Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertbeschwerde, Isolierte Befreiung für Sichtschutzzaun

Aktenzeichen  9 C 22.23

Datum:
8.3.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6583
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 68 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 4 K 20.472 2021-12-06 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

Der Streitwert wird in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. Dezember 2021 auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertbeschwerde ist zulässig und begründet. Entsprechend dem Begehren der Kläger ist der Streitwert für ihre Verpflichtungsklage auf Erteilung einer isolierten Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans (in Bezug auf die Art der Einfriedung sowie die Höhe von 1,0 m) für eine Sichtschutzwand aus Betonelementen (Länge etwa 13 m, Höhe im Mittel 1,8 m) auf ihrem Grundstück von 5.000,00 Euro auf 3.000,00 Euro herabzusetzen.
Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist nicht die subjektive Bedeutung, die der Kläger der Sache beimisst (Affektionsinteresse), sondern der Wert, den die Sache bei objektiver Beurteilung für ihn hat (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2018 – 15 C 15.747 – juris Rn. 10). Lediglich in Fällen, in denen der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Ein Rückgriff auf die Auffangregelung kommt grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – juris Rn. 8; Elzer in Toussaint, Kostenrecht, 51. Auflage 2021, § 52 GKG Rn. 19, m.w.N.). Es darf kein ausreichender Anhalt für eine anderweitige Streitwertbestimmung vorliegen (vgl. auch BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 C 18.2022 – juris Rn. 1 f.).
Der Senat legt bei der Bestimmung regelmäßig den jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde, derzeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (Streitwertkatalog 2013), der bei Klagen auf Erteilung einer Baugenehmigung für sonstige Anlagen je nach Einzelfall einen Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten oder die Bodenwertsteigerung zur Wertberechnung heranzieht (Nr. 9.1.2.6). Der Streitwert für eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ist daran zu orientieren (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2005 – 1 ZB 04.2666 – juris Rn. 4, für den Streitwertkatalog 2004). Soweit allerdings dadurch die Bedeutung für den Kläger nicht angemessen erfasst würde, gilt nach Nr. 9 des Streitwertkatalogs 2013 stattdessen das geschätzte wirtschaftliche Interesse bzw. der Jahresnutzwert. Diese Grundsätze erlauben für den Regelfall eine praktikable Handhabung der Streitwertfestsetzung, vermeiden bei einer Nebenentscheidung nicht angemessenes, umständliches Differenzieren und machen das Prozessrisiko für die Beteiligten überschaubar. Gleichwohl kann nach den Maßstäben des § 52 Abs. 1 GKG von den im Streitwertkatalog ausgewiesenen Beträgen auch abgewichen werden, wenn der Einzelfall dazu Anlass gibt (Amtliches Begleitschreiben zum Streitwertkatalog 2013, abgedruckt im BDVR-Rundschreiben, Beilage zu Heft 4/2013 sowie Nr. 3 der Vorbemerkungen; vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2021 – 9 C 20.214 – juris Rn. 3).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Streitwertbeschwerde der Kläger Erfolg, die eine Herabsetzung des Streitwerts auf 3.000,00 Euro beantragt und Belege dafür vorgelegt haben, dass die Materialkosten für den streitgegenständlichen „Betonzaun“ in der Größenordnung von 2.600,00 Euro lagen. Zwar entspricht der Anschaffungspreis nicht den Rohbaukosten, von diesen soll aber nach Nr. 9.1.2.6 Streitwertkatalog 2013 grundsätzlich nur ein Bruchteil in Ansatz gebracht werden. Der Anschaffungswert der Einfriedung kann daher – nicht zuletzt im Hinblick auf die Regelungen in Nr. 9.1 des Streitwertkatalogs 2013 für andere Bauten – als Gesichtspunkt herangezogen werden, der für eine Herabsetzung spricht. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der beantragte Streitwert der Bodenwertsteigerung oder dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger nicht ausreichend Rechnung tragen könnte, lassen sich weder den vorgelegten Akten noch dem Vortrag der Beteiligten entnehmen (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 4.10.2019 – 9 C 19.1608 – juris). Daher ist der Streitwert, unter Berücksichtigung von Nr. 1.1.3 und 1.1.4 des Streitwertkatalogs 2013 sowie von § 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GKG, entsprechend herabzusetzen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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