Kosten- und Gebührenrecht

Kosten eines auswärtigen Bevollmächtigten bei Mediation und mündlicher Verhandlung

Aktenzeichen  M 23 M 17.1796, M 23 M 17.1797

Datum:
21.2.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 43618
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 165
RVG § 2 Abs. 2 Anlage 1

 

Leitsatz

1 Zusätzliche Kosten, die dadurch entstehen, dass sich ein Kläger eines Bevollmächtigten bedient, dessen Kanzleisitz nicht am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts liegt, sind nicht erstattungsfähig. Etwas anderes kann gelten, wenn Taxikosten auch bei einem ortsansässigen Bevollmächtigten als angemessen anzusehen sind. (Rn. 13) (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Terminsgebühr fällt nur einmal an, wenn über die Mediation hinaus auch noch in der mündlichen Verhandlung vertreten wird. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 6. April 2017 zu den ursprünglichen Verfahren M 23 K 14.1931 (hier: M 23 M 17.1797) und M 23 K 14.2596 (hier: M 23 M 17.1796) werden insofern aufgehoben, als die dem Bevollmächtigten der Antragsteller entstandenen Taxikosten und das Abwesenheitsgeld nicht gewährt wurden.
Die Neufassung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse nach Maßgabe dieses Beschlusses wird dem Urkundsbeamten übertragen.
Im Übrigen werden die Erinnerungen zurückgewiesen.
III. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Mit Urteil vom 19. Januar 2016 gab das Gericht in den Verfahren M 23 K 14.1931 und M 23 K 14.2596 den Verpflichtungsklagen der (jetzigen) Antragsteller auf Ergreifung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen zum Schutz der Anwohner statt. Die (jetzige) Antragsgegnerin wurde zur Kostentragung verpflichtet.
Der Bevollmächtigte der Antragsteller beantragte durch jeweiligen Schriftsatz vom 4. November 2016 jeweils Kostenfestsetzung für jeweils im Einzelnen bezeichnete Gebühren (im Verfahren M 23 K 14.1931, nunmehr: M 23 M 17.1797, in einen Gesamtbetrag in Höhe von (brutto) 5.208,75 EUR und im Verfahren M 23 K 14.2596, nunmehr: M 23 M 17.1796, in Höhe von (brutto) 3.159,21 EUR).
Am 6. April 2017 erließ der Urkundsbeamte des Bayerischen Verwaltungsgerichts München nach Anhörung der Antragsgegnerin jeweils einen Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach die erstattungsfähigen Aufwendungen im Verfahren M 23 K 14.1931 auf insgesamt (brutto) 3.040,21 EUR und im Verfahren M 23 K 14.2596 auf (brutto) 1.897,34 EUR festgesetzt wurden.
Auf die Begründungen wird Bezug genommen.
Durch jeweiligen Schriftsatz vom 24. April 2017, eingegangen am 24. April 2017, beantragte der Bevollmächtigte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Gerichts.
Zur (gleichlautenden) Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Terminsgebühr für das stattgefundene Mediationsverfahren zu Unrecht nicht angesetzt worden sei, dass für den Sitzungstag am 19. Januar 2016 ein zusätzliches Abwesenheitsgeld von mehr als 8 Stunden anzusetzen sei, dass die Taxikosten für die Strecke zwischen dem VG München und der A. … Straße hätten berücksichtigt werden müssen und dass auch eine Zusatzgebühr wegen mindestens dreier stattgefundener gerichtlicher Termine hätte angesetzt werden müssen.
Die Antragsgegnerin äußerte sich durch Schriftsätze vom 6. Juni 2017 durch Bezugnahme auf Schriftsätze im Kostenfestsetzungsverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Das Gericht verbindet die Verfahren entsprechend § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung.
Die gemäß §§ 165, 151 VwGO statthaften Erinnerungen haben lediglich im tenorierten Umfang Erfolg; sie waren im Übrigen zurückzuweisen.
Gegenstand der Erinnerungen sind die von der Antragseite bezeichneten Kosten. Einzelne Posten können nicht ohne Antrag geändert werden (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 165 Rn. 8).
Dies zugrunde legend erachtet es das Gericht als angemessen, dem Bevollmächtigten der Antragsteller die Taxikosten für die Fahrt zwischen dem Verwaltungsgericht München/ … … und dem Treffpunkt zu dem Augenscheinstermin in der A. … Str. 239, … … und zurück, zu erstatten.
Zwar trifft die Argumentation des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München zu, dass eine Erstattungsfähigkeit zusätzlicher Kosten nicht gegeben ist, wenn sich die Antragsteller eines Bevollmächtigten bedienen, dessen Kanzleisitz nicht am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts liegt.
Der Bevollmächtigte der Antragsteller hat zwar die Taxikosten ursprünglich wörtlich für eine Fahrt zwischen dem Verwaltungsgericht München und der A. … Straße während des Mediationstermins beansprucht. Dies war offenbar eine Fehlbezeichnung, da es während der Mediation ersichtlich keinen Augenscheintermin gegeben hat und ein solcher vor der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2016 erfolgte. Lediglich hierfür kommt Kostenerstattung in Betracht. Der Bevollmächtigte der Antragsseite hat dies mittlerweile korrigiert, die Fahrt selbst versichert und die Höhe der entstandenen Kosten berechnet, obwohl Belege der Fahrten nach wie vor nicht auffindbar waren.
Die Angemessenheit der Fahrtkosten mit einem Taxi gemäß VV 7004 (Anlage zu § 2 Abs. 2 RVG) ist nach Auffassung des Gerichts gegeben, da es zwar grundsätzlich so sein mag, dass ein Rechtsanwalt, der seinen Sitz im Stadtgebiet … hat, nicht auf ein Taxi angewiesen ist. Das Gericht berücksichtigt jedoch, dass – unterstellt, der Bevollmächtigte hätte seinen Sitz bsp. in einem Ort im äußeren Randbereich des Gerichtsbezirks – der Bevollmächtigte nach dem Eintreffen in … mit öffentlichen Verkehrsmitteln (dann: im Zentrum) nicht darauf verwiesen werden kann, mit weiteren innerstädtischen öffentlichen Verkehrsmitteln unter mehrfachem Umsteigen den Ort des Augenscheins deutlich außerhalb des Zentrums von … zu erreichen. Gleiches gilt für die Rückfahrt, wobei hier auch die nachfolgende und in den Räumen des VG München stattfindende mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen ist. Die grundsätzliche Angemessenheit der Nutzung eines Taxis ist nach Auffassung des Gerichts daher nicht in Frage zu stellen.
Weiterhin ist der Anspruch des Bevollmächtigten der Antragsteller auf ein Abwesenheitsgeld bei einer Geschäftsreise von mehr als 8 Stunden (VV 7005 Nr. 3, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) begründet. Zutreffend hat der Bevollmächtigte der Antragsteller in dem Antrag auf Entscheidung des Gerichts den zeitlichen Rahmen und den Ablauf der Termingestaltung am 19. Januar 2016 geschildert und berücksichtigt das Gericht auch hier den zu unterstellenden Umstand, dass der Bevollmächtigte seinen Sitz außerhalb …, jedoch noch innerhalb des Gerichtsbezirks, hat. (Selbst) bei dieser Unterstellung ist eine Geschäftsreise von mehr als 8 Stunden am 19. Januar 2016 zwischen Verlassen der Kanzlei bzw. Wohnung bis zum Wiederbetreten (Gerold/ Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 23. Auflage, VV 7003 – 7006, Rn. 67) realistisch und nachzuvollziehen.
Hingegen ist die Erinnerung sowohl zurückzuweisen, als sie eine Zusatzgebühr wegen mindestens dreier gerichtlicher Termine beansprucht, als auch im Hinblick auf die beanspruchte Gebühr für das gescheiterte Mediationsverfahren.
Das Gericht folgt insofern der Begründung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse (analog § 117 Abs. 5 VwGO) und ergänzt diese lediglich wie folgt:
„Der Urkundsbeamte des Bayerischen Verwaltungsgerichts München ist einerseits zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die beanspruchte Zusatzgebühr gemäß VV 1010 nicht vorliegen. Es mag zutreffen, dass – dann allerdings lediglich durch das terminlich gesondert vorgeschaltete und erfolglos verlaufende Mediationsverfahren – insgesamt drei „Termine“ stattgefunden haben. Das Gericht vermag jedoch schon nicht zu erkennen, dass es sich selbst dann um eine umfangreiche Beweisaufnahme gehandelt hätte, die den anfallenden Mehraufwand rechtfertigen würde. Es entspricht ständiger gerichtlicher Praxis und sachorientierter Erforderlichkeit, sich bei und im Rahmen (der Beanspruchung) straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen einen Eindruck der Gegebenheiten vor Ort zu verschaffen. Dementsprechend ist der von der Antragsseite für die Gebührenberechnung thematisierte dritte „Termin“ (Ortseinsicht) schon keine besondere umfangreiche Beweisaufnahme, auch wenn es der Antragspartei subjektiv so erscheinen mag. Ohnehin hat selbst in der sich an die Ortseinsicht anschließenden mündlichen Verhandlung eine „Vernehmung“ von Sachverständigen nicht stattgefunden, es wurden Vertreter der Beklagten und der von der Antragsseite zugezogenen Sachverständige lediglich informatorisch gehört.“
Schließlich vermag das Gericht einen Rechtsfehler nicht darin zu erkennen, dass der Urkundsbeamte für den Mediationstermin keine eigene Gebühr festgesetzt hat. Das Gericht schließt sich ausdrücklich der Auffassung an, wonach die Terminsgebühr nur einmal anfällt, wenn über die Mediation hinaus auch noch in der mündlichen Verhandlung vertreten wird, sei es wegen der Übertragbarkeit von § 278 Abs. 2 ZPO, sei es wegen der Übertragbarkeit von § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RVG (Gerold/Schmidt, a.a.O., VV Vorbemerkung 3, Rn. 211).
Das Gericht überträgt, soweit die Erinnerung – wie dargelegt – begründet ist, die erforderliche Anordnung dem Urkundsbeamten (§ 173 VwGO, § 572 Abs. 3 ZPO; vgl. Eyermann, a.a.O., § 165 Rn. 9 m.w.N.). Dem Urkundsbeamten obliegen die Berechnung der von dem Bevollmächtigten der Antragsteller beanspruchten Erstattung und die Aufgliederung auf die beiden Parallelverfahren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Antragsteller obsiegen lediglich zu geringem Anteil.


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