Klage ist derzeit ohne Aussicht auf Erfolg, weshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu versagen ist.
Der Kläger macht einen Schaden geltend, der durch die verzögerte Erteilung des Patents entstanden sein soll.
Im Rahmen einer positiven Feststellungsklage muss der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen beweisen. Soweit es auf eine Schadensentstehung ankommt, hat er aber nur deren Wahrscheinlichkeit zu beweisen (BGH ZZP 85, 245); hierin liegt keine Reduzierung des Beweismaßes, sondern eine materiell-rechtliche Besonderheit (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 256 ZPO, Rn. 18).
Derzeit fehlt es daran.
1. Zum einen ist offen, für welchen Zeitraum (für die Bemessung des Schadens) eine etwaige Pflichtverletzung der Mitarbeiter des … kausal war. Der Kläger geht zwar von einem Zeitraum von sechs Jahren (vom Erlass des Prüfungsbescheids bis zur Erteilung des Patents) aus. Das ist vorliegend unzutreffend. Denn zum Zeitpunkt des Erlass des Prüfungsbescheids lagen die Voraussetzungen für die Erteilung des Patents ersichtlich nicht vor. Es fehlt daher auch an jeglichem Vortrag, wie der Verlauf des Prüfungsverfahrens gewesen wäre, wenn das … spätestens bei dem Rücklauf des zweiten Zustellversuchs des Prüfungsbescheids erkannt hätte, dass … offensichtlich nicht zu erreichen ist.
2. Zudem ist ein Anspruch derzeit nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen.
Unstreitig handelten die Mitarbeiter des … nicht vorsätzlich.
Nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Beamte bei fahrlässigem Verhalten nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Die Unmöglichkeit, anderweitig Ersatz zu erlangen, bildet damit einen Teil des Tatbestandes, aus dem der Amtshaftungsanspruch hergeleitet wird. Ist der Schaden daher nicht allein aufgrund der verübten Amtspflichtverletzung entstanden, sondern auch aufgrund des Verhaltens anderer Schädiger, oder kann der Schaden auf andere Weise ersetzt werden, ist der Geschädigte – von Gesetzes wegen, ohne dass es einer entsprechenden Einrede bedürfte – darauf verwiesen, diese andere Ersatzmöglichkeit in Anspruch zu nehmen (BeckOGK/Dörr, 1.5.2021, BGB § 839 Rn. 614)
Da es darauf ankommt, dass der Geschädigte anderweitig Ersatz erlangen kann, ist nicht allein darauf abzustellen, dass ein Ersatzanspruch besteht, der vielleicht nach einem länger dauernden Rechtsstreit zugesprochen werden könnte. Der Geschädigte, zu dessen Lasten Amtspflichten verletzt worden sind und der deswegen prinzipiell ein Recht auf alsbaldigen Ersatz hat, kann deshalb nicht auf Ersatzmöglichkeiten verwiesen werden, die weitläufig und schwierig sind oder die er nicht oder jedenfalls nicht in absehbarer oder angemessener Zeit durchsetzen kann. Vielmehr muss die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeiten für ihn zumutbar sein.
Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die Sicht ex ante abzustellen. Grundsätzlich ist – bezogen auf den Zeitpunkt der Klageerhebung – eine Prognose über die Erfolgsaussichten der anderweitigen Ersatzmöglichkeit anzustellen (BeckOGK/Dörr, 1.5.2021, BGB § 839 Rn. 647, 648).
Vorliegend hat der Kläger bereits … und die … gerichtlich in Anspruch genommen. Für beide Verfahren wurde Prozesskostenhilfe bewilligt, d.h., die zuständigen Kammern gingen offensichtlich davon aus, dass die beabsichtigten Klagen nicht aussichtslos sind. Daher muss der Kläger zunächst versuchen, seinen Anspruch in diesen Verfahren durchzusetzen. Ob danach noch ein (Teil-)Schaden verbleibt, für den ggf. das … haften könnte, ist derzeit vollkommen offen.
3. Insoweit kann offen bleiben, ob eine Haftung der … nicht auch deshalb ausgeschlossen wäre, weil der Kläger selbst keine Anträge nach § 123a PatG gestellt hat.
Der Antrag war daher zurückzuweisen.


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