Kosten- und Gebührenrecht

Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines auswärtigen Anwalts

Aktenzeichen  11 W 1194/19

Datum:
16.12.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43656
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91

 

Leitsatz

1. Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist („Rechtsanwalt am dritten Ort“), sind regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten (vgl. BGH BeckRS 2004, 04201). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch das Interesse, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen, erlaubt es einer Partei nicht, ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen Rechtsanwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung unabhängig davon zu beauftragen, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftssitz und dem Gerichtsort entfernt ist.  (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 HK O 961/19 2019-07-19 Kostenfestsetzungsbeschluss LGAUGSBURG LG Augsburg

Tenor

1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Augsburg vom 19.07.2019 wird dahingehend abgeändert, dass die von der Beklagtenpartei an die Klagepartei zu erstattenden Kosten gemäß § 104 ZPO nach dem Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 16.04.2019 auf 1.566,61 € (anstatt 1.486,41 €) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 16.05.2019 festgesetzt werden.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
3. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 85 % und die Beklagte 15 %.
4. Die Gerichtskosten trägt der Kläger. Die Gebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
5. Der Wert der Beschwerde beträgt 525,47 €.

Gründe

I.
Der Kläger, ein Interessenverband von Online-Unternehmern und ein Verband zur Förderung und Verfolgung gewerblicher Interessen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, machte mit der Klage vor dem Landgericht Augsburg (Az. 2 HK O 961/19) im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen eines Wettbewerbsverstoßes nach §§ 3, 3a UWG geltend.
Der in L… ansässige Verband wurde dabei durch einen Prozessbevollmächtigten mit Kanzleisitz in Bremerhaven im Verfahren vertreten.
Nach der am 16.04.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung, erließ das Landgericht Augsburg am 16.04.2019 ein Endurteil, durch welches dem Antrag der Verfügungsklägerin stattgegeben wurde. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt und der Streitwert auf 10.000,00 € festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 16.05.2019 machte die Klagepartei ihre Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von insgesamt 1.933,07 € zur Erstattung im Kostenfestsetzungsverfahren geltend. Dabei wurden anteilig – wegen mehrerer an aufeinanderfolgenden Tagen in verschiedenen Städten wahrgenommener Gerichtstermine, Reisekosten in Höhe von zusammen 446,66 € in Ansatz gebracht.
Die Beklagtenpartei wendet hiergegen ein, dass die geltend gemachten Fahrtkosten und Parkgebühren in Höhe von 412,06 € deutlich zu reduzieren seien, da lediglich die Reisekosten für die Beauftragung eines am Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig seien.
Hiergegen bringt die Klagepartei vor, die Vereinsstruktur der Verfügungsklägerin sei sehr komplex, es sei deshalb unumgänglich, dass ein Verfahrensbevollmächtigter beauftragt werde, der in die Problematik der Verbandsmaterie eingearbeitet sei und den Verfügungskläger und dessen Verbandsstruktur hinreichend gut kenne. Der hiesige Verfahrensbevollmächtigte habe den Verfügungskläger bereits seit mehreren Jahren regelmäßig in einer Vielzahl von Verfahren vertreten und sei deshalb als „Hausanwalt“ bzw. „Vertrauensanwalt“ zu behandeln. Zudem würden die fiktiven Reisekosten eines Rechtsanwalts am Sitz des Verfügungsklägers 563,40 € (brutto) bzw. 471,02 € (netto) betragen.
Mit Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 16.07.2019 wurden die von der Beklagtenpartei an die Klagepartei zu erstattenden Kosten auf 1.486,41 € nebst Zinsen festgesetzt. Mit Ausnahme der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung wurden die geltend gemachten Kosten antragsgemäß berücksichtigt. Die Erstattung der Reisekosten wurde unter Hinweis auf die Kommentarliteratur und einer BGH-Rechtsprechung abgelehnt, da die Verfügungsklägerin als Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen personell und sachlich so ausgestattet sein müsse, dass er in der Lage sei einen Prozessbevollmächtigten am Gerichtsort schriftlich zu instruieren.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.07.2019 legte die Klagepartei mit Schriftsatz vom 23.08.2019 sofortige Beschwerde ein, mit dem Antrag in Abänderung des angefochtenen Beschlusses weitere 525,47 € als Reisekosten festzusetzen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass zwar nicht mehr die Reisekosten eines Anwalts am dritten Ort, also von Bremerhaven aus, jedoch die fiktiven Reisekosten eines Rechtsanwaltes am Sitz der Partei (L…) als erstattungsfähig einverlangt würden. Unter Zugrundelegung der einfachen Fahrtstrecke von 530 km seien Fahrtkosten von 318,00 €, zweimal Abwesenheitsgeld von jeweils 70,00 €, Übernachtungskosten von 60,75 € und Parkgebühren von 6,72 € in Ansatz zu bringen.
Im Schriftsatz vom 17.09.2019 schloss sich die Beklagtenpartei der Rechtsauffassung des Landgerichts an, dass der Kläger einen Rechtsanwalt am Gerichtsort beauftragen hätte müssen und deshalb weder auf die Reisekosten aus Bremerhaven noch aus L… abzustellen sei, sondern wenn überhaupt lediglich die fiktiven Reisekosten, die bei der Anreise eines am weitest entfernten Ort im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalts entstehen, erstattungsfähig seien.
Der sofortigen Beschwerde wurde mit Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 23.09.2019 nicht abgeholfen und die Akten zur Beschwerdeentscheidung dem Oberlandesgericht München vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel des Klägers hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg. Sie führt zur Berücksichtigung der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines innerhalb des Gerichtsbezirks am weitesten vom Gerichtsort entfernt ansässigen Rechtsanwalts und zur Abänderung des Erstattungsbetrages um 80,20 € auf 1.566,61 €. Im Übrigen erwies sich die sofortige Beschwerde jedoch als unbegründet.
1. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung eine Erstattung der tatsächlich angefallenen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten für die Strecke von Bremerhaven nach Augsburg verneint, da hier die Zuziehung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwaltes nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO).
a) Ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig im Sinne des § 91 ZPO ist, lässt sich sinnvollerweise nur über eine typisierende Betrachtung entscheiden. In der Regel wird eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt, einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- bzw. Geschäftssitzes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und für eine sachgerechte Information des Rechtsanwalts zu sorgen (s. BGH, AGS 2004, 359 m.w.N. und BGH, Beschluss vom 08.03.2012, Az. IX ZB 174/10), so dass die Mehrkosten durch die Beauftragung eines Anwalts am dritten Ort regelmäßig nicht erstattungsfähig sind.
b) Die vom Bundesgerichtshof entwickelten besonderen Voraussetzungen für die ganz ausnahmsweise unbegrenzte Erstattung bei der regelmäßigen Beauftragung eines sogenannten „Hausanwaltes“ liegen hier gerade nicht vor (vgl. BGH, Urteil vom 21.1.2004 – IV ZB 32/03 -, JurBüro 2005, 263). Dies wäre der Fall, wenn ein bundesweit tätiges Unternehmen bei regelmäßig auftretenden rechtlichen Auseinandersetzungen, wie zum Beispiel bei einem großen Versicherer nach endgültiger Leistungsablehnung, seine Akten einem Rechtsanwalt überlässt, der aufgrund ständiger Geschäftsbeziehungen derartige Verfahren sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich weiter bearbeitet (siehe BGH, Beschluß vom 28.6.2006 – IV ZB 44/05 -, NJW 2006, 3008). Den maßgeblichen Grund für die kostenrechtliche Billigung der Vertretung des Versicherers durch einen externen Rechtsanwalt hat der Bundesgerichtshof darin gesehen, dass diesem anstelle sonst vom Versicherer einzustellender Mitarbeiter bei allen streitig werdenden Leistungsablehnungen die Mitgliedsakten regelmäßig ohne weitere Instruktionen zur selbständigen Weiterbearbeitung der Sache nach den ihm bekannten Geschäftsgrundsätzen seines Auftraggebers überlassen worden sind (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 – VIII ZB 92/07 -, NJW-RR 2009, 283). Eine vergleichbare Betrauung des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers mit einer vorprozessualen Betreuung und Aufbereitung der Sachen, wie sie sonst üblicherweise in Rechtsabteilungen vorgenommen werden, ist hier aber nicht ersichtlich. Vorliegend handelte es sich – um die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage durch einen Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen. Es liegt damit keine betriebswirtschaftliche Entscheidung eines Unternehmens vor, die in großer Zahl bundesweit und mit unterschiedlichen Gerichtsständen anfallenden Rechtsangelegenheiten in vorgerichtlicher und gerichtlicher Bearbeitung auf eine Rechtsanwaltskanzlei auszulagern. Anders als in den vorzitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und auch in denen des Senats (zuletzt Senatsbeschluss vom 04.01.2018 – 11 W 1750/17) zum sogenannten „Hausanwalt“, war hier auch von Anfang an eine gerichtliche Auseinandersetzung am Gerichtsstand der Beklagten absehbar. Die vorliegende Konstellation der Beauftragung des Rechtsanwalts seines Vertrauens ist gerade nicht mit der Ausnahmesituation einer Beauftragung eines „Hausanwaltes“ im Sinne der Rechtsprechung, vergleichbar.
c) Auch das Interesse, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen, erlaubt es einer Partei nicht, ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen Rechtsanwalt mit ihrer gerichtlichen Vertretung unabhängig davon zu beauftragen, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftssitz und dem Gerichtsort entfernt ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein auswärtiger Rechtsanwalt beauftragt werden musste, weil die Rechtsanwälte am Gerichtsort oder am Wohn- bzw. Geschäftssitz der Partei nicht die erforderlichen Spezialkenntnisse haben (BGH, Beschluss vom 22.04.2008 – XI ZB 20/07, BeckRS 2008, 10901). Das bedeutet, dass die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts am dritten Ort zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur dann ausnahmsweise notwendig ist, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden kann (BGH, Beschluss vom 20.12.2011 – XI ZB 13/11, BeckRS 2012, 03797). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Umstand, dass aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit zwischen dem Prozessbevollmächtigten und dem Kläger ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant entstanden ist, reicht vorliegend nicht aus, die Beauftragung als kostenrechtlich notwendig anzusehen (so auch Zöller/Herget, ZPO, 32. Auflage zu § 91 Rn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.; BGH, Beschluss vom 20.5.2008 – VIII ZB 92/07 -, NJW-RR, 2009, 283). Auch die durch etwaige Vorbefassung weiterreichenderen Kenntnisse von den zugrundeliegenden Sachverhalten rechtfertigen aus kostenrechtlichen Gesichtspunkt eine Beauftragung des auswärtigen Rechtsanwaltes nicht. So verneinte der Bundesgerichtshof die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten in der oben zitierten Entscheidung vom 20.12.2011, in der es um einen Medienfonds ging und der Prozessbevollmächtigte vorbrachte, er vertrete daneben noch mehr als hundert weitere Anleger desselben Fonds und verfüge durch jahrelange Befassung mit der Materie und dem konkreten Sachverhalt über besondere Spezialkenntnisse.
d) Im Grundsatz zutreffend ist damit der Ansatz, dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist („Rechtsanwalt am dritten Ort“), regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2003 – I ZB 21/03, NJW-RR 2004, 855, 856 – Auswärtiger Rechtsanwalt III; Beschl. v. 11.3.2004 – VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 f.; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 91 Rdn. 13 „Reisekosten des Anwalts“, m.w.N.).
e) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann jedoch eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird.
aa) Dies kommt in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat; in einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren (s. BGH, NJW-RR 2004, 856, Rz. 6).
bb) Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch kann aber auch dann entbehrlich sei, wenn die Sache vom Kläger selbst oder von Mitarbeitern bearbeitet wird, die in der Lage sind, einen am Gerichtsort ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend über das Streitverhältnis in Kenntnis zu setzen. Dies kann anzunehmen sein, wenn es sich um rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist (BGH, Beschluss vom 08.03.2012, Az. IX ZB 174/10; BGH, NJW-RR 2004, S. 1724; BGH, NJW-RR 2004, S. 857; BGH, NJW-RR 2008, S. 654).
cc) Wie der Bundesgerichtshof erstmals in seiner Entscheidung vom 18.12.2003 – I ZB 18/03 (Auswärtiger Rechtsanwalt IV; NJW-RR 2004, 856) ausführt, ist ein Verband zur Verfolgung gewerblicher Interessen in der Regel ebenso wie ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung in der Lage, einen Prozessbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts schriftlich zu instruieren, selbst wenn keine eigenen Juristen beschäftigt werden (vgl. auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 24. Auflage, Nrn. 7003-7006 VV RVG Rn. 133; nochmals bestätigt auch für den Fall eines eingetragenen Verbraucherverbandes: BGH, Beschluss vom 12.12.2012, – IV ZB 18/12 – NJW-RR 2013, 242)
Das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren wies ausweislich der Entscheidungsgründe des Endurteils vom 16.04.2019 weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten auf, zumindest wurden solche auch nicht vorgebracht. Allein der Umstand, dass die Verbandsstruktur des Klägers komplex sei, rechtfertigt aus Kostengesichtspunkten noch nicht die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwalts. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger – nach eigenen Vortrag – regelmäßig Verfahren mit ähnlicher Zielsetzung betreibt, wäre es auch zumutbar die Verbandsstruktur und auch die weiteren eine Aktivlegitimation des Klägers betreffenden Fragen einheitlich und schriftlich für die jeweiligen Verfahrensbevollmächtigen am Gerichtsort aufzubereiten.
f) Vor diesem Hintergrund ist die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwaltes, sei es am Geschäftssitz des Klägers (L…) oder am dritten Ort (Bremerhaven), nicht als notwendig anzusehen und damit nicht erstattungsfähig.
2. Auf den Umstand, dass soweit hier die fiktiven Reisekosten eines am Geschäftssitz des Klägers ansässigen Rechtsanwaltes (525,47 €) höher sind als die ursprünglich geltend gemachten tatsächlich angefallenen Reisekosten des Anwalts am dritten Ort (446,66 €), nur auf die niedrigeren tatsächlichen Kosten abzustellen ist, kommt es insoweit nicht mehr an.
3. Ist die Hinzuziehung des auswärtigen Anwalts – wie hier der Fall – als nicht notwendig anzusehen, führt dies aber nicht zum völligen Ausschluss der Kostenerstattung in Bezug auf die Reisekosten. Vielmehr sind die Kosten dieses Anwalts zu erstatten bis zur Höhe der erstattungsfähigen Kosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts. Dabei ist auf die höchstmögliche Entfernung im Gerichtsbezirk abzustellen, also auf den vom Gericht am weitesten entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirks (vgl. Schneider: Erstattung der anwaltlichen Reisekosten im Zivilprozess, NJW 2017, 307 ff mit einer umfassenden Rechtsprechungsübersicht). Darf nämlich eine Partei bei einem Streitfall einen im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalt beauftragen, ist sie, soweit dessen Reisekosten nicht überschritten werden, nicht daran gehindert, auch die tatsächlichen Reisekosten des von ihr beauftragten, nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens erstattet zu bekommen; das gilt auch dann, wenn die Beauftragung selbst nicht im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO notwendig war. Schutzwürdige Belange der gegnerischen Partei, nicht mit zusätzlichen Kosten belastet zu werden, sind wegen der Begrenzung der Kostenerstattung auf – maximal – die Reisekosten eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts, mit denen sie immer rechnen muss, nicht betroffen (vgl. BGH, GRUR 2004, 447 [juris Rn. 8] – Auswärtiger Rechtsanwalt III zur Erstattung fiktiver Reisekosten des „Rechtsanwalts am dritten Ort“; zuletzt klarstellend: BGH, Beschl. v. 9.5.2018 – I ZB 62/17 – NJW 2018, 2572).
Vorliegend ist für den hier relevanten Landgerichtsbezirk Augsburg die Distanz von 92 km zur Gemeinde Fremdingen heranzuziehen. Unter Zugrundelegung der doppelten Fahrstrecke und der Abwesenheitspauschale von 25 € ergeben sich als fiktive Reisekosten für die Wahrnehmung des Termins ein Betrag von 80,20 €.
7. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Gerichtskosten sind nur angefallen, soweit die sofortige Beschwerde zurückgewiesen wurde. Sie sind deshalb von dem Verfügungskläger zu tragen. Wegen des nicht ganz unerheblichen Erfolgs des Rechtsmittels war es sachgerecht, die Gebühr auf die Hälfte zu ermäßigen (Nr. 1812 KV-GKG).


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