Aktenzeichen M 19 M 19.32849
VwGO § 151, § 165
Leitsatz
Tenor
I. Die Kostenerinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom … April 2019 hatte das Bayerische Verwaltungsgericht München im Verfahren M 19 K 17.41822 den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 17. Mai 2017 in dessen Nr. 2 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Asylgesetz (AsylG) zuzuerkennen. Aufgrund des vollumfänglichen Erfolgs der Klage, wurden im Gerichtsbescheid die Kosten der Antragsgegnerin auferlegt.
In ihrem Kostenfestsetzungsantrag machten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers u.a. auch eine 1,2-fache Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom … Juli 2019 kürzte das Verwaltungsgericht München die beantragten Kosten um die Terminsgebühr. Begründet wurde dies damit, dass zwar ein Gerichtsbescheid ergangen sei, aufgrund des vollständigen Obsiegens in der Hauptsache aber mangels Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses kein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt habe werden können (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG).
Mit am … August 2019 bei Gericht eingegangenen Schreiben beantragte der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten
die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, entscheidend sei, ob ein Antrag auf mündliche Verhandlung überhaupt gestellt habe werden können. Dies sei für die Gegenseite möglich gewesen. Deshalb sei die fiktive Terminsgebühr angefallen.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 19 K 17.41822 verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung ist zulässig (§§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Erinnerung ist unbegründet. Die Kostenbeamtin hat zu Recht bei der Festsetzung der dem Kläger zu erstattenden Kosten (§§ 164, 162 Abs. 1 und 2 VwGO) die beantragte Terminsgebühr nicht angesetzt. Die streitgegenständliche Terminsgebühr ist nicht zu erstatten. Da tatsächlich keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist allein zu entscheiden, ob eine fiktive Terminsgebühr zuzuerkennen ist. Diese ist vorliegend nicht der Fall, da eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht in zulässiger Weise beantragt hätte werden können.
Das RVG sieht in seiner Anlage 1 unter der Nr. 3104 Fälle der Erstattung der fiktiven Terminsgebühr vor. So entsteht gemäß Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG eine Terminsgebühr auch dann, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann.
Vorliegend erging zwar die Entscheidung durch Gerichtsbescheid, es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG, Antrag auf mündliche Verhandlung stellen zu können. Der Antragssteller hätte zwar formal die Möglichkeit gehabt, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des ihm vollumfänglich stattgebenden Gerichtsbescheids, mündliche Verhandlung zu beantragen. Ein solcher Antrag wäre jedoch unzulässig gewesen. Gegen einen Gerichtsbescheid kann nur derjenige Beteiligte einen zulässigen Antrag auf mündliche Verhandlung stellen, der durch diesen beschwert wird.
Nr. 3104 I Nr. 2 VV RVG will ebenso wie die übrigen Nummern des Absatzes verhindern, dass für den Prozessbevollmächtigten ein gebührenrechtlicher Anreiz entsteht, auf der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu bestehen. Vielmehr soll die Entscheidung, ob auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, ohne Rücksicht auf finanzielle Erwägungen allein nach verfahrensbezogenen Gesichtspunkten getroffen werden (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 16.8.2018 – 2 OA 1541/17). Bei fehlender Beschwer – die im Fall der obsiegenden Klagepartei besonders augenscheinlich ist – kann der Prozessbevollmächtigte keine mündliche Verhandlung erzwingen. Damit scheidet die Erstattung einer fiktiven Terminsgebühr insweit aus. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum 2. Kostenrechtsmodernierungsgesetz wird ausgeführt, dass die Entstehung der fiktiven Terminsgebühr konsequent auf die Fälle beschränkt werden solle, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen könne, weil nur in diesem Fall eine Steuerungswirkung notwendig sei (BR-Drs. 517/12, 428). Hieran fehlt es vorliegend.
Nach alledem war die Erinnerung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 Satz 1 GKG, hier auch aufgrund § 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).