Kosten- und Gebührenrecht

Gegenstandswert für das Vollstreckungsverfahren im Asylrecht

Aktenzeichen  M 22 M 18.33549

Datum:
22.1.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15750
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 154 Abs. 1, § 165, § 172
RVG § 2 Abs. 2, § 13, § 25 Abs. 1 Nr. 3, § 30 Abs. 1 S. 1, Anlage I Nr. 3309, Anlage I Nr. 3310
AsylG § 80

 

Leitsatz

1. Der Gebührensatz im Vollstreckungsverfahren bezieht sich auf den Gegenstandswert (vgl. § 13 RVG), der sich bei einer Vollstreckung nach § 172 VwGO nach dem Wert bestimmt, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Dieser Wert ist zu schätzen und entspricht regelmäßig dem Wert der Hauptsache.  (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin (vormals Beklagte) wurde mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 2. Oktober 2017 (M 22 K 16.32442) verpflichtet, dem Antragsgegner (vormals: Kläger) unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 10. August 2016 die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Da die Antragstellerin dem vorbezeichneten Urteil in der Folge nicht nachgekommen war, beantragte der Antragsgegner mit am 21. Februar 2018 bei Gericht eingegangenem Schreiben sinngemäß die Vollstreckung aus dem Gerichtsbescheid vom 2. Oktober 2017 (M 22 V 18.31080). Das Vollstreckungsverfahren wurde nach Erlass des begehrten Bescheides am 7. Februar 2018 übereinstimmend für erledigt erklärt, die Kosten dieses Verfahrens wurden der Antragstellerin auferlegt.
Mit Schreiben vom 13. Juli 2018 gab der Bevollmächtigte des Antragsgegners zum Zwecke der Kostenfestsetzung die notwendigen Aufwendungen in Höhe von 129,81 Euro bekannt (ausgehend von einem Gegenstandswert von 5.000,00 Euro), die mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. August 2018 antragsgemäß festgesetzt wurden.
Mit Schreiben vom 3. September 2018, bei Gericht am 5. September 2018 eingegangen, beantragte die Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts. Zur Begründung wird angegeben, der Gegenstandswert bestimme sich nach § 25 RVG bei der Vollstreckung von Geldforderungen nach dem Betrag, für den die Vollstreckung betrieben wird. Dieser betrage entsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss hinsichtlich des ergangenen Gerichtsbescheids hier 492,54 Euro.
Der Antragsgegner beantragt
die Zurückweisung der Erinnerung.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 7. September 2018 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem und in den Verfahren M 22 K 16.32442 und M 22 V 18.31080 verwiesen.
II.
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung, über die durch den Berichterstatter zu entscheiden ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris Rn. 10) betreffend die dem Antragsgegner in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO entstandenen Kosten ist zulässig, jedoch unbegründet.
Dabei sei zunächst darauf hingewiesen, dass der vom Antragsgegner gestellte Vollstreckungsantrag – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – nicht auf eine Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss hinsichtlich des ergangenen Gerichtsbescheid abzielte, sondern erkennbar auf die Vollstreckung der im Gerichtsbescheid ausgesprochenen Verpflichtung auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 172 VwGO.
Bei einem Vollstreckungsverfahren nach §§ 167 ff. VwGO erhält der beauftragte Rechtsanwalt nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 3309 der Anlage I zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Vergütungsverzeichnis) eine 3/10-Vollstreckungsverfahrensgebühr (sowie ggf. eine 3/10-Vollstreckungsterminsgebühr nach Nr. 3310 des Vergütungsverzeichnisses). Der Gebührensatz bezieht sich dabei auf den Gegenstandswert (vgl. § 13 RVG), der sich bei einer Vollstreckung nach § 172 VwGO nach dem Wert bestimmt, den die zu erwirkende Handlung (Erlass des Anerkennungsbescheides) für den Gläubiger (Kläger des Ausgangsverfahrens) hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Dieser Wert ist zu schätzen und entspricht regelmäßig dem Wert der Hauptsache, hier also nach Maßgabe der Regelung des § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG einem Betrag von 5.000,00 Euro. Der Gegenauffassung, wonach für die Vollstreckung regelmäßig eine Herabsetzung des Wertes gerechtfertigt sei (vgl. etwa VG Stuttgart, B.v. 18.7.2018 – A 11 K 9544/16 – juris) bzw. unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs an die Zwangsgeldhöhe angeknüpft werden könne, folgt das Gericht nicht, da diese Ansätze nicht hinreichend auf das Erfüllungsinteresse hinsichtlich der Hauptsache als dem für die Wertbestimmung maßgeblichen Kriterium abstellen und im Übrigen bezüglich der Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit im Vollstreckungsverfahren der typischerweise geringeren Bedeutung gegenüber dem Betreiben des Erkenntnisverfahrens ohnehin durch die im Vergleich deutlich niedrigeren Gebührensätze Rechnung getragen ist (vgl. zum Ganzen Pietzner/Möller in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 35. Ergänzungslieferung September 2018, § 172 Rn. 61 mit Fn. 191; VGH BW, B.v. 12.7.2000 – 13 S 352/00 – juris Rn. 3 und HessVGH, B.v. 26.3.1999 – 11 TM 3406/98, 11 TM 4200/ 98 – juris Rn. 32).
Irgendwelche Umstände, die hier ausnahmsweise eine andere Bewertung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. August 2018 ist daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen

Europarecht

Schadensersatz, Ermessensentscheidung, Aussetzungsantrag, Kommission, Aussetzung, Fahrzeug, Vorabentscheidungsverfahren, Zeitpunkt, Beschwerde, Verfahren, Schriftsatz, Rechtssache, EuGH, Anspruch, Aussetzung des Rechtsstreits, erneute Entscheidung
Mehr lesen