Kosten- und Gebührenrecht

Leistungen, Zahlung, Anspruch, Gutachten, Nebenforderung, Gerichtskosten, Kostenentscheidung, Verzinsung, Abrechnung, Vollstreckbarkeit, Verzug, Zeitpunkt, Rechnung, Klage, Anspruch auf Verzinsung, Kosten des Rechtsstreits, pauschale Behauptung

Aktenzeichen  1 C 173/20

Datum:
18.3.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 48471
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Bad Neustadt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55,61 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1022,25 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist, soweit noch über sie zu entscheiden war, in einer Höhe von 55,61 Euro nebst Zinsen in der tenorierten Höhe begründet. Ein Anspruch auf Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten besteht hingegen nicht.
A.
Die Klageerweiterung vom 27.07.2020 war zulässig nach §§ 263, 264 Nr. 2, 267 ZPO.
Hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrages von 966,64 Euro nebst Zins und 202,72 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zins liegt eine übereinstimmende Erledigungserklärung vor, sodass nur noch über die Kosten zu entscheiden ist, § 91 a Abs. 1 ZPO.
B.
I.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung der 55,61 Euro aus §§ 7 StVG, 249 BGB zu.
1. Hinsichtlich der Schadenshöhe ergibt sich aus § 249 Abs. 2 BGB grundsätzlich, dass der Geschädigte die erforderlichen und angemessenen Kosten zur Schadensbeseitigung verlangen kann. Dabei sind die Grundsätze des Schadensrechts zu beachten wonach der Geschädigte zwar sein Vermögensnachteil hinreichend ausgeglichen bekommen soll, eine Bereicherung darf jedoch nicht erfolgen. Nach § 249 Abs. 2 BGB hat der Schädiger die zur Wiederherstellung des Zustandes ohne Schädigung erforderlichen Beträge zu erstatten. Wie hoch dieser Betrag ist, ist grundsätzlich von der Klägerin darzulegen. Seiner Darlegungs- und Beweislast genügt der Geschädigte jedoch regelmäßig nach der obergerichtlichen Rechtsprechung durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Unternehmens (vgl. OLG Bamberg Az. 5 U 107/19). Es kommt für die Indizwirkung nicht darauf an, ob die Rechnung zunächst von der Klägerin beglichen wurde und sodann Regress genommen wird oder ob direkt abgerechnet wird. Denn maßgeblich für die Indizwirkung ist, dass tatsächlich erbrachte Leistungen gegenüber dem Vertragspartner der Fachwerkstatt abgerechnet werden und die Klägerin infolge des zuvor erstatteten Schadensgutachten von der Richtigkeit ausgehen durfte. Wer die Zahlungsforderung letztendlich in erfüllt, ist für eine Indizwirkung unerheblich. Dabei trägt der Schädiger das sogenannte Werkstattrisiko, was bedeutet, dass er alle vom Unternehmer durchgeführten und in Rechnung gestellten Arbeiten zu ersetzen hat, selbst wenn diese nicht erforderlich oder unwirtschaftlich waren. Dies folgt daraus, dass den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten G. gesetzt sind. Denn der Schädiger ist nicht besser zu stellen, als wenn der Geschädigte nicht von seiner Befugnis nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch gemacht hätte, sondern dem Schuldner die Reparatur überlassen hätte.
2. Daraus ergibt sich für die geltend gemachten Ansatz von Kleinteilen in Höhe von 55,61 Euro, dass diese zu ersetzen sind. Nach dem Gutachten des Sachverständigen … vom 01.10.2019 war dort ebenfalls eine Kleinersatzteilpauschale in der klägerischen Höhe angegeben. Der Beklagte hatte daher keinen Anlass die Rechnung der Werkstattreparatur anzuzweifeln. Die Indizwirkung der Rechnung vom 12.10.2019 ist grundsätzlich gegeben.
Der pauschalen Einlassung der Beklagtenseite, diese Positionen bereits in anderen Positionen der Rechnung enthalten, kann die Indizwirkung nicht erschüttern. Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zum Werkstattrisiko hat der Schädiger zwar tatsächlich nicht durchgeführte, aber abgerechnete Arbeiten nicht zu ersetzen. Streng genommen bestreitet die Beklagte im vorliegenden Fall jedoch nicht einmal, dass die Kleinersatzteile verwendet wurden. Sie meint nur, diese seien üblicherweise bereits in anderen Rechnungspositionen enthalten. Laut substantiiertem Vortrag der Klägerin handelt es sich bei der Pauschale, um eine Abrechnung von verwendeten Materialien und Flüssigkeiten wie Reinigungsmittel, Rostlöser, Schmiermittel, Silikonspray, Fette, flüssige Schraubensicherungsmittel, einzelne Unterlegscheiben, Muttern und Befestigungsschellen, deren exakter Verbrauch nicht erfasst werden kann, insbesondere da sie keine Herstellemummer haben. Diese fallen zusätzlich zu den abgerechneten Ersatz- und Verbauteilen an.
Diesem substantiierten Vortrag ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Die usprüngliche, nur pauschale Behauptung, diese Teile seien üblicherweise in den Ersatzteilen mit eingepreist genügt für die Erschütterung der Indizwirkung nicht. Es ist freie Entscheidung des Werkunternehmers, wie er seine Preise kalkuliert und ob er solche Kleinteile separat abrechnet oder von Anfang an in erhöhte Preise der Ersatzteile übersetzt. Selbst leicht überhöhte Preise wären im Rahmen des Werkstattrisikos vom Schädiger zu tragen. Eine Abrechnung nicht erbrachter Leistungen ist daher nicht ersichtlich, sodass im Übrigen die Rechtsprechung zum Werkstattrisiko greifen.
II.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Als Zeitpunkt der Mahnung wurde ein anwaltliches Schreiben vom 08.07.2020 mit Zahlungsfrist bis 22.07.2020 vorgetragen. Da die Beklagte am 15.07.2020 jegliche Zahlung verweigerte und sich damit selbst in Verzug setzte, ist Zinsbeginn gemäß entsprechender Anwendung des § 186 BGB der 16.07.2020.
III.
Ein Anspruch auf Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten besteht hingegen nicht, da eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich ist.
1. § 256 BGB kommt nicht in Betracht. Die Norm regelt die Verzinsung von Ansprüchen auf Aufwendungsersatz scheidet hier ersichtlich aus.
2. Eine Verzinsung nach § 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 BGB scheidet aus (insoweit auch der Senat dem OLG Karlsruhe, NJW 2013, 473 = NZBau 2013, 112 Ls. und weicht vom OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 2012, 791 = NZBau 2012, 497, ab), weil ein Verzug hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nicht vorliegt, da ein solcher erst mit der Kostengrundentscheidung fällig wird (vgl. OLG München, NJW-RR 2017, 437 Rn. 28-30, beck-online).
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO sowie § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Beklagte hat die geltend gemachten Mietwagenkosten und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten ohne Einwendungen zur Sache nach Rechtshängigkeit, welche am 14.05.2020 eintrat, beglichen. Die geltend gemachten Mietwagenkosten sind auf der beim hiesigen Gericht als Schätzgrundlage angewandten Schwackeliste 2018 schlüssig ermittelt. Der Aufschlag für Mehraufwendungen und Abzug der Eigenersparnis entspricht der ständigen hiesigen Rechtsprechung. Der Zusatzaufwand für Winterausrüstung ist grundsätzlich ersetzbar. Die Unkostenpauschale setzt das hiesige Gericht mit 30 Euro an. Abzüglich der vorgerichtlich geleisteten Zahlungen, bestand daher noch ein Anspruch in der ursprünglich eingeklagten Höhe von 966,64 Euro. Auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind schlüssig dargelegt. Alles in allem sind daher der Beklagten die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils aufzuerlegen, da die Klage Erfolg gehabt hätte.
Hinsichtlich des Unterliegens bezüglich des Anspruchs auf Verzinsung der vorgerichtlichen Gerichtskosten ist das Unterliegen gering, sodass die Beklagte insgesamt die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
D.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.


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