Kosten- und Gebührenrecht

Streitwert für die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung

Aktenzeichen  3 C 16.2091

Datum:
23.11.2016
Fundstelle:
LSK – 2016, 55761
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 52 Abs. 2, § 68
BeamtStG BeamtStG § 26 Abs. 1
BayBG BayBG Art. 65 Abs. 2

 

Leitsatz

Für die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung der Dienstfähigkeit eines Beamten ist der Auffangstreitwert anzusetzen (§ 52 Abs. 2 GKG). Es handelt sich nicht um eine „statusrechtlichen Streitigkeit“ iSd § 52 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 GKG, weil bei einer Untersuchung wegen Zweifeln an der Dienstfähigkeit das Ergebnis offen ist und die Anordnung dieser Untersuchung deshalb nicht in einem Verfahren der Zurruhesetzung ergeht (Parallelentscheidung BeckRS 2016, 55757). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 S 16.230 2016-03-14 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Verfahren 3 C 16.2090 und 3 C 16.2091 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

1. Über die Streitwertbeschwerden entscheidet gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der nach der senatsinternen Geschäftsverteilung zuständige Berichterstatter als Einzelrichter, weil der angefochtene Beschluss von einem „Einzelrichter“ i. S. d. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG erlassen worden ist. Zwar hat der am Verwaltungsgericht zuständige Richter nicht aufgrund einer Übertragung nach § 6 VwGO als Einzelrichter entschieden, sondern in seiner Funktion als Berichterstatter nach § 87a Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Nr. 4 VwGO. Aber auch der kraft Gesetzes alleinentscheidende Berichterstatter ist „Einzelrichter“ i. S. d. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG (BayVGH, B.v. 2.12.2013 – 4 C 13.2196 – BayVBl 2014, 673 – juris).
2. Die Beschwerde gegen die Streitwertbeschlüsse, die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Antragstellerin auch im eigenen Namen eingelegt werden kann (vgl. § 32 Abs. 2 RVG), hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zutreffend unter Zugrundlegung des Auffangstreitwerts (§ 52 Abs. 2 GKG) auf 5.000 € (im Klageverfahren) bzw. 2.500 € (im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) festgesetzt.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich der Streitwert in den Fällen, in denen Beamte allein die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung angreifen, in der Hauptsache nach § 52 Abs. 2 GKG bzw. im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 GKG bemisst, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Auffangstreitwert festzusetzen ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 38).
Die Beschwerde wird damit begründet, es müsse von einer „statusrechtlichen Streitigkeit“ i. S. d. § 53 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG ausgegangen werden, weil die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung im Rahmen eines laufenden Verfahrens mit dem Ziel der Zurruhesetzung erlassen worden sei. Nach dieser Bestimmung ist in Verfahren, die die Begründung, Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Umwandlung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, der Streitwert die Summe der für eine Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist.
Der Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Verfahren war indes nicht statusrechtlicher Natur. Gegenstand war vielmehr allein die Anordnung an die Klägerin und Antragstellerin, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
(Landes-)Beamte auf Lebenszeit sind grundsätzlich in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Die Dienstunfähigkeit ist aufgrund einer ärztlichen Untersuchung festzustellen (Art. 65 Abs. 2 BayBG). Die Untersuchungsanordnung dient dem Zweck, Zweifel an der Dienstfähigkeit zu beseitigen. Sie zielt damit auf die Klärung der Vorfrage, ob der Beamte noch fähig ist, seine Dienstpflichten zu erfüllen. Da das Ergebnis der Untersuchung offen ist, betrifft deren Anordnung weder die Zurruhesetzung des Beamten noch ist sie in einem Verfahren über die Zurruhesetzung ergangen (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2009 – 2 B 69/09 – BVerwGE 134, 388 – juris Rn. 4; NdsOVG, B.v. 5.2.2014 – 5 OA 292/13 – ZBR 2014, 179 – juris Rn. 8). Denn die amtsärztliche Untersuchung kann neben der Feststellung der Dienstunfähigkeit auch zu der Annahme führen, der Beamte sei begrenzt (vgl. § 27 BeamtStG) oder sogar voll dienstfähig. Außerdem ist selbst dann, wenn die amtsärztliche Untersuchung zu dem Ergebnis der Dienstunfähigkeit gelangt, eine Versetzung in den Ruhestand nicht zwingend (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden soll, wenn eine andere Verwendung möglich ist).
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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