Kosten- und Gebührenrecht

Kostenbescheid betreffend einer lebensmittelrechtlichen Anordnung

Aktenzeichen  W 8 K 17.1298

Datum:
7.5.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 9931
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Art. 6 Abs. 1 S. 1, Art. 12 Abs. 3, Art. 16 Abs. 5
VO (EG) Nr. 882/2004 Art. 27 Abs. 1, Art. 28 S. 1, S. 3, Art. 54 Abs. 5
LFGB § 39, § 43 Abs. 4
GDVG Art. 21b

 

Leitsatz

Die für die Kostenerhebung zuständige Behörde entscheidet nach den Vorgaben des Kostengesetzes und unter Berücksichtigung von Billigkeit und Verhältnismäßigkeit über die Erhebung der Kosten. Dies kann im Einzelfall zur Folge haben, dass nur die Untersuchungskosten für die beanstandeten Parameter erhoben werden.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht trotz Nichterscheinens des ordnungsgemäß geladenen Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, da er auf diese Folge des Ausbleibens in der Ladung ausdrücklich hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
Die angegriffene Kostenentscheidung vom 9. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Nach verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers ist sein „Widerspruch“ gegen den streitgegenständlichen Bescheid als Anfechtungsklage auszulegen, mit der er die Aufhebung der Kostenentscheidung begehrt. Nach Art. 12 Abs. 3 KG ist die Kostenentscheidung grundsätzlich einer isolierten Anfechtung zugänglich und kann damit isoliert Gegenstand einer Klage sein.
Die mit Bescheid vom 9. Oktober 2017 in Nrn. 2 und 3 erhobenen Kosten beruhen auf § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB, Art. 54 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 KG und, soweit es die Höhe der festgesetzten Gebühr betrifft, auf Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 i.V.m. Tarif-Nr. 7.IX.11/1.3 des Kostenverzeichnisses, und Art. 6 Abs. 2 Satz 3 KG, Art. 5 Abs. 5 KG entsprechend.
Gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG erheben die Behörden des Freistaats Bayern für Tätigkeiten, die sie in Ausübung hoheitlicher Gewalt vornehmen (Amtshandlungen), Kosten (Gebühren und Auslagen). Zu deren Zahlung ist als Kostenschuldner derjenige verpflichtet, der die Amtshandlung veranlasst hat, hier also der Kläger. Gemäß Art. 10 Abs. 1 KG werden an Auslagen der an der Amtshandlung beteiligten Behörden und Stellen, soweit im Kostenverzeichnis nicht Ausnahmen vorgesehen sind, u.a. erhoben die anderen Behörden oder anderen Personen für ihre Tätigkeit zustehenden Beträge (Nr. 5). Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG bemisst sich die Höhe der Gebühren grundsätzlich nach dem Kostenverzeichnis. Nach der Tarif-Nr. 7.IX.11/1.3 des Kostenverzeichnisses ergibt sich für Anordnungen und Maßnahmen nach § 39 Abs. 2 und 5 LFGB ein Gebührenrahmen von 25,00 EUR bis 5.000,00 EUR. Da das Landratsamt vorliegend eine Anordnung nach diesen Vorschriften erlassen hat, ist die Tarif-Nr. 7.IX.11/1.1 des Kostenverzeichnisses, wonach bei der Durchführung zusätzlicher amtlicher Kontrollen im Sinn von Art. 28 Satz 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, soweit die Kosten nicht im Rahmen einer anderen Gebühr erhoben werden, neben der Gebühr Auslagen nicht erhoben werden, nicht anwendbar.
Die streitgegenständliche Gebühr liegt im unteren Bereich der Rahmengebühr. Die festgesetzte Gebühr ist nicht überhöht, sondern der Sachlage angemessen und ist auch gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG im Hinblick auf den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt ihm die Kosten für das Gutachten in Höhe von 80,00 EUR in Rechnung gestellt hat. Gemäß Art. 27 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 können die Mitgliedstaaten Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben, die durch die amtlichen Kontrollen entstehen. Nach dem Leitfaden des BayStMUG zur Anwendung der Lfd.Nr. 7.IX.11/ des Kostenverzeichnisses (Stand: 21. September 2009), Nr. 2.1.2 sind, wenn Anordnungen oder Maßnahmen getroffen werden und die Kontrolle – wie hier – nicht nach Art. 21b GDVG kostenpflichtig ist, die Kosten der Kontrolle, die zu diesen Anordnungen oder Maßnahmen geführt hat, über die entsprechenden Tarif-Stellen (insbesondere Tarif-Stellen 1.3 und 1.4) oder über Art. 6 Abs. 1 Sätze 2 oder 3 KG zu erheben. Nach Nr. 1.4 des Leitfadens ist die Untersuchung amtlicher Proben durch das LGL eine amtliche Kontrolle, wobei Nr. 1.1.3 (Kostenfreiheit beanstandungsfreier Regelkontrollen) entsprechend gilt. Das LGL teilt sämtliche Kosten der Untersuchung mit. Dabei schlüsselt es die durchgeführten Untersuchungen und die dafür jeweils angefallenen Kosten auf und teilt mit, welche Untersuchungsteile zu Beanstandungen geführt haben. Die für die Kostenerhebung zuständige Behörde entscheidet nach den Vorgaben des Kostengesetzes und unter Berücksichtigung von Billigkeit (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KG) und Verhältnismäßigkeit über die Erhebung der Kosten. Dies kann im Einzelfall zur Folge haben, dass nur die Untersuchungskosten für die beanstandeten Parameter erhoben werden. Hiervon hat das Landratsamt vorliegend Gebrauch gemacht und dem Kläger nicht die vollen Kosten des Gutachtens auferlegt, wie es im Regelfall möglich wäre, sondern lediglich die Kosten für die bei der Untersuchung beanstandeten Parameter.
Im Übrigen ist auch die vom Kläger als nicht erforderlich monierte Erstellung eines Gutachtens durch das LGL nicht zu beanstanden. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 LFGB haben sich die zuständigen Behörden durch regelmäßige Überprüfungen und Probennahmen davon zu überzeugen, dass die (in § 39 Abs. 1 Satz 1 LFGB näher genannten) Vorschriften eingehalten werden. Zuständig für Untersuchungen von Erzeugnissen nach dem LFGB ist das LGL, § 2 Satz 2 Nr. 1 Landesämterverordnung – LAV-UGV (in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung). Bei der streitgegenständlichen Mütze handelt es sich als Bekleidungsgegenstand nach § 2 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 6 LFGB um ein Erzeugnis im Sinne von § 39 Abs. 1 LFGB.
Die oben genannten Vorgaben wurden vorliegend nach Auffassung des Gerichts bei der Bemessung der Gebühr unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens beachtet.
Ein Ermessensfehler ist demnach im streitgegenständlichen Fall nicht erkennbar und die Gebührenfestsetzung hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Bei der Festsetzung der konkreten Gebühr wurden die gesetzlichen Grenzen des Ermessens (vgl. Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO) eingehalten.
Im Übrigen ist Art. 16 Abs. 5 KG, wonach Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben werden, vorliegend nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung sind nicht ersichtlich. Eine Regelung, dass ein Bescheid wegen überlanger Verfahrensdauer rechtswidrig ist, besteht nicht. Eine möglicherweise fehlende Anhörung des Klägers vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids wurde jedenfalls spätestens im gerichtlichen Verfahren nachgeholt und damit nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt. Im Übrigen wird auf die vorstehenden Ausführungen und den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Nach alledem ist damit die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung des mit dem Ablehnungs- und Untersagungsbescheid verbundenen Verwaltungsaufwands nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
3. Nach verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers (§ 88 VwGO) wollte der Kläger bei sachgerechter und seinen Interessen entsprechender Auslegung nur gegen den Kostenbescheid vorgehen und trotz der Forderung im Schriftsatz vom 28. Dezember 2017 mit der Klage letztlich nicht auch die tatsächlich unmögliche Herausgabe der unbeschädigten Mütze erreichen. Eine Herausgabe der Mütze ist unmöglich, da sie laut LGL bei der chemischen Analyse zerstört worden ist. Unabhängig davon wird gemäß § 43 Abs. 4 Satz 1 LFGB für Proben, die im Rahmen der amtlichen Überprüfung nach diesem Gesetz entnommen werden, grundsätzlich keine Entschädigung geleistet. Anhaltspunkte für eine unbillige Härte im Sinne von § 43 Abs. 4 Satz 2 LFGB, wonach im Einzelfall eine Entschädigung bis zur Höhe des Verkaufspreises zu leisten ist, wenn andernfalls eine unbillige Härte eintreten würde, bestehen hier nicht.
4. Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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