Kosten- und Gebührenrecht

Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss – keine erneute Verfahrensgebühr für nachfolgendes Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO

Aktenzeichen  M 7 M 18.51988

Datum:
10.12.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 45923
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 15 Abs. 2, § 16 Nr. 5
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 165 S. 1

 

Leitsatz

1. Gemäß § 16 Nr. 5 RVG stellen das Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar. Gebühren dürfen in derselben Angelegenheit gem. § 15 Abs. 2 RVG nur einmal gefordert werden. Daher kann ein bereits im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO tätig gewordener Prozessbevollmächtigter für das nachfolgende Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht erneut eine Verfahrensgebühr und Auslagenpauschale nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG beanspruchen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO stellt ein selbstständiges neues Verfahren über die Neuregelung der Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts für die Zukunft dar. Es ist keine besondere Art eines Rechtsmittelverfahrens für Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 VwGO. Für den Fall, dass im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO keine weiteren anwaltschaftlichen Kosten entstanden sind, als diejenigen, die schon im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden waren, geht die dort erfolgte Kostengrundentscheidung ins Leere. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 4. Juni 2018.
Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 (Az. M 7 S 14.50622) lehnte das Gericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der Antragstellerin ab und legte ihr die Kosten des Verfahrens auf. Mit Beschluss vom 20. März 2015 ( Az. M 7 S7 15.50296) änderte das Gericht den Beschluss vom 24. Februar 2015 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO ab, ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundeamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Oktober 2014 unter Nr. 2 enthaltende Abschiebungsandrohung an und legte die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auf. Im Ausgangs- und Abänderungsverfahren war die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten vertreten.
Mit Schreiben vom 2. Mai 2018 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin Kostenfestsetzung im Verfahren M 7 S7 15.50296.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Juni 2018 lehnte die Urkundsbeamtin die Kostenfestsetzung ab. Zur Begründung führte sie aus, die Tätigkeit eines sowohl im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO als auch im nachfolgenden Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO tätigen Rechtsanwalts betreffe dieselbe Angelegenheit, so dass die Gebühren des Abänderungsverfahrens – da bereits im Ausgangsverfahren entstanden – nicht nochmals erstattungsfähig seien.
Am 19. Juni 2018 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts.
Es sei ein Unterschied zwischen „entstanden“ und „fordern“; er fordere die Gebühr nur einmal, d.h. hier von der Gegenseite und nicht vom Mandanten. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass der Arbeitsanfall bereits im vorangegangenen Verfahrensabschnitt entstanden sei; der Arbeitsanfall sei jeweils gleich gewesen. Im Übrigen beziehe er sich auf die Veröffentlichung “Kostenerstattung nach zunächst erfolglosem Verfahren nach § 80 V VwGO und späterem erfolgreichem Abänderungsverfahren nach § 80 VII VwGO“ von Horst-Reiner Enders (JurBüro 2016, 393).
Die Urkundsbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen und am 2. Juli 2014 dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat sich mit Schriftsätzen vom 18. Juli 2018 und 10. August 2018 der Rechtsauffassung der Kostenbeamtin angeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden sowie der Verfahren M 7 S 14.50622 und M 7 S7 15.50296 verwiesen.
II.
Über die Erinnerung entscheidet das Gericht in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde, hier also durch den Einzelrichter nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG.
Die gemäß § 165 Satz 2 i.V.m. § 151 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Kostenerinnerung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Urkundsbeamtin hat eine Festsetzung der vom Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Kostenantrag vom 2. Mai 2018 geltend gemachten Gebühren für das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO zu Recht abgelehnt.
Nach § 16 Nr. 5 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes – RVG – stellen das Verfahren auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren über deren Abänderung oder Aufhebung gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit dar. Wirtschaftlicher Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass der Rechtsanwalt in Abänderungs- und Aufhebungsangelegenheiten im Hinblick auf Verfahren, in denen er vorher tätig war, in der Regel keine besondere Einarbeitungszeit benötigt, sondern vielmehr ohne weiteres auf seine frühere Arbeit zurückgreifen kann (vgl. BayVGH, B. v. 24.4.2007 – 22 M 07.40006 – juris Rn. 6). Gebühren dürfen in derselben Angelegenheit gemäß § 15 Abs. 2 RVG nur einmal gefordert werden. Daher kann ein – wie hier – bereits im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO tätig gewordener Prozessbevollmächtigter für das nachfolgende Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht erneut eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG beanspruchen und keine gesonderte Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG verlangen. Diese Gebühren sind bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden und daher im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht erstattungsfähig (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 15.8.2014 – 13 L 644/14.A – juris, m.w.N.).
Die erst im Abänderungsverfahren zugunsten des Antragstellers erfolgte Kostengrundentscheidung bezieht sich nur auf das Abänderungsverfahren selbst und regelt damit die Kostenerstattungspflicht nur für die im Abänderungsverfahren neu angefallenen Kosten. Sie ersetzt nicht die im Ausgangsverfahren ergangene Kostenentscheidung, diese bleibt vielmehr erhalten (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Rdnr. 108 zu § 80). Denn das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO stellt ein selbständiges neues Verfahren und keine besondere Art eines Rechtsmittelverfahrens für Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 VwGO dar. Gegenstand des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO ist nicht die Überprüfung der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern die Neuregelung der Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts für die Zukunft. Für den Fall, dass – wie hier – im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO keine weiteren anwaltschaftlichen Kosten entstanden sind, als diejenigen, die schon im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden waren, geht die neue Kostengrundentscheidung ins Leere (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2012 – 9 C 11.3040 – juris Rn. 13; VG Karlsruhe, B.v. 1.10. 2018 – A 10 K 4749/18 – juris Rn. 4 m.w.N.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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