Kosten- und Gebührenrecht

Erfolgloser Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Anwalts

Aktenzeichen  8 C 18.745

Datum:
26.4.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18307
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 67 Abs. 4 S. 1, § 147 Abs. 1 S. 2
ZPO § 117 Abs. 2
StPO § 397a Abs. 1

 

Leitsatz

1 Eine analoge Anwendung von § 397a Abs. 1 StPO zu der Bestellung eines Rechtsanwalt als Beistand für einen Nebenkläger im verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren scheidet aufgrund des Ausnahmecharakters dieser Bestimmung, mangels Regelungslücke und Vergleichbarkeit beider Verfahrensarten aus. (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 S. 1 VwGO wegen eines Prozesskostenhilfeantrags setzt voraus, dass ein vollständiges Gesuch innerhalb der Frist beim Gericht eingereicht wurde. Dies umfasst die Darlegung der finanziellen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe durch die Abgabe einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 17.1359 2018-03-14 Ent VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde wird verworfen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der vom Kläger persönlich gestellt werden konnte (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO), war abzulehnen, weil der Kläger die nach § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Angaben über die persönlichen Verhältnisse nicht abgegeben hat. Er war durch das gerichtliche Hinweisschreiben vom 9. April 2018 auf den Vertretungszwang vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sowie auf die Notwendigkeit der Abgabe einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen worden (der Versuch, ihn vorab per Telefax am 6.4.2018 auf die Unvollständigkeit des Antrags hinzuweisen, war zuvor gescheitert). Der Kläger hat die Notwendigkeit dieser Angaben in den Telefaxen vom 11. April und vom 12. April 2018 bestritten. Seine Ausführungen dürften auf § 397a Abs. 1 StPO abzielen, wonach in bestimmten Fällen der Nebenklage ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen ist. Der Kläger verkennt dabei jedoch grundlegend die gesetzliche Systematik. In § 397a Abs. 1 StPO ist zwar eine entsprechende Ausnahme vorgesehen, die Bestimmung findet aber lediglich in Strafprozessen Anwendung und nicht in verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren. Eine Analogie scheidet aus mehreren Gründen aus: aufgrund des Ausnahmecharakters dieser Bestimmung, mangels Regelungslücke und mangels Vergleichbarkeit beider Verfahrensarten. Es geht hier nicht darum, dass sich ein Geschädigter als Nebenkläger einer öffentlichen Klage in einem Strafverfahren anschließt.
2. Das vom Kläger persönlich eingelegte, als Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. März 2018 auszulegende Rechtsmittel ist unzulässig, weil es an der nach § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlichen Vertretung fehlt und dieser Mangel nicht mehr innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO behoben werden kann.
Gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO muss sich ein Beteiligter vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof – außer in Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten, namentlich durch einen Rechtsanwalt, vertreten lassen. Das Vertretungserfordernis gilt bereits für die Stellung des Zulassungsantrags beim Verwaltungsgericht (§ 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO).
Der Kläger wurde über das Vertretungserfordernis in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts ordnungsgemäß belehrt. Die Beschwerdefrist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist abgelaufen, ohne dass eine von einem Prozessbevollmächtigten gefertigte Beschwerde eingegangen ist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines Prozesskostenhilfeantrags kann dem Kläger nicht gewährt werden. Dies setzt voraus, dass ein vollständiges Gesuch innerhalb der Frist beim Gericht eingereicht wurde (vgl. BGH, B.v. 13.2.2008 – XII ZB 151/07 – juris Rn. 10; B.v. 13.12.2016 – VIII ZB 15/16 – juris Rn. 12; Greger in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 233 Rn. 23, jeweils m.w.N.), also auch die finanziellen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargelegt wurden (vgl. BVerwG, B.v. 21.1.1999 -1 B 3.99, 1 PKH 1.99 – juris Rn. 3; B.v. 10.11.2016 – 9 PKH 3.16 – juris Rn. 2 m.w.N.), was hier nicht der Fall war (vgl. oben). Gründe dafür, dass der Kläger ohne Verschulden gehindert war, die erforderlichen Unterlagen fristgerecht einzureichen, sind nicht ersichtlich. Der Kläger vertritt vielmehr – ebenso wie im gleichgelagerten Verfahren 8 ZB 18.744 – einen unzutreffenden Rechtsstandpunkt. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO (vgl. zur Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung BayVGH, B.v. 8.8.2011 – 8 C 11.1451 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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