Kosten- und Gebührenrecht

Streitwert – Zulassung zum gemeindlichen Veranstaltungsgelände

Aktenzeichen  4 C 19.1623

Datum:
24.9.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27469
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Maßgeblich für die Festsetzung des Streitwerts ist allein das tatsächlich verfolgte Rechtsschutzziel, nicht aber, mit welchem sonstigen Begehren der Rechtssuchende seine wirtschaftlichen Ziele auch hätte erreichen können. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 4 E 19.277 2019-02-27 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

Unter Abänderung der Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2019 wird der Streitwert für das Verfahren AN 4 E 19.00277 auf 164.000 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Streitwertfestsetzung in einem Eilrechtsschutzverfahren, mit dem die Antragstellerin die Zurverfügungstellung eines Veranstaltungsgeländes durch die Antragsgegnerin für ein sechstägiges Zirkusgastspiel erstreiten wollte. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert aufgrund der Angaben der Antragsgegnerin zu den erwarteten Einnahmen (510.000 Euro) und den anfallenden Fixkosten für insgesamt acht Tage (296.000 Euro) auf 214.000 Euro festgesetzt.
Mit ihrer Streitwertbeschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, die Antragstellerin habe weder belegt, wie sie zu dem Erfahrungswert einer 50prozentigen Auslastung ihrer Veranstaltungen komme, noch sei dabei das deutlich negativ behaftete Image von Zirkussen mit Tiervorführungen bedacht worden. Auch der Kostenansatz für die täglichen Fixkosten von 37.000 Euro sei nicht nachvollziehbar. Bei der Streitwertbemessung sei auch nicht berücksichtigt worden, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin wiederholt angeboten habe, Zirkusvorführungen ohne Tiere zuzulassen.
Die Antragstellerin beantragt,
Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2019 aufzuheben und den Streitwert nach Ermittlung der zur Feststellung relevanten Tatsachen neu festzusetzen oder, falls eine nachvollziehbare Feststellung nicht möglich ist, den Regelstreitwert heranzuziehen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie habe zur Glaubhaftmachung ihrer Angaben eine eidesstattliche Versicherung ihrer Direktorin vorgelegt. Ein Programm ohne Tierdarbietungen sei für die Antragstellerin nicht in Betracht gekommen, da diese einen wesentlichen Programmbestandteil darstellten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im Beschwerdeverfahren sowie im erstinstanzlichen Eilverfahren verwiesen.
II.
1. Die zulässige Streitwertbeschwerde hat nur teilweise Erfolg.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers (bzw. Antragstellers) für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen, § 52 Abs. 2 GKG (sog. Auffangwert).
Im vorliegenden Fall ergeben sich aus dem Sachvortrag der Antragstellerin hinreichende Anhaltspunkte für die Streitwertbemessung, so dass nicht auf den Auffangwert zurückgegriffen werden kann. Die wirtschaftliche Bedeutung des im Eilverfahren verfolgten Anspruchs auf Zulassung zum Veranstaltungsgelände der Antragsgegnerin ergibt sich aus deren Erwartung, durch das sechstägige Gastspiel im Stadtgebiet der Antragsgegnerin einen Gewinn in einer bestimmten Höhe zu erzielen.
Die hierzu bereits im erstinstanzlichen Verfahren gemachten Angaben über die zu erwartenden Tageseinnahmen aus Kartenverkäufen in Höhe von 85.000 Euro (durchschnittlicher Eintrittspreis von 25 Euro bei zwei Vorstellungen am Tag und einer hälftigen Auslastung des 3.400 Sitzplätze umfassenden Zelts) und über die täglich anfallenden Fixkosten für die Unterhaltung des Zirkusbetriebs in Höhe von 37.000 Euro erscheinen nach den Gesamtumständen plausibel und sind von der Antragstellerin durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht worden. Die dagegen gerichteten Einwände der Antragsgegnerin sind zu wenig substantiiert, um Zweifel an der Richtigkeit der genannten Zahlen zu begründen. Dass ein Zirkus dieser Größe den Tourneebetrieb auf Dauer nur aufrechterhalten kann, wenn in den Vorstellungen nicht mehr als die Hälfte der Sitzplätze leerbleibt, erscheint ohne weiteres nachvollziehbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin als das in Deutschland wohl bekannteste Unternehmen dieser Art aufgrund spezieller Umstände mit einer geringeren Nachfrage kalkulieren müsste. Auch wenn Zirkusse mit Wildtiervorführungen heute in Teilen der Öffentlichkeit auf Ablehnung stoßen, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass in den entsprechenden Vorstellungen die Sitzplätze überwiegend unbesetzt blieben. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Veranstalter auf einen etwaigen Rückgang der Nachfrage durch eine Verkürzung der jeweiligen Gastspiele bzw. durch eine Reduzierung der Zahl der Vorstellungen reagieren können.
Der aufgrund der Angaben der Antragstellerin anzusetzenden fiktiven Gesamteinnahme von (85.000 Euro x 6 Tage =) 510.000 Euro stehen allerdings nicht nur die in dem angegriffenen Streitwertbeschluss berücksichtigten laufenden Kosten für das sechstägige Gastspiel mit jeweils einem zusätzlichen Tag für Auf- und Abbau in einer Gesamthöhe von (37.000 Euro x 8 Tage =) 296.000 Euro gegenüber, sondern auch die in der eidesstattlichen Versicherung erwähnten, ebenfalls den Gewinn mindernden Kosten für die im Falle eines Gastspiels anfallenden Werbemaßnahmen. Die Antragstellerin hat diese Summe rahmenartig mit 35.000 bis 50.000 Euro beziffert; sie hält demnach einen Werbeaufwand von 50.000 Euro für möglich. Rechnet man diesen Betrag zu den laufenden Kosten hinzu, ergeben sich Gesamtaufwendungen von 346.000 Euro, so dass der für den Streitwert maßgebliche entgangene Reingewinn mit 164.000 Euro zu veranschlagen ist.
Für eine weitergehende Kürzung des Streitwerts besteht keine Veranlassung. Insbesondere kann das der Antragstellerin unterbreitete „Alternativangebot“ einer Zirkusveranstaltung ohne Wildtiere hier von vornherein keine Berücksichtigung finden, ohne dass es auf die von ihr insoweit angeführten Ablehnungsgründe ankäme. Der Streitwert im Gerichtsverfahren bemisst sich allein nach dem tatsächlich verfolgten Rechtsschutzziel und nicht danach, mit welchem sonstigen Begehren der Rechtsuchende seine wirtschaftlichen Ziele (zumindest teilweise) hätte erreichen können.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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