Kosten- und Gebührenrecht

Erfolglose Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Niederlassungserlaubnis

Aktenzeichen  10 C 18.2430

Datum:
4.3.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3428
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 2 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 2 S. 1, § 26 Abs. 4 S. 4, § 33, § 35
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Prozesskostenhilfe ist nicht bereits dann zu gewähren, wenn die entscheidungserhebliche Frage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rüge, das Erstgericht habe in einer 22-seitigen PKH-Entscheidung keine summarische, sondern eine umfassende Hauptsacheprüfung vorgenommen und dabei die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen, ist nicht geeignet, überspannte Prüfungsanforderungen und das Vorliegen einer Erfolgsaussicht im maßgeblichen Zeitpunkt darzulegen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 4 K 17.997 2018-11-06 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, mit der der Kläger seinen in erster Instanz abgelehnten Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe für seine Klage auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, hilfsweise einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG, weiterverfolgt, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind nicht erfüllt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung zum für die Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe maßgeblichen Zeitpunkt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs, die regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme eintritt (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 3.1.2018 – 10 C 17.2195 – juris Rn. 3 m.w.N.), im vorliegenden Fall also auf den auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Beurteilungszeitpunkt Ende Januar 2018. Deshalb stünde einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen, dass mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2018 mit Beschluss des Senats (ebenfalls) vom 4. März 2019 im Parallelverfahren 10 ZB 18.2673 rechtskräftig über das Klagebegehren des Klägers entschieden ist.
Die Klage des Klägers hat jedoch auch nach der maßgenblichen ex-ante-Perspektive (vgl. BVerfG, B.v. 22.8.2018 – 2 BvR 2647/17 – NVwZ-RR 2018, 873 Rn. 18 f.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn nach summarischer Prüfung besteht der geltend gemachte Rechtsanspruch des Klägers auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, hilfsweise einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG, nicht.
Entgegen der mit der Beschwerde vorgetragenen Kritik hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung die Bedeutung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzgleichheit und die Anforderungen an das Vorliegen einer Erfolgsaussicht nicht verkannt. Es hat insbesondere nicht etwa schwierige, noch nicht geklärte Rechtsfragen oder klärungsbedürftige Tatsachenfragen im Prozesskostenhilfeverfahren „durchentschieden“. Prozesskostenhilfe ist nicht bereits dann zu gewähren, wenn die entscheidungserhebliche Frage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint (stRspr des BVerfG, vgl. zuletzt B.v. 5.12.2018 – 2 BvR 1122/18 u.a – juris Rn. 12 m.w.N.). Letzteres ist vorliegend aber der Fall.
Dass der vom Kläger angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts insgesamt 22 Seiten, davon elf Seiten rechtliche Gründe, umfasst, ist der ausführlichen Sachverhaltsdarstellung und der eingehenden Begründung der Klageabweisung unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten (Anspruchsgrundlagen) geschuldet, spricht aber entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht von vornherein für die „Schwierigkeit“ der entschiedenen Fragen. Die in der Beschwerde wiederholte Rüge, das Erstgericht habe keine summarische, sondern eine umfassende Prüfung der Hauptsache vorgenommen und dabei die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen, ist nach Maßgabe der oben dargelegten Grundsätze allein ebenfalls nicht geeignet, überspannte Prüfungsanforderungen und das Vorliegen einer Erfolgsaussicht im maßgeblichen Zeitpunkt darzulegen. Vielmehr hat das Erstgericht unter zutreffender Berücksichtigung der konkreten aufenthaltsrechtlichen Ausgangslage und des bisherigen Integrationserfolgs des Klägers, der negativen Prognose bezüglich einer dauerhaften Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG sowie der beim Kläger aufgrund seiner Straftaten entgegenstehenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG) einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, § 26 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 35 AufenthG und § 9 AufenthG zu Recht verneint. Auch den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG hat das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt.
Die umfangreichen persönlichen Einlassungen des Klägers zuletzt mit seiner Erklärung vom 21. Januar 2019, worin er seine aufenthaltsrechtliche Situation als hier aufgewachsener „faktischer Inländer“ ohne Daueraufenthaltsrecht beklagt und sich als von der Ausländerbehörde diskriminierend bzw. schikanös behandelt schildert, sind nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts inhaltlich in Zweifel zu ziehen bzw. die vom Erstgericht verneinte Erfolgsaussicht seines Rechtsschutzbegehrens darzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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