Kosten- und Gebührenrecht

Gegenstandswert bei Klagen auf Fortsetzung des Asylverfahrens

Aktenzeichen  M 11 M 17.47741

Datum:
30.1.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2799
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 76, § 80, § 83b
RVG § 30 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

„Besondere Umstände des Einzelfalls“ im Sinne des § 30 Abs. 2 RVG bestehen nicht schon dann, wenn die Geltendmachung eines bestimmten Klageanspruchs nach der Klageart bzw. dem Streitgegenstand einen geringeren oder höheren Arbeitsaufwand erfordert als eine „gewöhnliche“ auf eine Sachentscheidung gerichtete Asylklage, sondern nur dann, wenn aufgrund konkret-individueller Gegebenheiten des Falles eine Abweichung gerechtfertigt ist (Anschluss an VG Lüneburg BeckRS 2017, 117735). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Klage der Antragsgegner im Verfahren M 11 K 16.30806, in dem die Antragsgegner beantragt hatten, die Antragstellerin zu verpflichten, ihr Asylverfahren fortzuführen und über ihre Anträge zu entscheiden, wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 22. Februar 2017 stattgegeben und die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 bzw. § 161 Abs. 2 VwGO der Antragstellerin auferlegt worden.
Mit Schreiben vom 23. April 2017 gab der Bevollmächtigte der Antragsgegner zum Zwecke der Kostenfestsetzung die notwendigen Auslagen der Antragsgegner in Höhe von 1.307,57 EUR bekannt und legte dabei einen Streitwert von 5.000 EUR zugrunde.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Mai 2017 (zugestellt am 23. Mai 2017) wurden die entstandenen notwendigen Aufwendungen antragsgemäß auf 1.307,57 EUR festgesetzt.
Die Antragstellerin beantragte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss mit Schriftsatz vom 23. Mai 2017, eingegangen bei Gericht am 26. Mai 2017 die Entscheidung des Gerichts.
Zudem wurde die vorläufige Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel beantragt. Außerdem wurde unter Bezug auf die allgemeinen Prozesserklärungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Februar 2016, 24. März 2016 und 27. Juni 2017 beantragt, den Gegenstandswert aus Billigkeitsgründen mit der Hälfte des Regelstreitwerts nach § 30 Abs. 1 RVG festzusetzen.
Zur Begründung wurde geltend gemacht, das auf die Fortsetzung des Asylverfahrens gerichtete Klage Ziel einer Untätigkeitsklage sei nach Bedeutung und Aufwand nicht mit einer Sachentscheidung vergleichbar und der Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG unbillig. Der Arbeitsaufwand im Asylverfahren dürfe nicht berücksichtigt werden.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 14. September 2017 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem und im Verfahren M 11 K 16.30806 verwiesen.
II.
Die Entscheidung über die Kostenerinnerung erfolgt durch den Berichterstatter als Einzelrichter, da die insoweit maßgebliche Kostenlastentscheidung in der Hauptsache nach Maßgabe von § 76 AsylG durch den Berichterstatter als Einzelrichter getroffen worden ist und das Gericht über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung entscheidet, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen worden ist (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 21. Auflage 2015, § 165, Rn. 3).
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist unbegründet.
Strittig ist ausschließlich der zugrunde gelegte Gegenstandswert. Dem Kostenfestsetzungsbeschluss wurde zutreffend der Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG zugrunde gelegt.
Eine abweichende Festsetzung des Gegenstandswerts aus Billigkeitsgründen gemäß § 30 Abs. 2 RVG ist nicht veranlasst. „Besondere Umstände des Einzelfalls“ im Sinne dieser Vorschrift bestehen nicht schon dann, wenn die Geltendmachung eines bestimmten Klageanspruchs nach der Klageart bzw. dem Streitgegenstand einen geringeren oder höheren Arbeitsaufwand erfordert als eine „gewöhnliche“ auf eine Sachentscheidung gerichtete Asylklage, sondern nur dann, wenn aufgrund – hier nicht vorliegender – konkret-individueller Gegebenheiten des Falles eine Abweichung gerechtfertigt ist (vgl. VG Lüneburg, B. v. 11.7.2017 – 5 A 26/17 – juris Rn. 4 m.w.N. zum Meinungsstand; im Ergebnis ebenso für eine Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig BVerwG, U. v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 44; für eine Klage auf Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG BVerwG, B. v. 16.3.2016 – 1 B 19/16 – juris Rn. 12).
Dementsprechend bestand auch kein hinreichender Anlass, die Vollziehung des Kostenfestsetzungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Erinnerung auszusetzen (§ 165 Satz 2 i.V.m. § 151 Satz 3, § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO) – eine Tenorierung zu dem gestellten Antrag ist insoweit nicht veranlasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtsgebühren fallen im Erinnerungsverfahren unabhängig von § 83 b AsylG nicht an.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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