Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertbeschwerde, Beschwerdefrist, übereinstimmende Erledigungserklärung

Aktenzeichen  4 C 21.647

Datum:
13.4.2021
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 497
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 68 Abs. 1 S. 3
GKG § 63 Abs. 3 S. 2
VwGO § 161 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 2 K 19.1065 2020-06-17 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

Die Beschwerde wird verworfen.

Gründe

Die auf eine Heraufsetzung des Streitwerts gerichtete Beschwerde der Kläger gegen die Nr. III des Beschlusses vom 17. Juni 2020, über die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter zu entscheiden hat, ist bereits unzulässig, da die Beschwerdefrist nicht eingehalten wurde.
Nach § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG ist die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Die Frist beginnt demnach auch dann zu laufen, wenn in dem Verfahren auf andere Weise als durch Eintritt der Rechtskraft eine Erledigung der Hauptsache erfolgt ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn beide Parteien die Hauptsache – hier nach § 161 Abs. 2 VwGO – übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die 6-Monats-Frist beginnt dann bereits mit der Wirksamkeit der Erledigungserklärungen, also mit dem Eingang der letzten Erklärung bei Gericht (BayVGH, B.v. 10.9.2020 – 9 C 20.1533 – juris Rn. 4; B.v. 7.12.2010 – 20 C 10.2748 – juris Rn. 2; BayLSG, B.v. 3.3.2010 – L 2 U 274/09 B – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 16.6.2006 – 13 E 786/04 – juris Rn. 11 ff.; HessVGH, B.v. 18.5.2017 – 6 E 355/17 – juris Rn. 5; Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 165 Rn. 6; Toussaint in Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Aufl. 2020, § 63 GKG Rn. 83; Schneider, NJW-Spezial 2018, 667; vgl. auch jeweils zur Klagerücknahme BVerwG, B.v. 1.10.1990 – 4 NB 17.90 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 12.1.2021 – 21 C 20.2062 – juris Rn. 8; a. A. Laube in BeckOK Kostenrecht, GKG, § 68 Rn. 110 m.w.N.). Denn mit Zugang der letzten Erklärung bei Gericht (vgl. BVerwG, B.v. 30.11.1999 – 5 B 214.99 – juris Rn. 4) wird bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen die Rechtshängigkeit unmittelbar beendet (Clausing in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 161 Rn. 17; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 161 Rn. 71; R. P. Schenke in Kopp/Schenke, a.a.O., § 161 Rn. 15). Der gerichtliche Einstellungsbeschluss wirkt in diesen Fällen lediglich deklaratorisch (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – juris Rn. 3).
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG kommt es allein auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache bzw. der anderweitigen Erledigung des Verfahrens an, nicht dagegen auf das Bekanntwerden des zur Rechtskraft bzw. zur Erledigung führenden Ereignisses oder auf den Zeitpunkt der Streitwertfestsetzung bzw. deren Bekanntgabe durch das Gericht. Dies entspricht dem gesetzgeberischen Ziel, das Verfahren in einem angemessenen zeitlichen Rahmen endgültig abzuschließen (vgl. BT-Drs. 7/2016 S. 74). Dass die 6-Monats-Frist damit regelmäßig schon vor dem Zeitpunkt der Streitwertfestsetzung beginnt, kann angesichts der in § 68 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 GKG getroffenen Sonderregelung nicht zu einem faktischen Rechtsmittelausschluss führen. Denn danach läuft die Beschwerdefrist in den Fällen, in denen der Streitwert erst später als einen Monat vor Ablauf der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG gesetzten Frist festgesetzt wurde, ausnahmsweise noch einen Monat nach der förmlichen Zustellung oder formlosen Mitteilung des entsprechenden Beschlusses. Den Beteiligten verbleibt somit in jedem Fall ab Kenntniserlangung ein Zeitraum von einem Monat für eine mögliche Beschwerde (vgl. HessVGH, B.v. 18.5.2017 – 6 E 355/17 – juris Rn. 8).
Im vorliegenden Fall wurde das Verfahren bereits am 17. Juni 2020 beendet, da zu diesem Zeitpunkt die zustimmende Erledigungserklärung des Beklagten vom 15. Juni 2020 bei Gericht einging. Die 6-Monatsfrist des § 68 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG begann hiernach am 18. Juni 2020 und endete am 17. Dezember 2020 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Var. 1 BGB). Die erst am 23. Dezember 2020 beim Verwaltungsgericht eingegangene Beschwerde der Kläger ist somit verfristet und daher unzulässig. Auch eine Änderung von Amts wegen kommt nach Fristablauf nicht mehr in Betracht (§ 63 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG).


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